Frank Herbert / Kerstin Kaiser – DUNE 1: Der Wüstenplanet. Teil 1 von 2 (Hörbuch)

SF-Epos in originalgetreuer Umsetzung

Im 11. Jahrtausend tun sich der Imperator und Harkonnen zusammen, um das Haus Atreides unter Herzog Leto zu vernichten. Die große Mausefalle ist der Wüstenplanet Arrakis, der Köder unermesslicher Reichtum in Form des einzigartigen Rohstoffs |Spice-Mélange|. Der Plan klappt wie am Schnürchen, doch eine Kleinigkeit geht schief: des Herzogs Konkubine und sein Sohn Paul entkommen in die Wüste. Dort bauen sie mit den einheimischen Fremen eine Guerilla-Organisation auf, die droht, die lebenswichtige Spice-Produktion zum Erliegen zu bringen – und damit jeden Verkehr im Imperium! Der Imperator, gezwungen von der Raumfahrtgilde, muss nach Arrakis kommen …

Der Autor

Frank Herbert (1920-1986) wuchs im Nordwesten der USA auf, arbeitete als Reporter und Wahlkampfhelfer, bevor und während er ab 1952 seine ersten SF-Storys veröffentlichte, denen 1956 der erste Roman „Dragon in the Sea“ folgte. Herbert schrieb neben 20 anderen SF-Romanen auch einen interessanten Non-SF-Roman namens „Soul Catcher“, der noch nicht übersetzt worden ist.

1963 -1965 wurden seine Storys um den Wüstenplaneten Arrakis in |Astounding| publiziert, doch um seinen daraus aufgebauten Roman „Der Wüstenplanet“ unterzubringen, musste Herbert erst 20 Ablehnungen kassieren, bevor es ihm 1965 gelang, den Verlag |Chilton Book Co.| zu gewinnen, der mehr für seine Autoreparaturratgeber bekannt war. Die DUNE-Saga umfasste schließlich sechs Romane aus Frank Herberts Schreibfabrik, von denen die ersten drei verfilmt worden sind. Zurzeit erscheinen Fortsetzungen, die sein Sohn Brian mit Kevin J. Anderson verfasst hat.

Die DUNE-Saga:

1) Der Wüstenplanet (1965)
2) Der Herr des Wüstenplaneten (1969)
3) Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)
4) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten (1981)
5) Die Ketzer des Wüstenplaneten (1984)
6) Die Ordensburg des Wüstenplaneten (1985)
7) Die Jäger des Wüstenplaneten (2006, von Herbert/Anderson)
8) Die Erlöser des Wüstenplaneten (2007, von Herbert/Anderson)
9) Paul of DUNE (2008, von Herbert/Anderson)

|Der Wüstenplanet| auf |Buchwurm.org|:

[The Road to Dune
[Butlers Djihad (Der Wüstenplanet: Die Legende 1)
[Der Kreuzzug (Der Wüstenplanet: Die Legende 2)
[Die Schlacht von Corrin (Der Wüstenplanet: Die Legende 3)
[Das Haus Atreides (Der Wüstenplanet: Die frühen Chroniken 1)
[Das Haus Harkonnen (Der Wüstenplanet: Die frühen Chroniken 2)
[Das Haus Corrino (Der Wüstenplanet: Die frühen Chroniken 3)
[Der Wüstenplanet (Dune 1)
[Der Herr des Wüstenplaneten (Dune 2)
[Die Kinder des Wüstenplaneten (Dune 3)

Die Sprecher

Simon Jäger (Erzähler, die Atreides-Seite): geboren 1972 in Berlin. Seit 1982 arbeitet er als Synchronsprecher bei Film und TV. Er lieh u. a. Josh Hartnett, James Duvall, Balthazar Getty, River Phoenix seine Stimme, aber auch „Grisu dem kleinen Drachen“ und war auch in TV-Serien wie „Waltons“, „Emergency Room“ zu hören. Seit 1998 arbeitet er zudem als Autor und Dialogregisseur.

Marianne Rosenberg (Prinzessin Irulans Anmerkungen): 1955 geboren, gewann sie im Alter von 14 Jahren einen Talentwettbewerb, welcher der Start für ihre Gesangskarriere war. In den siebziger Jahren avancierte sie zum erfolgreichsten deutschen Schlagerstar des Jahrzehnts. Die Ausnahmekünstlerin änderte in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ihr Bühnenimage und ist als Musikerin in verschiedenen Genres bis heute aktiv. Sie konnte auch als Schauspielerin bereits Erfahrungen sammeln. In welchen Produktionen, verrät der Verlag allerdings nicht. Ursprünglich war Nina Hagen als Sprecherin vorgesehen, doch ich bin sehr froh, dass man auf sie verzichtet hat.

Jürgen Prochnow (die Harkonnen-Seite): 1941 in Berlin geboren, ist Prochnow einer der wenigen deutschen Schauspieler, der in Hollywood zahlreiche Angebote bekommt. Er verkörperte Hauptrollen in Filmen wie Petersens „Das Boot“, Schlöndorffs „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, Mighellas „Der englische Patient“ und Ron Howards „Sakrileg – The DaVinci Code“. In David Lynchs Verfilmung von „Dune – Der Wüstenplanet“ spielte Prochnow die Rolle des Herzogs Leto Atreides.

Regie führte Kerstin Kaiser, die Aufnahme erfolgte in den |d.c. Studios|, NRW-Berlin, und bei |Margarita Mix|, Los Angeles, durch Jan Mallmann, Jeff Levy und Jimmy Hite. Die Musik trugen Dicky Hank und Dennis Kassel bei.

Handlungsabriss

Man schreibt das 11. Jahrtausend nach Gründung der Raumgilde. Imperator Shaddam IV. hat die Kontrolle über die Handelsorganisation MAFEA inne und verlangt von Herzog Leto Atreides, dem Oberhaupt eines der Großen Häuser, dass er den Wüstenplaneten Arrakis für ein Jahr zum Lehen nimmt. Bislang hat das Haus der Harkonnens die Schürfrechte für die Spice-Mélange innegehabt und dabei ein riesiges Vermögen angesammelt, von dem der Imperator stets den Zehnten abbekommen hat.

Die Spice-Mélange ist ein strategisch wichtiger Stoff, weil er es nicht nur den Navigatoren der Raumschiffe erlaubt, den Kurs zu halten, sondern auch fast allen Adligen des Imperiums, ihr Leben zu verlängern und jung und gesund zu bleiben. Zudem kommt die Mélange nur auf dem Wüstenplaneten Arrakis im System Canopus vor und lässt sich nicht künstlich herstellen (Versuche wurden gemacht und wieder zerschlagen). Niemand darf bei Todesstrafe erfahren, dass der Imperator mit den Harkonnens unter einer Decke steckt, um das Haus Atreides auf Arrakis zu vernichten. Sonst würden sich sofort alle Großen Häuser gegen den Imperator wenden und die Harkonnens wirtschaftlich vernichten.

Nun zieht also die Familie Herzog Letos nach Arrakis um. Kurz zuvor hat die Ehrwürdige Mutter des |Bene-Gesserit|-Ordens, dem die Kokubine des Herzogs, Jessica, angehört, Letos 15-jährigen Sohn Paul geprüft. Ist er der prophezeite |Kwisatz Haderach|, der Supermensch, der nicht nur weibliche Blutlinien, sondern männliche überschauen kann? Die Frage bleibt offen, doch wie sich zeigt, besitzt er die Fähigkeiten eines Mentaten, eines menschlichen Computers. (Maschinen mit menschlichem Bewusstsein wurden in Butlers Dschihad zerstört und sind seitdem verboten.) Zudem haben ihn seine Lehrer Thufir Hawat, Gurney Halleck, Dr. Wellington Yueh und Duncan Idaho in Kampftechnik, Kunst und Medizin unterrichtet. Er ist der optimale Führer – falls er Arrakis überlebt.

Auf dem Wüstenplaneten haben die fiesen Harkonnen jede Menge Todesfallen zurückgelassen, doch die einheimischen Beduinen, die sich |Fremen| nennen, hassen die ausbeuterischen und menschenverachtenden Harkonnens und bieten sich als natürliche Verbündete der auf Ehre und Achtung bedachten Atreiden an. Dunacan Idaho hat sie ausgekundschaftet und berichtet, es seien mindestens zehntausend Fremen über den gesamten Planeten verstreut – die Einzigen, die mit der allgegenwärtigen Bedrohung durch die riesigen Sandwürmer und die furchtbaren Sandstürme des Planeten umzugehen wüssten. Unter den Fremen haben Missionarinnen der Bene Gesserit die Prophezeiung verbreitet, ein Mann werde von der Außenwelt kommen, um das Volk zu befreien. Ist Paul derjenige?

Obwohl die Bedrohung durch die Harkonnenfallen auch im Palast von Arrakeen spürbar ist, erkennen Lady Jessica und Paul die Gefahr nicht, die von dem Verräter in ihrer Mitte ausgeht. Jessica bekommt zwar heraus, dass Wellington Yueh seine Frau Vanna, eine Bene Gesserit, an die Harkonnens verloren hat, doch sie weiß nicht, dass Yueh seine Frau noch am Leben glaubt und deshalb den Verrat begehen wird. Auch seine imperiale Konditionierung als |Suk|-Arzt spricht gegen ihn.

Thufir Hawat und Gurney Halleck, vom Herzog informiert, halten deshalb Lady Jessica für die Verräterin. Die Warnungen vor einem Verräter reißen nicht ab, seitens der Haushofhälterin Shadout Mapes und seitens Lady Margot Fenring, einer Bene Gesserit. Dr. Yueh erscheint jedoch über jeden Verdacht erhaben zu sein.

D-Day.

Ungehindert kann deshalb Dr. Yueh seinen verräterischen Plan in die Tat umsetzen, doch er leitet auch seine Rache an Baron Vladimir Harkonnen in die Wege …

Mein Eindruck

Bis zu dieser Stelle ist DUNE ein recht konventioneller Space-Opera-Roman. Wir finden feudalistische Strukturen in der Politik: die Großen Häuser und der Padischah-Imperator. Sie teilen sich die Macht in der Handelsorganisation MAFEA und lechzen nach dem Spice. Die Raumgilde erpresst sie alle mit exorbitanten Beförderungsgebühren und lässt sich mit dem Spice bezahlen, das ihre Navigatoren dringend brauchen, um ihren Dienst zu versehen.

Und weit und breit keine Maschinen oder Computer. Dafür hat Butlers Djihad gesorgt: Du sollst keine Maschine besitzen, die einem Menschen gleichkommt. Deshalb ist das Imperium keine Maschinenkultur, wie sie sich seit dem 18. Jahrhundert auf der Erde entwickelt hat. Und das ist der Grund, warum es einem einzelnen Menschen gelingen könnte, das Universum zu verändern.

Auftritt Paul Atreides. Der Anfang der Verfilmung von David Lynch, die wohl jeder kennen dürfte, folgt der Prüfungszeremonie der Ehrwürdigen Mutter Gaius Helen Mohiam von den Bene Gesserit (BG) ziemlich genau, beinahe wörtlich. Es ist sowohl eine gute, spannende Eröffnung als auch ein Brennpunkt verschiedener Entwicklungen. Es gilt zwei Fragen zu klären. Dass Paul ein Mensch ist, stellt sich heraus, doch was ist er außerdem? Wie sich später zeigt, hat ihn das BG-Training seiner Mutter zu einem Mentaten und Krieger gemacht. Doch seine Gene machen ihn zu einem Übermenschen. Ist er wirklich der Kwisatz Haderach, der „Abkürzer der Wege“, der mächtiger ist als jede Bene Gesserit? Das soll sich erst auf Arrakis herausstellen.

Tragischer als Pauls ist sicherlich das Schicksal seines Vaters. Herzog Leto erhält zur Strafe für Jessicas Ungehorsam – sie gebar einen Sohn statt einer Tochter – keinen Schutz seitens der BG und muss so dem Verrat Dr. Yuehs wie auch des Imperators und der Harkonnen zum Opfer fallen. Dass der Kaiser mit den vormaligen Lehnsherren von Arrakis gemeinsame Sache macht, darf natürlich niemand erfahren, sonst würden sich die Großen Häuser gegen das Staatsoberhaupt wenden. Die Vorgänge hinter den Kulissen sind nicht einfach zu durchschauen, und es gibt jede Menge Personal im Gedächtnis zu behalten, aber es tauchen immer wieder die gleichen Figuren auf, etwa ein Dutzend Namen, die man sich durchaus merken kann.

Atreides vs. Harkonnen

Die Atreides haben den Harkonnen |Kanly| geschworen: formelle, ritualisierte Blutfehde. Von Anfang an sympathisieren wir mit den Atreides, denn sie achten das Leben, die Würde und die Ehre von Menschen, ihren Untertanen wie auch Fremden gleichermaßen. Die Harkonnen stehen für das Gegenteil. Gurney Halleck kann ein Lied davon singen: Er verlor seine Schwester in den Verliesen von Giedi Primius, der Hauptwelt dieser Tyrannen und Sklavenhalter. Unter den Harkonnen herrschen alle klassischen Sünden: Neid, Missgunst, Herrschsucht, (pervertierte) Wollust, Verachtung für Menschenleben und Hass natürlich. Dass ein Mentat, ein menschlicher Computer, den Baron unterstützt, macht ihn umso gefährlicher.

Ein weiterer Gegensatz zu den Atreides besteht im körperlichen Bereich. Die Atreides halten sich fit und betrachten Kämpferqualitäten als unbedingt notwendigen Bestandteil ihrer Kultur. (Sie stammen direkt von Agamemnon ab.) Deshalb achten sie die Fremen auch so sehr. Der Baron hingegen ist so fett, dass er Suspensorgeräte braucht, die seinen Wanst vom Boden heben können. Seine Fettleibigkeit, so erfährt man in „Das Haus Harkonnen“, ist eine Krankheit, mit der sich Gaius Helen Mohiam für ihre Vergewaltigung an ihm rächte. Ihre Harkonnen-Tochter ist Lady Jessica, die jedoch als Waise erzogen wird und von den BG nichts von ihrer zweifelhaften Herkunft erfährt.

Lady Jessica

Lady Jessica erfüllt nicht weniger als vier Rollen: als Hetäre ist sie die Konkubine des Herzogs Leto. Als Amazone bildet sie Paul zum Krieger und Mentaten aus. Als Medium dient sie den Fremen als Ehrwürdige Mutter, und natürlich ist sie in der gesamten DUNE-Geschichte als Mutter des Propheten Paul Muad’dib bekannt. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Jessica die wichtigste Frau des Universum ist. Doch wird sie sich mit Pauls Konkubine Chani vertragen, und welches Schicksal wird ihre ungeborene Tochter Alia erfahren? Die Antworten erfahren wir in Teil zwei von DUNE.

Arrakis

Arrakis spielt in diesem 1. Teil noch eine untergeordnete Rolle. Doch es wird bereits deutlich, dass auf einer Welt, in der kein offenes Wasser vorkommt, die Werte der Menschen beträchtlich verschoben sind. Wasser ist eine Währung und so wertvoll wie anderswo Gold oder die Spice-Mélange. Folglich werden Menschen, die Wasser verschwenden – wie in dem geheimen Garten im Palast von Arakeen – als Verbrecher angesehen. Um diesem Urteil zuvorzukommen, legen die Atreides schnellstens Destillanzüge an, bevor sie sich in die Wüste begeben, und sei es nur zu einem Inspektionsflug.

Die Fremen sind das versprengte Volk Israel, das in der Diaspora und im Exil lebt. Eigentlich heißen sie |Zensunni| und stammen von den Welten, von denen in den „Legenden des Wüstenplaneten“ die Rede ist. Der Imperator fürchtet sie dennoch. Der Grund wird im Film nie erwähnt, aber es ist der eigentliche Grund, warum der Imperator Arrakis und damit die Fremen vernichten will (gäbe es da nicht das Spice): Sie sind bessere Kämpfer als seine Sardaukar-Elitesoldaten. Das kann er nicht zulassen, denn es zeigt den Großen Häusern, die gegen ihn opponieren, dass er nicht unbesiegbar ist.

Die Bene Gesserit haben auf Arrakis missioniert und die Prophetenlegende eingeführt. Nichts Ungewöhnliches bei einer Wüstenreligion, wie man weiß. Auch im Islam und unter Arabern wird die Wiederkehr des Propheten Mohammed als „Mahdi“ erträumt, und 1881 entfesselte solch ein Mahdi sogar einen Krieg gegen die britischer Besatzer Ägyptens (vgl. den Film „Khartum“ mit Charlton Heston als Genreal Kitchener). Nun erwarten die Wüstensöhne von Arrakis die „Stimme der Außenwelt“, den Lisan al-Gaib. Ist es Paul Atreides, den sie seit Jahrtausenden ersehnen?

Die Sprecher & die Produktion

Man beachte, dass der Romantext ungekürzt vorgetragen wird. Der Text folgt der überarbeiteten Übersetzung von 2001. Diese ist gegenüber der deutschen Erstausgabe von 1978 erheblich fehlerbereinigt und genauer, enthält aber immer noch Fehler.

Marianne Rosenberg

Die ehemalige Sängerin hat eine schöne Alt-Stimme. Mit dieser spricht sie alle Zitate, die den einzelnen Kapiteln des Romans vorangestellt sind. Die Kurztexte stammen meist von Prinzessin Irulan, und so liegt die Annahme nahe, der Sprecherin die Rolle Irulans zu geben.

Ich konnte keine Mängel feststellen, denn Marianne Rosenberg liest sowohl deutlich und verständlich als auch mit einem warmen Ausdruck, der von Verständnis für das Vorgetragene zeugt. Dennoch bedeutet ihre Stimme keinerlei Kommentar zum Vorgetragenen, etwas, was ich mir von der ursprünglich vorgesehenen Sprecherin Nina Hagen nur schwer vorstellen kann.

Simon Jäger

Simon Jäger ist der Haupterzähler und beginnt die Story, nachdem Marianne Rosenberg das erste Motto vorgetragen hat. Die Annahme liegt nahe, dass er den Part von Paul Atreides spricht. Das ist auch durchgehend der Fall, also auch in Teil zwei. Aber natürlich wird auch das Personal rings um Paul von Jäger präsentiert. Das ist schon etwas gewöhnungsbedürftiger. Seine Stimmlage ist bei weiblichen Figuren wie zu erwarten höher.

Seine wahre Kunst zeigt sich in der Charakterisierung ausgefallener Figuren wie etwa der alten BG Gaius Helen Mohiam. Sie klingt ein wenig krächzend und heiser, um ihr Alter anzudeuten. Im zweiten Teil findet sich in der Ehrwürdigen Mutter Ramallo ihr Gegenstück.

Bewundert habe ich jedoch Jägers Darstellung der Autoritätsgestalten Gurney Halleck, Thufir Hawat und Herzog Leto. Allen ist eine sehr tiefe und harte Stimme zueigen, die sie unverwechselbar macht. Besonders die Sprechweise von Gurney hat mir gefallen, denn sie ist sowohl tief als auch warm und von intensiver Verehrung für seinen Herzog – erst Leto, dann Paul – erfüllt.

Jürgen Prochnow

Da Prochnow diejenigen Kapitel vorträgt, welche die Harkonnen als Hauptfiguren aufweisen, lässt sich annehmen, dass er eine anderen Blickwinkel zu den Geschehnissen um die Atreides beiträgt. Diese Annahme wird immer wieder bestätigt. Wladimir und Feyd Harkonnen (Rabban tritt nie auf) sowie Graf Hasimir Fenring mit Gattin treten auf, ebenso diverse Subalterne. Am wichtigsten ist wohl der Imperator, jedoch nur im zweiten Teil. Die Szenenabfolge des David-Lynch-Films unterscheidet sich von jener der Buchvorlage.

Prochnows beste stimmliche Schöpfung ist der teuflische Baron selbst. Der Harkonnen klingt die ganze Zeit herablassend, heimtückisch und aggressiv. Die Stimmlage ist alles andere als tief. Interessant ist auch Piter de Vries, der Mentat. Er klingt kriecherisch und verschlagen. Man traut ihm sofort sämtliche Schandtaten zu. Der Baron hat ihm Lady Jessica zur freien Verfügung versprochen, sollte der Atreiden-Coup gelingen. Man ahnt schon, was er mit ihr anstellen will. Doch Dr. Yuehs List macht ihm einen dicken Strich durch die Rechnung.

Eine erstaunliche Leistung gelingt Prochnow mit dem seltsamen Grafen Fenring, der im Lynch-Film nicht auftaucht. Fenring ist ein genetischer Eunuch und der einzige Freund des Imperators Shaddam. Der Baron auf seinem Provinzplaneten hält den Höfling Fenring für einen eingebildeten Fatzken. Fenrings Ausdrucksweise mit den unzähligen Ähms und Ähäs, dem Zögern und Lächeln treiben den Baron zur Weißglut, doch er muss die Kontrolle über sich bewahren. Schließlich erweist sich, dass diese Affektiertheit Fenrings nur eine Maske ist, hinter der sich ein fieser Intrigant geschickt verbirgt.

Musik

Die Musik wurde von Dicky Hank und Dennis Kassel beigesteuert. Von einem „Score“ zu sprechen, wäre vermessen: Es handelt sich nämlich die immergleiche, Jingle-artige Musik, die mal im Hintergrund, mal in einer Pause erklingt: Melodische E-Gitarren dominieren das kurze Stück, das mit Bass und leichter Percussion unterlegt ist. Also nichts Spektakuläres, aber auch nichts, was nur so dahinplätschert. Damit ist gewährleistet, dass diese Musik den Vortrag im Vordergrund niemals stört.

Bonusmaterial

In die Einsteckkartons, in denen die zweimal sechs CDs stecken, sind Informationen gedruckt. Dazu gehören Kurzbiografien der drei Sprecher und des Autors Frank Herbert. Aber es finden sich auch Lexikoneinträge, die dem fiktiven Almanak en-Ashraf (Buchausgabe ab S. 841) entnommen sind.

Folgende Figuren werden im 1. Teil beschrieben:

Shaddam IV.
Herzog Leto Atreides
Lady Jessica (ehrenhalber Atreides)
Lady Alia Atreides (kein Todesdatum!)
Baron Wladimir Harkonnen
Graf Hasimir Fenring
Graf Glossu Rabban

Die Abwesenheit von Paul Atreides ist etwas irritierend. Wer darauf hofft, im zweiten Teil über sein Leben aufgeklärt zu werden, wird enttäuscht. Denn die Almanak-Einträge des zweiten Teils bieten lediglich Einträge aus der allgemeinen „Terminologie des Imperiums“ wie etwa „Lisan al-Gaib“ oder „Chakobsa“ usw.

Unterm Strich

„Der Wüstenplanet“ mag durchaus der beste Roman der Science-Fiction sein, aber den Rang von Tolkiens [„Herr der Ringe“ 1330 in der Fantasy hat er nicht erreicht. Wo Tolkien schalten und walten konnte, wie er wollte, musste Frank Herbert erhebliche Streichungen vornehmen (die heute wieder nachlesbar sind: in „The Road to Dune“. Immerhin erklären mehrere Anhänge, die in Teil zwei vorgetragen werden, die Ökologie von Arrakis und den religiös-genetischen Plan der Bene Gesserit, den Kwisatz Haderach hervorzubringen. Ansonsten lässt sich das Mammutwerk durchaus gut verstehen. Ähnliche Verhältnisse finden sich in der irdischen Gegenwart und Historie.

Die Fans führen stets die Gedanken über die Ökologie an, wenn sie den Roman verteidigen. Die wenigsten Leser wissen etwas mit der Theologie des Propheten und Messias anzufangen. Und mit der psychedelischen Botschaft des Konsums der Spice-Mélange will sich inzwischen, nachdem doch Drogen in den sechziger Jahren so populär waren, kaum noch jemand abgeben. Von schlechten Drogentrips auf Spice ist jedenfalls bei Herbert nichts nachzulesen, von Horror-Trips auf LSD etc. hingegen in vielen Artikeln der sechziger und siebziger Jahre durchaus. Auch SF-Autoren gehen mit der Mode – und werden ihre Opfer.

Übrig bleibt heute eine enorm aufgebauschte Story vom Untergang und Wiederauferstehen des Hauses Atreides sowie von seinem Guerillakrieg an der Seite der Fremen – sowohl um Arrakis und seine Bewohner zu befreien, als auch um den ökologischen Traum von einem grünen Wüstenplaneten in die Wirklichkeit umzusetzen. Das ist jedoch sehr spannend zu lesen. Der Leser muss sich von den Bildern, die David Lynch für dieses Epos gefunden hat, freimachen und seine eigenen erzeugen. Sie mögen nicht so bombastisch und bizarr sein, aber dafür näher an den Menschen.

Das Hörbuch

Die akustische Umsetzung ist überraschend gut gelungen und sehr akzeptabel. Hier findet keine Verkürzung aus dramaturgischen Überlegungen heraus statt, und die Musik hält sich sehr zurück. Das kommt dem Vortrag zugute, der doch sehr umfangreich ist und abwechslungsreich gestaltet werden musste. Der Hörer ist gezwungen, genau zuzuhören. Aber die spannende Handlung macht dies im Grunde leicht.

855 Minuten auf 12 CDs
Originaltitel: Dune, 1965
Aus dem US-Englischen übersetzt von Ronald M. Hahn
ISBN-13: 978-3-7857-3584-8

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