Sonnleitner, Marco – Die drei ??? und das Fußballphantom (Band 153)

Im 153. Fall des wohl berühmtesten Jugend-Detektiv-Trios der Literatur, schickte Autor Marco Sonnleitner die drei ??? im Jahre 2010 – wie Titel und Cover unschwer erkennen lassen – mal wieder in Richtung Fußball. Prinzipiell ist „Soccer“ ja eigentlich ein vollkommen unamerikanischer Sport und für so manchen daher in der Serie generell überrepräsentiert. Aber da sie sich seit Beginn der „Neuen Ära“ in den Neunzigerjahren nun einmal fest in deutscher Hand befindet, scheint dies eine der Anleihen zu sein, die der hiesige Markt verlangt – auch wenn die Geschichten weiterhin in den USA spielen. Die dort wesentlich authentischeren Sportarten Foot-, Base- oder Basketball kriegt man dem deutschen Publikum offensichtlich nicht ganz so leicht schmackhaft gemacht. Wie auch immer man dazu stehen mag – letztendlich ist natürlich alles reine Geschmackssache – ist in den letzten paar Jahren allerdings eine bemerkenswerte Häufung von „König Fußball“ bei den Grundthemen der drei ??? zu beobachten.

_Zur Story_

Peters Fußballbegeisterung ist hinlänglich bekannt und als die |Hawks| im Lokal-Derby gegen die |Tornados| antreten, darf der zweite Detektiv bei diesem Spiel nicht fehlen. Selbst Justus, sonst eher der Inbegriff des Ausdrucks „sportfaul“ ist mit ins Stadion gekommen. Allerdings wäre die Alternative Frondienst für Tante Mathilda auf dem Schrottplatz gewesen – dann doch schon lieber Fußball. Bob ist natürlich auch mit von der Partie. Als ihr Handy auf der Tribüne plötzlich klingelt, scheint es als wäre jemand einfach nur falsch verbunden, doch dann stellen die drei mit Erschrecken fest, dass sie hier unfreiwillig in eine Konferenzschaltung zwischen einem Erpresser, der sich „Namenlos“ nennt, und seinem Opfer – vom Erpresser spöttisch „Brainman“ tituliert – gelangt sind. Der Namenlose droht damit den Sohn Brainmans, der offensichtlich grade für eins der Teams kickt, auf dem Platz durch einen Scharfschützen erschießen zu lassen, sollte Daddy das ihm gestellte Rätsel nicht binnen der Spielzeit lösen.

_Eindrücke_

Ob Marco Sonnleitner irgendwie von Echtzeitthrillern – insbesondere „Nicht Auflegen!“ – inspiriert wurde? Der Verdacht liegt jedenfalls recht nahe, denn das grundsätzliche Strickmuster ist eben jenem nicht unähnlich. Zumindest jedoch handelt es sich hier um einen solchen Fall, der weitgehend in Echtzeit abläuft. Durchbrochen wird diese Gangart erst weit am Ende der rasanten Geschichte, wenn die restlichen Puzzleteile in Position fallen und Schlaumeier Justus zum finalen Aufklärungsschlag ausholt. Das wirkt zwar irgendwie etwas inkonsequent, aber innerhalb der vorgegebenen Seitenzahl, der stets 128 Seiten umfassenden Bücher, offenbar wohl nicht anders zu lösen gewesen. Apropos lösen: Schon wieder mal ein Rätsel als Triebfeder. Diese Häufung in letzter Zeit ist eine recht bemerkenswerte wie langweilige Entwicklung – speziell dann, wenn der Leser diesem nicht aus eigenem Antrieb zu folgen vermag, da Orte und Ereignisse, auf die sich der Inhalt der Rätsel bezieht, wenigstens teilweise auf fiktive Orte, Personen und Handlungen verweisen.

Obwohl der Hauptteil der Story, nicht zuletzt dank des begrenzenden Zeitrahmens von 90 Minuten (plus genutzter Nachspielzeit, Verlängerung und Elfmeterschießen), schön flott und spannend voranschreitet, was an sich ja absolut wünschenswert und positiv anzumerken ist, klemmt es – wie so oft – an den Kleinigkeiten, die nicht so recht ins Bild passen wollen. So ist etwa nicht nachvollziehbar, warum ein angeblich so (erfolg-)reicher Geschäftsmann bei seiner eigenen Hausbank nicht kreditwürdig genug ist, einen doch ziemlich lächerlichen Betrag quasi zu überziehen. Gemeint sind aber, neben der doch in einigen Punkten ziemlich übertriebenen und streckenweise sogar sehr unglaubwürdigen Grundgeschichte, auch einige konkretere Recherche- und/oder Logikfehler, wovon sich manche sofort, andere hingegen vielleicht erst später, nach einer kleinen Denkpause, offenbaren. Einige Beispiele gefällig? Bitteschön:

Halbzeit ist beim Fußball nicht nach 90 Minuten (sondern 45 Minuten – S. 22). Es ist zwar theoretisch möglich, einen Sniper auf 2,5 Kilometer Entfernung zum Ziel zu postieren – in der Praxis wäre dies jedoch eine beinahe unmögliche Distanz, welche weltweit vielleicht nur eine Handvoll Scharfschützen beherrschen (S. 26). Zuvor auf Seite 18/19 entweicht dem vom vermeintlichen Sniper getroffenen Ball die Luft, ohne dass er sich dabei bewegt. Das dürfte so nicht hinhauen – zumal das Geschoss aus nächster Nähe aus einer vergleichsweise kleinkalibrigen Waffe abgefeuert wurde, wie sich später herausstellt. Da würde ein prall gefüllter Ball in jedem Fall mindestens ein bisschen wegkullern. Vermutlich reicht unter den gegebenen Umständen nicht einmal die (unterstellte) Aufprallenergie aus, ihn überhaupt zu penetrieren. Das hinge u. a. auch noch stark von der Projektilform ab. Ok, nun hat die Zielgruppe bestimmt keine waffentechnische Ausbildung, sodass dies sicherlich eine pingelige Spitzfindigkeit des ewig nörglerischen Rezensenten darstellt. Aber: Physik bleibt eben Physik.

_Fazit_

„Schon wieder Fußball?!“ Gemach. Der Titel des Buches scheint eher darauf abzuzielen das offenbar vorwiegend jugendlich-männliche Publikum anzulocken, denn wie so oft hat er kaum Inhaltsbezug. Der Sport an sich ist eigentlich nur eine kulissenhafte Randerscheinung. Die dahinter tickende, stellenweise arg überzogene Knobel-Schnitzeljagd ist, lässt man die Mobilfunkkomponente einmal außen vor, wenig originell, da – so oder so ähnlich – schon viel zu oft bemüht. Leider, denn die (Echtzeit-)Ansätze, Spannung sowie das Tempo sind durchaus gut, wurden aber in letzter Instanz eben nicht konsequent zu Ende geführt und gedacht. Unterm Strich bleibt eine dennoch gut lesbare Geschichte, bei der man seine Ansprüche an Realismus aber ziemlich herunterschrauben muss: Daumen in die Waagerechte.

|Hardcover: 128 Seiten
Erzählt von Marco Sonnleitner nach Figuren von Robert Arthur
Redaktion: Martina Dold, Martina Zierold
ISBN 978-3440118405|
[www.kosmos.de]http://www.kosmos.de

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