Vaughan, Brian K. / Harris, Tony – Ex Machina 2: Zeichen

_Story_

Mitchell Hundred ist eine außergewöhnliche Person. Infolge eines radioaktiven Unfalls hat er Kräfte erlangt, die ihm eine direkte Kommunikation mit Maschinen erlauben, was ihm am 11. September 2001 ermöglichte, die zweite Maschine vor dem Einschlag in den Südturm des World Trade Centers aufzuhalten. Seitdem ist Hundred in New York eine Ikone, ein Superheld, der für den Posten einer Führungspersönlichkeit prädestiniert scheint.

Gesagt, getan: Hundred wird bei den Wahlen zum Bürgermeister ernannt und sieht sich daraufhin mit einem innenpolitischen Scherbenhaufen konfrontiert. Doch während die akuten Probleme wie die Reformierung des Schulsystems sich geradezu aufdrängen, beschäftigt sich Mitchell mit einem nach wie vor umstrittenen Gesetzesentwurf. Er möchte in seiner Stadt die Ehe zwischen homosexuellen Partnern ermöglichen und gilt infolge dessen wiederum als umstritten und planlos.

Allerdings plagen den Bürgermeister derzeit noch andere Sorgen: Eine übernatürliche Erscheinung hat die U-Bahn-Stationen in eine Leichenhalle umfunktioniert, zu deren Opfer auch Verbündete aus Mitchells NSA-Vergangenheit als Superheld gehören. Während der führende Politiker New Yorks im Vordergrund Imagepflege betreibt und dennoch für die Homo-Ehe plädiert, entwickelt sich im Verborgenen eine neue Bedrohung, die unmittelbar mit Hundreds Person in Verbindung steht. Doch was genau verbirgt sich in New Yorks Untergrund?

_Persönlicher Eindruck_

Brian K. Vaughan ist dieser Tage ein Garant für erstklassige und intelligente Comic-Kunst. Bereits mit seiner Glanzserie [„Y: The Last Man“ 4179 konnte sich der aufstrebende Autor in die erste Liga hocharbeiten und wurde folgerichtig für dieses Werk auch mit dem prestigeträchtigen |Eisner Award| ausgezeichnet. Nun legt Vaughan mit einem weiteren Soon-to-be-classic nach, der Geschichte um einen ungewöhnlichen Superhelden, für dessen geniale Darstellung und Präsentation der Ideengeber sogleich einen weiteren Award überreicht bekam. Keine Frage also: Das hier ist Stoff, den man sich nicht entgehen lassen sollte!

Während der erste Band von „Ex Machina“ Mitchell Hundreds Aufstieg zum Superhelden und den darauf folgenden Weg in die Innenpolitik dokumentierte, bewegt sich Vaughan nun ein wenig vom bloßen Action-Abenteuer fort und fügt zunehmend politische und mystische Themen in die Handlung ein. „Zeichen“ beinhaltet zwei parallel verlaufende Stränge, die beide ziemlich direkt mit der Hauptperson verknüpft sind, zunächst aber gar nicht aufeinander zulaufen wollen. In einzelnen Zeitsprüngen wird Mitchells Superhelden-Vergangenheit noch einmal aufgearbeitet und in diesem Sinne die speziellen Verbindungen zu seinem ehemaligen Kollegen Jackson, der ihm bereits nach den Terroranschlägen des 11. September kritisch gegenüberstand.

Inzwischen wurden die zerstückelten Leichen von dessen Ehefrau und Tochter in den U-Bahn-Stationen aufgefunden, ebenso die Innereien ihres Hundes, an deren Fundort die Ermittler ein merkwürdiges Zeichen entdecken. Jedoch scheint sich der Protagonist zunächst nicht für diese seltsamen Ereignisse zu interessieren. Er ist bestrebt, seiner Rolle als liberaler Bürgermeister und Mittelsmann zwischen Staat und Bürgern gerecht zu werden, geht indes jedoch ungeachtet seiner Wege. Dementsprechend mutet es seltsam an, dass er sich an scheinbaren Belanglosigkeiten wie der Homo-Ehe aufhält, während seine Stadt von einem neuen Akt des Terrors heimgesucht wird. Dabei steht die Mordserie unzweifelhaft mit der Person Hundreds in Zusammenhang, was die Lage noch verschärft.

Aber erstaunlicherweise lässt sich Vaughan nicht von den Erwartungen, die der Plot immer vehementer hervorruft, beunruhigen. Souverän trennt er die beiden Stränge und fügt sie mit einem kaum erwarteten Knall plötzlich doch noch zusammen. Dies ermöglicht ihm, bei den einzelnen Handlungsabschnitten noch deutlicher in die Tiefe zu gehen und die Detailfülle und Hintergründe ganzheitlich in die Story einzubringen. Die konträren Stimmungen, ausgelöst durch die widersprüchlichen Bilder des harmoniebedürftigen Bürgermeisters und der krassen Leichendarstellungen in den U-Bahn-Schächten, bekommen somit noch mehr Spielraum und sind schließlich das wichtigste belebende Element der gesamten Handlung. Darüber hinaus erweist sich der Autor im zweiten Teil von „Ex Machina“ ein weiteres Mal als außerordentlicher Profi der illustrierten Inszenierung.

Vaughan hat eine wirklich perfekte Geschichte mit unkonventionellen Inhalten gefüllt, anhand von Kontrasten den Spannungslevel hochgekurbelt und letztendlich einen regelrechten Mythos erschaffen, der im Prinzip lediglich auf einer ganz normalen, wenn auch intelligent kombinierten Action-Story fußt. Meine Hochachtung für diese unheimlich dichte Verknüpfung von Mystery, Action und unterschwelliger, provokanter Gesellschaftskritik. Spätestens mit dieser hierzulande frisch eröffneten Reihe hat sich Brian K. Vaughan international zu einer echten Hausnummer entwickelt!

http://www.paninicomics.de/ex-machina-s10447.html

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