Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 1 – Legenden im Exil

_Story_

In Fabletown, wo Märchenfiguren mit ganz normalen Bürgern New Yorks zusammenleben, ist es zu einem schrecklichen Vorfall gekommen. Im Apartment von Rose Red, der Schwester der stellvertretenden Bürgermeisterin Snow White, wurden die Wände literweise mit Blut beschmiert, während von der Eignerin der Wohnung jede Spur fehlt. Der große böse Wolf alias Detektiv Bigby geht der Sache auf den Grund und macht sich mit seinen unkonventionellen Ermittlungsmethoden nicht besonders viele Freunde in Fabletown. Unterstützt von Snow White, befragt er Verdächtige und Angehörige und beschuldigt dabei direkt jeden des Mordes. Besonders verdächtig: der gerissene Geliebte von Rose Red, Jack, und der berüchtigte Bluebeard, der mit der Vermissten einen Ehevertrag aufgesetzt hatte, der in wenigen Tagen in Kraft treten sollte.

Nun jedoch scheint es so, als sei Rose Red tot, und die gesamte Stadt wird nur von der einen Frage beherrscht, wer die Dame umgebracht hat. Bei drei Litern Blutverlust ist es jedenfalls unmöglich, dass sie die ungeklärte Tat überlebt hat – oder doch? Bigby Wolf hat auf alles eine Antwort.

_Meine Meinung_

Das nenne ich mal eine echt ungewöhnliche Comic-Story! In „Fables“ werden einige bekannte Märchencharaktere in die Moderne transferiert und benehmen sich nach der Vertreibung aus ihrer ursprünglichen Welt alles andere als angepasst auf der Erde. Während die einen sich mit magischer Hilfe ganze Schlösser haben errichten lassen, brechen andere willkürlich die Gesetze der Menschlichkeit und benehmen sich gehörig daneben.
Dies scheint jedoch auch die Grundlage der Geschichte zu sein, denn dass die betroffenen Märchenfiguren hier einige verhaltenstechnische Sonderrechte besitzen, eröffnet dem Autor die erforderlichen Freiheiten bei der Einführung seiner Charaktere.

Im ersten Band „Legenden im Exil“ übernehmen dabei die beiden Figuren Snow White und Bigby Wolf die Hauptrollen und starten eine recht ungewöhnliche Ermittlungsserie, die von Anfang an von einer Hassliebe angetrieben wird. Während die populäre Snow schon einmal öfter zu kurzen hysterischen Ausbrüchen neigt und die detektivischen Techniken ihres Kollegen mehr als nur einmal stark anzweifelt, verhält sich dieser weitestgehend smart und cool, startet aber dennoch mit jedem potenziell Verdächtigen einen Konflikt, um so dessen Bedeutung als möglicher Täter zu überprüfen. Bigby sprengt gleich mehrfach das Szenario mit seiner urplötzlich hitzigen Art und stellt seine Gegenüber permanent auf die Probe, ohne dabei je an seinem Vorgehen zu zweifeln – und ohne dabei darüber nachzudenken, ob sein Auftreten im jeweiligen Fall angemessen ist. Was die Sache aber eigentlich erst zu einem derart coolen Comic-Event macht.

Abgesehen von den originellen Charakteren ist auch die Storyline absolut überzeugend; einerseits natürlich wegen des spannenden und ungewöhnlichen Verlaufs, andererseits aber auch aufgrund des eigenwilligen, ebenfalls nicht gerade üblichen Humorstils. „Legenden im Exil“ bietet einige tolle Auseinandersetzungen zwischen Helden und Anti-Helden, Versagern und Taugenichtsen, Hexen und noch schlimmeren Hexen. Flotte Sprüche sind im Rahmen der insgesamt fünfteiligen Miniserie (die in diesem Sammelband komplett enthalten ist) demzufolge natürlich auch ständig an der Tagesordnung, beginnend mit den netten Wortduellen zwischen Bigby und seiner ‚Gefährtin‘ Snow bzw. Jack und Bluebeard, die sich einmal so richtig an die Kehle springen, aber auch bei der gesamten Interaktion der sehr unterschiedlichen Beteiligten, in der es ständig zu kleinen Sticheleien kommt – und dies auf einem absoluten Top-Niveau.

„Fables“ wurden vor einiger Zeit mit ganzen 5(!) Eisner-Awards ausgezeichnet und gilt als eine der besten modernen Comic-Serien, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind. Nach der Lizensierung der |Vertigo|-Comics über |Panini| wird die Serie nun auch hierzulande veröffentlicht und feiert mit diesem ersten illustrierten Roman nun die Deutschland-Premiere. Und was für eine! Zeichner Bill Willingham hat hier ein wahrliches Meisterwerk geschaffen und eine Inszenierung ohne jegliche geschmackliche Tabus kreiert, die aber dennoch das perfekte Kraftfutter für das ausgehungerte wählerische Comic-Publikum darstellt. Hinsichtlich der Illustrationen ist Willingham dabei kein Risiko eingegangen und hat mit dem philippinischen Zeichner Leo Medina einen bewährten und beliebten |Marvel|-Erprobten ins Boot geholt, der ihm sein originelles Storyboard mit stimmungsvollen Zeichnungen und einer sehr dynamischen, partiell an den Stil Frank Millers erinnernden Farbgestaltung veredelt.

Kurzum: Dies ist einer der besten Comics der gesamten Winter-Saison!

http://www.paninicomics.de

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