Tom Arden – Der rote Schlüssel (Der Kreis des Orokon Band 2)

Zusammen mit „Der Tanz des Harlekin“ ist dies Tom Ardens erste deutsche Veröffentlichung. Ein guter Anfang, der zu großen Hoffnungen Anlass gibt. „Atmosphärisch dichte, intelligente und mitreißende Fantasy“, urteilte das US-Fachmagazin LOCUS. Die vollständige Lektüre des ersten Romans, den der deutsche Verlag in zwei Bände aufgeteilt hat, fördert aber auch einige Schwächen zutage.

Der Autor

Tom Arden (* 1961 in Mount Gambier, Australien; † 15. Dezember 2015 in London, England; bürgerlich David Christopher Rain) war ein australischer Fantasy-Schriftsteller.

The Orokon / Der Kreis des Orokon
Deutsche Übersetzungen sämtlich von Wolfgang Thon.

1 The Harlequin’s Dance (1997)
Deutsch: 1 Der Tanz des Harlekin. Goldmann Fantasy #24745, München 1998, ISBN 3-442-24745-4.
Deutsch: 2 Der rote Schlüssel. Goldmann Fantasy #24746, München 1999, ISBN 3-442-24746-2.
2 The King and Queen of Swords (1998)
Deutsch: 3 Das Geheimnis im Spiegel. Goldmann Fantasy #24747, München 1999, ISBN 3-442-24747-0.
Deutsch: 4 Der goldene Baum. Goldmann Fantasy #24832, München 1999, ISBN 3-442-24832-9.
3 Sultan of the Moon and Stars (1999)
Deutsch: 5 Das Lied des Verschwindens. Goldmann Fantasy #24833, München 2000, ISBN 3-442-24833-7.
Deutsch: 6 Die Nebelprinzessin. Goldmann Fantasy #24834, München 2001, ISBN 3-442-24834-5.
4 Sisterhood of the Blue Storm (2000)
Deutsch: 7 Das ferne Inselreich. Goldmann (Blanvalet Fantasy #24169), München 2001, ISBN 3-442-24169-3.
Deutsch: 8 Das blaue Juwel. Goldmann (Blanvalet Fantasy #24173), München 2002, ISBN 3-442-24173-1.
5 Empress of the Endless Dream (2001)
Deutsch: 9 Das Geheimnis des roten Mondes. Goldmann (Blanvalet Fantasy #24225), München 2002, ISBN 3-442-24225-8.
Deutsch: 10 Der fünfte Kristall. Goldmann (Blanvalet Fantasy #24226), München 2003, ISBN 3-442-24226-6.

Romane

Shadow Black (2002)
Nightdreamers (Doctor Who-Telos-Romanserie #3, 2002)
The Translation of Bastian Test (2005)
The Heat of the Sun, 2012 (als David Rain)
Volcano Street (2014, als David Rain)

Handlung

Vorgeschichte aus Teil 1: Nachdem der rechtmäßige König, der „Rote Ejard“, von seinem neidischen Bruder, dem „Blauen Ejard“, durch Verrat abgesetzt und vertrieben werden konnte, herrscht Verfall auf der Königsburg von Irion. Nur noch eine sieche junge Frau namens Ela, ihr an beiden Beinen gelähmter Sohn Jemany und seine Tante Umbecca leben mehr schlecht als recht hier. Bis eines Tages Elas geliebter Bruder Tor aus der Fremde zurückkehrt, wo er bei den Rebellen gegen den Usurpator und dessen Kriegsbanden kämpft. Tor wird als der „Rote Rächer“ überall gesucht. Die bigotte Umbecca traut ihm nicht. Doch nachdem Tor wieder gegangen ist, schickt er den zwergwüchsigen, stummen Barnabas aufs Schloss, und dieser bringt dem jungen Mann erst mal das Lesen und dann das Gehen bei. Denn Jemany träumt vom Fliegen – so wie in der Legende der Junge Riel, der die Welt vor einem Monster des Bösen rettete. Und dann wartet immer die fahle Landstraße, die in die Ferne führt.

Band 2

Im zweiten Band verliebt sich der Jüngling Jemany in das Mädchen Cata, das mit seinem blinden Vater mitten im Urwald lebt. Wenn sie ihn an die Hand nimmt, kann er wieder gehen. Doch ihre Liebe steht unter keinem günstigen Stern. Als die Soldaten des Blauen Ejard ins Dorf einrücken, zwingen die hohen Abgaben die Frauen in die Prositution und die Männer zum Diebstahl oder in den Militärdienst. Auch Cata wird Dirne, verschweigt das jemany jedoch. Bei einem Gernagel mit einem zudringlichen Offizier wird dieser von Cata mit Jemanys Krücken schwer verletzt, Cata wird gefangengenommen, während Jemany sich in einer Gruft des Friedhofs versteckt. Dort findet er einen magischen Stein, der ihm zum Fliegen verhilft …

Der Autor hat dieser – gerafft dargestellten – Handlung einen langen Prolog vorangesetzt, in dem er das aktuelle Geschehen in einen riesigen zeitlichen Rahmen setzt, der bei der Erschaffung der Welt durch Orok beginnt. Dieser Gott schuf sich unterschiedliche Kinder, darunter auch ein böses, doch sie sollten Frieden halten, solange sich alle ihre fünf Kristalle im Orokon-Kristall vereint befanden. Wenig später hat der Böse, Koros, seinen Stein aus dem Kreis genommen, was auch die anderen nicht zögern lässt, es ihm gleichzutun. Die Steine werden in alle Winde verstreut, die Völker der fünf Götter ebenfalls. Schreckliche Untaten werden begangen, und die lange „Zeit des Sühneopfers“ bricht an. Die Prophezeiung aber besagt, dass sie durch ein neues Zeitalter abgelöst wird, sobald der rote Schlüssel zum Orokon gefunden und alle fünf Kristalle wieder an ihren rechtmäßigen Platz gesetzt werden.

Es sieht ganz so aus, als sei Jemany das geweissagte Kind, das dies vollbringen wird, denn er hat den Kristall des Gottes Koros gefunden, den ersten von fünf.

Mein Eindruck

Tom Arden ist kein Amerikaner, sondern Engländer – zum Glück, sollte man sagen, denn so bleiben dem Leser etliche Klischees in der Darstellung von Ereignissen und Charakteren erspart. Im Gegenteil verblüfft Arden mit unkonventionellen Erzählmethoden und tabubrechenden Szenen. Er streut längere Rückblendungen ein, die den Werdegang einer zentralen Figur beleuchten. Erotik und Sex spielen im Orokon eine wichtige Rolle, denn dieser Antrieb führt zu einigen entscheidenden Begegnungen und Veränderungen in der Persönlichkeit, insbesondere bei Jemany, der zentralen Figur des Zyklus.

Alles auf die Fünf

Der Schauplatz des Geschehens ist ebenso wie die Welt im Ganzen in allen Details gut und originell ausgeformt. Ähnlich wie auf der Scheibenwelt die 8, spielt in El-Orok die 5 eine zentrale Rolle, allein schon wegen der 5 Kristalle. So werden nicht nur Jahre, Tage und Stunden durch 5 geteilt oder zu Fünfergruppen zusammengefasst – die gesamte Zeitrechnung basiert darauf. Auch Personengruppen wie die „Fünf von Irion“ spiegeln die Zahlensymbolik wieder.

Der Farbcode

Die Farbcodierung ist eindeutig und geradezu penetrant durchgehalten: Blau ist schlecht, weil vom Usurpator; Rot ist gut, weil rechtmäßig. Bigott wird durch Schwarz bezeichnet, Unschuld durch Weiß und Eremiten sind in Braun gekleidet. Lediglich der Harlekin, der den Boten des Schicksals spielt, trägt ein buntes Kostüm.

Diese Schwarzweiß-Malerei tut dem Buch nicht gut. Sie macht den moralischen Zeigefinger, den Arden erhebt, allzu deutlich – bis zu der Stelle gegen Ende des Romans, an der die Figuren nur noch hölzerne Reden schwingen, um ihre verlogene Position zu rechtfertigen. Recht klischeehaft ist auch die Information, dass Ela, Jemanys sieche Mutter, in Wahrheit die Witwe des verjagten Königs ist. Nur wenige Stunden später ist sie tot. Das ist Groschenroman-Niveau. Man kann nur hoffen, dass der Folgeroman besser wird.

Taschenbuch: 347 Seiten
Originaltitel: First Book of The Orokon. The Harlequin’s Dance. Parts 3+4, 1997
Aus dem Englischen übertragen von Wolfgang Thon