Catherine Asaro – Der PSI-Faktor (Das Sternenreich von Skolia 01)

Dies ist der Startband einer neuen Science-Fiction-Reihe namens „Das Sternenreich von Skolia“ von jeweils eigenständigen Romanen. Die amerikanische Physikerin Catherine Asaro verbindet Sternenoper mit Hightech und Romantik zu einer fesselnden Mischung, die für durchaus gelungene Unterhaltung sorgt.

Die Autorin

Die amerikanische Physikerin Catherine Asaro, geboren Ende der 50er Jahre und verheiratet mit einem Astrophysiker, verbindet Sternenoper mit Hightech und Romantik zu einer fesselnden Mischung, die manchmal für durchaus gelungene Unterhaltung sorgt, manchmal aber auch nicht. Ihre erste Story erschien 1993, und sie hat ein eigenes Fanzine namens „Mindsparks“.

Hinweis: Dieser Bericht beruht auf der Lektüre des englischen Originals.

Der Roman „Catch the Lightning / Jäger des Lichts“ gewann 1997 den |Sapphire Award| für |Best Science Fiction Romance|.

Ihre bisher erschienenen Science-Fiction-Romane aus dem Skolia-Sternenreich:

1 Skyfall (2003)
2 Schism (2004)
3 The Final Key (2005)
4 The Last Hawk (1997)
Deutsch: Der letzte Falke. Bastei Lübbe Science Fiction #24319, 2004, ISBN 3-404-24319-6.
5 Primary Inversion (1995)
Deutsch: Der PSI-Faktor. Bastei Lübbe (Bastei-Lübbe SF Special #24309), Bergisch Gladbach 2002, ISBN 3-404-24309-9.
6 The Radiant Seas (1999)
Deutsch: Die strahlende See. Bastei Lübbe (Bastei-Lübbe SF Special #24329), Bergisch Gladbach 2004, ISBN 3-404-24329-3.
7 Ascendant Sun (2000)
Deutsch: Das dritte Schloss. Bastei Lübbe (Bastei-Lübbe SF Special #24334), Bergisch Gladbach 2005, ISBN 3-404-24334-X.
8 Spherical Harmonic (2001)
Deutsch: Sphärenmusik. Bastei Lübbe (Bastei-Lübbe SF Special #24347), Bergisch Gladbach 2006, ISBN 3-404-24347-1.
9 The Moon’s Shadow (2003)
10 The Quantum Rose (3 Teile in: Analog Science Fiction and Fact, May 1999 ff.)
Deutsch: Die Quantenrose. Bastei Lübbe (Bastei-Lübbe SF Special #24342), Bergisch Gladbach 2005, ISBN 3-404-24342-0.
11 The Ruby Dice (2008)
12 Diamond Star (2009)
13 Carnelians (2011)
14 Catch the Lightning (1996; auch: Lighning Strike I, 2014)
Deutsch: Jäger des Lichts. Bastei Lübbe (Bastei-Lübbe SF Special #24317), Bergisch Gladbach 2003, ISBN 3-404-24317-X.

Kurzgeschichten:

Light and Shadow (in: Analog Science Fiction and Fact, April 1994)
Aurora in Four Voices (in: Analog Science Fiction and Fact, December 1998)
A Roll of the Dice (in: Analog Science Fiction and Fact, July-August 2000)
Ave de Paso (2001, in: Al Sarrantonio (Hrsg.): Redshift: Extreme Visions of Speculative Fiction)
Soul of Light (2001, in: Cecilia Tan (Hrsg.): Sextopia: Stories of Sex and Society)
Walk in Silence (in: Analog Science Fiction and Fact, April 2003)
The Edges of Never-Haven (2004, in: Al Sarrantonio (Hrsg.): Flights: Extreme Visions of Fantasy)
Stained Glass Heart (2004, in: Catherine Asaro: Irresistible Forces)
The City of Cries (2005, in: Mike Resnick (Hrsg.): Down These Dark Spaceways)
The Shadowed Heart (2005, in: Mary Kirk (Hrsg.): The Journey Home)
Echoes of Pride (2006, in: Mike Resnick (Hrsg.): Space Cadets)
The Ruby Dice (in: Jim Baen’s Universe, August 2006)
The Pyre of New Day (2012, in: Ian Watson und Ian Whates (Hrsg.): The Mammoth Book of SF Wars)
The Wages of Honor (2017, in: Bryan Thomas Schmidt (Hrsg.): Infinite Stars)

Major Bhaajan:

1 Undercity (2014)
2 The Bronze Skies (2017)
Children of the Dust (in: Baen Books: Free Stories 2017)

Aronsdale / The Lost Continent

1 The Charmed Sphere (2004)
2 The Misted Cliffs (2005)
3 The Dawn Star (2006)
4 The Fire Opal (2007)
5 The Night Bird (2008)
Moonglow (2003, in: Mercedes Lackey, Rachel Lee und Catherine Asaro (Hrsg.): Charmed Destinies)

Sunrise Alley

1 Sunrise Alley (2004)
2 Alpha (2006)

Romane

The Veiled Web (1999)
The Phoenix Code (2000)

Auszeichnungen

1998 Analog Award für Aurora in Four Voices als beste Erzählung
1999 HOMer Award für Aurora in Four Voices als beste Erzählung
2000 Analog Award für A Roll of the Dice als beste Erzählung

HOMer Award für The Veiled Web als bester Roman

2001 HOMer Award für A Roll of the Dice als beste Erzählung
2002 Nebula Award für The Quantum Rose als bester Roman
2003 Analog Award für Walk in Silence als beste Erzählung
2009 Nebula Award für The Spacetime Pool als beste Erzählung

Handlung

In ferner Zukunft hat sich das Universum der Menschen in drei Sternenreiche aufgespalten. Die Allianz der alten Erde betrachtet sich als neutrale Partei in dem fortdauernden Konflikt zwischen dem Sternenreich der Skolianer und dem Eubianer-Imperium der so genannten Händler (bzw. Trader). Alle drei Parteien unterhalten Raumschiffflotten und bewaffnete Patrouillen. Psi-gestützte Kommunikationsmittel, die schneller als das Licht arbeiten können, verbreiten Nachrichten in Blitzesschnelle.

Im Mittelpunkt des ersten Romans „Der PSI-Faktor“ steht eine Patrouillengeneralin namens Sauscony Valdoria, die sich aber von allen ihren Kameraden „Soz“ nennen lässt. Sie hat den Rang eines Primary inne, was wohl einem Vier-Sterne-General entspricht; ihr Kamerad Rex Blackstone ist ein Secondary. Wie alle solche Jagernauten ist auch sie mit einem ins Rückgrat eingebauten Computer, dem Nodus, versehen, dem sie Gedankenbefehle erteilen kann, weil sie über eine Gehirn-Computer-Schnittstelle verfügt. Auch Anschlüsse nach außen sind genügend vorhanden, beispielsweise einen von der Art, wie man ihn in „The Matrix“ sehen kann. Außerdem ist Soz eine Em- und Telepathin, die von ihren Freunden, aber auch von feindseligen Menschen starke Gefühle und Gedankennachrichten empfangen kann. Das ist ihre Stärke, aber auch ihre Achillesferse. Mit Hilfe ihrer Psi-Kräfte kann sie sich in das Skolia-weite Psi-Netz einklinken, um zu kommunizieren.

Delos

Auf Delos, einem neutralen Planeten der Erd-Allianz, begegnet Soz eines Tages bei einem Bummel einer Gruppe von feindlichen Händlern. Sie macht sofort den hoch gewachsenen Aristo aus und schaudert. Dieser erinnert sie an einen verstorbenen Händler namens Kryx Tarque, der sie zehn Jahre zuvor als „Provider“ missbraucht hatte, als sie auf einer Händler-Welt in seine Gefangenschaft geriet. Ein „Provider“ – Soz will gar nicht daran denken – ist schlimmer dran als ein „Diener“, denn nur Empathen werden Provider: Je größer die Pein eines Providers, desto größer die psychische Lust, die der Aristo daraus zieht. Ein Aristo ist also für einen Empathen das absolut Negative. (Diesen bio-psychologischen Sachverhalt erklärt Soz dem Übersetzer auf der Polizeiwache von Athen auf Delos. Sie hat den Eindruck, dass auch er ein Empath ist.)

Die Erbin

Wie sich des weiteren zeigt, ist Soz keine Geringere als die Thronerbin des Skolia-Imperiums. Sie hat aber nun ein schweres Problem: Wen soll beziehungsweise darf oder kann sie heiraten, um den Fortbestand des Reiches zu sichern? Die Thronerbin ist eine ganz besondere Art von Psi-Begabten: Psione wie sie ermöglichen die Existenz des Skolia-Netzes, das den Skolianern allein die überlichtschnelle Nachrichtenübermittlung erlaubt. Ihr künftiger Gatte sollte zu dieser genetischen Bedingung kompatibel sein.

Als wäre nicht alles schon kompliziert genug, macht sie bei einem gewaltsamen Besuch des verdächtigen Aristos eine ungeheuerliche Entdeckung (die hier nicht verraten werden darf). Dieser Aristo ist nicht nur eine Hoffnung für sie, Soz, sondern auch die ultimative Bedrohung des Skolia-Netzes. Sie schließt mit ihm einen privaten Pakt, und er revanchiert sich mit der Information, dass der eubianische Kaiser bereits Kriegsschiffe gegen Tams, eine rebellierende Welt, in Marsch gesetzt habe. Sofort ruft Soz ihre drei Kollegen auf den Posten. So schnell es geht, setzen sich die vier Jagernauten Richtung Tams in Marsch, um die Welt der Rebellen vor dem sicheren Untergang zu bewahren.


Mein Eindruck

Der Handlungsverlauf des hier skizzierten ersten Drittels lässt befürchten, dass Catherine Asaro nur einen weiteren Aufguss von David Weber „Honor Harrington“-Romanen oder Militär-Science-Fiction à la Elizabeth Moon abliefert. Das ist zum Glück nicht so, wie sich in den folgenden zwei Buchteilen zeigt. Für die Autorin, die inzwischen (s.o.) sieben weitere Skolia-Romane veröffentlicht hat, wäre dieses Marktsegment auch viel zu klein gewesen, um so erfolgreich werden zu können.

Vielmehr steht Asaro in nächster Nähe zu der immens erfolgreichen Lois McMaster Bujold. Während in Bujolds Barrayar-Serie jedoch ein Mann, nämlich ein verkrüppelter Prinz im Mittelpunkt steht, ist dies bei Asaro Primary Sauscony Valdoria, Thronerbin des Sternenreiches von Valdoria. Und da sie nun endlich ihren Seelengefährten gefunden hat, muss sie etliche Widerstände überwinden, um ihn zu bekommen und eine Familie zu gründen. Das wiederum wird den Fortbestand des Skolia-Imperiums sichern – und vielleicht sogar den Frieden mit den Eubianern ermöglichen. Eine ganze Menge für einen einzelnen Menschen. Aber genug für eine ausgewachsene Romanze.

Altmodische Romanze

Denn „Der PSI-Faktor“ ist im Grunde eine schöne altmodische Romanze, die man in ein hypermodernes Gewand gesteckt hat, statt etwa in ein Mäntelchen aus historischer Fantasy. Die Formeln für die literarische Darstellung sind inzwischen austauschbar. Und amerikanische Lektoren wachen mit Argusaugen darüber, dass die Formeln benutzt und die Regeln nicht gebrochen werden. (Und wenn Bertelsmann/Random House Ullstein-Heyne-List übernehmen darf, werden diese Bedingungen bald für einen Großteil des deutschen Taschenbuchmarktes gelten.) Da viel Sex und Erotik im Spiel ist, eignet sich dieser Roman wohl eher für Jugendliche ab 16 Jahren, während der Großteil der Star-Trek- und Star-Wars-Klone bereits ab 12 Jahren unbedenklich zu konsumieren ist. Warum dieser Roman auch Männer und Erwachsene anspricht, sind jedoch wohl der Science-Fiction-Gehalt an Ideen und die politischen Aspekte.

Mensch und Maschine

Enge Verbindungen zwischen Mensch und Maschine sind wie in „Matrix“ gang und gäbe. Befehle werden mittels Gedankenkraft an Maschinen erteilt. Auf einer höheren Ebene als der körperlichen existiert das Skolia-Netz, das rein auf Psi-Kraft basiert und in dem sowohl befähigte Personen wie Soz als auch kompatible Computer miteinander verknüpft sind. (Es gibt noch weitere Ideen, so etwa zum Reisen über Lichtgeschwindigkeit.)

In einer langen komplizierten Szene dringt Soz in Hochsicherheitszonen vor, die nur einer imperialen Thronerbin offen stehen. Sie demonstriert, wie Psi-gestützte Sicherheitseinrichtungen arbeiten, wie die Verbindungen zwischen Mensch und Maschine aussehen können (bis hin zu Nanorobotern) und wie man alle diese wunderbaren Einrichtungen austrickst. Diese Szene ist eindeutig eine Weiterentwicklung von William Gibsons klassischen Cyberspace-Stories, von denen „Chrom brennt“ die wichtigste und beste ist (neben „Neuromancer“). Anders als Neo in „The Matrix“ hat es Soz nicht mit virtuellen Agenten zu tun, sondern mit programmierbaren „Evolving Intelligences“, so genannten EIs (im Unterschied zu KIs). Diese lassen sich wenigstens mit einem Befehl ausschalten; man braucht kein Karateprogramm, um sie außer Gefecht zu setzen.

Menschen

Doch wer ermöglicht das Skolia-Netz? Es sind natürlich keine Maschinen, sondern Personen, genauer: Soz‘ engste Angehörige, darunter ihr Vater und ihr Halbbruder, der Imperator. Sie bilden die Triade und haben das Netz gemäß ihrer eigenen Interessen abgesichert. Soz braucht all ihre Ausbildung und ihren Grips, um ihre Gegner zu überlisten. Dennoch scheitert sie beinahe. Doch sie erhält Hilfe von unerwarteter Seite.

Soz‘ Familie ist eine Gruppe interessanter und sehr detailreich gezeichneter Charaktere. Die meisten Szenen der Treffen mit ihren Verwandten sind sehr emotional, aber zuweilen auch humorvoll. Manchmal erinnert das an eine Seifenoper, etwa an „Denver-Clan“. Zum Glück nicht immer. Soz lernt auch ganz „normale“ Leute kennen, vor allem im ruhigen zweiten Teil, in dem Soz ihr psychologisches Problem erkennt und es mit Hilfe eines kompetenten Psychologen in den Griff bekommt. In der Folge kann sie ihre neue Einstellung im dritten Teil in die Tat umsetzen und so ihre Zukunft sichern. Dass ihre Verwandlung relativ friedlich verläuft und psychologisch motiviert ist, findet man in heutiger Serien-Science-Fiction nur selten und bringt Asaro einen Pluspunkt ein. Auch das Finale der Handlung entbehrt der Gewalt, ist aber trotzdem spannend.

Was mit politischen Intrigen und einer ausgewachsenen Raumschlacht (immerhin 30 Seiten) beginnt, entwickelt sich zunehmend zu einer anrührenden Geschichte menschlicher Verwandlung. Diese führt dazu, dass die Hauptfigur Hochverrat begeht und mit ihrem Seelengefährten, der dem Feind angehört, ins Exil geht.

Unterm Strich

Catherine Asaro verknüpft die klassische Romanze um unterschiedliche Liebende auf verfeindeten Seiten (Romeo und Julia!) mit einem Hightech- und Psi-Hintergrund, der einige neue Ideen in die Cyberspace-verwandte Science-Fiction-Welt einbringt. Das Ergebnis ist im ersten Teil aufgrund der Action flott zu lesen, im zweiten Teil ruhig und tiefer gehend, nur um dann im dritten Teil zu einem recht kompliziert eingefädelten Finale ohne richtige Konfrontation oder Gewaltanwendung zu münden. Dies ist zwar nicht überragend oder visionär, aber weitaus besser als Massenware und verdient aufgrund der guten Unterhaltung und der Einfälle einer sehr gute Wertung meinerseits.

Taschenbuch: 509 Seiten
Aus dem Englischen von Ulf Ritgen.
ISBN-13: 9783404243099

www.luebbe.de

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