Carlos Ruiz Zafón – Das Labyrinth der Lichter

Endlich findet Carlos Ruiz Zafóns Erzählung rund um den Friedhof der vergessenen Bücher, seiner fantastischen Barcelona-Saga, seinen Abschluss. Auf nochmals fast tausend Seiten verstrickt der Autor viele bereits bekannte Figuren sowie ein paar neue in ein weiteres Abenteuer, in dem einige noch offene Fragen aus den ersten drei Büchern („Der Schatten des Windes“, „Das Spiel des Engels“ und „Der Gefangene des Himmels“) geklärt werden.

Im Mittelpunkt der Handlung steht die eigenwillige Alicia Gris, der Fermin einst das Leben gerettet hat, ohne es aber zu wissen. Damals hat Alicia nicht nur ihre Eltern verloren, sondern auch eine schwere Verletzung der Hüfte erlitten, die sie immer mehr quält und oftmals im vorliegenden Roman in die Knie zwingt. Im Auftrag der Politischen Polizei kehrt sie zurück in ihre Heimatstadt Barcelona, um das mysteriöse Verschwinden des Ministers Mauricio Valls aufzuklären. Wie im Laufe des Buches deutlich wird, hat dieser eine ausgesprochen düstere Vergangenheit als Direktor des Gefängnisses von Montjuïc. Diese holt ihn nun ein, denn während Alicia noch auf der Suche ist, ist Valls längst eingekerkert und kämpft um das nackte Überleben.

In Valls‘ Besitz befand sich auch eines der geheimnisvollen Bücher aus der Serie „Das Labyrinth der Lichter“ aus der Feder des Autors Victor Mataix, das Alicia schmerzlich an ihr eigenes Schicksal erinnert. Doch schon bald wird es ihr wieder gestohlen. Langsam gräbt Alicia immer mehr Geheimnisse über das Buch und auch über Mauricio Valls aus.

Wieder betreten wir dazu die Buchhandlung Sempere & Söhne und begegnen dem Buchhändlerssohn Daniel Sempere, seiner Frau Bea und seinem Sohn Julián. Carlos Ruiz Zafón fügt der Familiengeschichte allerdings noch einige Episoden hinzu. Je mehr Alicia über das Geheimnis der Bücher und der Familie Sempere erfährt, umso mehr gerät nicht nur ihr eigenes Leben in Gefahr …

Spurensuche

Mit „Das Labyrinth der Lichter“ endet nun schlussendlich Carlos Ruiz Zafóns umfangreiche Tetralogie, in der er uns für viele Stunden in das schöne und mysteriöse Barcelona entführt hat. Vor etlichen Jahren hat Zafón mich mit dem fulminanten Buch „Der Schatten des Windes“ vollkommen in den Bann gezogen. Der Einstieg damals in das Buch war zwar etwas mühsam, aber nach nur gut hundert Seiten war ich damals vollständig eingetaucht in der Geschichte und gedanklich in Barcelona gelandet. Diese Faszination hat der Autor leider mit keinem der anderen Bücher mehr wecken können.

Das neue Buch schreckt mit seinen knapp 950 Seiten schon ein wenig ab und tatsächlich fällt der Einstieg in das Buch zunächst schwer, weil Zafón mehrmals die Perspektive und Zeit wechselt, sodass man zunächst gar nicht weiß, wo der Hauptteil seiner Geschichte spielen soll. Erst spät wird klar, dass sich praktisch die ganze Geschichte um Alicia Gris dreht, der wir früh im Buch begegnen, als sie im Krieg schwer verwundet wird und sich ihr Schicksal bestimmt. Sie geht im weiteren Verlauf des Buches nicht nur auf die Suche nach dem verschwundenen Minister, sondern auch auf die Suche nach einem Familiengeheimnis. Allerdings dauert es sehr, sehr lange, bis man als Leser auf dieser Spur ist.

Carlos Ruiz Zafón ergeht sich in endlosen Beschreibungen seiner Personen und Szenerien, die einem viel Geduld abverlangen. Erst etwa ab der Hälfte des Buches nimmt die Handlung ein wenig Fahrt auf, um aber immer wieder abzubremsen. Als treue Leserin möchte ich natürlich alles wissen über den Friedhof der vergessenen Bücher, über Victor Mataix und die Familie Sempere. Allerdings fällt es arg schwer, sich in der Geschichte wieder zurechtzufinden, wenn das letzte Buch doch schon Jahre her ist. Das erste Buch aus der Reihe habe ich vor etwa 12 Jahren gelesen, da ist es nur verständlich, dass ich die Handlung nicht mehr wirklich parat habe – genauso bei den anderen Büchern. Das erschwert das Zurechtfinden in der Geschichte aber wirklich sehr. Ich gehe davon aus, dass man sehr viel besser zurechtkommt, wenn man alle vier Bücher möglichst dicht nacheinander liest, damit man sich auch an alles gut erinnern kann. Ich habe die Bücher aber immer direkt nach dem Erscheinen gelesen und danach nicht nochmal, insofern hat sich mir Zafóns Barcelona-Saga nur nach und nach eröffnet.

Was am Ende übrig bleibt…

… sind eine gewisse Wehmut, dass die Saga nun endet, eine ziemliche Erschöpfung angesichts des enormen Umfangs des Buches und der teils arg langatmigen Beschreibungen, aber auch die Freude, die Figuren der Handlung ein Stück weit begleitet zu haben. Die Handlung aus „Das Labyrinth der Lichter“ ist durchaus spannend und entfaltet auch eine gewisse Faszination, aber aus meiner Sicht hätte die Handlung auch auf der Hälfte des Buches genug Platz gehabt. Mir war das Buch deutlich zu länglich und dadurch auch nicht spannend genug.

Gebundene Ausgabe: 944 Seiten
ISBN-13: 978-3100022837
www.fischerverlage.de

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