Burnett, Frances H. – kleine Lord, Der

Im zweiten Teil der „Titania Special“-Reihe widmet sich das junge Hörspiel-Label einem literarischen Klassiker, nämlich der Geschichte um den kleinen Lord Cedric Errol, die im Original von Frances H. Burnett stammt und schon seit einer halben Ewigkeit junge und alte Leser begeistert. Nach der Buchvorlage und verschiedenen TV-Auflagen gibt es die Angelegenheit nun auch als Hörspiel, und wiederum hat man eine sehr prominente Riege aktueller Synchronsprecher auftreiben können, um dieses 100-minütige Projekt zu verwirklichen. Dementsprechend ist die Liste der beteiligten Personen auch geradezu ein Who-is-Who der Szene und liest sich wie folgt:

Lucas Mertens als Cedric Errol
Friedrich Schoenfelder (u. a. dt. Stimme von Alec Guiness) als Earl of Dorincourt
Christian Rode (Sean Connery) als Rechtsanwalt Havisham
Evelyn Maron (Kim Basinger) als Mrs. Errol
Dagmar von Kurmin als Lady Lorridaile
Heinz Ostermann als Silas Hobbs
Matthias Deutelmoser (Orlando Bloom) als Dick Tipton
Regina Lemnitz (Kathy Bates) als Mrs. Dawson
Arianne Borbach (Helen Hunt) als Minna Tipton
David Nathan (Christian Bale, Johnny Depp) als Mr. Higgins

_Story_

Der kleine Cedric Errol lebt mit seiner verwitweten Mutter in New York. Sein bester Freund ist der Gemischtwarenhändler Silas Hobbs, den Cedric auch jeden Tag besucht. Dort träumt Cedric davon, als Präsident der Vereinigten Staaten zu regieren – oder aber den Laden von Mr. Hobbs zu übernehmen. Der Traum, ein ganz Großer zu werden, soll ihm dann eines Tages tatsächlich erfällt werden: Ein gewisser Havisham sucht den aufgeweckten Jungen auf und bittet ihn, zusammen mit seiner Mutter nach England zu kommen, um die Position des Lords im Schloss seines Großvaters einzunehmen. Obwohl Cedric an seiner aktuellen Wohngegend hängt und sich eigentlich gar nicht von Mr. Hobbs und dem Schuhputzer Dick Tipton trennen möchte, reist er schließlich nach England und lernt dort seinen griesgrämigen Großvater kennen. Seine Mutter begleitet ihn, darf aber nicht mit ihm im Schloss wohnen, weil das Verhältnis zwischen ihr und dem Earl seit jeher gespalten ist – und das nur, weil sie Amerikanerin ist.

Cedric ist noch gar nicht lange vor Ort, da stellt er auch schon alles auf den Kopf. Der kleine Lord bringt eine Menge Lebensfreude mit und kann somit auch recht schnell das vorher scheinbar versteinerte Herz des Earls gewinnen. Doch gerade, als der alte Herr sich dem Jungen geöffnet hat und auch bereit ist, seine Mutter näher kennen zu lernen, taucht eine gewisse Minna Tipton auf und behauptet, den älteren Bruder von Cedrics Vater geheiratet und daher eher einen Anspruch auf den Thron zu haben. Doch bevor das letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen ist, melden sich plötzlich Cedrics Freunde aus New York zu Wort, denen die suspekte, herrschsüchtigen Dame bestens bekannt ist …

Ähnlich wie auch das erste „Titania Special“ ist auch „Der kleine Lord“ eine sehr herzliche Geschichte mit liebevollen Charakteren, einer sehr schönen, mit sehr viel Moral versehenen Handlung und einem trotz des nahezu vorhersehbaren Endes guten Spannungsaufbau. Mit anderen Worten: Völlig zu Recht handelt es sich bei dieser Erzählung um einen Kinderbuch-Klassiker, der schon seit vielen Generationen immer wieder bemüht wird, dennoch aber nichts von seiner lebensfrohen Ausstrahlung verloren hat.

Es ist die Geschichte von einem kleinen, ganz gewöhnlichen Jungen, der bereit ist, die Welt zu verändern und mit seiner freundlichen und aufgeweckten Art weitaus mehr bewegen kann als andere Personen mit Reichtum und Macht. Cedric ist eine Person, die man einfach lieb haben muss, sei es nun, weil er so bodenständig, so intelligent, so vorlaut ist oder aber auch, weil er einfach für das steht, was den Begriff Liebe ausmacht. So gelingt es ihm während dieser Geschichte, den Earl und Mr. Hobbs von ihrer jeweiligen Abneigung gegen Amerika bzw. die Aristokratie abzubringen, den unsinnigen Streit zwischen seiner Mutter und dem sturen Großvater zu schlichten, die Liebe eines sonst so herzlosen Menschen zu gewinnen und sein ganzes Umfeld mit Freude zu erfüllen – egal ob nun am Hofe oder aber im Gemischtwarenladen von Silas Hobbs. Schließlich ist es dann auch noch seine Gutmütigkeit, die das klassische Stück so wertvoll macht und zu einer der schönsten Erzählungen der Weltliteratur hat werden lassen.

Das hier veröffentlichte Hörspiel verdient aber trotzdem noch einmal ein Extralob, weil es den verschiedenen Sprechern sehr schön gelungen ist, die Geschichte lebendig zu gestalten und auch die verschiedenen Stimmungen und Emotionen richtig schön herüberzubringen. Gerade Lucas Mertens in der Rolle des kleinen Lords gibt eine fabelhafte Figur ab und spielt den vorlauten kleinen Bengel sehr gekonnt. Sein Kontrapart in Sachen Stimmung steht ihm da in nichts nach: Friedrich Schönfelder als mies gelaunter Earl erzielt die gewünschte abschreckende Wirkung und verkörpert die zunächst herzlose Person ebenfalls mit deutlicher Hingabe. Doch genau das trifft hier zum wiederholten Male auf alle Beteiligten zu, weshalb ich mich auch gerne dazu hinreißen lasse, eine Behauptung wie „auf Titania Medien ist in Sachen Hörspiele Verlass“ in den Raum zu stellen. Wie auch schon der Vorgänger „Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge“ ist diese Doppel-CD definitiv eine Anschaffung wert!

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