Julius Caesar unter Piraten: Actionreiche Abenteuer
Rom im ersten Jahrhundert vor Christus: Konsul Marius wird brutal ermordet, und Sullas fanatische Anhänger schreien nach Caesars Blut! Nur eine schnelle Flucht aus Rom kann das Leben des jungen Mannes jetzt noch retten. Doch bald schon verwandelt sich der einsame Flüchtling in einen strahlenden Triumphator: Nach beeindruckenden Siegen über die grausamen Seeräuber des Mittelmeers und den mächtigen Griechenkönig Mithridates kehrt Caesar schließlich in die Stadt zurück – an der Spitze einer ganzen Legion von kampferprobten Veteranen. Gerade noch rechtzeitig, um gegen den gefährlichsten Gegner anzutreten, der das Reich je bedrohte: Spartacus – der König der Sklaven … (Verlagsinfo)
Dieser Bericht beruht auf der Originalausgabe in der Taschenbuch-Edition.
Der Autor
Conn Iggulden, geboren 1971, unterrichtete Englisch an der Universität von London und arbeitete sieben Jahre als Lehrer, bevor er schließlich mit dem Schreiben historischer Abenteuerromane begann. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen im englischen Hertfordshire. Mehr Info: www.conniggulden.com und https://de.wikipedia.org/wiki/Conn_Iggulden.
„Bekannt ist Conn Iggulden vor allem für die Imperator-Tetralogie, von der jeder der vier bisher erschienenen Teile wochenlang auf den vorderen Plätzen der englischen Bestsellerlisten stand. Die Romane handeln vom Leben Gaius Julius Caesars; mit den historischen Fakten wird allerdings recht frei umgegangen. Eine Option auf die Verfilmung der Serie hat sich die Produktionsfirma Spitfire gesichert. Conn Iggulden hat außerdem angekündigt, er denke über einen fünften Teil nach, der nach den Ereignissen des vierten Bandes angesiedelt sein würde.“ (Quelle: Wikipedia.de) Dieser 5. Band ist 2013 erschienen, siehe unten.
Die IMPERATOR-Reihe:
1) Die Tore von Rom (The Gates of Rome, 2003, dt. 2004)
2) König der Sklaven. (The Death of Kings, 2004; dt. 2005)
3) Das Feld der Schwerter (The Field of Swords, 2005; dt. 2005)
4) Die Götter des Krieges (The Gods of War, 2006; dt. 2007)
5) The Blood of the Gods (2013)
Die MONGOLEN-Serie
• Dschingis Khan. Sohn der Wölfe. Blanvalet, 2008. (Originaltitel: Wolf of the Plains: The Epic Story of the Great Conqueror)
• Dschingis Khan. Herr der Steppe. Blanvalet, 2008. (Originaltitel: Lords of the Bow: The Epic Story of the Great Conqueror)
• Bones of the Hills: The Epic Story of the Great Conqueror. 2008
• Empire of Silver: The Epic Story of the Khan Dynasty. 2010
• Conqueror: A Novel of Kublai Khan. 2011
Die ROSENKRIEGE (The Wars of the Roses)
1) Sturmvogel (Stormbird, 2013; Heyne 2014)
2) Das Bündnis (Trinity 2014; Heyne 2015)
3) Bloodline (2015)
4) Ravenspur – Rise of the Tudors (19.5.2016)
IMPERATOR und ROSENKRIEGE werden bereits verfilmt.
Handlung
Julius hat vor den Schergen des Diktators Sulla fliehen müssen, dessen Legion die Anhänger des Mit-Konsuls in der Schlacht am Collinischen Tor und in langen Straßenkämpfen besiegt hat. Sulla hat den jungen Julius Caesar sogar begnadigt, eine sehr ironische und folgenreiche Geste. Ganz besonders, wenn man bedenkt, dass sich der Diktator in der Folge an Caesars hochschwangere Frau Cornelia ranmacht.
Nachdem er das Fort Mytilene von Rebellen befreit hat, begibt sich der mit einem Ehrenkranz geehrte Zenturio Julius Caesar auf den Weg zurück nach Italien. Doch die Piraten, die das Mittelmeer unsicher machen, haben anderes im Sinn. Die schwerfällige römische Galeere hat keine Chance gegen die schnellen Schiffe der Seeräuber, als es vor Nordafrika zur Seeschlacht kommt. Im Kampf erhält Julius eine folgenschwere Kopfwunde. Zeit seines Lebens wird er an epileptischen Anfällen leiden, wenn er sich zu sehr aufregt. Schon bald lernt er, sich nicht mehr aufzuregen, sondern kaltblütig seine Ziele zu verfolgen.
Diesen Plänen macht der Seeräuber Celsus erst einmal einen dicken Strich durch die Rechnung. Er verlangt für die gefangenen Römer ein saftiges Lösegeld. Bis dieses Geld eintrifft, vergehen mehr als sechs Monate, die die Soldaten unter Folter und Entbehrung in einem stinkenden Dreckloch verbringen müssen. Julius schwört sich und seinen Anhängern, die er um sich schart, Celsus zur Strecke zu bringen.
Sobald er und seine überlebenden Schicksalsgenossen an einem verdorrten afrikanischen Gestade freigelassen worden sind, macht er sich an die monatelange Arbeit, Rekruten für seine Sache zu werben. Erstaunlicherweise gibt es genügend römische Kolonisten, die an diesen libyschen Gestaden ein karges Dasein fristen. Aber der dunkle Kontinent hält auch unangenehme Überraschungen bereit, darunter bissige Soldatenameisen. Als sein abgerissener Trupp endlich eine Hafenstadt – vermutlich Cyrenaica – erreicht – kapert der Trupp kurzerhand ein Handelsschiff und segelt nach Nordafrika, um Celsus den Garaus zu machen…
Marcus Brutus
Julius hat in Marcus Brutus einen Blutsbruder, der mit ihm zusammen aufgewachsen ist (siehe Band 1). Auch er hat unter den Nachstellungen des Diktators Sulla zu leiden, überlebt aber bei den Truppen in Griechenland, die einen Krieg gegen den Rebellenkönig Mithridates führen. Als Marcus erfährt, dass Sulla ermordet worden ist, wagt er sich wieder zurück nach Rom und beginnt sofort, die Legion des Marius, die Primigenia (die Erstgeborene), wiederaufzubauen. Der Gladiator Renius, sein Mentor, dient ihm dabei als Waffenmeister und Kampfausbilder.
Privat hat Marcus ebenfalls einiges Glück. Er trifft die Sklavin Alexandria wieder. Sie wurde von Marius‘ Witwe freigelassen und hat das Handwerk einer Kunstschmiedin erlernt, in dem sie sehr erfolgreich ist. Sie führt ihm einen diebischen Gassenjungen, der sich Octavian nennt und der über seine Großmutter mit Caesars Familie verwandt ist. Der Junge soll auf dem Landgut und Tubruks und Marcus‘ Führung eine Grundausbildung bekommen. Leider erweist er sich auch dort als Meisterdieb…
Aber Marcus denkt auch an seine verschwundene Mutter. Er weiß nur, dass sie sich kurz nach seiner Geburt, als sie ihn in Julius‘ Familie gab, prostituiert hat. Er erwartet also, sie in irgendeiner Gosse in den dunkelsten Winkeln des an dunklen Winkeln nicht gerade armen Rom vorzufinden. Caesars Gutsverwalter Tubruk hat jedoch all die Jahre über Kontakt zu ihr gehalten, und so weiß Marcus, wo er sie finden kann.
Zu seinem größten Erstaunen und seiner nicht geringen Beklommenheit ist Servilia zur Liebesdienerin der höchsten gesellschaftlichen Kreise Roms aufgestiegen. Zaghaft freunden sie sich miteinander an. Schon bald kann Marcus wertvolle Kontakte auf der Seite des künftigen Konsuls Crassus knüpfen und den Fleck auf der Ehre der Primigenia-Legion entfernen. Crassus ist weit und breit der reichste Mann in Rom und leiht Marcus eine hübsche Stange Geld. Fehlt nur noch sein Freund Caesar…
Sullas Hunde
Doch die Anhänger des ermordeten Diktators sind rachsüchtig. Allen voran der fette und reiche Cato, der mit seinen ruhmreichen republikanischen Vorvätern rein gar nichts gemein hat. Die Attentäter, die der ehemalige General Antonidus in Catos Diensten dingt, meucheln die kleine Tochter des Generals Gnaeus Pompeius. Ihr nächstes Ziel: Cornelia, die Gattin des Julius Caesar…
Mein Eindruck
Was für ein Durcheinander! An diesen actionreichen Darstellungen stimmt im Grunde nur der Kern, aber die Chronologie hat der Autor dabei völlig über Bord geworfen. Sulla wurde anno 82 BC ermordet, aber schon neun Jahre (73-72 BC) später begann der Spartacus-Aufstand, der das gesamte letzte Viertel dieses Buches bestreitet. Doch auf den Leser wirkt es, als würden dazwischen gerade mal ein bis zwei Jahre liegen. Der Autor zieht die Geschichte zusammen, wie es ihm gerade in den Kram passt. Guter Geschichtsunterricht sieht anders aus.
Nein, dieser IMPERATOR-Zyklus dient ganz alleine dem Drama: Schwertkampf, Intrigen, Giftmorde, Sexszenen – hier gibt es alles, was harte Kerle (mutmaßlich) begehren. Insbesondere die Schwertkämpfe sind detailliert und kenntnisreich geschildert. Nur gut, dass sowohl Julius als auch Marcus erstklassige Schwertkämpfer sind.
Auch die Schlachtszenen sind nicht von schlechten Eltern: Die entscheidende Schlacht von acht Legionen (ca. 64.000 Mann) gegen die 80.000 Mann starke Armee wird in allen packenden Einzelheiten geschildert. Durch ein geniales Manöver des Pompeius gelingt es den Römern, die Katastrophe abzuwenden, und Caesar zeichnet sich durch höchsten Einsatz aus.
Die Legion des Lepidus hat sich hingegen für alle Zeiten mit Schande befleckt – es kommt zu einer blutigen Strafaktion, die dem zartbesaiteten Leser garantiert auf den Magen schlagen dürfte. Hier wird demonstriert, wie das Wort „dezimieren“ entstanden ist: Jeder zehnte (decimus) Mann wird getötet – von seinen eigenen Kameraden… Caesar muss die Überreste der Lepidus-Legion mit der Primigenia-Legion zusammenlegen. Er nennt das Ergebnis „die Zehnte“, damit sich auch der letzte ihrer Soldaten an das Schicksal seiner Vorgänger erinnert.
Unterm Strich
Wem all dies zu heftig erscheint, der sollte unbedingt die Finger von diesem Romanzyklus lassen. Aber man sollte nicht vergessen, dass Iggulden der Autor des „Dangerous Book for Boys“ ist. Er wendet sich explizit an ein männliches Lesepublikum, das eine ganz andere Erwartungshaltung hat als ein weibliches. Seit den „Herr der Ringe“-Filmen und der TV-Serie „Game of Thrones“ ist harter, blutiger Realismus in Sachen Helden und Superhelden wieder salonfähig. Anders lockt ein Autor sein junges männliches Publikum ab 16 Jahren wohl kaum noch von den PC- und Konsolen-Spielen weg.
Frauen
Das bedeutet nicht, dass weibliche Leser leer ausgehen. Auch sie mögen harte Männer, die wissen, wie man sich behauptet und seine Familie und sein Land beschützt. Caesar schützt seine Frau Cornelia und liebt seine kleine Tochter Julia. Mit Cornelia streitet er sich ständig, was aber mehr an ihr zu liegen scheint. (Wie immer wundert sich der männliche Leser über weibliches Verhalten.)
Wo Caesar Pech in der Liebe hat, kann sich sein Blutsbruder Marcus nicht über weibliche Aufmerksamkeit beschweren. Servilia, seine Mutter, verfügt über genügend Liebesdienerinnen, um ihm eine schöne Zeit bereiten. Auch Alexandria erweist sich als bereitwillige Gespielin, und die Sexszene auf der nächtlichen Gasse vor ihrem Wohnhaus gehört zu den sinnlichsten, die ich je in einem Actionroman gelesen habe. Wer die TV-Serie „Rom“ liebte, ist hier genau richtig.
Sklaven
Das genaue Gegenteil bildet das Schicksal der Sklaven im alten Italien. Unter Spartacus und anderen Gladiatoren erheben sie sich – und lehren die Legionen das Fürchten. Der Autor zeigt ein überraschend hohes Maß an Mitgefühl und Einfühlungsvermögen mit den harten Daseinsbedingungen von Sklaven.
Wer sich dabei an Stanley Kubricks Heldenepos „Spartacus“ erinnert fühlt, ist schon mal auf der richtigen Fährte. Doch griechische Lehrer (Tony Curtis) sind eher die Ausnahme im Sklavenheer; die Regel sind vielmehr harte Gladiatoren, verschlagene Ex-generale wie Antonidus und vor allem viele Frauen und Kinder. Wie soll es eine solche Armee mit den Legionen des Pompeius aufnehmen? Sie werden alle auf dem Schlachtfeld oder am Kreuz enden…
Was fehlt
An vielen Stellen habe ich in der englischen Taschenbuchausgabe sowohl eine Karte des Römischen Reiches – es gibt sie nur bei bestimmten Verlagen – als auch eine Karte der Stadt Rom sehr vermisst. Diese Karten sind beispielsweise in der deutschen Übersetzung von Robert Harris Cicero-Roman „Imperium“ enthalten, der mit seinen Folgebänden ungefähr die gleiche Zeitperiode abdeckt.
Auch eine kleine Übersicht über militärische Dienstgrade in einer Legion hätte nicht geschadet. Wer weiß schon, was eine Manipel ist? Das ein Zenturio 100 Mann, nämlich eine Zenturio, befehligt, kann man sich immerhin zusammenreimen. Aber wo steht, wie groß eine Legion sein muss und aus wie vielen Zenturien sie besteht? Nicht in diesem Buch.
Taschenbuch: 640 Seiten
Info: Emperor 2: The Death of Kings
Aus dem US-Englischen von Gerald Jung
www.randomhouse.de/blanvalet
Der Autor vergibt: