David Baldacci – Auf Bewährung (Mace Perry 01)

Durchwachsen: Romantik trifft Polit-Thriller

Mace Perry war mit Herz und Seele Polizistin in Washington, D.C., bis sie durch einen missglückten Undercover-Einsatz alles verlor: ihre Marke, ihre Karriere, ihre Freiheit. Jetzt ist die junge Frau zurück – und getrieben von dem Ziel, wieder in den Dienst aufgenommen zu werden. Um das zu erreichen, bleibt Mace nur eine Möglichkeit: Sie muss einen bedeutenden Fall lösen und dadurch beweisen, dass sie es verdient, die Polizeiuniform zu tragen.

Als eine prominente Anwältin ermordet wird, wittert sie ihre Chance. Doch was zunächst wie ein normaler Mordfall aussieht, nimmt bald eine unerwartete Wendung und führt Mace in die Kreise des US-Geheimdienstes – und in tödliche Gefahr … (Verlagsinfo)

Der Autor

David Baldacci wurde 1960 in Virginia geboren, wo er heute lebt. Er wuchs in Richmond auf; sein Vater war Mechaniker und später Vorarbeiter bei einer Spedition, seine Mutter Sekretärin bei einer Telefongesellschaft. Baldacci studierte Politikwissenschaft an der Virginia Commonwealth University (B. A.) und Jura an der University of Virginia. Während des Studiums jobbte er u.a. als Staubsaugerverkäufer, Security-Guard, Konstrukteur und Dampfkesselreiniger. Er praktizierte neun Jahre lang als Anwalt in Washington, D.C., sowohl als Strafverteidiger als auch als Wirtschaftsjurist.

Neben seiner Arbeit als Schriftsteller engagiert sich Baldacci für eine Reihe karitativer und gesellschaftlicher Institutionen, darunter der National Multiple Sclerosis Society, der Barbara Bush Foundation for Family Literacy, der Virginia Foundation for the Humanities, der America Cancer Society, der Cystic Fibrosis Foundation und der Viriginia Commonwealth University. David Baldacci ist verheiratet und hat zwei Kinder. (Verlagsinfo)

Werke

Camel Club

1: Die Wächter (2007; Originaltitel: The Camel Club, 2005) ISBN 978-3-7857-2273-2
2: Die Sammler (2008; Originaltitel: The Collectors, 2006) ISBN 978-3-7857-2354-8
3: Die Spieler (2010; Originaltitel: Stone Cold, 2007) ISBN 978-3-7857-2380-7
4: Die Jäger (2011; Originaltitel: Divine Justice, 2008) ISBN 978-3-7857-2420-0
5: Der Auftrag (2014; Originaltitel: Hell’s Corner, 2010) ISBN 978-3-7857-2484-2

Sean King und Michelle Maxwell

1: Im Bruchteil der Sekunde (2004; Originaltitel: Split Second, 2003)ISBN 978-3-404-15500-2
2: Mit jedem Schlag der Stunde (2006; Originaltitel: Hour Game, 2004)ISBN 978-3-404-15793-8
3: Im Takt des Todes (2009; Originaltitel: Simple Genius, 2007)ISBN 978-3-404-15968-0
4: Bis zum letzten Atemzug (2011; Originaltitel: First Family, 2009) ISBN 978-3-404-16553-7
5: Fünf vor Zwölf (2014; Originaltitel The Sixth Man, 2011) ISBN 978-3-404-16994-8
6: In letzter Minute (2016; Originaltitel King and Maxwell, 2013) ISBN 978-3-404-17309-9

Shaw und Katie James

1: Die Kampagne (2009; Originaltitel: The Whole Truth, 2008) ISBN 978-3-404-27074-3
2: Doppelspiel (2013; Originaltitel: Deliver Us From Evil, 2010) ISBN 978-3-404-16842-2

Will Robie

1: Der Killer (2014, Originaltitel: The Innocent, 2012), ISBN 978-3-7857-2512-2
2: Verfolgt (2015, Originaltitel: The Hit, 2013), ISBN 978-3-7857-2540-5
3: Im Auge des Todes (2016, Originaltitel: The Target, 2014), ISBN 978-3-7857-2563-4
4: Falsche Wahrheit (2017, Originaltitel: The Guilty, 2015) ISBN 978-3785725894
5: Der Feind im Dunkeln (2018, Originaltitel: End Game, 2017) ISBN 978-3785726396

John Puller

1: Zero Day (2013; Originaltitel: Zero Day, 2011) ISBN 978-3-453-26906-4
2: Am Limit (2015, Originaltitel: The Forgotten, 2012) ISBN 978-3-453-26926-2
3: Escape (2015, Originaltitel: The Escape, 2014) ISBN 978-3-453-27010-7
4: No Man’s Land (2018, Originaltitel: No Man’s Land, 2016) ISBN 978-3453271616

Amos Decker

1: Memory Man (2016; Originaltitel: Memory Man, 2015) ISBN 978-3-453-27060-2
2: Last Mile (2017; Originaltitel: The Last Mile, 2016) ISBN 978-3-453-27061-9
3: Exekution (2020; Originaltitel: The Fix, 2017) ISBN 978-3453271609
4: Downfall (2021; Originaltitel: The Fallen, 2018) ISBN 978-3453272347
5: Redemption (2019, noch nicht auf Deutsch erschienen)
6: Walk The Wire (2020, noch nicht auf Deutsch erschienen) (Crossover mit der Will-Robie-Serie)

Atlee Pine

1: Ausgezählt (2019; Originaltitel: Long Road to Mercy, 2018) ISBN 978-3-453-27228-6
2: Abgetaucht (2020; Originaltitel: A Minute To Midnight 2019)ISBN 978-3453273122
3: Eingeholt (2021; Originaltitel: Daylight 2020) (Crossover mit der John-Puller-Serie) ISBN 978-3453273450
4: Abgerechnet (2022; Originaltitel: Mercy 2021) ISBN 978-3453274006

Vega Jane
(bisher noch nicht auf Deutsch erschienen)

1: The Finisher (2014)
2: The Keeper (2015)
3: The Width of the World (2017)
4: The Stars Below (2019)

Aloysius Archer
(bisher noch nicht auf Deutsch erschienen)

1: One Good Deed (2019)
2: A Gambling Man (2021)
3: Dream Town (2022)

Sonstige Bücher

Der Präsident (1996; Originaltitel: Absolute Power, 1996)
Das Labyrinth (1999; Originaltitel: Total Control, 1997)
Die Versuchung (1998; Originaltitel: The Winner, 1998)
Die Wahrheit (1999; Originaltitel: The Simple Truth, 1998)
Die Verschwörung (2000; Originaltitel: Saving Faith, 1999)
Das Versprechen (2002; Originaltitel: Wish You Well, 2000)
Der Abgrund (2003; Originaltitel: Last Man Standing, 2001)
Das Geschenk (2003; Originaltitel: The Christmas Train, 2002)
Auf Bewährung (2012; Originaltitel: True Blue, 2009)
Das Glück eines Sommers (2012; Originaltitel: One Summer, 2011)
Todeszeiten (2013, Kurzgeschichte; Originaltitel: No Time Left, 2010)
Der Komplize (2014, Kurzgeschichte; Originaltitel: Bullseye, 2014)
Herausgeber: FaceOff. Doppeltes Spiel. (Originaltitel: FaceOff, 2014) Wilhelm Goldmann Verlag, München 2014, ISBN 978-3-442-48189-7

Freddy and the French Fries
(bisher noch nicht auf Deutsch erschienen)

Freddy and the French Fries: Fries Alive! (2005)
Freddy and the French Fries: The Mystery of Silas Finklebean (2006)
(Quelle: Wikipedia.de)

|David Baldacci auf Buchwurm.info:|

[Mit jedem Schlag der Stunde 2400
[Im Bruchteil der Sekunde 836
[Das Geschenk 815
[Der Abgrund 414
[Die Verschwörung 396
[Das Versprechen 361
[Die Versuchung 676

Handlung

Die Polizistin Mace Perry hat zwei Jahre in einem Gefängnis in West Virginia absitzen müssen, weil jemand sie hereingelegt hatte. Zwei Tage vor ihrer Entlassung fürchtet sie, von der Knastkönigin Juanita abgemurkst zu werden, doch zuvor holt ihre Schwester Beth sie da raus. Beth Perry, ebenfalls Tochter eines ermordeten Bundesanwalts, ist die Polizeipräsidentin von Washington, D.C., und hat daher einiges zu sagen.

Sie nimmt Mace – Mace ist die Kurzform von Mason – bei sich auf. Doch dann gelingt es ihr, ihrer Schwester eine Stelle als Forschungsassistentin bei Prof. Abe Altman in Georgetown zu verschaffen. Altman ist philanthropischer Milliardär und sein Domizil dementsprechend luxuriös. Er hat ein Programm zur Förderung von sozial Schwachen aus Washingtons Ghettos aufgelegt. Das weckt in Mace einige Zweifel.

Denn Mace war in ihrer Position als Polizistin undercover in genau jenen „sozial schwachen“ Bezirken der Hauptstadt tätig: Gangland. Sie weiß also, wovon sie spricht. Bevor sie vor zwei Jahren verhaftet wurde, wurde sie hier unter Drogen gesetzt und dazu gezwungen, an Verbrechen teilzunehmen. Herauszufinden, wer ihr das alles eingebrockt hat, ist Maces erstes Ziel. Das zweite besteht darin, sich durch Lösen eines neuen Falls in den Augen ihrer Exkollegen zu rehabilitieren. Sie darf sich keinen Ausrutscher leisten, denn sie hat ein Jahr auf Bewährung zu überstehen.

Leiche tiefgekühlt

Maces erster „Fall“ führt sie an Beths Seite in eine Anwaltskanzlei in Georgetown. Dort hat der Anwalt Roy Kingman beim Öffnen seines Kühlschranks eine weibliche Leiche entdeckt, die ihm sogleich tiefgekühlt entgegenfiel. Kein Wunder, dass er mit den Nerven fertig ist, denn die tote Frau ist seine langjährige Kollegin Diane Tolliver. Die Cops sind misstrauisch wie immer und verdächtigen Kingman als ersten. Er kann anhand der Logdatei, mit der seine Schlüsselkarte bei der Benutzung des Aufzugs überwacht wird, nachweisen, dass er nicht der Mörder sein kann: Diane Tolliver ist schon mehrere Tage tot. Sie kam am Freitag, er am Montag. Doch Logdateien lassen manipulieren, wenn man weiß, wie’s geht… Mace und Kingman verstehen sich zunächst nicht so toll, doch das ändert sich, als sie ihm erklärt, was sie als Cop draufhat und dass sie den Mord an Tolliver aufklären will.

Men in Black

Doch sowohl Beth als auch Mace bleiben am Ball, erst recht, als auch noch ein Staatsanwalt namens James Meldon ermordet in einem Müllcontainer gefunden wird. Zu Beths großer Frustration darf sie den Fall nicht übernehmen, ja, sie erfährt noch nicht einmal, ob das FBI oder das Heimatschutzministerium den Fall bearbeitet. Diese Typen zeigen einfach ihre Führerscheine und hauen mit der Leiche ab – es ist nicht zu fassen, aber es ist der Bürgermeister höchstpersönlich, der Beth zurückpfeift. Diese Sache ist alles andere als koscher. Doch wer hat so viel Macht, fragt Beth. Der Bürgermeister zeigt auf das Weiße Haus.

Ein Zwischenfall mit einem Gangster im Gangland schweißt Kingman mit Mace zusammen. Sie können Altman die erste Kandidatin zuführen. Schnell finden Mace und Kingman heraus, dass ihnen Men in Black auf den Fersen sind. Kein Wunder: Die Webcam an Kingmans Computerbildschirm dient den Verfolgern als Überwachungsinstrument. Der Gegner bekommt alles mit, was die beiden treiben. Es ist nicht viel Phantasie nötig, dass auch Diane Tolliver und Jamie Meldon vor ihrer Ermordung überwacht worden sind. Doch worin besteht die Verbindung zwischen beiden und warum mussten sie sterben?

Verdächtige und Gegner

Jemand hat sich unerlaubt Zutritt zu jenem Stockwerk in Kingmans Bürogebäude verschafft, wo gerade umgebaut wird. Essen verschwindet ebenso wie Werkzeug, das sich bekanntlich verscherbeln lässt. Kingman entdeckt, dass es sein privater Sozialfall, der „Captain“, sein könnte. Der Captain ist ein Vietnam-Veteran, der auf der Straße lebt. Kingman gibt ihm ab und zu Geld und was zu essen. Doch diesmal scheint der „Captain“ der Hauptverdächtige im Tolliver-Fall zu sein. Die neue Bundesanwältin Mona Danforth, die Beth Perry eins auswischen will, bauscht den Captain zu einem Monster auf. Als Kingman die Verteidigung des „Captains“ übernimmt, will Danforth gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Mace Perrys Ermittlungsbemühungen sind der Gegenseite ein Dorn im Auge. Sie wird zur Zielscheibe. Als sie wieder mal solo in Kingmans Bürogebäude schnüffelt, wird sie niedergeschlagen. Als sie erwacht, findet sie sich gefesselt in genau jenem Kühlschrank wieder, in dem Tollivers Leiche gefunden wurde. Ihr droht das gleiche Schicksal, tiefgekühlt wie eine Pizza ein frühes Grab zu finden…

Mein Eindruck

Der Thriller wirkt heute teilweise wie aus der Zeit gefallen. Welcher Philanthrop würde sich heute noch um Ghettokinder kümmern, um ihnen eine Bildungschance geben? (Vielleicht Bill Gates.) Das klingt sehr amerikanisch, aber auszuschließen ist es nicht. Aber was hat es in einem Baldacci-Thriller zu suchen? Na, es verschafft der Heldin eine Einkommensquelle. Zudem bildet das Innere des Milliardärsanwesens einen krassen Kontrast zu dem, was die Ghettobewohner sonst so gewohnt sind.

Der selbst wohltätig engagierte Autor (s. Biografie) möchte wohl mit dem Zaunpfahl darauf hinweisen, dass in ein und derselben US-Stadt solche sozialen Unterschiede durchaus vorkommen können. Dass selbst hochdekorierte Veteranen unter die Räder kommen können, belegt der Fall des „Captain“, der unschuldig in den Knast wandern soll. Diese Plot-Aspekte würde der Baldacci-Fan eher aus den ersten Baldacci-Thrillern wie etwa „Der Präsident“, „Die Versuchung“ und dergleichen erwarten.

Dies kennzeichnet den vorliegenden Roman als ein Produkt einer Übergangsphase, in der der Autor ein weibliches Publikum erreichen wollte. Nach Thriller um Militärermittler (John Puller) und Ex-Cops wie Amos Decker hat Baldacci erst wieder mit Atlee Pine ein eigenständige Heldin geschildert, dann aber gleich viermal.

Wirtschaftsverbrechen

Dass der Autor selbst Wirtschaftsanwalt gewesen ist, zeigt sich wohltuend in allen Szenen, in denen Roy Kingman auftritt: Da sitzt jedes Detail. Und letzten Endes erweist dies auch als wichtig, denn in diesen wirtschaftlichen Details verbirgt sich ein gewaltiges Verbrechen, das sich die US-Regierung permanent leistet und das sie verständlicherweise nicht publik gemacht wissen möchte. Das nutzen die beiden bösen Buben aus, um in aller Ruhe killen zu können – alles, was nötig ist, um „Amerika sicherer zu machen“. Die Moral dahinter wird natürlich ebenso hinterfragt wie die Methoden.

Tod im Kühlschrank

Die Methode bekommt Mace Perry, die selbstbewusste Heldin mit dem roten Motorrad, am eigenen Leib zu spüren: Ableben im Kühlschrank. Die Methode hat ja schon mal funktioniert, also kann man Bewährtes wiederholen. Richtig? Falsch! Mit Mace Perry ist ein deutlich größeres Kaliber eingesperrt worden. Ihr Houdini-Akt ist spannend und lesenswert. So wie sie sich befreit, so versucht sie auch, im richtigen Leben Oberwasser zu behalten. Leider schafft sie es in diesem Roman nicht, denjenigen zu finden, der sie hereingelegt hat, so dass sie in den Knast wanderte. Das ist ein loses Ende, das mir nicht gefiel.

Wie Pech und Schwefel

Gute Schwestern halten zusammen, so lautet die Botschaft, wenn Mace mit ihrer Schwester Beth redet. Beth ist zwar die Polizeichefin der Stadtpolizei von D.C., aber einen Interessenkonflikt lässt sie sich von Bundesanwältin Mona Danforth, diesem blonden Gift, nicht anhängen. Im Finale, als es Mace erneut an den Kragen geht, ist es erneut Beth und ihr Team, das sie heraushaut. Dass die US-Regierung eine russische Auftragskillerin des FSB einsetzt – darauf muss man erstmal kommen.

Boys meets girl

Boy meets girl, boy gets girl – soweit das Klischee. Die Erwartung des weiblichen Publikums wird leider nicht eingelöst. Offenbar musste sich der Autor zwischen zwei Happy-Ends entscheiden: Aus „Roy meets Mace“ wird leider weiter nichts, dafür bleiben die beiden Schwestern zusammen. Der Autor hatte wohl eine Serie mit Mace Perry vor, so dass er ihr nicht gestattete, in den Hafen der Ehe einzulaufen, denn das hätte sie in ihrer privaten Entwicklung „ausgebremst“. Vielleicht hielten sich aber auch die verkaufszahlen dieses Mitteldings aus Romantik- und Politthriller in Grenzen, und Baldacci verfolgte den Erfolg lieber mit anderen Figuren, etwa mit Will Robie, Amos Decker und John Puller.

Die Übersetzung

Diese Übersetzung wurde nicht von Uwe Anton für Heyne angefertigt, sondern von Rainer Schumacher für Lübbe. Sie mutet schizophren an: auf der einen Seite wird der schnoddrige Humortonfall des Originals übernommen, auf der anderen aber an betulichen Erzählformen und veraltete Maßeinheiten aus dem 19. Jahrhundert festgehalten. Es gibt eine Menge am Stil auszusetzen.

S. 91: „dreiundachtzig Grad Fahrenheit“ ist kein für Europäer hilfreiche Temperaturangabe. Im ganzen Buch werden die archaischen Maßeinheiten übernommen: Fuß, Zoll und Meilen.

S. 117: „im Kilt, mit einem Messer in der Socke“: Die Beschreibung dieser Schottentracht ist extrem despektierlich. Denn die Socke ist ein langer Kniestrumpf und das Messer ist ein ausgewachsener Dolch, der früher nicht zum Brotschneiden benutzt wurden, sondern um Feinden den Bauch aufzuschlitzen… Mit dieser Beleidigung der Tradition dürfte sich der Autor wenig Freunde in Schottland gemacht haben.

S. 286: “Da können wir dir helfen?“ Statt des Fragezeichens muss hier ein Punkt stehen, denn wer würde schon seine eigene Behauptung infragestellen?

S. 307: “Comic Relief”: Mit diesem Fachausdruck können nur Leute etwas anfangen, die Ahnung von Dramaturgie haben. Gemeint ist der Spaßmacher im Stück, dessen Auftritt die Stimmung heben soll.

S. 313: “Du spielst in einer anderen Liga wie ich.“ Korrekt muss es aber „als ich“ heißen. Der Übersetzer kann kein Deutsch.

S. 330: “Die verdammte Prostata. Seien Sie froh, dass Sie keine haben.“ Das sagt ein männlicher Mediziner zu Mace Perry. Seine Annahme, sie verfüge über keine Prostata, hat sich inzwischen als falsch herausgestellt: Frauen haben sehr wohl eine Prostata.

S. 353: “etwas, das wir Dreckflecken aussieht.“ Korrekt sollte es „wie“ statt „wir“ heißen.

S. 441: “Flashdrive”: Nicht unkorrekt. Gemeint ist das, was wir heute als „USB-Stick“ bezeichnen.

S. 476: “Da lässt sich ein[e] Menge Geld mit verdienen.“ Vom schauderhaften deutschen Stil mal abgesehen, fehlt da ein E.

S. 550: “Bringen Sie den Hubschrauber auf den Boden. ASAP.“ Nicht jedem deutschen Leser ist geläufig, was mit ASAP ausgedrückt werden soll: „As soon as possible“, also baldmöglichst oder sofort. Hätte man ja auch übersetzen können.

Unterm Strich

Nach der Lektüre zweier John-Puller-Thriller und eines Amos-Decker-Thrillers („Memory Man“) fühlte sich „Auf Bewährung“ wie der Rücksturz in ein Paralleluniversum an. Nämlich in jene Zeit, als Baldacci ziemlich emotionale Thriller schrieb, in denen Leute nicht nur im Lotto gewannen, sondern auch Weihnachten feierten, als gäbe es kein Morgen mehr – moderne Märchen. Das weibliche Publikum war sicherlich froh über solche Geschichten. Und eine bestrafte Polizisten in „Auf Bewährung“ als unverwüstlich und ehrenhaft zu zeigen, setzt diese Tradition sicherlich fort.

Mit dem Wirtschaftsanwalt Roy Kingman führt Baldacci eine Figur ein, die er in- und auswendig kennt: Er war ja selbst einer. Er leistet sich einen witzigen Seitenhieb auf seinen Zunftkollegen John Grisham, der sich offenbar ein paar Freiheiten in Sachen Anwälte herausgenommen hat. Grisham steht auf einmal als Schwindler da.

Abgesehen von zahlreichen Abschweifungen wie die Expedition ins Ghetto Six-D ist „Auf Bewährung“ ein straff erzählter Thriller mit zahlreichen Wendungen geworden. Die Aufteilung in nicht weniger als 114 Kapitel trägt dazu bei, den Leser und v.a. die Leserin zur häppchenweisen Lektüre zu verführen. Am Schluss fliegen die Kapitelchen nur so vorüber, denn wieder mal steckt die Heldin tief in der Bredouille.

Taschenbuch: 576 Seiten
O-Titel: True Blue, 2009
Aus dem US-Englischen von Rainer Schumacher.
ISBN-13: 9783404166206

www.luebbe.de

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)