Eric Van Lustbader – Four Dominions (Testament, Band 3)


Okkult-Thriller: Die Wiederkehr Luzifers wird vorbereitet

Luzifers Testament ist endlich in den Händen von Braverman Shaw und seiner Schwester Emma. Doch sofort entfaltet es seine teuflische Wirkung und der darin verborgene Dämon übernimmt Emmas Seele und Geist. Um ein Haar hätte sie ihren Bruder getötet. Der Dämon ist einer der hundert gefallenen Engel, die einst Luzifer in die Hölle folgten und nun als Wegbereiter seine kommende Weltherrschaft vorbereiten. Wird Bravo rechtzeitig genesen und Hilfe finden, um sie aufzuhalten, bevor „die Summe aller Schatten“ (Band 4) die Macht über die Welt übernimmt?

Der Autor

Eric Van Lustbader, geboren 1946, ist der Autor zahlreicher Fernost-Thriller und Fantasyromane. Er lebt auf Long Island bei New York City und ist mit der SF- und Fantasylektorin Victoria Schochet verheiratet. Sein erster Roman „Sunset Warrior“ (1977) lässt sich als Science Fiction bezeichnen, doch gleich danach begann Lustbader, zur Fantasy umzuschwenken.

1980 begann Lustbader mit großem Erfolg seine Martial-Arts & Spionage-Thriller in Fernost anzusiedeln, zunächst mit Nicholas Linnear als Hauptfigur, später mit Detective Lieutenant Lew Croaker: The Ninja; The Miko; White Ninja; The Kaisho usw. Zur China-Maroc-Sequenz gehören: Jian und Shan; selbständige Werke sind: Black Heart; French Kiss; Angel Eyes und Black Blade. Manche dieser Geschichten umfassen auch das Auftreten von Zauberkraft, was ihnen einen angemessenen Schuss Mystik beimengt.

Die Kundala-Trilogie ist Fantasy: „Der Ring der Drachen“, „Das Tor der Tränen“ und „Der dunkle Orden“. Da diese Fantasy ebenfalls in einem orientalisch anmutenden Fantasyreich angesiedelt ist, kehrt der Autor zu seinen Wurzeln zurück, allerdings viel weiser und trickreicher. Kürzlich hat er noch einmal eine Wendung vollziehen und schreibt nun die Thriller seines verstorbenen Kollegen Robert Ludlum fort, so etwa „Die Bourne-Verschwörung“. 2007 erschien der Mystery-Thriller „Testamentum“ in der Art von Dan Browns „The Da Vinci Code“. Danach veröffentlichte Lustbader Fortsetzungen von Robert Ludlums BOURNE-Serie.

Der TESTAMENT-Zyklus

1) Testament
2) The Fallen (2017)
3) Four Dominions (2018)
4) The Sum of All Shadows (2019)

Vorgeschichte

Zwei verfeindete Orden, ein ewiger Kampf um die Vorherrschaft im Glauben. Der Franziskanerorden spaltete sich im Mittelalter in zwei Richtungen auf. Dine, die an die Lehren und Edikte des Papstes glaubte, waren die Ritter vom Orden des heiligen Klemens. Die andere nennt sich die Gnostischen Observatinen und sind als Ketzer gebrandmarkt, so dass die Klemens-Ritter sie überall verfolgen. Doch beide verfolgen ihre jeweiligen Ziele, und einer davon ist unermesslicher Reichtum: König Salomons Goldminen.

Der Klemens-Ritter Valentin Kite ist möglicherweise auf der Goldsuche in der libanesischen Höhle auf eines der drei teuflischen Objekte gestoßen, die Gott Luzifer bei seiner Verstoßung aus dem Himmel weggenommen und versteckt hat. Ohne diese drei Objekte kann Luzifer keine Macht mehr erlangen. Das erste Objekt ist Luzifers Testament, niedergelegt in einem uralten Buch. Sein Symbol ist ein Viereck. Die Symbole der anderen beiden Objekte sind ein Kreis und ein Dreieck, doch keiner weiß mehr, worum es sich bei diesen Gegenständen handle. Die drei zusammen bilden die „unheilige Dreifaltigkeit“.

Nur eines sei sicher: Bevor der verstoßene Erzengel erscheine, würden seine hundert Mitverschwörer, die Gefallenen Engel, auf Erden erscheinen. Sie wollen die Menschen versklaven, damit Luzifer über sie herrsche. Bravo Shaw, seine Schwester Emma und Fra Leoni sind die erste und letzte Verteidigungslinie gegen das Vordringen des Bösen. Fra Leoni ist mittlerweile (in „The Fallen“ getötet worden), ebenso wie Maura Kite, die Frau von Valentin Kite. Das Wesen, das sie besessen hat, brachte den Palast der Klemens-Ritter auf der Insel Malta zum Einsturz und verbrannte alle, die sich darin aufhielten.

Handlung

Feindliche Übernahme 1 (vor einem Jahr)

Nachdem Bravo in Alexandria den Zugang zu den Heiligtümern seiner Familie erlangt und die Pergamentrolle sichergestellt hat, fliegt er mit Emma in die heimatlichen Vereinigten Staaten. Doch auf dem Flug gelingt es Emma durch Zufall, das vorher so unbeschrieben aussehende Pergament mit Zitronensäure lesbar zu machen. Es ist in der Tat das Testament Luzifers. Die Worte finden ihren Weg in ihr Bewusstsein, dann schleichen sie sich in ihre Seele.

Als Maura Kite ein Jahr später auf Malta die Burg der Klemens-Ritter in Brand setzt, geht der Dämon Beleth, der sie besessen hat, auf Emma über und übernimmt sie. Als Bravo also mit Emma die Ruinen der Ritterburg durchsucht, verhält sich Emma auf einmal sonderbar. Als er in ihre Augen schaut, erblickt er das Nihil: das Zeichen Luzifers. Als er entdeckt ist, ergreift der Dämon Beleth die Initiative: Er schlägt Bravo mit Steinen zusammen. Bravo unternimmt nichts, um sich gegen seine Schwester zur Wehr zu setzen. Wie könnte er auch?

In letzter Sekunde, als „Emma“ bereits einen schweren Stein auf seinen ungeschützten Kopf niederfahren lassen will, erscheint ein Junge, der in den Ruinen haust, und gerät in Flammen. Seine Flamme brennt bläulich-weiß. Erschreckt hält Emma inne und verlässt panikartig den Ort. Der Junge kümmert sich um den schwer verletzten Bravo. Er nennt sich Elias und trägt ein Bronzekruzifix, das Bravo irgendwie bekannt vorkommt.

Feindliche Übernahme 2

Die frischgebackene Klemens-Ritterin Lilith Swan und ihr Hackerkomplize Hugh Highstreet sitzen in Paris, um an der Sitzung des Hohen Rates teilzunehmen. Die Ordensritter müssen nicht nur beraten, was auf Malta passiert ist, sondern auch ein neues Oberhaupt wählen. Doch Lilith nimmt ihnen die Arbeit ab. Mit verborgenen Waffen und Mordinstrumenten meuchelt sie einen der alten Knacker nach dem anderen. Bis die Überlebenden klein begeben und sich ihr unterwerfen.

Unter diesen befindet sich Obarton, ein Mann vieler Masken, zahlloser Verbindungen zu Vatikan und hoher Ambitionen. Er lädt Lilith zu einem Besuch des Friedhofs Père Lachaise ein, er das Knochenhaus verwaltet. Er hat den Schlüssel dazu und führt sie in einen hinteren Raum, wo er ihr ein Geheimnis zeigt: einen gefangenen Gefallenen Engel in seinem Gefängnis. Er nennt ihn Dagon. Lilith ist sichtlich erschüttert und beginnt ein Gebet wie ein Mantra herunterzuleiern. Sehr schön, lobt sich Obarton.

Doch er ahnt nicht, dass Hugh Highstreet seinen illusionistischen Schwindel entlarven wird. Als Obarton daher Lilith zu Emma Shaw schickt, um sie umzudrehen, ist Lilith auf der Hut. Sie ist aber nicht darauf vorbereitet, sich auf den ersten Blick unsterblich in Emma Shaw zu verlieben…

Leviathan, Beleth und Emma

In Kleinasien erwacht die restliche Seele Emmas aus ihrer Betäubung. Sie wird von dem Dämon Beleth, einem gefallenen Kriegerengel, gefangen gehalten. Als sie sich befreien will, merkt sie, dass ein innerer Widerstand sie daran hindert. Es sind die Worte Luzifers, die sie im Testament des gefallenen Erzengels gelesen und immer wieder rezitiert hat. Sofort hört sie damit auf. Beleth bemerkt, dass etwas in seinem Inneren nicht stimmt, aber er ist durch das Erscheinen eines anderen Geistwesens abgelenkt: ein Erzengel! Dieser hier nennt sich Leviathan. Er fordert die komplette Auslöschung der Familie Shaw. Mit Emma sei ein guter Anfang gemacht worden (woran Beleth gewisse Zweifel hegt), aber als nächster müsse Braverman Shaw ins Gras beißen. Er befinde sich auf Malta…

Der Stammbaum der Shaws

Was haben die Shaws nur für eine besondere Eigenschaft, dass die Gefallenen Engel ihnen so feindselig gegenüberstehen, fragt sich Beleth. Das würden wir auch gerne wissen. Es geht um fünf Generationen der Shaws, doch wir haben erst drei kennengelernt: Bravo, seinen Vater Dexter (in „Testament“) und dessen Vater Conrad. Und die Frauen, die sehr wichtig sind? Da sind Emma, Bravos Schwester, da ist Dilara, eine Geliebte seines Vaters und schließlich Dilaras Tochter Ayla, Bravos Tante. Doch die Mutter von Bravo und Emma ist eine Frau namens Steffi Safita, und die Mutter von Dexter war nicht Dilara sondern eine weitere Unbekannte: Tanis Ahiron.

Das sind immer noch nur drei Generationen, fehlen also noch zwei. Conrads Eltern waren Gideon Shaw und eine bis dato unbekannte Frau namens Diantha Safita (ja, die Großmutter von Steffi Safita, oder?). Und Gideons Mutter war eine Frau namens Chynna. Doch wo sein Vater, also Bravos Ururgroßvater, angegeben sein sollte, steht im abgedruckten Stammbaum nur ein verdächtiges Fragezeichen…

Conrad Shaw

Um Licht in dieses Dunkel zu bringen, erzählt ein weiterer Erzählstrang von der Reise Conrad Shaws, die er zusammen mit seinem neu gewonnenen Freund, dem Dichter William Butler Yeats, unternimmt. Shaw stammt aus einer unermesslich reichen Familie, doch er ist erst 20 Jahre alt, und dieser Umstand lässt Yeats, der schon Mitte fünfzig ist, zögern. Aber Conrad hat bereits eine steckbrieflich gesuchte Französin bei einer sogenannten Séance als Betrügerin entlarvt, der Yeats auf den Leim gegangen war.

Deshalb hat Conrad ein gutes Argument, wenn er Yeats vorschlägt, herauszufinden, wie man Wahrheit und Illusion zu trennen vermag. Yeats ist unsicher, was seinen eigenen sechsten Sinn betrifft: Er verhilft ihm zu gewissen seherischen Fähigkeiten, aber er traut ihm nicht. Was, wenn es anders wäre? Er schlägt ein, und zusammen begeben sie sich auf eine folgenreiche Reise nach Äthiopien. Dort soll König Salomons sagenhafter Goldschatz zu finden sein, der mithilfe infernalischer Mächte erzeugt worden war…

Tante Ayla

Ayla Tusik, Bravos Tante, war eh schon nach Malta gereist, um den mysteriösen Vorkommnissen um die besessene Maura Kite, die hierher ging, auf den Grund zu gehen und sowohl Bravo als auch Emma zu suchen. Nun findet sie zwar kein Spur mehr von Maura Kite und Emma Shaw, aber dafür ihren Neffen schwerverletzt in den Ruinen der Ordensburg der Klemensritter vor, gepflegt von einem Jungen, der bemerkenswerte Eigenschaften besitzt. Als sie darauf besteht, dass Bravo im Krankenhaus gesundgepflegt wird, darf Elias mitkommen, und das erweist sich als Segen…

Mein Eindruck

Der Hauptstrang dieses dritten Bandes folgt der Beschaffung von vier magischen Gegenständen: drei goldene Äpfel, die phönizische Familien Jahrtausende lang verwahrt haben, sowie ein goldenes Kreuz. Erst wenn alle vier zusammengebracht worden sind, sollen die Kämpfer des Guten in der Lage sein, gegen die ersten gefallenen Erzengel im Kampf bestehen zu können. Damit dieser Hintergrund verständlich ist, spielt der Auftritt von Conrad Shaw und William Butler Yeats anno 1918 eine wichtige Rolle: Yeats dichtet von den „goldenen Äpfeln der Sonne“, die der Sucher „der wandernde Aengus“ als magische Gabe anstrebt. Wie Yeats auf diese folgenreiche Idee kam, erzählt diese Vorgeschichte. Conrads Geist bringt Bravo auf die Idee, diese Äpfel zu suchen.

Bravo Shaw

Braverman Shaw, der Enkel von Conrad Shaw, ist der Jason Bourne des Okkulten und Übernatürlichen. Er muss sich nicht nur mit Agenten fremder Regierungen herumschlagen, sondern auch mit Gefallenen Engeln, Dämonen und deren Schergen. Das Perfide an der Gegensatz ist der Umstand, dass Engeln nicht fix und fertig mit Flügeln und wallendem Kleid auftreten, sondern als entstofflichte Kreaturen, die sich einen Wirtskörper schnappen müssen, um hienieden wirken zu können. Man stelle sich vor, der Sauron von Dol Guldur, der Burg des Totenbeschwörers, würde auf Gandalf treffen und der würde sich mit Zaubersprüchen gegen den Dunklen Herrscher wehren. Das kommt der Sache ziemlich nahe. (Peter Jackson hat diese Szene eindrucksvoll in „Der Hobbit 2“ in Szene gesetzt.)

Besessen

Wie also kann sich Bravo in seinem Kampf der Identität seines jeweiligen Gegenübers sicher sein? Bei Fra Leoni (Band 2) ist er sich sehr sicher, denn der Unsterbliche hat nichts mehr zu gewinnen, wenn er sich der Gegenseite anschließt. Anders liegt die Sache jedoch bei Emma, Bravos Schwester. Sie fällt in Band 2 der Gattin von Valentin Kite, Maura, zum Opfer. Das Symbol der Übertragung und feindlichen Übernahme ist das Nihil, jenes unheilige Symbol aus drei geometrischen Figuren. Emma wird nun von Mauras Geist in ihrem eigenen Körper unterdrückt. Wie kann sie ihren Bruder vor der drohenden Gefahr warnen?

Dieser Spannungsbogen bleibt im 2. Band bis zum Finale aufrechterhalten. In Band 3 muss sie von dem Dämon Beleth befreit werden. Das gelingt ihr teils durch die Liebe Liliths, teils durch Bravos Anwendung der vier magischen Objekte. Das Finale ist höchst dramatisch ausgeführt, denn Emma verwandelt sich in einen der gefallenen Engel, mit sechs Flügeln, Hörnern und so weiter. Als wäre ihre Rettung nicht genug Arbeit, treten zugleich die vier Vorreiter Luzifers hervor…

Hinweis zum Originaltitel

Der Titel „Four Dominions“ müsste eigentlich „Four Thrones“ lauten. „Dominions“ und „Thrones“ sind Ränge der gefallenen Engel, aber auf verschiedenen Ebenen, sogenannten „Sphären“. Während die vier „Thrones“, gegen die die Shaws im Finale antreten müssen, auf der ersten Ebene – gleich neben den mächtigen Seraphen – angesiedelt sind, findet man die „Dominions“ erst auf der zweiten Ebene. Diese Hierarchie ist detailliert am Schluss von Band 3 (Hardcover-Ausgabe) abgedruckt – und nur dort.

Allerdings ist der Ausdruck „dominion“ mehrdeutig. Es sind nicht nur die genannten gefallenen Engel gemeint, sondern Herrschaftsbereiche im allgemeinen. Worin diese bestehen, darf hier allerdings nicht verraten werden. Es könnte sich nicht nur um die zwei Reiche der Menschen (Klemens-Ritter und Observatinen) und jene der Gefallenen, sondern auch um himmlische Regionen handeln.

Unterm Strich

Trotz der verzweigten Handlungsstränge fand ich die Lektüre dieses dritten Bandes äußerst spannend. Die ziemlich kurzen Kapitel erlauben es nämlich, dass der Schauplatz ständig wechselt. Mal bringt Lilith in Paris eine Menge Leute um, mal wird sie selbst zum Objekt eines Anschlags. Emmas Gestalt verwandelt sich in die eines Dämonen, doch Lilith setzt alles daran, ihre Geliebte zu retten. Unterdessen müssen sich Bravo und Ayla gegen syrische Piraten zur Wehr setzen, was für jede Menge Action sorgt. Und schließlich dringen Conrad Shaw und W.B. Yeats in die Unterwelt von Äthiopien vor, wo etliche unheimliche Offenbarungen auf sie warten…

Mit Bravo Shaw kommt quasi Jason Bourne ins Reich des Okkulten und Übernatürlichen. Die Handlung pendelt abwechslungsreich zwischen Paris, Malta, Syrien und Äthiopien. Er weiß inzwischen, was der Menschheit bevorsteht und dass nur vier magische Objekte ihn und seine Tante Ayla in die Lage versetzen können, das Erscheinen der ersten Vorreiter Luzifers abzuwehren. Das Finale könnte nicht packender und actionreicher sein. Das gleiche gilt für Conrad Shaws Erlebnisse in der Unterwelt von Äthiopien.

Besessenheit

Dass gefallene Engel nicht mit putzigen Flügeln und wallenden Gewändern daherkommen, geht voll in Ordnung: Als insubstantielle Wesen haben sie mehr Ähnlichkeit mit Sauron in Dol Guldur – und genau dies macht sie so scharf auf wohlgerundete weibliche Körper: Maura Kite ist ihr erstes Opfer, Emma Shaw ihr zweites, italienische Nonnen (in Band 2) die weiteren.

Bravo ist selbst von einem Geist besessen: von dem seines Großvaters Conrad. Der flüstert ihm gute Ratschläge ein. Aber selbst Conrad wusste nicht, mit wem sich seine Großmutter Chynna eingelassen hatte: mit einem Mensch gewordenen gefallenen Engel. Wer das war und was ihre Gründe dafür waren, wird nur häppchenweise enthüllt. Ganz am Schluss taucht Chynna wieder auf: Sie hat Unsterblichkeit erlangt. Aber welches Opfer musste Conrad bringen, um seinen Enkel Bravo vor einem prophezeiten Tod zu bewahren? Die Familiengeschichte der Shaws ist, stellvertretend für die Menschheit, mit Opfern, Held*innen und Verrätern gespickt.

Schwarze Romantik

Dass der Showdown in einer tiefen Höhle auf einer syrischen Insel stattfindet, passt in das Muster, wonach sich die Gefallenen in verborgenen dunklen Orten aufhalten, bevor sie Gestalt annehmen und gegen die Menschen vorgehen. Schauplätze wie das italienische Kloster in Band 2 gemahnten mich an die Schwarze Romantik eines E.T.A. Hoffmann, etwa in seinem Roman um Bruder Medardus, der einen Doppelgänger hat.

Alexandrias labyrinthische Bibliothek ähnelt eher dem Innern der Großen Pyramide, wie es H.P. Lovecraft beschrieb. Der Leser sollte also nicht bloß eine Vorliebe für das Mystische und Okkulte mitbringen, sondern auch für das Morbide. Dass Frauen eine herausragende, romantische und durchaus ambivalente Rolle spielen, dürfte die weibliche Leserschaft des Autors ansprechen.

The Second Coming

Der ideologische Überbau der ganzen Handlung manifestiert sich in dem berühmten Gedicht „The Second Coming“ des irischen Dichterphilosophen William Butler Yeats. Die berühmten Verse „Things fall apart, the centre cannot hold / Mere anarchy is loosed upon the world…“ (S. 350/51), die immer wieder zitiert werden, klingen insofern prophetisch, weil sie den Untergang der irdischen Ordnung beschreiben, der die Wiedererrichtung einer himmlischen Ordnung auf Erden notwendig macht.

Das „Second Coming“ meint augenscheinlich die Wiederkehr des Heilands Jesus Christus. Im vorliegenden Roman könnte es sich aber auch um die Wiederkehr des Antichristen handeln, welche wiederum die des Heilands notwendig macht. „What rough beast slouches towards Bethlehem to be born again?“ Das klingt nicht gerade wie eine frohe Botschaft, sondern wie eine düstere Prophezeiung. Der Text dieses Gedichts ist am Ende von Band 2 abgedruckt. Ebenso hilfreich ist der Abdruck des Yeats-Gedichts „The Song of Wandering Aengus“ am Ende von Band 3. Dieses visionäre Gedicht enthält in der Beschreibung von Aengus‘ Magie eine Anweisung, wie Bravo seine Schwester Emma retten kann: mit den goldenen Äpfeln der Sonne – und einem unverzichtbaren Kreuz aus Gold.

Was das alles mit dem verfluchten Gold von König Salomo und seinem Sohn Rehoboam zu tun hat, das die phönizischen Zauberer einst erschufen, muss sich noch erweisen. Der Autor deutet mehrfach an, dass das Erbe der alten Phönizier (die u.a. Karthago gründeten) von größerer Bedeutung ist, als sich die Sterblichen bewusst sind.

Hardcover: 367 Seiten
Originaltitel: Four Dominions, 2018
ISBN-13: 9781788540186

www.headofzeus.com

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