Fetjaine, Jean-Louis – Weg des Magiers, Der

Wer kennt sie nicht: Die Legenden um König Artus, seine Ritter der Tafelrunde, allen voran Lanzelot, Guinevere, Mordred und seinen Magier und Ratgeber Merlin. Die Zahl der Variationen der Legende ist Legion, mehrfach verfilmt wurde der Sagenstoff ebenfalls.

Jean-Louis Fetjaine (* 1956), rückt in |“Der Weg des Magiers“| die Figur Merlin in den Mittelpunkt. Dabei orientiert sich Fetjaine an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen hinsichtlich Historie und Mythos (der Autor studierte Philosophie und mittelalterliche Geschichte – dieser französische Studiengang entspricht in etwa der deutschen Mediävistik). Die Geschichte selbst ist pseudohistorisch, mit mehr Anleihen aus dem bekannten Sagenkreis um Artus denn nur lose inspirierter Fantasy. Merlin selbst ist ein junger Barde rätselhafter Herkunft, der es durch Zaubertricks bereits zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Sein steiniger Weg zum Ruhm, zum mächtigen Magier und Berater legendärer Könige, ist Thema der als Trilogie geplanten Reihe. In Frankreich erschien bereits im Mai der zweite Band, „Brocéliande“.

Das Grundgerüst der Geschichte ist deshalb umfangreicher und detaillierter als sonst üblich: Im 6. Jahrhundert bedrohen Sachsen, Pikten und Iren Britannien. Der schottische König Ryderc von Strathclyde ruft alle Fürsten zu einem Waffenstillstand auf, um gemeinsam gegen die Eindringlinge vorgehen zu können. Doch wider Erwarten wählt man Gwendoleu von Cumberland zum obersten Heerführer, woraufhin Ryderc diesen mitsamt Gefolge in eine Falle lockt und tötet. Nur Merlin kann dank der Hilfe geheimnisvoller Wesen entkommen. Er erkennt seine wahre Herkunft und Bestimmung und macht sich auf den Weg in den sagenumwobenen Elfenwald Brocéliande – mit keiner geringeren Mission als Britannien zu vereinen.

Im Grunde kann man bei einem solch bewährten Stoff nicht viel versauen, besonders als Kenner der Materie. Dass es trotzdem geht, beweist Fetjaine. Seine Stärke liegt zweifellos in seinen überzeugenden und umfangreichen Kenntnissen des Mittelalters und der Artussage. Im Nachwort des Romans zeigt er deutlich, wo er die Historie zurechtgebogen, spekuliert oder frei erfunden hat. Ebenfalls sehr gut sind die Zeittafel der britannischen Geschichte und seine Ausführungen zu König Artus, der Unterscheidung zwischen Mythos und Wahrheit sowie den Ursprüngen einzelner Teile der Sage. So zog zum Beispiel Artus, als Kommandant einer römischen Reitertruppe, sein Schwert wohl eher aus einem Sachsen (ex saxone) denn einem Stein (ex saxo) – ein Übersetzungsfehler. Bezüge zum heiligen Schwert des Gottes Nudd und dem heiligen Stein von Fal, wichtige Gegenstände keltischer Religionen, machten aus diesem Fehler möglicherweise ein Zeichen und Wunder. Aus mehreren berühmten, historischen Figuren entstand dann im Laufe der Zeit der Artus der Sage.

Besonders im ersten Drittel des Buches geizt Fetjaine nicht mit Fußnoten, die fast einer wissenschaftlichen Arbeit würdig wären. Anstelle von Literaturverweisen findet der Leser interessante Zusatzinformationen und dringend benötigte Hinweise zum Verständnis der Handlung. Das ist als positiv zu werten, aber die Geschichte leidet unter der Informationsflut, die eigentliche Handlung dümpelt vor sich hin. Weder zu Merlin noch anderen Charakteren konnte ich eine Beziehung aufbauen, da Fetjaine sich unsinnigerweise in Nebensächlichkeiten verliert, das größte Manko des Romans. Erst gegen Ende bessert sich dies – bis dahin leidet man unter einem Stil, der jeglichen Lesespaß raubt: Muss man wirklich den Vorgang des Absteigens vom Pferd, Anbindens, Sich-umsehens, Wiederlosbindens und Weiterreitens im Detail schildern? Bis zum verhängnisvollen Hinterhalt gibt es kaum Dialoge, dafür kurze Beinahe-Monologe, unterbrochen von der langwierigen Beschreibung körperlicher Tätigkeiten, die sich in nervtötender Weise aneinanderreihen. Hier liegt die Schuld beim Stil des Autors, denn sowohl die Übersetzerin als auch das Lektorat haben sich wirklich keinen Fehler erlaubt.

Dieser Stil macht es mitunter schwer, der Handlung zu folgen. Schiere Langweile wollte mich zum Überblättern weiter Abschnitte des Buches verleiten, das erst im letzten Drittel interessante Ausblicke zeigte und Interesse erweckte.

Insgesamt ergibt sich ein widersprüchliches Bild: Detaillierte historische Kenntnisse heben den Roman aus der Masse heraus, die Handlung selbst erwacht erst gegen Ende aus ihrer Lethargie. Ebenso der Charakter Merlins. Dies ist vor allem dem Sprachstil Fetjaines zu verdanken. Wer mit seiner „Elfentrilogie“ zufrieden war, sollte einen Blick riskieren, alle anderen Leser dürfte Fetjaines Sprache zu Tode langweilen. Als Historiker ist Fetjaine top, als Schriftsteller leider ein Flop. Zumal es unzählige besser geschriebene Alternativen der Artussage gibt, wie die weltbekannten |“Nebel von Avalon“| Marion Zimmer Bradleys oder Stephen Lawheads ebenfalls von Merlin handelnde |“Pendragon“|-Saga.