Seit fast einem Jahr erzählt L.T deWitt seine Leidensgeschichte, wenn er im Lokal einen hebt. Er ist ein schlichtes Gemüt, leidet aber dennoch an der Tatsache, dass ihn seine Frau Lulubelle vor fast einem Jahr verlassen hat. Und schuld daran war offenbar ihre Unverträglich mit einem Kuscheltierchen, das L.T. ihr geschenkt hatte: Sie nannte das Kätzchen schon bald nur noch „Spinnerlucy“, weil es Lulu offenbar nicht ausstehen konnte. Doch L.T. hatte ein Jahr zuvor von Lulu ebenfalls ein Haustier geschenkt bekommen: ein Terrier namens Frank (nicht wie der in MIB2), der leider in L.T.s Schuhe kotzte und pisste.
L.T.s Theorie über die Kuscheltiere geht also dahin, dass sie die betroffenen Ehepartner unweigerlich auseinanderbringen. Was aber L.T. in seinem Kummer nicht ahnt, ist, dass es wahrscheinlich der von der Polizei gesuchte „Axtmann“ war, dem die ausgezogene Lulu zum Opfer gefallen ist, vermutet jedenfalls L.T.s Freund, der Erzähler.+++ Diese wunderschöne Geschichte gibt es auch als Story in dem Erzählband „Das Kabinett des Todes“.
Der Autor
Stephen King – was kann man noch sagen, was nicht schon allgemein bekannt ist? Er ist einer der erfolgreichsten Autoren aller Zeiten. Und nicht ohne Grund. Das sollte eigentlich genügen.
Der Sprecher
Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon mehrere Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken.
Die Handlung
Seit fast einem Jahr erzählt L.T. deWitt seine Leidensgeschichte, wenn er in der Kantine der Fleischkonservenfabrik, in der er arbeitet, einen hebt. Er ist ein schlichtes Gemüt, leidet aber dennoch an der Tatsache, dass ihn seine anfangs so innig geliebte Frau Lulubelle Simms vor fast einem Jahr verlassen hat. Und schuld daran war offenbar ihre Unverträglichkeit mit einem Kuscheltierchen, das L.T. ihr geschenkt hatte: Sie nannte das Kätzchen schon bald nur noch „Ballaballa-Lucy“, weil Lulu es offenbar nicht ausstehen konnte und sich ihr gegenüber „verrückt“ benahm.
Doch L.T. hatte ein Jahr zuvor von Lulu ebenfalls ein Haustier geschenkt bekommen: einen Jack-Russell-Terrier namens Frank (nicht wie der in MIB2), der leider in L.T.s Schuhe kotzte und pisste, was diesen natürlich auf die Palme brachte. L.T.s Theorie über die Kuscheltiere geht also dahin, dass sie die betroffenen Ehepartner unweigerlich auseinander bringen. Insbesondere dann, wenn es sich dabei um Katzen- und Hundefreunde handelt.
Was aber L.T. in seinem Kummer nicht ahnt, ist, dass es wahrscheinlich der von der Polizei gesuchte „Axtmann“ war, dem die ausgezogene Lulu zum Opfer gefallen ist. Das vermutet jedenfalls L.T.s Freund, der Erzähler, der auch einiges über seine eigene Ehe berichtet.
Mein Eindruck
Die ganze Story ist sprachlich so realistisch wie möglich und zugleich so wunderbar schräg erzählt, dass man sich in manche Szenen direkt hineinversetzt fühlt. Wie King in seiner Anmerkung in „Das Kabinett des Todes“ berichtet, hatte er selbst zwei Haustierchen bekommen: einen Corgi-Hund namens Marlowe und eine „durchgeknallte“ Siamkatze namens Pearl. Sie kamen ebenso gut miteinander aus wie Frank, der Terrier, und Lucy, die Katze, in der Geschichte.
Dass das geschenkte Tier in der Story seinen neuen Besitzer nicht ausstehen kann, wohl aber dessen Partner, ist ein weiterer amüsanter Kunstgriff des Autors. Die Tiere sind der stellvertretende Kriegsschauplatz für die Auseinandersetzungen zwischen ihren Besitzern: Sie müssen es ausbaden. Doch am Schluss erwischt King den Leser dann eiskalt, wenn er den Axtmann erwähnt und verrät, wie es L.T. in Wirklichkeit geht.
Der Sprecher
Ulrich Pleitgen spricht, nein: deklamiert die verschiedenen Sprechrollen, die dieses erzählerische Kabinettstückchen bietet, mit Verve und hörbarem Gusto. Er legt sich so richtig ins Zeug, wenn er das Leiden unter Franks Untaten schildert oder über Lulubelles Fortgang lamentieren darf.
Das bedeutet aber auch, dass Pleitgen ziemlich schnell vorliest. Und so muss der Zuhörer entweder eine Pause machen (es gibt zwei oder mehr „Akte“) oder fortwährend die Ohren spitzen, um alles mitzubekommen. Am besten hört man sich die kurze Novelle, die nur knapp eine Stunde lang ist, mehrmals an.
Unterm Strich
Zunächst klingt die Story wie eine ganz gewöhnliche Ehekrach-und Trennung-Geschichte. Doch schon der erste Satz über den „Axtmann“ eröffnet einen Spannungsbogen, der im letzten Drittel wieder aufgenommen und stark ausgebaut wird. Nur dadurch qualifiziert sich die Geschichte als Thriller King’scher Prägung.
Das mag für manchen Zuhörer zu wenig sein, und Äkschn gibt es sowieso nicht. Aber wie in so vielen Storys des späten King spielt sich der Horror eher im Kopf ab, und das ist auch hier der Fall. Es geht um Gewalt und Groteske. Und wenn der Axtmann Lulu nicht geholt hätte, wer weiß? Vielleicht hätte eines Tages L.T. selbst nicht mehr an sich halten können…
Dieses Hörbuch ist eindeutig eine der besten Lesungen, die ich von Ulrich Pleitgen kenne – und das sind schon ein paar. Ich vergebe daher gerne die volle Wertung.
Spieldauer von 55 Minuten auf einer CD.
ISBN-13: 978-3550090523
www.ullstein.de