Hans Kruppa – Der gefundene Schatz & Die ewige Blüte

Märchen für Seelensucher und New-Age-Jünger

Die CD bietet zwei „spirituelle Märchen“, in denen sich Weisheit findet und die zur Lebensfreude ermuntern. Der Autor liest die Texte selbst und lieferte auch die drei Musikstücke, die am Anfang, am Schluss und zwischen den beiden Texte erklingen. Die Texte versetzen den Hörer in ein „Land, in dem die Worte der Weisen noch Macht haben und das Wünschen auch den Machtlosen hilft.“ Empfehlenswert ab 12 Jahren.

Der Autor

Hans Kruppa ist nach Verlagsangaben einer der meistgelesenen deutschen Lyriker und Erzähler. Seine Gedichte und Märchen, Erzählungen und Romane, Aphorismen und Kurzgeschichten hat er in einer Auflage von zwei Millionen Exemplaren verkauft.

Er mag demnach Spaziergänge in Parks, in der Natur und am Meer, oft in Begleitung seines Fotoapparates. „Er hört gern Musik, aber noch lieber greift er zur Gitarre oder setzt sich ans Klavier und komponiert.“ Die CD enthält drei dieser Kompositionen. Die CD erschien bereits im |Allegria|-Verlag.

Handlung von „Die ewige Blüte“

Die junge Selena hat Geburtstag, und ihre Freundinnen Minata und Alia kommen zum Kuchenessen. Als sie kurz auf die Veranda geht, um Luft zu schnappen, sieht sie das Wunder. Eine strahlend helle Kugel rast über den Himmel: wunderschön und unerklärlich. Ihre Freundinnen glauben ihr nicht, ebenso wenig ihre Eltern. War es bloß eine Fata Morgana? Niemals; sie ist ja nicht bescheuert. Selena ist enttäuscht.

Diesmal sieht Selena das Haus am Ende der Straße, über dessen verwilderten Garten ihr Vater immer lästert, mit anderen Augen. Hier wohnt Lahmur, ein alter Mann mit einem freundlichen Lächeln wie ein Kind. Diesmal öffnet sie sein Gartentürchen, und er lädt sie in sein Haus ein, denn er freut sich über ihren Besuch. Sie erzählt ihm von ihrem Wunder und fragt ihn, ob er ihr glaube. Aber ja, sagt er und erklärt ihr den Unglauben der anderen: Sie haben Angst vor der Veränderung. Und weil das Leben aus Veränderung besteht, haben sie letztlich Angst vor dem Leben selbst.

Um diesen tollen Spruch besser zu erklären, erzählt er ihr von mehreren Beispielen, in denen der Glaube geheilt und beschützt hat. In der dritten Geschichte aber geht es endlich um die titelgebende Besonderheit …

…. das Wunder der ewigen Blüte.

Es war vor vierzig Jahren in der Stadt Ulania, da erblühte erstmals in ihrem Stadtpark ein wunderschöner Baum, der lauter weiße Blüten trug. Es war Frühling, und das Blühen ging für alle voll in Ordnung. Doch als es Sommer wurde und dann Herbst, sogar Winter und der Baum seine Blüten immer noch nicht verlor, da kam das den braven Bürgern von Ulania keineswegs geheuer vor.

Nun meiden sie den blühenden Baum, der Schnee und Sturm trotzte, und ignorieren ihn. Einige aber sagen, dies sei Teufelswerk, denn es missachte Gottes natürliche Ordnung. In der Stadtratssitzung stellt der Bürgermeister die Wahl, den Baum zu fällen. Vier Stadträte stimmen dafür, nur einer dagegen, und das war der Arzt Lahmur selbst. Also wurde der Wunderbaum gefällt, begleitet von Regen und Sturm. Anderntags war sogar der Baumstumpf verschwunden – war alles nur Täuschung? Allmählich fühlen sich die Bürger von Ulania ein wenig schuldig, ein wenig beschämt und vielleicht sogar bedrückt.

Nur eine einzige Blüte überlebte das Verschwinden des Baumes. Lahmur bringt Selena ein kleines Silberkästchen. Dreimal darf man fragen, was sich darin befindet.

Mein Eindruck von „Die ewige Blüte“

„Die ewige Blüte“ ist eine Parabel über das Wunder und des Glaubens daran. Das Wunder, alles Unerklärliche hat einen Platz in der Welt, besonders in der Welt von Kindern. Wenn man ihnen nicht glaubt und leugnet, dass es Wunder geben kann, verliert ihre Welt an Hoffnung, an Selbstglauben und die Schatten gewinnen an Macht. Schön, wenn sich Wunder beweisen lassen. Doch Lahmur erklärt ihr: Wer wirklich glaubt, der bedarf keines Beweises mehr.

Handlung von „Der gefundene Schatz“

Der junge Golan will bloß noch weg, denn an dem Ort, an dem er lebt, sucht keiner nach dem Sinn des Lebens. Er zieht drei Jahre lang durchs Land, lernt Freunde kennen, lebt von Gelegenheitsjobs. In der Nacht vor seiner Abreise hatte er jedoch einen Traum. Darin träumte er von einem weisen Mann. Diesen sucht er nun.

In einem schönen grünen Flusstal stößt Golan auf ein Holzhaus abseits des Weges. Hier lebt ein freundlicher alter Mann, der ihn willkommen heißt – es ist der Weise aus seinem Traum. Er heißt Kalim und behauptet, er habe das „wahre Leben“ in sich selbst gefunden und dann dieses Haus an dieser Stelle gebaut.

Er erklärt Golan, was sein Problem sei: Er lebe für die Zukunft und hoffe noch, lebe daher nicht für den Augenblick. Das sei eh das Schwierigste. Außerdem verhindere der Verstand, dass er mit der Seele suche und den Weg sehe. Der Verstand könne ein Helfer, aber auch mit seinen Zweifeln ein Zerstörer sein. Der Verstand fürchte die Seele, weil sie seine Macht brechen könne. Er sei ein strenger, stets unzufriedener Vater. Und die meisten Menschen dienten der Angst des Verstandes statt ihrem eigenen Seelenheil und Lebensglück. Auf diese Weise verhindern sie, dass das Gute geschieht und Schönheit in Erscheinung tritt.

Nach einem Bad im Fluss betritt Golan erfrischt das nahe Dorf. Die Bewohner, die er sich jetzt genau ansieht, wirken nicht direkt unzufrieden, aber auch nicht gerade überglücklich. Er setzt sich auf dem Dorfanger an einen großen schattigen Baum und betrachtet das bunte Treiben. Ein etwa achtjähriges Mädchen kommt und schenkt ihm eine schöne blaue Blume. Er atmet den Blütenduft tief ein, und die innere Mauer fällt, so dass er das „wahre Leben“ endlich findet – in sich selbst.

Weil sich Golan verändert hat, bietet ihm die Welt auf einmal einen anderen Anblick. Er erblickt Schönheit, Harmonie, Freude, sogar Wunder. Er sieht mit den Augen der Seele. Endlich ist er eins mit dem Leben. Das Mädchen aber ist verschwunden.

Mein Eindruck von „Der gefundene Schatz“

Dieses Märchen, das in einem Nimmerland angesiedelt ist, hält eine unbequeme Einsicht bereit: dass der Verstand nicht der Freund des Menschen sei, sondern nur ein unzufriedenes Hilfsinstrument. In Anbetracht der Tatsache, dass der Verstand des homo sapiens sapiens eine evolutionsgeschichtlich relativ junge Errungenschaft ist, kann man verstehen, dass die wesentlich älteren Kräfte der Seele mit diesem gestrengen Oberherrn selten in Eintracht zurechtkommen.

Leider machen viele Menschen – besonders im Westen, aber zunehmend auch im Osten – den Fehler, den Verstand für den alleinigen Herrscher ihres Inneren zu halten und ihn ihre Gefühle regieren zu lassen. Der junge Held der Geschichte ist durchaus in der Lage, auf der Grundlage seiner Gefühle mit anderen Menschen Freundschaft zu schließen, doch er weiß noch nicht, wie er selbst seinen Platz in der Welt und im Leben finden kann.

Der richtige Weg führt nach innen, und diese Lehre ist für den Sucher Golan sicherlich eine Überraschung. Dass sich die Lehre als richtig erweist, beschert ihm eine Art Epiphanie oder seelische Erleuchtung. Am wichtigsten ist für ihn, dass er sich als Teil seiner umgebenden Welt fühlt und nicht mehr als ein Außenstehender. Er ist angekommen. Der Augenblick ist sein.

Der Autor als Sprecher

Kruppa verfügt über genau die sanfte, ruhige Stimme, die man von einem Guru erwarten würde. Leider verfügt er nicht auch über eine schauspielerische Ausbildung, um die Sätze, die er selbst verfasste, auch mit einer Betonung vorzutragen, die die Aufmerksamkeit des Hörers erheischen würde. Vielmehr trägt er relativ gleichmäßig in einer Tonlage vor und nach einiger Zeit ertappt man sich dabei, eingelullt zu werden.

Ja, ja, der Verstand, der Gegner der Seele, tendiert sehr dazu, sich zu verabschieden und die Aufmerksamkeit erhaltenden Instanz an die anderen Persönlichkeitsebenen – die Seele? – abzugeben. Würde man den Verstand mit seinen typischen Zweifeln auf diese Texte loslassen, so würde er davon nicht mehr viel übrig lassen. Also versuche ich es erst gar nicht, denn das hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Die Musik

Desgleichen mit der Musik. Sie soll direkt die Emotionen ansprechen und die Seele „in Schwingung versetzen“, will ich mal sagen. Dies ist Entspannungsmusik, wie sie auf zahllosen Wellness-CDs zu hören ist. Fernöstliche Instrumente, Klavier und elektrifizierte Harfen (wie bei Andreas Vollenweider) bilden Harmonien, die zu folgenden drei Stücken zusammenfließen:

Sonnenaufgang (1:52)
Freude (1:36)
Ankunft (2:14)

Die abstrakten Titel deuten bereits die spirituelle Motivationen und Absicht dieser Musikstücke an. Möge es nützen.

Unterm Strich

Die zwei „Märchen“ befinden sich in der langen romantischen Tradition deutscher Kunstmärchen à la Brentano und Chamisso. Hermann Hesse hat wunderschöne Märchen geschrieben, so etwa „Piktors Verwandlungen“. Doch bei Kruppa sind die Märchen in der spirituellen Wellness-Ecke angelangt, wo sie gerne von Frauen jeden Alters aufgepickt werden.

Die Botschaften drehen sich um Wunder und Glauben, Suchen und Finden mit der Seele. Diese Botschaften kann jeder verstehen und so deuten, wie er will: Man wird immer eine Relevanz für sich selbst herauslesen. Ganz einfach deshalb, weil es sich um allgemeinmenschliche Phänomene handelt. Wer hat noch etwas eigentlich Unerklärliches erlebt? Wer ist nicht auf der Suche nach dem „Wahren Leben“, von dem man erst, wenn es zu spät ist, entdeckt, dass es immer „woanders“ war?

Sucher und Glaubenwollende sind also die optimale Zielgruppe für diese Hörbuchproduktion. Die Musik passt genau dazu. Späthippies werden damit genauso etwas anfangen können wie New-Age-Mamas und Esoterik-Anhängerinnen. Wohl bekomm’s.

58:25 Minuten auf 1 CD
http://www.hoerbuch-hamburg.de

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