Louis L’Amour – Man nennt mich Hondo

LAmour Hondo Cover kleinDas geschieht:

Im Südwesten der Vereinigten Staaten ist das Leben der wenigen Siedler auf ihren einsamen Farmen hart. 1874 bricht der Große Weiße Vater in Washington wieder einmal einen Vertrag mit den Apachen. Unter ihrem Häuptling, dem charismatischen Vittorio, erheben sie sich. Die US-Kavallerie bekämpft sie, der Konflikt weitet sich zum Krieg aus. Wichtige Informationen transportiert Hondo Lane, ein Kurierreiter, als er auf dem Rückweg zum Stützpunkt von Indianern attackiert und verletzt wird.

Hondo flüchtet sich auf die Farm der Angie Lowe, die dort mit dem sechsjährigen Sohn ausharrt, nachdem sie von ihrem Ehemann, dem Spieler Ed, verlassen wurde. Zwischen Angie und ihrem Gast ist es Liebe auf den ersten Blick, doch selbst ein feiger Gatte rechtfertigt in dieser Zeit keinen Ehebruch. So reitet Hondo mit seinem Kampfhund Sam davon, um sich zurück ins Kampfgetümmel zu stürzen.

Angie lernt inzwischen Vittorio kennen, den die Tapferkeit von Mutter und Sohn beeindruckt. Er stellt Angie und Johnny unter seinen persönlichen Schutz; dies sehr zum Missfallen des grausamen Kriegers Silva, der Angie gern in sein Tipi zwingen würde. Er lauert auf seine Chance.

Hondo kann Angie nicht vergessen. Deshalb macht er sich auf den Weg zur Farm. Er wird verfolgt von Ed Lowe, der ihn zu töten gedenkt, um zu vertuschen, dass er seine Familie im Stich ließ. Hondo kann Lowe töten, wird dabei jedoch von den Indianern gefangen. Sie wollen ihn foltern und umbringen, aber Vittorio entdeckt, dass Hondo Angie und Johnny kennt. Er will den Gefangenen freilassen, doch Silva protestiert und fordert ein Duell auf Leben und Tod. Hondo kann es für sich entscheiden und schont Silvas Leben, der ihm nun ewige Rache schwört.

Auf der Lowe-Farm kann Hondo Angie überreden, mit ihm zu ziehen. Silva gedenkt nicht, seine Feinde entkommen zu lassen. Nachdem Vittorio im Kampf mit den Soldaten fällt, wird Silva Häuptling der Apachen und hat nun freie Hand. Im der Wildnis kommt es zum großen Entscheidungskampf …

Klassisches Dreieck im Wilden Westen

Ein großes Drama in kleinen Worten: „Hondo“ ist eine echte Überraschung; kein „Western“ im eigentlichen Sinn, sondern ein historischer Roman, der zufällig im Wilden Westen spielt. Die Handlung zieht den Leser sogleich in ihren Bann. Es gibt kaum pathetisches Gefasel („Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss“ o. ä.), keine dauerrauchenden Colts, mordlüsternen „Rothäute“, heldischen Cowboys oder hilflosen Frauen, die ständig gerettet werden müssen. Ein hartes Land lässt nüchterne, selbstbewusste Menschen entstehen, weil nur solche überleben können, so L‘Amours Fazit. Geschlecht oder Hautfarbe sind dabei nebensächlich. Indianer und Weiße sind sich ähnlicher, als ihnen das oft selbst bewusst ist. Hondo Lane weiß es: er ist die Schnittstelle zwischen Rot und Weiß, denn er kennt beide Seiten aus eigener Erfahrung.

„Hondo“ ist in einer trügerisch einfachen Sprache gehalten. Die Sätze sind kurz und prägnant, großartige Wortakrobatik bleibt außen vor. Das funktioniert in diesem Handlungsumfeld außerordentlich gut. L‘Amours Landschaftsbeschreibungen sind großartig und erinnern an die Bilder des Western-Regisseurs John Ford: Poesie ohne Furcht vor Sentimentalität. Dies blieb in der außerordentlich stimmigen deutschen Übersetzung (der Erstausgabe) erhalten. Über ein halbes Jahrhundert ist sie inzwischen alt und liest sich weiterhin ausgezeichnet.

Das Land und seine Leute

Die typischen L‘Amour-Helden sind rechtschaffen aber wehrhaft, die Frauen stolz und schön, die Schurken böse und garantiert spätestens im Finale tot, zürnt die strenge Kritik. Mag sein, dass sich der Verfasser im Laufe seiner langen Karriere ein wenig zu schwer auf vertraute Muster und Klischees gestützt hat. In „Hondo“ macht sich das nicht negativ bemerkbar, zumal vermutlich die meisten (deutschen) Leser heutzutage gar keine anderen L‘Amour-Werke mehr kennen.

Außerdem irritieren angesichts der oben erwähnten Kritik immer wieder erstaunlich ‚menschliche‘ Anwandlungen, die sogar den ehrlosen Ed Lowe regelmäßig befallen. Ihn treibt nicht nur der Hass auf Hondo, sondern auch die Angst, als Feigling erkannt zu werden – ein Schlag, der seinen Ruf ruinieren würde. Als Spieler, der darüber hinaus seine Familie im Stich ließ, muss Lowe zwar moralisch Federn lassen, kann sich aber noch blicken lassen. Doch Feigheit hat Ehrverlust zur Folge und ist ein gesellschaftliches Todesurteil. Um dies zu vermeiden, will Lowe sogar zum Mörder werden.

Hinzu kommt Selbsthass, denn natürlich vergleicht nicht nur Angie zwischen dem gleichermaßen engagierten wie pflichtbewussten Hondo und dem ihr angetrauten Ed. Lowe weiß, dass er schlecht abschneidet, was seinen Zorn noch steigert. Solche Ambivalenz, die dem menschlichen Wesen eigen ist, würde man in einem Unterhaltungs-Western eigentlich nicht erwarten.

Die zerstörerische Kraft der Tradition

L’Amour geht noch mehr als einen Schritt weiter: In den 1950er Jahren lag die filmische ‚Rehabilitierung‘ der US-amerikanischen Ureinwohner in der Zukunft. (Man durfte sie sogar noch „Indianer“ nennen.) Weiterhin galten sie neben Staubstürmen oder Dürren als Katastrophe, mit der die Natur den wackeren weißen Mann = Pionier prüfte. Meist blieben sie namen- und gesichtslose Horden, die reihenweise von ihren Pferden geschossen wurden; ansonsten galt es, weiße Frauen vor „einem Schicksal schlimmer als der Tod“ zu retten; das zeitgenössische Publikum, wusste, was gemeint war, und konnte es sich nach eigenem Belieben ausmalen.

Auch das ähnlich verfälschende Gegenbild war schon bekannt: Auf den „edlen Wilden“, eine Ausnahmegestalt unter seinesgleichen, wurde projiziert, was der weiße Gutmensch in Sachen unverfälschter Natürlichkeit vermisste. Tatsächlich waren die Ureinwohner Menschen in einer Umwelt, an die sie sich angepasst hatten. Das machte sie weder ‚besser‘ noch ‚schlechter‘ als die ins Land drängenden Siedler. Der kluge Blick in eine (womöglich gemeinsame) Zukunft oder guter Wille waren auf beiden Seiten ebenso verbreitet wie Vorurteile oder Gewaltlust.

Diese Eigenschaften lässt L’Amour durch seine Hauptfiguren verkörpern, wobei Hondo und Vittorio für die Versöhnung über Grenzen, Ed Lowe und Silva für den kleinlichen Hass stehen. Ebenso klug wie nüchtern entscheidet Angie für sich und ihren Sohn: Sie wird Hondo folgen und an seiner Seite nicht nur überleben, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit ihr Glück finden. Was nach einem typischen Happy-end klingt, wird bei L’Amour ohne Seifenoper-Sentimentalität geschildert und rundet eine bemerkenswerte Geschichte nachdrücklich ab.

„Hondo“ – der Film

„Hondo“ ist die Romanfassung der Kurzgeschichte „The Gift of Cochise“, die L‘Amour 1953 veröffentlichte. Sie erregte das Interesse Hollywoods und wurde noch im selben Jahr verfilmt. Die Titelrolle spielte niemand Geringerer als John Wayne. Unter der Regie von John Farrow bot er – sogar in 3D – eine der vielen Glanzleistungen seiner Karriere. „Hondo“, der Film, wurde ein Klassiker des Western-Kinos. Louis L‘Amour schrieb (nach dem Drehbuch von James Edward Grant) den Roman dazu selbst und schuf einen der ganz großen Erfolge seiner eindrucksvollen Karriere.

1967 entstand die erfolglose, nach 17 Episoden eingestellte TV-Serie „Hondo“ mit Ralph Taeger in der Titelrolle. Für den internationalen Markt wurde daraus ein Film („Hondo und die Apatchen“) montiert, der im Kino ausgewertet werden konnte.

Autor

Louis L’Amour (1908-1988) wurde in Jamestown, North Dakota, als Louis Dearborn LaMoore geboren. Seine Eltern lasen gern und viel und hielten auch ihren Sohn dazu an. Der junge Louis begeisterte sich für Geschichten über die frühen Siedler und Pioniere, aber auch über die indianischen Ureinwohner.

L‘Amours Lebensgeschichte klingt fast zu schön, um wahr zu sein, ist aber belegt. Er versuchte sich als Boxer, Seemann, Elefantenhändler usw. und bereiste die ganze Welt. In den 1930er Jahren kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück. An der „University of Oklahoma“ belegte er Kurse für kreatives Schreiben. 1935 veröffentlichte er sein erstes Werk, eine Gangstergeschichte, 1939 „Smoke from This Altar“, eine Gedichtsammlung (!).

Im II. Weltkrieg kämpfte L‘Amour als Panzerfahrer in Frankreich und Deutschland. Nach seiner Rückkehr in die USA siedelte er nach Los Angeles um und schrieb ab 1946 Western-Stories für Magazine. 1950 folgte mit „Westward the Tide“ ein erster Roman, der allerdings nur in Großbritannien erschien. Im folgenden Jahr kam in den USA L‘Amours US-Debüt mit einem Band der „Hopalong Cassidy“-Serie („H. C. and the Riders of High Rock“); dies allerdings unter dem Pseudonym Tex Burns.

L‘Amour war nicht nur ein fleißiger (er veröffentlichte auch unter dem Pseudonym Jim Mayo), sondern auch ein beliebter Autor, der keineswegs nur Western, sondern auch Seefahrergeschichten („Sitka“, 1957), Thriller („The Last of the Breed“, 1986), Historien-Spektakel („The Walking Drum“, 1984) oder Sachbücher („Frontier“, 1984) schrieb. Angeblich verkaufte er 225 Millionen Exemplare seiner mehr als 100 Bücher, was ihn zum dritterfolgreichsten Schriftsteller aller Zeiten machen würde. Sicher ist, dass L‘Amour-Bücher die Vorlage für etwa 30 Filme lieferten, die meist der B-Kategorie zuzuordnen sind.

Taschenbuch: 206 Seiten
Originaltitel: Hondo (New York : Fawcett Publications, Inc. 1953)
Übersetzung: Hansheinz Werner (bearbeitet von Werner Gronwald)

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