Laura Imai Messina – Die Telefonzelle am Ende der Welt

„Um die Wunden eines Lebens zu heilen, braucht es einen ganz besonderen Ort“ – so steht es auf dem Buchdeckel. Und dieser besondere Ort ist ein Garten, nur eine Tagesfahrt von Tokio entfernt. Dort steht eine Telefonzelle, zu der tausende von Menschen jedes Jahr reisen, um mit ihren verstorbenen Angehörigen zu sprechen. Nimmt man den Hörer ab, so hört man das Rauschen des Windes und kann ihm berichten, was man sich zu Lebzeiten nicht getraut hat, einem geliebten Menschen zu erzählen.

Eines Tages reist auch die Radiomoderatorin Yui an diesen magischen Ort. Im Tsunami von 2011 hat sie ihre Mutter und ihre kleine Tochter verloren. Sie betritt diesen Garten, traut sich aber nicht, die Telefonzelle selbst zu betreten. Auf ihrer Reise lernt sie den Arzt Takeshi kennen, der ebenfalls einen schlimmen Schicksalsschlag zu verkraften hat. Die beiden freunden sich an und fahren künftig immer gemeinsam zu der Telefonzelle am Ende der Welt.

Ganz langsam schöpfen sie neue Hoffnung und neuen Mut, um ihr eigenes Leben wieder leben zu können. Doch dann nähert sich ein gewaltiger Wirbelsturm dem Garten und Yui beschließt, die Telefonzelle um jeden Preis zu retten. Hierbei gerät sie mitten in ein schreckliches Unwetter…

Das Rauschen des Windes

Das Buch erzählt von einem Ort, den es wirklich gibt, und zwar im Nordosten Japans in der Präfektur Iwate. Dies verrät die Autorin im Vorwort ihres Buches, bittet aber am Ende darum, diesen Ort nicht auf der Karte zu suchen und ihn nur dann aufzusuchen, wenn man vorhat, den Hörer abzunehmen, um mit einem verstorbenen Menschen zu sprechen. Die Telefonzelle steht an einem Ort, der von der Tsunami-Katastrophe 2011 besonders schlimm betroffen war, um den Menschen dort neue Hoffnung zu geben.

Diese Hoffnung schöpft auch Radiomoderatorin Yui, die ihre Mutter und ihre kleine Tochter betrauert. Nach und nach erzählt sie, wie sie die beiden im Tsunami verloren hat und wie es ihr seitdem ergangen ist und wie sie versucht, mit dem Verlust umzugehen. Neuen Lebensmut schöpft sie erst, nachdem sie Takeshi kennengelernt und sich mit ihm ausgetauscht hat. Beide eint, dass sie schwere Schicksalsschläge zu verkraften haben und nicht wissen, wie sie ihr Leben ohne die geliebten Menschen fortsetzen sollen.

Langsam und ganz behutsam nähern die beiden sich an, lernen sich besser kennen und betreten nach und nach das Leben des jeweils anderen. Sie blicken hinter die traurige Fassade des anderen und erkennen dahinter den Spiegel der eigenen Trauer. In dieser vereinten Trauer und durch die Telefonzelle geben sie sich Kraft und entdecken neue Dinge, die ihnen lebenswert erscheinen und dem Leben neuen Sinn geben.

Die Telefonzelle wird für die beiden zum verbindenden Rettungsanker, an dem man sich immer wieder festhalten kann, wenn man eine Stütze im Leben braucht.

Telefonzelle der Hoffnung

Sehr gefühlvoll und still erzählt Laura Imai Messina von der Trauer im Leben der Menschen und nähert sich der Frage, wie man mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen und damit weiterleben soll. Sie lässt uns teilhaben an Yuis und Takeshis Leben und gibt uns mit ihren Worten auch neue Hoffnung.

Das Buch ist wie ein kleines Geschenk, das es auszupacken gilt. Auf der Handlungsebene gibt es nicht viel zu entdecken, aber sehr wohl auf der Gefühlsebene. Die beiden Hauptfiguren durchleben in diesem Buch eine breite Palette von Gefühlen und wachsen uns dadurch immer mehr ans Herz. Ihre Geschichte berührt und rührt auch durchaus zu Tränen.

Auf dieses Buch muss man sich komplett einlassen und auch in der richtigen Stimmung sein. Dann gibt es einem viel zurück und stimmt einfach positiv und lässt einen die schönen Seiten im Leben erkennen. „Die Telefonzelle am Ende der Welt“ ist schnell durchgelesen, wirkt aber definitiv nach und bleibt in Erinnerung.

Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
ISBN-13: 978-3442758968
btb Verlag

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