John Masefield – Das Mitternachtsvolk

Phantasievolles Jungenabenteuer: Die Jagd nach dem Schatz von Santa Barbara

Um das Jahr 1927 in England auf dem Lande. Wenn es dunkel wird und das Mitternachtsvolk sein Unwesen treibt, ist dem kleinen Kay Harker bange. Tiger lauern unter dem Bett, und im Betthimmel hat sich bestimmt eine Pythonschlange verborgen. Mit der Hilfe seiner Spielgefährten und den Tieren des Hauses, zu denen auch zwei charakterlose Katzen zählen, gelingt es Kay jedoch, seine Kinderängste zu bewältigen. Die aufregende Schatzsuche, in die er hineingerät, hat ein gutes Ende, und Kay wird ein gutes Stück erwachsener … (abgewandelte Verlagsinfo)

Der Autor

Der englische Schriftsteller John Masefield lebte von 1878 bis 1963. Als er 1891 mit 13 Jahren von zu Hause wegging, um Seemann zu werden, ahnte niemand, dass er wenige Jahrzehnte später (1930) vom englischen König zum „poeta laureatus“ ernannt werden sollte. Diesen Titel trägt immer der beste lebende Dichter, und Masefields wurde damit für sein lyrisches Werk und seine Verserzählungen ausgezeichnet. In seinen Romanen bevorzugte er hingegen das Abenteuer.

John Edward Masefield (* 1. Juni 1878 in Ledbury, Herefordshire; † 12. Mai 1967 in Abingdon, Oxfordshire) war ein britischer Autor, der am besten für seine realistische bis mystische Lyrik bekannt ist. Von 1930 bis zu seinem Tod war Masefield Poet Laureate der britischen Krone.

Masefield wurde in einer ländlichen Region im Westen Englands an der Grenze zu Wales als Sohn eines Rechtsanwalts geboren und besuchte das traditionsreiche Internat King’s School in Warwick, aus dem er kurz vor seinem 13. Geburtstag floh. Er heuerte kurz darauf auf dem Schulschiff HMS Conway der Royal Navy an, wo er als Junior Officer ausgebildet wurde. Bis zum 21. Lebensjahr fuhr er vorwiegend auf dem Atlantik auf Passagierschiffen und ging in mehreren Ländern verschiedenen Tätigkeiten nach, bevor er wegen einer Krankheit 1897 nach England zurückkehren musste. Hier begann er mit seiner literarischen Tätigkeit.

Seine erste Gedichtsammlung „Saltwater Ballads“ von 1902 (dt. 1951 als „Salzwasserballaden“ erschienen) schildert das Leben auf See und in fernen Ländern in derber, realistischer Sprache und begründete Masefields Ruf als Chronist der Matrosen und Vagabunden. Aus der Sammlung hat es das Gedicht „Sea Fever“, eine Hommage an das klassische Werk „The Seafarer“, in die englischen Schulbücher und den literarischen Kanon geschafft. Mehrere Gedichte der Sammlung wurden von John Ireland, Rebecca Clarke und Gerard Boedijn vertont.

In den Jahren 1911-1913 veröffentlichte er je ein episches Gedicht: „The Everlasting Mercy“ über die Bekehrung eines Wilderers und Trunkenboldes, „The Widow in the Byestreet“ über einen an der Liebe scheiternden jungen Mann und seine verzweifelte Mutter und „The Dauber“ über einen dilettantischen Maler, dem es nicht gelingt, das Meer in seiner Wirklichkeit auf die Leinwand zu bringen. Eine maßgebliche Studie über Leben und Werk William Shakespeares erschien ebenfalls 1911. Diese Werke brachten Masefield die Aufnahme in das „Academic Comitee of the Royal Society of Literature“ (1913) ein.

Im Ersten Weltkrieg diente Masefield als freiwilliger Sanitätshelfer, nach dem Krieg ließ er sich in Oxford nieder und verarbeitete seine Kriegserlebnisse insbesondere in der Schlacht an der Somme in „The Old Front Line“. 1919 erschien die ausdrucksstarke Beschreibung der Fuchsjagd „Reynard the Fox“. In den folgenden Jahren experimentierte Masefield mit dramatischen Werken und verfasste zwei mystisch beeinflusste Kinderbücher „The Midnight Folk“ (dt. „Das Mitternachtsvolk“, dt. bei Klett-Cotta ) und „The Box of Delights“ (dt. „Das wunderbare Kästchen“, dt. bei Herder) (verfilmt durch die BBC). Daneben schrieb Masefield einige realistische Abenteuerromane und zwei weitere Werke zu Kriegsthemen: „Gallipoli“ (1916) und „The Nine Days Wonder“ (1941) über die Schlacht um Dünkirchen.

Für das erste, vom damaligen Dompropst George Bell ins Leben gerufene Canterbury Festival im Jahr 1929 schuf er das Drama „The Coming of Christ“, das mit der Musik von Gustav Holst fünf erfolgreiche Aufführungen in der Canterbury Cathedral erlebte.

1930 wurde er von König Georg V. zum Poet Laureate, dem nationalen Dichter des Vereinigten Königreiches berufen und schuf Gedichte für offizielle Anlässe im Auftrag der Krone. In drei autobiografischen Werken berichtete Masefield aus seinem Leben: „In the Mill“ (1941), „So Long to Learn“ (1952), und „Grace Before Ploughing“ (1966). John Masefield liegt im Poet’s Corner in der Westminster Abbey begraben.<< (Wikipedia)

Handlung

1. Tag: Auf Hexenbesen

Der etwa acht oder neun Jahre alte Kay Harker lebt als Waise mit seiner Schwester Ellen im Elternhaus auf dem Lande. Hier wird er im Auftrag seines Vormunds Sir Theopompus von der strengen Gouvernante in Französisch, Geschichte und Latein unterrichtet, doch ihm steht der Sinn naturgemäß eher nach Abenteuern und Phantasien. Sir Theopompus fürchtet, aus ihm könne ein wahrer Hans-guck-in-die-Luft werden.

Tiger lauern in seinem Schlafzimmer, in das ihn die strafende Gouvernante ohne Abendbrot geschickt hat, und Pythonschlangen sind im Betthimmel verborgen. Doch da kommt Nibsel, die Katze, und entführt Kay durch einen Geheimgang in die freie Natur. Nibsel berichtet ihm, dass sie ihren Freund, den Fuchs Beißer, besuchen wollen. Denn Beißer soll in die Falle des Forstaufsehers gehen. Beißer ist dementsprechend dankbar für die Warnung und entkommt der Falle.

Er gibt ihnen einen Tipp, wie sie schneller vorankommen: Die sieben Schwestern haben sich mit ihren Hexenbesen versammelt. Schwupps, und zwei der Besen dienen als Reitpferde. So sausen sie zum Verruchten Hügel, wo sich allnächtlich das Mitternachtsvolk versammelt, um dem Zauberer Abner Brown, seinem Anführer, zu lauschen.

Er erzählt dem Volk und den Hexen, dass der Schatz von Kay Harkers Urgroßvater sich hier in der Gegend befinde, und bekanntlich handle es sich dabei um einen großen Goldschatz aus Südamerika, der mindestens eine Million Pfund wert sei. Die Hexen und andere Kreaturen schwören, bei der Beschaffung des Schatzes, der von Rechts wegen Abner Brown gehört, mitzuarbeiten. Kay bringt Nibsel vor dem Gesang der Hexen in Sicherheit. Wenig später findet er sich in seinem Bett wieder, wo es schon Morgen werden will.

Der 2. Tag: Die Geschichte vom Schatz

Nachdem die Gouvernante festgestellt hat, dass zwei Reisigbesen und ein Braten fehlen, verdonnert sie Kay zum Lernen des französischen unregelmäßigen Verbs „pouvoir“ (können). Darüber fallen ihm schier die Augen zu, doch da fällt sein Blick auf das große Porträt an der Wand des Zimmers. Es zeigt seinen Urgroßvater Harker in voller Lebensgröße – und es zwinkert ihm zu!

Kay steigt in das Bild und findet sich auf der Weide wieder, die das alte Haus umgibt. Der Maler Baxter ist gerade fertig mit dem Bild und verabschiedet sich. Sein Urgroßvater erklärt Kay die Geschichte des Schatzes von Santa Barbara – und hat eine große Aufgabe für ihn. Denn das Gold wurde 1811 ihm, Kapitän Harker, von den Kirchenherren der belagerten Küstenstadt Santa Barbara anvertrauen, auf dass er es vor den plündernden Aufständischen Südamerikas in Sicherheit bringe.

Der Urgroßvater schüttelt bedauernd den Kopf. Er hat diese Aufgabe nicht erfüllt. Zwar entkam sein Schiff, die „Plünderer“, dem Hafen und sogar den Franzosen Napoleons, doch seine Mannschaft meuterte und setzte ihn aus, bevor sie verschwand. Erst nach fünf Jahren Sklaverei bei den Indianern konnte er sich endlich auf die Suche machen. Doch die „Plünderer“ war nirgends in der Karibik zu finden und wohl nach Europa gesegelt. Wo der Schatz sei, könne er nicht sagen.

Doch eines sei gewiss, sagt der alte Mann zu seinem Urenkel: Das Gold müsse seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben werden. Kay leuchtet dies ein; er übernimmt die Aufgabe. Und damit beginnt das größte Abenteuer seines Lebens …

Mein Eindruck

Ich habe noch nie etwas dergleichen gelesen. Das Buch entzieht sich durch die Vielzahl und seiner Elemente und die Besonderheit von deren Mischung jeder Kategorisierung. Ist es Fantasy, wenn Tiere sprechen? Ist es Horror, wenn Hexen auftreten? Ist es ein Seeabenteuer, wenn Piraten auftreten? Das Buch ist alles zugleich und doch nichts davon.

Kays Abenteuer mit seinen Freunden, den sprechenden Tieren, finden in der Regel nachts statt. Möglicherweise befindet er sich in einem Traumzustand, wenn er sie erlebt, aber wie kommt es dann, dass sie Änderungen, die er vornimmt, sich in der Wirklichkeit wiederfinden? Offenbar besteht kein Unterschied zwischen Traumwelt, Phantasie und sogenannter „Wirklichkeit“. Diese Nivellierung macht zwar alles möglich, aber auch alles beliebig. Das ist nur eines der Probleme des Buches.

Roter Faden

Der rote Faden, der sich durch alle Abenteuer zieht, besteht in der Frage: Wo liegt der Schatz von Santa Barbara heute? Um diese Frage beantworten zu können, muss sich Kay wie ein moderner Forscher an die Schauplätze eines Geschehens begeben, das zwischen 1811 und 1850 stattfand, also vor über hundert Jahren (von 1927 aus gerechnet). Die Abfolge dieses Geschehens herauszufinden erfordert mindestens ebenso viel detektivische Kleinarbeit wie die Suche nach dem Schatz in der Umgebung von Kays Heimat. Denn nicht ohne Grund suchen die sieben Hexen und Abner Brown genau dort.

Verwandlungen

Die zahlreichen Verwandlungen in eine Fledermaus, einen Otter, einen Taucher sowie die Nutzung schlauer Hilfsmittel wie einem Nachtsichtgerät – hier „Fuchsaugenbrille“ genannt – und Ein-Meilen-Stiefel sind mindestens so nützlich wie die Eigenschaft, die Sprachen aller Tiere zu verstehen und sich an deren Größen jederzeit anpassen zu können.

Die sprachlich reizvollste Episode ist dabei die Begegnung mit Herrn Kellermann, der Ratte. Die Ratte spricht ein heruntergekommenes Umgangsdeutsch, das stark ans Berlinerische angelehnt ist, ohne jedoch dessen Lautverschiebung („jeht et jut?“) mitzumachen. Sogar für einen literarisch bewanderten Leser ist es deshalb nicht einfach, dem zu folgen, was Ratte sagt. Seine Sätze sind so ungrammatikalisch, dass hinter jedem Komma ein Stolperstein lauert.

Der Feind

Wie jeder „normale“ Junge ist Kay auf Abenteuer aus und bedient sich der Hilfsmittel von Abenteurern, von denen er gelesen hat: Zeugenaussagen, Nachschlagewerke, Tagebücher, ja sogar ein Geheimcode sind seine Informationsquellen. Doch diese Ermittlung ist ein Wettrennen gegen die gleichartigen Bemühungen des Feindes, der da Abner Brown und die sieben Hexen heißt. Sie verfügen über ganz andere Informationsquellen, insbesondere magischer Natur. Eines davon ist ein sprechender Totenschädel.

Doch Kay ist weder schüchtern noch auf den Mund gefallen. Kaum hat er von seinen Tierfreunden erfahren, was es mit dem Schädel auf sich hat, eilt er in dessen Raum und verschließt – getarnt durch ein Unsichtbarkeitsserum – sämtliche Türen hinter sich. Dann beginnt der Schädel eine schaurige Geschichte zu erzählen …

Der Kern der Sache

Diese Geschichte hat mit dem Roten Faden zu tun. ja, sie ist sogar einer von dessen wichtigsten Bestandteilen. Die führt uns in die Welt der Karibik zwischen 1811 und 1850. Piraten, Indianer, Kolonialherren, Kaufleute und allerlei zwielichtige Glücksritter geben sich hier die Klinke in die Hand. Käptn Jack Sparrow ist sicherlich nicht weit entfernt, wenn er auch ins 17.-18. Jahrhundert gehört.

Im Mittelpunkt steht der Streit um den Schatz von Santa Barbara, versteht sich. Abner Brown ist der Kompagnon des letzten Überlebenden der „Plünderer“, Kapitän Harkers Schiff. Doch Brown, der den Schatz heben helfen soll, haut Wrigger übers Ohr. Und so beginnt eine Odyssee des Schatzes, die ihresgleichen sucht. Denn Wrigger findet den Schatz wieder und bringt ihn nach England. Dort treiben Schmuggler illegalen Handel den Fluss hinauf bin zu Kays Heimat (vermutlich Herefordshire).

Eine gerechte Welt

Zumindest bis zu jener verhängnisvollen Flut von 1850, die den Schatz erneut menschlichem Zugriff entzieht. Nun muss Kay der Zufall helfen, doch das Glück ist in dieser Fabel mit den Tüchtigen, den Aufrichtigen und vor allem mit den Gutwilligen. Denn der Schatz soll ja, anders als bei den Hexen, nach dem Willen der Harkers wieder dem rechtmäßigen Besitzer zurückerstattet werden. Und dies gelingt auch – zu einem guten Zweck. Die Hexen aber werden verbannt und bestraft. Denn wenn eines für diese Welt zutrifft, dann dies: Sie ist gerecht.

Weiblich?

Eine solche Weltanschauung erscheint nicht nur heute, sondern bereits im Jahr 1927 als recht naiv und ungewöhnlich. Der Erste Weltkrieg, der damals noch der Große hieß, hatte nicht nur viele materielle Dinge sowie eine ganze Generation zerstört, sondern auch viele moralische Werte als überholt entlarvt. Die „Lost Generation“ der Amerikaner im Pariser Exil, die Werke von James Joyce, T. S. Eliot, Ezra Pound und D. H. Lawrence erschütterten die Grundfesten aller Tabus und Dogmen.

Das spiegelt sich jedoch nicht in diesem Buch wider. Hier ist alles noch edwardianisch in Ordnung. Kay hat zwar keine Eltern, aber die stören in Heldengeschichten eh nur. Kay wird von (fast) allen nur der „Master“ genannt: Er ist Herr im Haus. Kleine Mädchen existieren gleich gar nicht, sind also keine Spielkameraden, wie etwa bei Edith Nesbit.

Weibliche Menschen sind Hausmädchen, Ehefrau, Köchin und, leider, auch Gouvernante. Weibliche Nichtmenschen sind da viel attraktiver, allen voran die lieben Meerjungfrauen in der Karibik. Dass alle diese Frauen keinen Unterleib haben, versteht sich von selbst. Denn auch darauf liegt ein Tabu, das der Autor beachtet. Deshalb erscheint mir das Buch als geeignet für Jungs zwischen acht und elf Jahren.

Die Übersetzung

Bis auf wenige Fehler hat der Übersetzer Hans J. Schütz, der ja heute noch für Klett-Cotta arbeitet, eine einwandfreie Übertragung angefertigt. Lediglich bei Namensübertragungen wie „Waldi“, „Karli“ oder „Galgenstrick“ finde ich die Wahl etwas zu bieder und unzeitgemäß.

S. 171: „Terrier-Töhle“: Korrekt wird das Wort laut DUDEN „Töle“ geschrieben.
S. 223: „Herwerg“ statt „Herweg“ (im Gegensatz zum „Hinweg)
S. 229: „zum graben einen Spaten nehmen“. „Graben“ muss großgeschrieben werden.
S. 229: „Sportsgeist, in welchen … vereinigt sind.“ Da die Konstruktion den Dativ verlangt, muss es „in welchem“ heißen.

Unterm Strich

Angesichts der vielen unterschiedlichen Elemente, die der Autor unerschrocken zusammenwürfelt, ist es vielleicht am hilfreichsten für den Leser, diese Jungengeschichte sowohl als Abenteuer als auch als Märchen anzusehen. Wo sonst würde die Tiere zu sprechen anfangen und liebend gerne zum Helfer eines Menschen werden?

Besondere Spannung verleiht dieser turbulenten Geschichte Kays Ermittlung, die sich auf mehreren Ebenen, in mehreren Weltgegenden und mit besagten Helferlein vollzieht, bis sie endlich zu guter Letzt zu einem erfolgreichen Ende kommt. Kay hat die Mission, die ihm sein Urgroßvater aufgetragen hat, zur größten Zufriedenheit aller Beteiligten erfüllt. Das gelang aber nur durch Teamwork und den Sieg über die bösen Hexen und ihren fiesen Zauberer.

Ganz davon abgesehen, hat der Autor, der ja viele Jahre zur See fuhr, viele seiner eigenen Erlebnisse und Erkenntnisse einfließen lassen. Da er nie den Zeigefinger hebt, lesen sich die Schilderungen von Piraten in der Karibik und Schmugglern auf englischen Flüssen ganz selbstverständlich.

So ganz nebenbei erhalten wir Einblick in die Sozialgeschichte der Seefahrt zwischen den beiden Weltgegenden Großbritannien und Karibik. Hier müssen sich Schicksale vollzogen haben, von denen wir uns heute keine Vorstellung mehr machen. Allein schon Captain Harkers Mission, den Schatz von Santa Barbara in Sicherheit zu bringen, weist auf die Revolutionen hin, die um 1811/12 in ganz Südamerika stattfanden, als sich die Kolonien lossagten. Simon Bolivar, nach dem Bolivien benannt wurde, ist vielleicht auch hierzulande ein Begriff.

Mit solchen ernsten Hintergründen soll das junge Lesepublikum, das nur phantasievolle Unterhaltung verlangt (und natürlich bekommt), natürlich nicht behelligt werden. Aber wer über die Kenntnisse verfügt, wird auch erkennen, dass sowohl in der turbulenten Karibik als auch im nachnapoleonischen England die Dinge nicht immer zum Besten standen. Warum hätten sonst die Schmuggler einen Profit mit Tabak, Seide und Alkohol erhoffen können?

Dass es unter anderem um die Beilegung einer Familienfehde zwischen den Harkers, Browns und Wriggers geht, fällt dem Leser vielleicht erst beim zweiten Lesen auf. Es ist ein mehr als Hundertjähriger Krieg, der über drei Generationen tobt – alles nur wegen eines Schatzes. Sprechende Ratten und Otter mögen ja ganz nett sein, aber unter der Oberfläche verbergen sich ernste Inhalte, die man woanders lange suchen muss.

Taschenbuch: 260 Seiten
Originaltitel: The Midnight Folk (1927)
Aus dem US-Englischen von Hans J. Schütz
ISBN-13: 978-3608956139
www.klett-cotta.de