Die drei ??? – Zwillinge der Finsternis (Folge 144)

Der 144. Fall des berühmten Juniordetektiv-Trios musste vergleichsweise lange auf seine Vertonung vom Studio |EUROPA| warten. Die Vorlage von Marco Sonnleitner fiel im Jahr 2008 genau in die Zeit, in welchen der Lizenzstreit über die Rechte der Serie noch soeben schwelte bzw. dessen Auswirkungen unmittelbar spürbar waren. Bekanntlich wurden die angedachten, neuen Hörspiele der Originalserie dadurch zunächst auf Eis gelegt und stattdessen das (wenig erfolgreiche) Nebenprodukt „Die Dr3i“ ins Rennen geschickt. Bis dann im gleichen Jahr (glücklicherweise, für die große Fangemeinschaft) eine Einigung erzielt wurde. Vielleicht auch ein Grund, warum die Hörspiele den Büchern seither stets rund 10 – 15 Folgen hinterherhinken. „Zwillinge der Finsternis“ erreichte im März 2011 endlich die wartende Hörerschaft. Doch das Hamburger Studio, welches inzwischen zu |Sony Music| gehört, holt stetig auf.

_Zur Story_

Justus und Onkel Titus haben auf der Auktion des Millionärs Vanderbilt einen Karton Bücher günstig ergattert und wollen diesen gerade auf ihren Pick-Up verladen, als Justus feststellt, dass alle vier Reifen platt sind. Noch bevor sie sich versehen, taucht eine unheimliche Kapuzengestalt auf – und beide verfallen plötzlich in paralyseähnliche Starre. Unfähig sich zu bewegen müssen sie mit ansehen, wie der Unhold sich rasch ein schwarzes, ledergebundenes Buch einsteckt und sich mit wallendem Gewand von hinnen macht. Laut- und wortlos verschwindet die Erscheinung von der Bildfläche. Den zweiten Wälzer dieser Art hat der Dieb offenbar in der Kiste übersehen – der ist noch da. Natürlich kann Justus als Kopf der berühmten drei ??? das nicht auf sich beruhen lassen und berichtet diesen Vorfall seinen beiden Mit-Detektiven. Doch noch bevor eine griffige Theorie aufgestellt werden kann, bekommt der Schrottplatz Besuch von einem seltsamen Mann.

Der gibt sich als Sammler alter und seltener Bücher aus und hat Wind davon bekommen, dass die Firma Jonas auf der gestrigen Auktion anwesend war und einige Bücher ersteigerte. Darunter könnten sich die „Zwillinge der Finsternis“ befunden haben. Zwei vierhundert Jahre alte Werke, die magische Fähigkeiten besitzen – ja vom Teufel selbst verfasst worden sein – sollen. Wer beide hat, kann angeblich einen „Blutschatz“ finden. Satte 240 000 Dollar bietet der Bibliothekar für den zweiten Band, der sich noch im Besitz von Justus bzw. Titus befindet. Justus lehnt den Deal jedoch ab und will erst Klarheit haben, was es mit den Büchern überhaupt auf sich hat. Bobs Recherche bringt Erstaunliches wie Düsteres zutage. Als es dann in Rocky Beach im August noch anfängt zu schneien und sich ein Riss ohne spürbares Beben im Boden auftut, fragt sich nicht nur der stets ängstliche Peter, ob nicht wirklich jemand mithilfe der angeblichen Zaubersprüche des ersten Buches die Elemente manipuliert und die Pforten der Hölle aufgestoßen hat.

_Eindrücke_

Zu Beginn legt die Geschichte mächtig los und ist äußerst spannend präsentiert. Die Lähmung von Justus und Onkel Titus nebst der Entwendung des Buches durch eine gruselig gekleidete Gestalt, Schnee in Kalifornien, ein kapitaler Riss im Boden, gespenstische Nebelbänke, welche einen Weg weisen sowie später sogar noch Flammen aus Boden wie Händen, das alles rational zu erklären fällt selbst dem durch etliche Fälle der drei ??? gestählten Rezensenten schwer. Dem Autoren aber auch. Das beruhigt auf der einen, enttäuscht aber auf der anderen Seite. Bis zu einem gewissen Punkt scheint diese Folge eine regelrechte Mystery-Party zu werden, die in ihrem Aufbau irgendwo entfernt an „Die neun Pforten“ mit Johnny Depp erinnert. Wenn es allerdings an die endgültige Er- und Aufklärung geht, fällt die ganze Chose zusammen wie ein Quiche, welches man zu schnell oder zu früh aus dem Ofen nahm. Der eigentliche Showdown ist dann einfach nur noch lächerlich.

Dabei ist das gar nicht mal dem Hörspiel anzulasten, wiewohl dieses durch die Kürzungen gegenüber der Vorlage Marco Sonnleitners doch noch mal zusätzlich und merklich gelitten hat, da manche Dinge hier bei genauerer Betrachtung noch schlechter funktionieren, als das im Buch der Fall ist. Doch davon ab kann |EUROPA| nichts für das übel überzogene und zum Teil wirre Garn, welches die Geschichte generell spinnt. Man hat versucht das Beste draus zu machen, weswegen es von der Produktion her kaum Kritik zu vermelden gibt. Auch die Verpflichtung von Martin Semmelrogge als Gastsprecher dieser Folge ist positiv anzumerken. Dass hier natürlich weder der Teufel noch irgendwelche anderen Dämonen die Fäden ziehen, dürfte eh klar sein. Es handelt sich schließlich um einen Fall der drei ??? und nicht ums „Gruselkabinett“. Was aber vielleicht besser gewesen wäre, um die mannigfaltig vorhandenen Logiklücken wenigstens mit Übersinnlichem zu überbrücken. So bedeuten die ???-Zombies zwar Horror, allerdings auf einer anderen Ebene.

_Die Produktion_

Drehbuch und Effekte: André Minninger
Redaktion und Geräusche: Wanda Osten
Regie und Produktion: Heikedine Körting
Musik: Hagitte & Bertling (STIL), George, Morgenstern

|Sprecher und Figuren|

Oliver Rohrbeck (Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter Shaw), Andreas Fröhlich (Bob Andrews), Hans Meinhardt (Onkel Titus), Holger Mahlich (Inspector Cotta), Joachim Pukaß (Arthur Sinclair), Eberhard Haar (Mr. Peastone), Martin Semmelrogge (Jeremy Witherspoon), Achim Schülke (Barnaby Witherspoon), André Minninger (Godwin), Holger Löwenberg (Mann), Thomas Fritsch (Erzähler)

_Fazit_

Die anfängliche Freude über einen wirklich fulminanten und herrlich mysteriösen Start verfliegt sehr schnell, wenn es mit der krampfhaften Konstruktion von Handlungen und Erklärungen richtig losgeht. Weniger dick aufgetragen wäre mehr gewesen. Da kann auch die saubere, gewohnt routinierte Produktion des Hörspiels nicht mehr viel retten. Mehr als eine 4 minus ist dank etlicher Ungereimtheiten logischer sowie physikalischer Art beim besten Willen und einem gerüttelt Maß Kindheitserinnerungsbonus nicht drin, obwohl die Idee gut ist und Potenzial hat – welches aber dann nicht genutzt wurde. Schade. Also: Einmal anhören und ab damit ins Regal, damit dort bei „144“ keine hässliche Lücke klafft. Gelegentliches Abstauben nicht vergessen.

Audio-CD mit einer Laufzeit von ca. 73 Minuten
Story von Marco Sonnleitner nach Figuren von Robert Arthur
EAN: 886978014429
www.natuerlichvoneuropa.de