Neal Shusterman – Der Zorn der Gerechten (Skythe 2)

Skythe

Band 1: Die Hüter des Todes“
Band 2: „Der Zorn der Gerechten“

Nach den dramatischen Ereignissen beim letzten Konklave ist Rowan untergetaucht. Zwar hat Citra durch eine List Immunität für ihn erreicht, diese gilt jedoch nur ein Jahr. Und obwohl er offiziell kein Skythe ist, hat er vor, seine Fähigkeiten auf seine eigene Weise zu nutzen. Etwas, das selbst die Skythe der alten Garde nicht billigen!
Citra dagegen ist jetzt die Skythe Anastasia und offenbar bereits jemandem ein Dorn im Auge. Die Frage ist, wer so dringend eine Junior-Skythe ohne besonderen Einfluß loswerden will … und warum?

Tatsächlich beschränkt sich der zweite Band nicht mehr allein auf zwei Handlungsstränge. Neben den Ereignissen um Rowan und Citra spielt auch Skythe Faraday wieder eine größere Rolle. Der ehemalige Mentor der beiden hat beschlossen, sich auf die Suche nach einem geheimnisvollen Ort zu begeben, an dem er einen Ausweg aus der immer bedrohlicheren Entwicklung des Skythetums zu finden hofft: Nod. Die meisten Skythe halten diesen Ort für eine Legende. Denn der einzige Hinweis auf seine Existenz ist ein alter Kinderreim.

Einiges mehr an Raum nimmt Grayson Tolliver ein, der in diesem Band zum ersten Mal auftaucht. Der junge Mann ist gutmütig, freundlich, hochanständig und sehr, sehr einsam, der Thunderhead ist seine einzige Bezugs“person“. Graysons Traum ist ein Job bei der Interface-Behörde, dem Verwaltungsapparat des Thunderhead. Doch es gibt zwei Dinge, die eine Anstellung dort vereiteln: Das Gesetz zur Trennung von Thunderhead und Skythetum und Graysons Anstand.

Ich persönlich fand Grayson fast interessanter als Citra und Rowan. Nicht, dass die Charakterzeichnung als solche tiefschürfender wäre als bei den beiden Hauptprotagonisten, aber die Widrigkeiten, die dem unbedarften jungen Mann zustoßen, der nicht im geringsten für das ausgebildet ist, was er tut, und die Art und Weise, wie er sich in seiner prekären Situation behauptet, sind beachtlich.

Vielleicht liegt das auch ein wenig daran, dass die Achterbahnfahrt, zu der sich Graysons Leben entwickelt, noch einmal eine Menge frischen Wind in die Geschichte bringt. Nicht nur, weil sie eine Gruppe von Personen mehr in den Fokus rückt, die bisher nur am Rande erwähnt wurden: die Widerlinge. Denn deren Aktionen reichen von schräg bis hin zu kriminell. Sondern auch, weil der Leser hier Zeuge wird, wie eine Institution ohne jede Möglichkeit zur Einflußnahme auf Umwegen versucht, etwas zu bewirken oder zu verhindern, und dabei sowohl Erfolg hat als auch scheitert!

Schon das allein sorgt dafür, dass der Spannungsbogen sich in diesem Band viel spürbarer strafft als im seinem Vorgänger. Dazu kommt noch, dass auch Rowan und mit ihm sein Freund Tyger in ernste Schwierigkeiten geraten. Die ethischen Fragen, die sich in diesem Zusammenhang auftun, sind eigentlich schon gar keine mehr. Das Szenario, das der Autor da zeichnet, ist geradezu dystopisch!

Letztlich laufen all diese Fäden auf einen Showdown hinaus, von dem ich kaum glauben konnte, dass der Autor ihn tatsächlich so konsequent durchziehen würde. Natürlich ist die Sache damit noch nicht erledigt. Im Gegenteil ist das Ende dieses Bandes ein ganz fieser Cliffhanger, viel gemeiner als das Ende des letzten Bandes.

Außerdem fand ich die kurzen Abschnitte zwischen den einzelnen Kapiteln besonders interessant, die diesmal nahezu ausschließlich vom Thunderhead stammten und nicht nur philosophische Betrachtungen der Menschheit und ihrer Geschichte sowie seiner selbst umfassen, sondern in denen auch seine zunehmende Emotionalität deutlich wird. Der Thunderhead wird immer menschlicher, je weiter sich die Lage zuspitzt! Eine Charakterentwicklung bei einer Maschine bekommt man auch nicht alle Tage geboten.

Alles in allem war der zweite Band dieses Zyklus noch besser als der erste. Er bietet zusätzlich zum ethischen Aspekt auch noch gelungene neue Charaktere, interessante zusätzliche Details wie die Widerlinge oder das Rätsel um das Land Nod sowie eine starke Zuspitzung der Gesamtsituation, die gewaltig an der Spannungsschraube drehte. Das alles sauber und ohne logische Brüche miteinander vernetzt und flüssig und temporeich erzählt … mehr kann der Leser sich kaum wünschen.

Neal Shusterman stammt aus Brooklyn und hat nicht nur eine Vielzahl von Büchern geschrieben, von denen einige mit Preisen ausgezeichnet wurden, sondern auch Theaterstücke, Drehbücher, Musik und Games. Nach seiner Vollendet-Trilogie ist Skythe der zweite Zyklus von ihm, der in deutscher Sprache erscheint, gleichzeitig wird offenbar bereits an der Verfilmung desselben gearbeitet. Der dritte Band von Skythe ist für das Frühjahr 2019 avisiert.

Gebundene Ausgabe 542 Seiten
Originaltitel: Thunderhead
Deutsch von Kristian Lutze und Pauline Kurbasek
ISBN-13: 978-3-737-35507-0

www.storyman.com
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