Pierce Brown – Red Rising

Action auf dem Mars: Auftaktband für PANEM-Freunde

Darrows Welt ist brutal und dunkel. Wie alle Roten schuftet er in den Minen des Mars, um ein Leben auf der Oberfläche des Planeten möglich zu machen. Doch dann wird seine große Liebe getötet, und Darrow erfährt ein schreckliches Geheimnis: Der Mars ist längst erschlossen, und die Oberschicht, die Goldenen, leben in dekadentem Luxus. Darrow schleust sich in ihr sagenumwobenes Institut ein, in dem die Elite herangezogen wird. Er will einer von ihnen werden – um sie dann vernichtend zu schlagen …(Verlagsinfo)

Der Autor

Pierce Brown hätte nach dem College-Abschluss eigentlich nichts dagegen gehabt, seine Studien in Hogwarts fortzusetzen. Da es ihm dafür leider an der nötigen magischen Gabe mangelte, versuchte er es mit verschiedenen Jobs in der Medienbranche. Sein Debütroman „Red Rising“ wurde ein so sensationeller Erfolg, dass sich Pierce Brown ganz dem Schreiben widmen kann. Der Autor lebt in Los Angeles. (Verlagsinfo)

Die Trilogie

1) Red Rising
2) Im Haus der Feinde
3) Tag der Entscheidung

Handlung

In nicht allzu ferner Zukunft ist der Mars zu einer zweiten Erde gemacht worden – mit ein paar kleinen Unterschieden. Die Gesellschaft ist nach dem Krieg, der den Sieg über die Erde brachte, in einer strengen Hierarchie aufgebaut worden. Die Schichten sind nach Farben bezeichnet. Ganz oben leben, wie könnte es anders sein, die Goldenen. Sie haben Reichtum und Macht im Überfluss, ihnen gehören die militärischen Führer der Regierung und der Kriegsmarine an – nicht aber der Armee, denn diese ist den Obsidianen vorbehalten.

In den Diensten der Goldenen stehen neben den Obsidianen auch die Pinken, ganz dem Vergnügen gewidmeten und angepassten Menschen beiderlei Geschlechts ohne jede Macht. Unter diesen Schicht sorgen die Grauen als Polizei für die Durchsetzung der Erlasse der Goldenen – Erlasse, die sie natürlich „Gesetze“ zu nennen belieben.

Ganz unten in der Hierarchie schuftet das Sklavenheer der Roten. Die unterdrückten Millionen sind einerseits dazu da, die grundlegenden Güter zu produzieren, zum anderen die wertvollsten Rohstoffe aus dem noch glühenden Kern des roten Planeten zu holen. Zu diesen Tunnelbohrern und Höllentauchern gehört Darrow, der noch hoffnungsvolle Sohn eines gehängten Verräters. Sein Clan der Lambdas erringt mit seiner Hilfe die größte Ausbeute – doch der Lorbeer geht nicht etwa an die Lambdas, sondern an die angepassten Gammas.

Paradies

Darrow hätte nichts dagegen, eine Dummheit zu begehen und den Grauen und Gammas zu zeigen, was er von ihnen hält. Doch sowohl sein Onkel Narol als auch seine junge Frau Eo halten ihn davon ab. Doch Eo hat für ihren Mann eine Überraschung auf Lager. Sie führte ihn nach dem Lorbeerfest in einen verbotenen Abschnitt der unterirdischen Stollen: hier breitet sich vor Darrows erstaunten Augen ein Tal in paradiesischem Grün aus, in dessen Mitte ein Baum blüht. So etwas hat er noch nie gesehen, und Eo macht ihm klar, dass dies der perfekte Ort fürs Liebemachen ist.

Doch in der trauten Zweisamkeit hat sie eine zweite Überraschung auf Lager. Sie vertraut ihm ihren Traum von einem Mars der freien Menschen an, auf dem die Roten auf einer Stufe leben wie die Goldenen – falls es diese noch geben sollte. Sie lässt Darrow schwören, ihrem Traum zu folgen, komme, was wolle. Er schwört es ihr.

Für das Eindringen in die verbotene Zone sollen beide bestraft werden. Doch Eo entlastet Darrow und begeht vor dem Richter, einem Grauen, eine unverzeihliche Ketzerei: Sie singt das Lied, in dem sie die Unterdrückung anklagt und von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit singt. Während Darrow festgehalten wird, taucht ein Goldener auf. Es ist zu Darrows Erstaunen kein geringerer als der Erzgouverneur Nero au Augustus selbst. Vor dessen Augen wird Eo gehängt. Darrow wird niedergeschlagen und findet sich in einem aufgegeben Stollen wieder.

Wiedergeburt

Er nimmt Eos Leiche verbotenerweise vom Galgen und beerdigt sie unter dem Paradiesbaum. Dann schließt er sich einer merkwürdigen Art von Untergrundorganisation an. Diese kooperiert mit fast allen Schichten, vor allem durch kybernetische Aufrüstung. Der Anführer macht Darrow klar, dass die einzige Art und Weise, Eos Traum zu verwirklichen, darin besteht, ein Goldener zu werden. Um so gut wie einer zu werden, muss sich Darrow aufrüsten lassen. Er nimmt die falsche Identität des Sohnes eines in den fernen äußeren Kolonien sitzenden Adelsgeschlechts an. Daher auch der etwas barbarisch klingende Vorname.

Ausbildung

Denn bevor man als junger Mensch in diesen Rang aufsteigen kann, muss man ein Jahr lang am Institut ausgebildet werden. Dieses liegt in den Valles Marineris, einer gewaltigen, fast 2000 km langen Schlucht. Darrow findet einen Ratsherrn, der Kandidaten für die verschiedenen Häuser der Goldenen rekrutiert. In einer ersten Ausbildungsphase lernt er die Söhne der vornehmsten Häuser kennen, darunter auch die zwei Söhne des Augustus. Alle haben schon auf fieseste Weise zu kämpfen gelernt. Um in die Endrunde gelangen, muss Darrow einen der beiden töten. Sein Mentor lobt ihn dafür. Schließlich hat man ihn in investiert.

Kriegskunst

Doch nichts hat ihn auf das vorbereitet, was ihn in den Valles erwartet. Es ist mit den Festungen der einzelnen Häuser bestückt. Darrow wird der Festung des Hauses Mars zugewiesen, und dessen Anführer scheint der Augustus-Sohn Cassius zu sein. So was Dummes – wenn Cassius herausbekommt, dass Darrow seinen Bruder Julian getötet hat, ist die Kacke am Dampfen.

Es kommt noch schlimmer: Alle anderen Festungen wollen das Haus Mars vernichten! Höchste Zeit also, sich in der Kunst des Tarnens und Überlebens zu üben. Pech nur, dass sich das Haus Mars alles andere als einig in der Frage ist, wer sein Anführer sein soll…


Mein Eindruck

Der Aufbau ist folgerichtig: vom Opfer der Unterdrückung über die Modifikation bis zu den Bewährungsproben vor und im Institut. Den Kampfcharakter der „Spiele“ kennt der versierte jugendliche Leser bereits sattsam aus „Die Tribute von Panem“, aus der „Divergent“-Trilogie und aus der „Bestimmung“-Trilogie. Sie alle haben Ausleseprozesse durch Konfrontation als Hauptmotiv. In „Panem“ dienen sie zunächst sogar der Volksbelustigung. Sie alle jedoch eine zentrale Aussage: Durch Rebellion und/oder Anpassung kann ein Jugendlicher die Gesellschaft, die als ungerecht betrachtet wird, umgestalten – kurzum: Revolution.

In diesem Punkt unterscheidet sich „Red Rising“ erheblich: Die Veränderung soll diesmal nicht von außen kommen, etwa indem Bezirk X gegen das Hauptquartier obsiegt. Vielmehr gilt das Prinzip der Subversion: Der jugendliche Held schließt sich den Reihen der Unterdrücker an, um deren Zusammenhalt von innen heraus zu unterwandern und wie geplant zu ändern. Wir wünschen diesem Plan viel Glück – vorerst kommt die Entscheidung Darrows, sich den Herrschern der Goldenen (Augustus usw.) anzuschließen, erst mal als eine Art Schock. Ob der Plan klappt, muss sich erst noch zeigen.

Was der Leser im ersten Band geboten bekommt, sind vor allem lange Auseinandersetzungen, die Darrow mit wechselndem Erfolg bzw. Kriegsglück für sich entscheiden kann. Bis der Gegner Cassius Darrows Geheimnis zuspielt: dass er Cassius‘ Bruder getötet hat. Hier wird also auf allen Seiten mit unfairen Mitteln gespielt. Das ist die erste Erkenntnis, die Darrow erringt: Es gibt keine Regeln, und daher zählt nur Stärke. Von einem „edlen Wettstreit“ kann also nicht im geringsten die Rede sein.

Das eröffnet einem aufgeweckten Höllentaucher aus den Reihen der „Roten“ jedoch zahlreiche Aufstiegschancen. Wer beispielsweise mal die Iggulden-Romane über Julius Caesar gelesen hat, wird verblüffende Parallelen feststellen. Caesar hat durch Hartnäckigkeit und Ideenreichtum, Führungsqualitäten und Verbindungen seine Erfolge erzählt, und das an die 45 Jahre lang (er wurde 56, bevor man ihn vorm Senat abmurkste). Genau solche Eigenschaften muss Darrow ebenfalls entwickeln. Am Schluss nimmt es seine Guerilla-Truppe nicht nur mit den schlauesten, sondern auch mit den mächtigsten Gegnern auf – Apoll und Jupiter.

Unterm Strich

Man stelle sich eine Kombination aus „Tribute von Panem“, „Der Marsianer“ und „Percy Jackson“ von Rick Riordan vor, dann bekommt eine annähernde Vorstellung von der Ausrichtung und dem Gehalt dieses Romans. Man braucht keinerlei wissenschaftliche Vorkenntnisse zum Verständnis der Geschichte, denn sie soll ja auch von zwölf- bis sechzehnjährigen Jugendlichen gelesen und verstanden werden.

Ich habe nur wenige Tage für das actionreich erzählte Buch gebraucht. Die Schrift ist unglaublich groß, die Kapitel meist kurz, die Handlung geht flott voran. Das heißt, sobald man erst einmal die 85 Seiten des ersten Teils überwunden hat. Das war für mich der schwerste Teil, denn die Handlung dreht sich hauptsächlich nur um die Roten und ihre Konflikte in Gegenwart und Vergangenheit. Das ist aber insofern wichtig, weil dies die Identität des Helden ist und ihm seine zu Unrecht getötete Frau Eo eine Vision für die Zukunft auf den Weg gegeben hat.

Sicher, die Ideen könnten innovativer sein, aber andererseits ließ sich der Autor eine Menge einfallen, um die Mars-Gesellschaft in 200 bis 300 Jahren detailliert zu schildern. Das ist nicht das übliche Post-Holocaust-Szenario, sondern ein Entwurf für die Zukunft der Menschheit auf dem nächsten Planeten. Merke: Wer auf dem Mars eine Utopie haben will, muss erst einmal hart dafür kämpfen. Unterhaltsam ist das für junge PANEM-Fans auf jeden Fall. Der Erfolg in USA gibt dem Autor Recht, was sein Konzept betrifft.

Taschehbuch: 576 Seiten
Info: Red Rising, 2014
Aus dem US-Englischen von Bernhard Kempen
www.heyne.de

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