Tony Parsons – Mit Zorn sie zu strafen

Tony Parsons war mir als Autor bereits durch sein wunderbares Buch „Erzähl mir nichts von Wundern“ bekannt, das ich vor einigen Jahren verschlungen habe. Schon damals war ich fasziniert von seinem Sprachtalent und seinen herzerwärmenden Formulierungen und Charakteren. Umso gespannter war ich nun auch auf seine neue Krimireihe um Max Wolfe, dessen zweiten Teil ich kürzlich gelesen habe.


Mord in der Silvesternacht

Das Buch beginnt damit, dass in der Silvesternacht eine gesamte Familie brutal abgeschlachtet wird. Wir erleben die Szene aus Sicht eines vierjährigen Jungen, der versucht, mit seiner Schwester zu fliehen. Aber dann gehen sie doch nochmal ins Haus zurück – ihr Unglück. Die Schwester stirbt, der Junge verschwindet.

Ermittler Max Wolfe weiß, dass nun der Wettlauf gegen die Zeit begonnen hat, denn je länger ein kleines Kind verschwunden ist, umso geringer sind die Chancen, es lebend wiederzufinden.

Bei den Ermittlungen geraten die Polizisten immer wieder in brenzlige Situationen, es gibt Tote, Verwundete und einen Ermittler, der querschnittsgelähmt einen Angriff überlebt. Und dennoch dreht sich die Polizei im Kreis und kann dem wahren Täter nicht näher kommen…

Schonungslos

Schon der Prolog lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Tony Parsons beschreibt den ganzen Schrecken mit vielen deutlichen Worten, die uns die Szene bildhaft vor Augen erscheinen lässt. Kein Detail lässt er aus, und sei es noch so schrecklich. Selten hat mich ein Buch von der ersten Seite dermaßen gepackt und auch schockiert wie dieses. Der Prolog ist dermaßen grauenhaft und detailliert beschrieben, dass Tony Parsons schnell deutlich macht, dass in seinem Buch nicht Friede, Freude, Eierkuchen herrschen wird.

Im Folgenden schont er auch seine Ermittler nicht. Es gibt Tote, schwer Verwundete und auch Ermittler Max Wolfe trägt einen Bauchschuss davon. Man fragt sich unweigerlich, wie erfahrene Polizisten mehr als einmal scheinbar unüberlegt in so gefährliche Situationen stolpern können. Aber möglicherweise ist dies erklärbar in Anbetracht der Tatsache, dass sie einen verschwundenen Jungen retten wollen.

Auch Max Wolfe muss leiden – körperlich und seelisch: Seine Exfrau hat die gemeinsame Tochter nahe abgeschrieben, denn sie ist mit einem neuen Kind hochschwanger. Als dieses auf die Welt kommt, muss Wolfe seine Tochter abholen und ihr später auch erklären, warum seine Ehe eigentlich gescheitert ist. Wolfe wird einem als Person dadurch sehr sympathisch und menschlich – wie ungewöhnlich, dass ein Mann mit einem so gefährlichen und anspruchsvollen Job nach der Trennung als alleinerziehender Vater zurückbleibt. Aber dies meistert er ganz prima. Man wünscht ihm, er möge in einem der nächsten Bände ein neues Glück finden.

Der Fall mäandert nach dem starken und aufrüttelnden Prolog erstmal etwas hin und her, weil Tony Parsons seine handelnden Figuren vorstellen muss, einige Dinge aus der Vergangenheit erklärt, Verdächtige ins Feld führt, Erklärungen gibt und damit Fragen aufwirft und zu Spekulationen animiert. Das Tempo lässt dadurch aber erst mal etwas nach und nimmt erst ab etwa der Hälfte des Buches wieder etwas Fahrt auf. Auffällig ist, dass man bis zur Hälfte des Buches eigentlich noch gar nicht weiß, auf welchen Täter es hinausläuft. Zwar präsentiert Parsons recht früh einen – aber das ist so offensichtlich, dass dem erfahrenen Krimileser natürlich klar ist, dass dies noch nicht der wahre Täter sein wird.

Ein einsamer Wolf(e)

Keine Frage, auch mit diesem Krimi hat Tony Parsons wieder sein Sprachtalent unter Beweis gestellt – hier aber in einer ganz anderen Weise als in dem gefühlvollen „Erzähl mir nichts von Wundern“. In seinem Krimi beweist er, dass er schonungslos offen sehr schreckliche Dinge beschreiben kann. Wer zartbesaitet ist, sollte besser nicht zu diesem Buch greifen, ansonsten ist der Krimi aber absolut empfehlenswert!

Taschenbuch: 320 Seiten
ISBN-13: 978-3404172825
www.luebbe.de

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