Wolfgang Wirth – …und ich will nicht gnädig sein!

Die Handlung:

Seit elf Jahren sitzt Nick in einem türkischen Gefängnis und Tag für Tag martern ihn die gleichen Fragen: Hat er tatsächlich den Mord begangen, für den er verurteilt wurde? Und warum haben ihn seine Freunde damals vor Gericht im Stich gelassen? Mit Hilfe zweier Gefangenen gelingt ihm die abenteuerliche Flucht quer durch Europa zurück ins Rhein-Main-Gebiet, wo er die Antworten auf seine Fragen suchen und sich gleichzeitig an seinen ehemaligen Freunden rächen will. Gleichzeitig wird aber auch er selbst zum Gejagten, nicht nur der Polizei.
Getrieben von blinder Wut erlebt Nick, wie Opfer zu Tätern, Täter zu Opfern und Zeugen zu Angeklagten werden. Nicht Jeder, der büßt, ist auch schuldig und nicht jeder Schuldige büßt, geschweige denn für seine wirklich begangenen Taten…

Ein spannungsgeladener Thriller um Rache und menschliche Abgründe vor aktuellen politischen und gesellschaftlichen Hintergründen wie Flüchtlingspolitik und Ausländerhass, den Gräueltaten des IS und der Situation in türkischen Gefängnissen, Blutrache, Missbrauchsskandale der katholischen Kirche und dem übertriebenen Schönheitswahn unserer Gesellschaft. (Verlagsinfo)

Inhalt und Eindrücke:

Der Alltag in einem türkischen Gefängnis ist hart – und zwar in Vielerlei Hinsicht. Nick sitzt dort bereits seit elf Jahren ein und hat seitdem nicht nur den streng geplanten Tagesablauf ohne jeglichen Komfort und voller Entbehrungen erlebt, sondern sich auch noch gegen Angriffe seiner Mithäftlinge verteidigen müssen. Als Schwächling würde er dort untergehen und so versucht er sich innerhalb der Mauern wenigstens körperlich fit zu halten.

Was war damals passiert?

Auf einer gemeinsamen Türkeireise mit einer Gruppe von Schulfreunden geriet er unter Mordverdacht. Nach einer durchzechten und feuchtfröhlichen Nacht soll er die Tochter eines Gastgebers ermordet haben, alle Indizien sprachen offenbar eindeutig gegen den jungen Urlauber aus Deutschland.

Das Problem: Nick kann sich an die Nacht nur noch schemenhaft erinnern. Trotz seines Filmrisses ist er aber sicher, dass er dem Mädchen keinen Schaden zugefügt hat. Warum nur konnte ihm dennoch niemand seiner Freunde damals helfen? Alle Aussagen führten letztendlich nur zu seiner Verurteilung, die ihn direkt in die Haft brachte.

Weder Brille, Benny, Django, Vicky, Psycho, Pole noch Jenny hatten sich offenbar bei der
Gerichtsverhandlung nennenswert für ihn eingesetzt. Ein bitteres Gefühl für Nick, von seiner Clique, die ihm bis dato alles bedeutete, dermaßen im Stich gelassen zu werden!

Als er in der Haft den Amerikaner Joe kennenlernt, gibt es endlich einen winzigen Hoffnungsschimmer, wie sie gemeinsam dieser scheinbar ausweglosen Gefangenschaft entrinnen könnten. Zusammen mit dem jungen Rumänen Matteo schmieden sie einen fast unglaublichen Plan, wie sie aus dem Gefängnis ausbrechen wollen.
Es beginnt eine abenteuerliche Flucht, bei der nicht alles so abläuft wie geplant. Mehr als einmal spielt ihnen allerdings das Schicksal auf nicht erwartete Weise in die Karten. Schließlich gelingt es so aber zumindest Nick und Joe das Gefängnis und sogar die Türkei in Richtung Deutschland zu verlassen. Nick hat eigentlich nur ein Ziel: Er fordert Vergeltung von seinen sogenannten Freunden von damals. Dafür, dass ihm vor elf Jahren keiner der Anderen wirklich geholfen hat und er unschuldig seine Lebenszeit im Gefängnis vergeuden musste. Doch zunächst gilt es, die früheren Freunde aufzuspüren.

Was wurde inzwischen aus Brille, Fetty und co.? Dank besonderer Fähigkeiten seines Fluchtkumpanen Joe kann Nick sich wenigstens einen schnellen Einblick in deren aktuelles Leben verschaffen. Schnell wird eines klar: Ungeachtet des Standes und Berufes scheint tatsächlich jede der Personen irgendwo selbst eine „Leiche im Keller“ zu haben und gemeinsam mit Joe schmiedet Nick einen ausgeklügelten Plan für seine Rache, niemand soll verschont bleiben. Wieder gibt es zwar unerwartete Unterstützung, aber auch mehr als einen Verfolger, mit denen keiner gerechnet hat.

Zwischen Prolog und Epilog präsentiert Autor Wolfgang Wirth diese abenteuerliche Geschichte in insgesamt 24 Kapiteln, die jeweils mit dem Datum überschrieben sind und in der dritten Person erzählt werden. Es gibt es eine Vielzahl von Handlungssträngen, deren Zusammenhänge dem Leser zunächst noch nicht einleuchten. Die Freunde der alten Clique um Nick, die sich hinter den unbedarften Spitznamen von damals verbergen, haben ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen, die sich zum Teil noch heute kreuzen.

Egal ob Automechaniker, Pfarrer oder gar Innenminister: dem Autor gelingt es, wirklich jedem seiner gut ausgearbeiteten Charaktere (nicht nur) eine dunkle Seite anzudichten. Überaus einfallsreich hat Wirth dabei viele tagesaktuelle Themen gleichzeitig mit in die Geschichte eingebaut und zu einem ausgeklügelten Plot verwoben.

Mein Fazit:

„…und ich will nicht gnädig sein“ – während ich mit dem Titel des Buches zunächst noch nicht viel anfangen konnte, gelang der Einstieg in die gut erzählte Geschichte, die ziemlich schnell sehr spannend wird, mühelos.

Zugegeben sind Teile der Story etwas unrealistisch und übertrieben. Es lohnt sich, besser nicht alles auf die berühmte Goldwaage zu legen, sondern stattdessen die Quintessenz des Thrillers wirken zu lassen. Nicht nur der Protagonist Nick, auch der Leser kommt nicht umhin, sich gedanklich mit großen Begriffen wie Schuld, Rache und Moral zu beschäftigen.

Die Tatsache, dass der Autor so vielen Themen gleichzeitig einen Raum gibt, ist zwar auf der einen Seite facettenreich und interessant. Auf der anderen Seite erscheinen einige der aufgegriffenen Aspekte irgendwie klischeebeladen und werden letztlich thematisch dafür zu kleinteilig behandelt.

Sehr gut gefallen haben mir hingegen sowohl die vielgestaltig konstruierten Charaktere als auch die genialen Verstrickungen, die Wirth sich hier ausgedacht hat. Gewürzt mit einer Prise (schwarzem) Humor ist der Thriller eine unterhaltsame Lektüre, die es durchaus mit anderen Romanen aufnehmen kann!

Taschenbuch: 348 Seiten
ISBN-13: 978-3746734637

www.wolfgangwirth.de.tl

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