Donzowa, Darja – Nichts wäscht weißer als der Tod

Sie ist reich, hat einen gutaussehenden Mann, ist kränklich und hat jede Menge Allergien. Sie ist eine graue Maus und mit sechsunddreißig nicht mehr im besten Alter. Die Protagonistin von Darja Donzowas Krimi „Nichts wäscht weißer als der Tod“ erinnert nicht umsonst an eine kleine verwöhnte Prinzessin, doch als sie erfährt, dass ihr Mann sie betrügt, beschließt Tanja, einen Schlussstrich zu ziehen.

Doch statt zu sterben, wird sie von der barmherzigen Schilddrüsenchirurgin Katja aufgesammelt, die in einer chaotischen Familie mit vielen Tieren lebt und ein großes Herz hat. Wenig später ist Tanja, die noch nie in ihrem behüteten Leben einen Putzlappen oder einen Kochlöffel in der Hand gehalten hat, die Haushälterin der Familie. Sie tritt natürlich von einem Fettnäpfchen ins andere. Sie vergisst die Hunde auszuführen, verkocht das Essen und kann nicht mit dem Geld umgehen.

Sie versagt auch beinahe, als Katja sie anruft und bittet, bei einem gewissen Kostja eine Dokumentenmappe zu holen und zu einem Treffpunkt zu bringen. Dort wartet Katja mit einem dicken Kriminellen auf sie, doch die Mappe enthält nicht die gewünschten Dokumente. Der dicke Kriminelle, der Katja entführt und mit Handschellen an sich gefesselt hat, setzt Tanja ein Ultimatum. Wenn sie in zwei Wochen die Dokumente nicht aufgetrieben hat, muss Katja sterben. Tanja springt über ihren Schatten und beginnt Nachforschungen anzustellen. Sie findet heraus, dass Kostja ermordet wurde, doch eine seiner Geliebten hat ihre Handtasche in seiner Wohnung vergessen. Hat sie den erfolglosen Schauspieler umgebracht? Tanja fragt sich von Haustür zu Haustür durch und immer wieder tauchen neue Namen auf – und Leichen …

Darja Donzowa schuf mit dem ersten Buch der Tanja-Reihe einen lockeren Alltagskrimi, der durch seine Bodenständigkeit, Spannung und Selbstironie gefällt.

Tanja, von Natur aus eher ängstlich, verzichtet auf übertriebene Actioneinlagen und begnügt sich damit, sich als Polizistin auszugeben und alle möglichen Leute, die mit der Entführung und dem Mord an Kostja in Zusammenhang stehen, zu befragen. Doch anstatt einen Verdächtigen zu finden, kommen immer mehr Leute dazu, die Tanja ihre Lebensgeschichte erzählen und irgendwie Dreck am Stecken haben, aber dann doch wieder nicht so viel, dass sie die Täter sein könnten.

Genau das ist der Knackpunkt der Geschichte. Ein paar Lebensgeschichten sind ja ganz lustig und bringen frischen Wind in den Roman. Wenn jedoch alle zehn Seiten eine neue Geschichte erzählt wird, zieht es das Buch unnötig in die Länge, und Längen bedeuten Spannungsverlust. „Nichts wäscht weißer als der Tod“ beginnt spannend, lässt dann aber nach. Gegen Ende scheint der Fall gelöst, doch aufgrund widriger Umstände entkommt der Täter erneut und Tanja muss nach ihm suchen. Dieses doppelte Ende quetscht dem Roman das letzte bisschen Luft aus den Lungen, das er noch hatte.

Dass man das Buch trotzdem nicht aus der Hand legt, ist Schuld der sympathischen Protagonistin Tanja. Sie ist eine ganz normale Frau, deren Leben lange fremdbestimmt war, doch nun nimmt sie alles selbst in die Hand. Am Anfang hat sie dabei sehr zu kämpfen, doch es ist sehr interessant, wie sie lernt, all die kleinen Angelegenheiten des Alltags zu meistern. Die junge Dame hat beileibe keine Superkräfte, aber ihre Standhaftigkeit und Frechheit helfen ihr, ihren Weg zu verfolgen. Der Weg, der sie von einem kleinen Mädchen zu einer erwachsenen Frau reifen lässt.

Donzowa stattet ihre Protagonistin mit einem sicheren Auge fürs Detail mit authentischen Charakterzügen und einer interessanten Geschichte aus. Einer der prägnantesten Charakterzüge der jungen Russin ist ihre Selbstironie, die sich vor allem in dem Ich-Schreibstil niederschlägt. Immer wieder hat sie ein Witzchen auf den Lippen und redet von sich nicht gerade besonders ernsthaft. Dadurch macht es sehr viel Spaß, ihrem Leben zu folgen.

Auch die meisten anderen Charaktere nehmen sich nicht sonderlich ernst. Besonders die Familie um Katja, bestehend aus dem erwachsenen Sohn Serjosha, seiner Freundin Julia und dem zehnjährigen Kira sowie der gefürchteten (Ex-)Schwiegermutter Viktoria im weiteren Verlauf, weiß immer wieder zu entzücken. Im Haus geht es sehr chaotisch, aber immer liebenswert zu und es ist kein Wunder, dass sich Tanja sofort dort wohlfühlt.

Wohlfühlcharakter hat auch Donzowas Schreibstil. Wenn eine so quirlige, humorvolle Protagonistin in der Ich-Perspektive aus ihrem Leben erzählt, kann es ja nur gut werden. Ohne übertriebenen Ballast, dafür aber mit Witz und treffenden Beschreibungen tänzeln die Wörter durch das Buch, dessen Aufbau nicht immer Spannung garantiert. Unterhaltung ist auf jeden Fall geboten, denn Donzowas Schreibstil ist unverwechselbar leichtfüßig.

„Nichts wäscht weißer als der Tod“ ist noch nicht der große Wurf, aber Darja Donzowas sympathische Protagonistin und ihr lässiger Schreibstil zeigen, wo es lang geht. Und nicht umsonst wurde die Reihe um Tanja mit [„Spiele niemals mit dem Tod“ 3391 fortgesetzt.

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