Licia Troisi – Das Siegel des Todes (Die Schattenkämpferin 2)

Die Schattenkämpferin-Trilogie:

Band 1: „Das Erbe der Drachen“
Band 2: „Das Siegel des Todes“
Band 3: „Der Fluch der Assassinen“

Story:

Nach ihrer Flucht aus dem Verlies der Gilde reisen der Magier Lonerin und die von einem bösartigen Fluch gezeichnete Dubhe über die Grenzen der Aufgetauchten Welt, um den verschollenen und schon für tot erklärten Magier Sennar aufzuspüren. Der Gatte der legendären Drachenkämpferin Nihal soll einerseits dabei unterstützen, die finsteren Pläne des tyrannischen Königs Dohor zu durchkreuzen, andererseits aber auch das Siegel brechen, welches Dubhe von Zeit zu Zeit in eine Bestie verwandelt und sie in einen unkontrollierten Blutrausch treibt. Doch die Reise des ungleichen Duos ist nicht nur von den natürlichen Hindernissen der fremden Welt beeinträchtigt; auch die Ausgesandten der Assassinen sind stets im Nacken der Flüchtigen und wollen Dubhe, ihr Wissen und ihr Geheimnis vor dem Rat schützen. Unter der Führung der kompromisslosen Rekla reist ein ausgewählter Trupp der Meuchelmörder hinter Lonerin und Dubhe – und bringt das Duo immer näher an den Rand des Todes.

Zur gleichen Zeit hat sich General Ido aufgemacht, um seinem alten Gefährten Sennar seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen. Der Magier musste seinen Sohn Tarik ziehen lassen, nachdem er sich mit ihm überworfen hatte, und hat seit mehr als 20 Jahren nichts mehr von ihm gehört. Selbst der Gnom Ido kann nicht sicher sagen, ob Sennar überhaupt noch lebt bzw. ob sein Sohn, der von Dohor vor allem deswegen gesucht wird, da er als letzter Halbelf die Reinkarnation des einstigen Tyrannen Asters verkörpern soll, in der Aufgetauchten Welt untergekommen ist. Ido gelingt es Tarik aufzuspüren – doch die Umstände des einmaligen Treffens erschüttern selbst den kampferprobten General zutiefst …

Persönlicher Eindruck:

Bereits im ersten Band von „Die Schattenkämpferin“ deutete sich an, dass Licia Troisi als Autorin merklich gewachsen ist. Mit ihrer ersten Trilogie aus der Aufgetauchten Welt erprobte sich die italienische Fantasy-Liebhaberin an der Materie, konnte jedoch erst im FInale ihrer Serie eine entsprechende Tiefe herbeiwirken. Mit dem Nachfolge-Dreier, der nun einige Jahre nach jenem Debütwerk angesiedelt ist, gibt Troisi eine Kür-Vorstellung vom Feinsten ab – und das gilt auch für die zweite Episode des ungleich düstereren „Die Schattenkämpferin“:

„Das Siegel des Todes“ beginnt allerdings zunächst sehr verhalten; die Autorin greift die entscheidenden Momente aus dem Vorgängerwerk noch einmal kurz auf, macht den Leser noch einmal behutsam mit den Charakteren vertraut und führt nach einer längeren Pause wieder schrittweise an den Plot heran. Das hat sicherlich für das Generalverständnis Vorteile, hemmt jedoch trotzdem ein wenig das Tempo, da man sich für den ersten Moment wieder mit dem bereits Dagewesenen auseinandersetzen muss und die Geschichte nicht sofort weiterwachsen kann. Sobald Lonerin und Dubhe jedoch wieder in der Gegenwart aufgefangen werden, forciert Troisi die Geschwindigkeit und versetzt das zwischenzeitliche Zweckbündnis in eine sehr actionreiche Fantasy-Story mit allem, was eigentlich dazugehört. Eigenartige Wesen säumen die neue Welt, alte Gefährten streifen umher, der Kampf zwischen der Gilde und den beiden ausgebüchsten Flüchtlingen erreicht mehrere Höhepunkte, und auch die zahlreichen Nebengeräusche sind leidenschaftlich inszeniert und mit viel Liebe zum Detail ausgestattet.

Erneut beschäftigt sich die Autorin dabei sehr intensiv mit ihren Figuren, gibt einen tiefen Einblick in ihr individuelles Seelenleben und macht ihren Background noch transparenter als dieser ohnehin schon war. Außerdem beschäftigt man sich diesmal nicht ausschließlich mit Dubhe, sondern geht auch näher auf ihren Gefährtin Lonerin sowie die dunkle Vergangenheit ihrer Häscherin Rekla ein – alles Puzzlestücke, die einerseits zum besseren Verständnis beitragen, andererseits aber auch noch mehr Tiefe für die Handlung erzielen. Und genau das steht manchmal im starken Kontrast zu der gelegentlich auch blutigen Action, sei es nun in den Phasen, in denen Dubhe sich mit der Bestie auseinandersetzen muss, oder wenn Lonerin sich eingesteht, dass die Gefühle für seine Begleiterin doch stärker sind, als dieser sich dies vorerst eingestehen will.

Dem entgegen muss man leider beanstanden, dass „Das Siegel des Todes“ mit der Zeit relativ berechenbar wird. Zwar opfert Licia Troisi – soviel sei vorweggenommen – bereitwillig tragenden Säulen ihres Handlungskonstrukts, doch inwieweit die Fragen nach Sennar, dem Fortbestand des angeschlagenen Ido oder die Erfolgsgeschichte der Schattenkämpferin selber einen negativen Beigeschmack, sprich ein unschönes Ende, bekommen könnten, kann sich jeder Leser sehr schnell an fünf Fingern abzählen. In Sachen Spannung kämpft die zweite Episode von „Die Schattenkämpferin“ also mit leichten Einschnitten, die im Hinblick auf die wirklich wunderschöne Aufbereitung und die herrliche Erzählsprache der jungen Italienerin (hier sei auch die Übersetzung in hohen Tönen gelobt) jedoch schnell wieder kompensiert werden. Lediglich am Ende flacht das Tempo zu sehr ab, wobei der Übergang zum Finale sicherlich auch eine Reduzierung der Erzählgeschwindigkeit verlangt. Doch auch hier gilt: Zwei Gänge herunterschalten, dafür aber noch mehr Liebe in die Charaktere stecken!

Letzten Endes ist „Das Siegel des Todes“ vielleicht nicht mehr ganz so überraschend stark, wie der orkanartig inszenierte Vorgänger; doch an seiner grundlegenden Schönheit hat die Trilogie mit diesem zweiten Band absolut nicht eingebüßt. Im Gegenteil: Dadurch dass nun noch einige zusätzliche Leitfiguren die Handlung stützen, scheint bereits vorab ein packender Schlagabtausch im feinsten Fantasy-Format garantiert, wenn man seinen Blick nach vorne, und damit auf die letzte Folge von „Die Schattenkämpferin“ richtet. Und mehr kann man von einem Mittelteil einer solchen Trilogie auch eigentlich nicht fordern!

Taschenbuch: 480 Seiten
Originaltitel: Le Guerre del Mondo Emerso – Le Due Guerriere
ISBN-13: 978-3453533424
www.heyne.de