Malory, Thomas / Schalk, Gustav / Hackenberg, Stefan / Neuhaus, Volker – König Artus\‘ Tafelrunde: Parzival

_Tragikomisch: „Du sollst gerochen werden!“_

Obwohl Parzival abseits der königlichen Höfe aufgewachsen ist, kann seine Mutter nicht verhindern, dass es ihn an den Hof von König Artus zieht. Gekleidet wie ein Narr, macht er sich auf den Weg und beschwört durch sein unbedachtes Verhalten Unglück und Tod herauf …

_Der Autor_

Sir Thomas Malory wurde vielleicht 1416 geboren und starb eventuell 1471, aber beide Daten sind unsicher. Auch ist nicht völlig gesichert, ob es sich bei ihm um Sir Thomas Malory of Newbold Revel in der englischen Grafschaft Warwickshire handelt. Sein berühmtestes Werk, welches er im Gefängnis vor 1471 geschrieben haben muss, ist das Epos „Le morte d’Arthur“. Es wurde erst 1485 gesammelt und vom berühmten Buchdrucker William Caxton, dem Herausgeber der King-James-Bibel, veröffentlicht.

Malory stützte sich in seiner Darstellung der Artuslegende auf die Geschichten des Vulgata-Zyklus aus dem 13. Jahrhundert, auf das mittelenglische Gedicht „Morte Arthure“, auf das französische „Perlesvaus“ (= Parzival) und das englischen Strophengedicht „Le morte Arthur“ aus dem 15. Jahrhundert. Bemerkenswert ist in dieser Aufzählung von Quellen das Fehlen von Chretien des Troyes‘ arthurischen Werken. Chretien vollendete sein Epos „Perceval, ou Le conte de Graal“ aus dem Jahr 1182 nicht. Der Percival- oder Perceval-Stoff wurde im Königreich Burgund Anfang des 13. Jahrhunderts und von Wolfram von Eschenbach weiterentwickelt (1200-1210). Eschenbachs Version lieferte die Vorlage für Richard Wagners Oper „Parsifal“ (1882).

In der Fantasyliteratur diente die Story vom weltfremden Bauernjungen, der es zum Ritter und transzendenten König bringt, vielfach als Vorlage, so etwa in Lloyd Alexanders [TARAN-Zyklus 2850 und in David Eddings „Belgariad“ und deren Fortsetzungen. Dies bietet sich an, weil es im walisisch-keltischen Epenzyklus „Mabinogion“ eine Story namens „Peredur“ gibt, die sich auf die gleiche keltische Quelle wie Chretien de Troyes bezog. Hier wie dort kommt stets der Fischerkönig vor, der erlöst werden muss und sich als Jesusgestalt verstehen lässt.

Über Gustav Schalk, der offenbar der Bearbeiter der Malory-Version ist: Lehrer, Schriftsteller („Dr. Biedermann und sein Zögling“, Roman, 1886; „Stacheldrahtzäune“, Roman, 1910; „Parzival“, 1914).“

Immerhin: Die ersten Zeilen stammen aus dem Mittelhochdeutschen und sind höchstwahrscheinlich Wolfram von Eschenbachs Epos entnommen.

_Der Sprecher_

Thomas Friebe wirkt als Sprecher seit vielen Jahren an Produktionen für Hörfunk, TV und Werbung mit. Seine Stimme kennt man laut Verlag aus den Programmen der großen privaten und öffentlich-rechtlichen Sender. Er arbeitet zudem als Synchronsprecher und war an zahlreichen Hörspiel- und Hörbuchproduktionen beteiligt. (Verlagsinfo)

Regie führte bei dieser Hörbuchproduktion Stefan Hackenberg.

_Handlung_

Es war einst ein Ritter namens Gamuret, der heiratete in Bagdad eine Mohrin, die gebar ihm einen Sohn namens Feirefiz. Das heißt so viel wie „bunter Sohn“. Rastlos ritt Gamuret jedoch wieder in die Lande, gewann ein Turnier und begehrte die Prinzessin Herzeleide zur Frau. Doch als ihn der Kalif von Bagdad zum Dienst rief, folgte er dem Ruf, die Frau zurücklassend. Er fiel und sah Herzeleides schönen Sohn Parzival niemals. Herzeleide entschied, dass Parzival fern der Welt im Wald Saltane aufwachsen solle.

Parzival wird ein guter Jäger und Bogenschütze. Angesichts einen geschossenen Singvogels trauert er und geht zu seiner Mutter. Sie erzählt ihm von einem mächtigen Mann namens Gott und dessen Widersacher namens Teufel, der ein Verderber der Menschen sei. Parzival nimmt sich dies, wie alles, was seine Mutter sagt, zu Herzen. Als dann vier Ritter in den einsamen Wald kommen, staunt der Prinz sie an: Bestimmt sind sie der liebe Gott und seine Diener, oder? Er wirft sich in den Sand und bittet um Gottes Segen. Der aber sagt, er sei nur ein Ritter. Da will auch Parzival ein Ritter werden. Der Ritter fordert ihn auf, zu König Artus zu kommen.

Trotz der entsetzten Proteste seiner Mutter, die ihn nicht wie seinen Vater verlieren möchte, will sich Parzival auf den Weg zu Artus machen. Doch listig macht sie ihm eine Rüstung, die wie ein Narrenkleid aussieht. Als Pferd bekommt er einen alten Klepper und als Helm eine Schellenkappe. Zum Abschied gibt sie ihm eine Menge guter Ratschläge mit auf den Weg, bevor sie an gebrochenem Herzen stirbt.

|Parzivals Weg zu König Artus|

In einem Lager von Zelten stößt er auf eine schöne Schlafende, die er ohne zu zögern küsst. Schließlich gehört dies zu den mütterlichen Ratschlägen, oder nicht? Die Dame erschrickt zwar, doch seine kindliche Art beschwichtigt sie. Er nimmt ihren Ring entgegen, obwohl sie droht, ihr Gatte werde ihn erschlagen. Als Parzival fort ist, kehrt Herzog Orilus zurück und bemerkt, dass seiner Braut der Ring fehlt. Er nennt ihre Entschuldigungen Lügen. Unterdessen gelangt Parzival mit der Hilfe eines Fischers, den er mit einer goldenen Spange bezahlt, nach Nantes, wo König Artus Hof hält.

Doch als er sich der Städt nähert, reitet der rotgekleidete Ritter Yter von Gahefis heran, der Artus beraubt hat. Er schickt den närrischen Parzival als seinen Boten in die Stadt, um Artus herauszufordern. Da Parzival den König offensichtlich nicht kennt, übergibt er Yters Botschaft einem Ritter, der sich als Artus ausgibt. Parzival will jedoch unbedingt Ritter werden und bietet Artus an, für ihn in den Kampf zu reiten. Artus‘ Seneschall Kai rät, dieses Angebot anzunehmen. Und wenn Parzival siegen sollte – was er für ziemlich unwahrscheinlich hält -, dann gehöre Yters Rüstung natürlich Parzival und er werde Ritter.

Wir wissen ja schon, dass Parzival ein guter Jäger ist. Er wirft seinen verlässlichen Speer und streckt Yter damit nieder. Mit der Hilfe des Knappen Iwanet gelingt es ihm, Yters Rüstung diesem aus- und sich anzuziehen. Über dem Narrenkleid. Fortan reitet er als Roter Ritter durch die Lande.

|Parzival bei Gurnemanz|

Als ersten Mann lernt er Gurnemanz von Graharz kennen, der zu seinem Lehrmeister wird. Als Parzival beim Gastmahl erzählt, erkennt der Kreis, dass diesem jungen Springinsfeld offenbar die inneren Werte eines Ritters fehlen, von Weisheit ganz zu schweigen. Zu den Tugenden zählen unter anderem Keuschheit, Sittsamkeit und Unschuld. Gewarnt sei er vor diversen Lastern, und er solle seine Ehre über sein Leben stellen. Als König solle er Milde und Gerechtigkeit üben. Zum Schluss gibt Gurnemanz dem frischgebackenen Ritter aber einen verhängnisvolle Rat: Frage nicht so viel! Auch dies nimmt sich Parzival zu Herzen und übt sich ansonsten in Kampf- und Minnedisziplinen. Hierbei lehrt ihn Gurnemanz‘ Tochter Liatza, die sich in den blonden, blauäugigen Jüngling verliebt, doch der merkt leider rein gar nichts von ihrer Liebesglut.

|Parzival bei Königin Condwiramur|

Bei Abschied erzählt ihm Gurnemanz von seinen drei Söhnen, die alle im Kampf gefallen seien, und von seiner Nichte, Königin Condwiramur von Brobarz, die in der Stadt Belriga seit Jahr und Tag belagert werde. Ohne Schwierigkeiten reitet Parzival in die Stadt ein, wo die Menschen bereits hungern, und betritt die Burg, wo er die Königin wunderschön findet und sich auf der Stelle in sie verliebt. Er überbringt Gurnemanz‘ Grüße und lernt Condwiramurs Onkel kennen, darunter Kiot. Dann fordert er den Feind heraus, besiegt den Seneschall Kungrun des feindlichen Königs Chlamides.

Doch nach einer Atempause, während der Parzival die Königin heiratet, beginnt Chalmides die Belagerung Belrigas erneut. Nach einigem Hin und Her fordert Chlamides Parzival zum Zweikampf heraus, den Parzival selbstredend gewinnt. Doch er verschont Chlamides‘ Leben unter der Bedingung, dass er sich in den Dienst einer Dame namens Kunevara in Nantes stelle. Chlamides wird dort Ritter, sehr zum Ärger von Seneschall Kai, der von den Heldentaten dieses närrischen Roten Ritters nicht sonderlich angetan ist.

|Parzival auf der Gralsburg, 1. Durchgang|

Damit er seine Mutter wiedersehen kann, verabschiedet sich Parzival von seiner Frau, die darob betrübt ist. Im Abendlicht erreicht der Rote Ritter müde einen See, wo er auf einen seltsamen Fischer stößt. Der Mann sieht verhärmt aus, trägt aber edle Kleider. Er schickt den Ritter zur Burg Montsalvasch von König Titurel, die unter dem Befehl des Ritters Amfortas steht. Als Parzival deren Tore erreicht, bewundert er den riesigen Karfunkel, der rot auf der höchste Turmspitze funkelt. Indem er sich auf den Fischer beruft, wird Parzival willkommen geheißen und bewirtet. In einem Saal voller Pracht sitzt zu seinem Erstaunen der Fischer selbst auf dem Thron. Doch der Mann sagt nichts und Parzival fragt eingedenk Gurnemanz‘ verhängnisvollem Rat „Frag nicht so viel!“ ebenfalls nichts.

Auch als ein Diener eine blutige Lanze bringt, entlockt dies Parzival noch keine Frage. Schließlich erscheinen auch noch Jungfrauen, die alle etwas hereintragen, die schönste von ihnen trägt eine hell strahlende Schale. Obwohl die Jungfer Parzival erwartungsvoll anschaut, macht er immer noch nicht den Mund auf. Amfortas seufzt auf seinem Thron, die Jungfern treten ab, die Ritter sind betrübt, doch Parzival sieht ein bedeutsames Bild: einen Greis mit tiefem Frieden im Gesicht. Was mag es nur bedeuten? Am Schluss bringt ein Knappe ein schönes Schwert als Geschenk des Königs.

|Der Fluch|

Am nächsten Morgen ist die Burg wie ausgestorben, und Parzival reitet mit vielen ungestellten Fragen von dannen, doch nachdem sich das Tor hinter ihm geschlossen hat, hört er eine Stimme: „Tor! Stein statt Herz! Parzival wird’s büßen!“ Der solchermaßen Verfluchte gelangt in den schönen Wald Plinizol, wo König Artus gerade sein Jagdlager aufgeschlagen hat. Schnee fällt, viel Schnee. Doch in seiner Umnachtung bemerkt Parzival nichts davon. Erst als Artus‘ Jagdfalke eine Gans im Fluge schlägt und drei Blutstropfen in den Schnee fallen, stoppt Parzival wie hypnotisiert, denn er erinnert sich an seine Königin. Condwiramur wartet auf ihn.

Da man in Artus‘ Lager den seltsam träumenden Ritter bemerkt hat, reitet Ritter Segramors mit des Königs Erlaubnis zu ihm, um ihn herauszufordern. Segramors zu besiegen, ist für Parzival ein Kinderspiel, und Seneschall Kai sorgt für den Spott. Aber als er selbst den Roten Ritter aufs Korn nimmt, wird er schwer verletzt. Da ahnt Ritter Gawan, wer der Rote Ritter wohl sein könnte: Parzival! Als Gawan die Blutstropfen bedeckt, erwacht Parzival aus seiner Trance und wird in Artus‘ Lager gebracht. Lady Kunevare dankt ihrem Gönner und berichtet, dass sie König Clamides heiraten wolle.

|Cundrie|

Da reitet auf einem Maultier eine hässliche Alte ins Lager. „Wehe!“ krächzt sie, „Parzival ist verflucht!“ Cundrie, die Gralsbotin, zeigt auf ihn. „Du bist der Mann!“ Nachdem sie erklärt hat, worin seine Schuld gegenüber dem Gralskönig besteht, setzt sie hinzu, dass seine Mutter Herzeleide gestorben sei. Vor Gram weint Parzival bitterlich. Cundrie gebietet ihm, Buße zu tun, doch Parzival fragt in aller Unschuld erneut, worin seine Schuld bestehe. Cundrie bezichtigt ihn, mit Gott rechten zu wollen und ermahnt ihn erneut zu Buße, bevor sie davonreitet. Parzival irrt im Land umher, bis er Reue verspürt. Dann macht er sich erneut auf den Weg zum Gral, doch wie ihn finden?

|Parzival vor der Gralsburg, 2. Durchgang|

In einem verschneiten Wald an einem Karfreitag stößt der Rote Ritter auf einen Zug Pilger, einen Ritter und dessen Familie. Als Parzival nach der Gralsburg fragt, schickt der Ritter nach seinem Seelenarzt Trefrazent, der Parzival vermessen nennt. Als Parzival ihm von seinem schweren Los erzählt, berichtet ihm Trefrazent von seinem eigenen Abstieg im Leben. Nebenbei erwähnt er, dass dieser Wald schon zur Gralsburg gehöre. Er, Trefrazent, sei der Bruder von Parzivals Mutter Herzeleide, und auch der König Amfortas sei sein Onkel. Ach, was Parzival diesem nur angetan habe, als er ihn nicht von seinem Leid erlöste, das ihm ein heiliger Speer durch eine Wunde zufügte! Wie konnte er nur Amfortas‘ Leid so missachten? Parzivals Zeit der Prüfung sei noch nicht vorüber, und er werde noch viele Menschen erlösen müssen, bevor er Frieden finden könne.

|Feirefiz|

Geläutert verlässt Parzival Trefrazent und stößt zu König Artus, der ihn in seine Tafelrunde aufnimmt. Am Meer begegnet Parzival einem glanzvollen Ritter, der sofort angreift. Lanzen brechen, Schwerter klirren, doch die Kämpfer sind einander gleich an Kraft und Geschick, doch Parzivals Schwert bricht entzwei. Der Fremde gewährt Gnade und erzählt, er komme aus dem Orient, bewundere aber die Ritter der Franken. Er nennt sich Feirefiz von Anjou. Aber auch Aprzival beansprucht den Titel von Anjou, also müsse Feirefiz wohl sein Bruder sein. Als dieser endlich seinen Helm abnimmt, um sein Gesicht zu enthüllen, entdeckt Parzival, dass es schwarz und weiß gefleckt ist. Wahrhaftig, sein Halbbruder! Sie geloben einander Freundschaft.

Von Ritter Gamuret, ihrem gemeinsamen Vater, gibt es leider keine endgültige Nachricht. Doch als sie in Artus‘ Lager zurückgekehrt sind, wartet dort schon die Gralsbotin Cundrie auf Parzival: „Heil dir! Der Fluch ist von dir genommen. Dein Herz ist geläutert, die Schuld getilgt. Der Gral ruft dich, damit du sein Hüter und der König der Burg seiest.“ Dort werde er an Condwiramurs Seite mit seinen zwei Söhnen, darunter Lohengrin, herrschen. Feirefiz darf auf die dritte Fahrt zur Gralsburg mit.

|Parzival in der Gralsburg, 3. Durchgang|

Die Botin führt die zwei Ritter zur Burg, wo die Tempelritter sie begrüßen und hineingeleiten. Amfortas wartet auf seinem Thron. Als die Jungfrauen erneut in den Saal hereinschreiten, bringt die Schönste, Reponse de Joie, die Schale des Grals selbst. Da stellt Parzival endlich die ersehnte Frage an Amfortas: „Was fehlt dir?“ Amfortas seufzt auf und ist geheilt. Als er Parzival als einen Nachfolger einsetzt, leistet ihm der frischgebackene Gralsritter den Treueschwur.

|Wiedersehen|

Vor der Burg wartet schon Königin Condwiramur mit ihren Söhnen auf Parzivals Ankunft. Als Parzival zu ihrem Lager reitet, das ihr Onkel Kiot bewacht, stellt sich Parzival vor und wird hineingeleitet. Im Zelt sieht er drei rosige Gesichter der Schlafenden, die ihn an die drei Blutstropfen im Schnee gemahnen. Condwiramur erwacht und begrüßt ihren Gemahl mit Freude. Sie stellt ihn seinen Söhnen vor: Kardeis ist der ältere und soll über das Königreich Brobarz herrschen, doch Parzival bestimmt Lohengrin zu seinem Nachfolger auf der Gralsburg. Kiot soll Kardeis‘ Seneschall sein.

|Bekehrung|

Feirefiz begrüßt die Neuankömmlinge ebenfalls und schließt sich dem Fest auf der Burg an. Doch woher kommen all diese Speisen, fragt er. Vom Gral, antwortet Amfortas. Aber ich kann ihn nicht sehen, antwortet Feirefiz. Kein Wunder, denn Feirefiz ist ja schließlich ein Heide. Wie kann ich ein Christ werden, fragt Feirefiz. Na, so wie Reponse könne er sich taufen lassen, lautet die Antwort. Er lernt wie Reponse, ein guter Christ zu sein, lässt sich taufen. Endlich sieht auch er den Gral. Er freit um Reponse und nimmt sie nach ihrer Einwilligung zur Frau.

Nach der Hochzeit kehrt Feirefiz mit Reponse de Joie in seine Heimat zurück. Condwiramur wird auf der Gralsburg ihre Nachfolgerin. Eines Tages will auch der alte Greis Titurel Abschied von der Burg nehmen und sagt zu Amfortas‘ Nachfolger: „Gottes Segen auf dein und deiner Frau Haupt und für eure Herrschaft.“ Dann stirbt Titurel. Der Gralsritter Lohengrin, Parzivals Sohn, lässt sich als König am Rhein nieder und führt in seinem Wappen einen Schwan als Sinnbild.

_Zur Gralsgeschichte_

Das zentrale Motiv, um das es in der Story Parzivals geht, ist der Gral und die Zeremonie, in der er präsentiert wird. Denn Parzival lädt ja den Fluch auf sich, indem er es unterlässt, nach Sinn und Grund dieser Zeremonie zu fragen und so den siechen Fischerkönig Amfortas, den Gralshüter, zu erlösen.

Laut der „Encyclopedia of Fantasy“ bezeichnete das Wort „grail“ oder „graal“ in Altfranzösisch ein Serviertablett bei einem Diner. Chretien de Troyes übernahm diesen Begriff unverfälscht, begründet aber die Zeremonie nicht. Was hat es beispielsweise mit dem blutigen Speer und dem Schwert auf sich? Chretien verknüpft den Gral auch nicht mit Christus, sondern stützte sich vermutlich auf eine keltische Erzählung über Fruchtbarkeitsriten. Dort ist die blutende Lanze als phallisches Symbol für den Lebensspender bekannt und der Kessel Ceridwens als der Schoß, aus dem Leben entspringt.

In der keltische Artuslegende „Preiddeu Annwfyn“ aus dem Jahr 900 stehlen Artus und seine Mannen einen Kessel der Fülle aus der irischen Unterwelt Annwn. Dieser Kessel der Fülle, auch als Kessel der Wiedergeburt bezeichnet, war in der keltischen Mythologie einer der vier magischen Gegenstände der Macht und im Besitz der Göttin Ceridwen. Er stand für Wohlstand, Frieden und vor allem für Fruchtbarkeit, die angesichts der Plagen Mitte des 6. Jahrhunderts in England keineswegs selbstverständlich waren. Die anderen Objekte der Macht waren das Schwert Fragarach der Verteidiger, der Stein des Schicksals und der Speer des Lichtgottes Lugh. (Hier taucht der Speer wieder auf.)

All dies änderte sich, als der Burgunder Richard de Boron ca. 1212 den Gral mit Christus verknüpfte. Sein Gral-Epos „Joseph d’Arimathie“ (ca. 1200) scheint allerdings verschollen zu sein. Bei Boron ist der Gral jener KELCH, aus dem Jesus beim Letzten Abendmahl trank. Mehr noch: Der Kelch enthielt das Blut Christi, vielleicht weil darin Jesu Blut bei der Kreuzigung aufgefangen wurde. Daher auch Sangreal, Sangrail und Sangraal: heiliger Gral. Der Kelch steht als Symbol für das Leben, aber während der Zeit der Kreuzzüge auch als Symbol für ewiges Leben. Boron schrieb also christliche Propaganda.

Der anonyme Autor von „Perlesvaus“ gab dem Gral im frühen 13. Jahrhundert die Macht der Verjüngung. Im Vulgata-Zyklus der Artuslegende wurde aus dem einstigen Tablett endgültig ein Kelch. Sir Thomas Malory (s. o.) formulierte in „Le morte d’Arthur“ (1485) die einflussreichste Version der Gralslegende.

Artus‘ Königreich ist im Niedergang begriffen, denn Seuchen und Verfall greifen um sich. Manche sagen, dass der Grund darin lag, dass Sir Balin beim Töten von Sir Pelham die Lanze des Longinus verwendete, die eigentlich für das Spenden von Leben steht. Die Seuche erzeugt ein Ödland, und dessen Symbol ist der sieche Fischerkönig, der in der Gralsburg lebt. Artus betet um ein Zeichen, und in Camelot erhalten er und seine Ritter eine Vision des Heiligen Grals. Die Ritter machen sich auf, um den Gral zu finden und zu verstehen, nicht ihn zu besitzen.

Weder Sir Gawain noch Lancelot sind erfolgreich, da beide unrein sind (Lancelot treibt es ja mit Guinevere). In manchen Versionen sind Bors und Perceval (Parzival) erfolgreich, bei Sir Thomas Malory aber nur Sir Galahad. Was uns die Frage stellen lässt, wieso die vorgelesene Version die von Malory sein soll und nicht die von Eschenbach. Tatsächlich wird Malorys Name an keiner Stelle auf dem Hörbuch erwähnt!

Wie auch immer: Sir Galahad macht alles richtig: Er löst das Rätsel des Grals, verhilft dem Fischerkönig zur Genesung und bringt auf diese Weise dem Land wieder Wohlstand und Gesundheit zurück. Dadurch wurde die Gralsqueste ein Symbol für ein persönliches Leben, in dem der Lebende nach Vollendung strebt statt sich körperlich auf eine Reise zu begeben. Die Vollendung kann vielerlei Gestalt annehmen, so etwa moralisch, sittlich, ethisch, erotisch, besonders häufig aber in spiritueller Hinsicht. In der Literatur befindet sich der Protagonist häufig auf der Suche nach einem heiligen Gegenstand. Womit wir wieder bei den alten keltischen Objekten der Macht wären.

_Mein Eindruck_

Wie oben aus meinen Zwischenüberschriften zu ersehen, ist die ziemlich lange Geschichte Parzivals in etliche Abschnitte aufgeteilt und erreicht in diesen Stationen praktisch alle Standards, die wir heute von Fantasyabenteuern gewöhnt sind, in denen junge Männer oder Frauen sich so lange entwickeln, bis sie ihre volle Macht erreicht haben. Natürlich bleiben Rückschläge nicht aus, aber diese dienen einem Lernprozess, um eine höhere Ebene der Erkenntnis der Welt zu erreichen. So ergeht es ja Frodo und Sam bzw. Aragorn nicht anders.

So vertraut uns heute die Story anmutet, so fremd ist für uns allerdings die Sprache, in der sie präsentiert wird. In meinem Handlungsabriss habe ich die Alterümlichkeit der Formulierungen schon etwas anklingen lassen, aber im Original klingen sie noch um einiges seltsamer. Wenigstens ist es kein Mittelhochdeutsch, das uns Herr Schalk auftischt, aber eine Phrase wie „Du sollst gerochen werden!“ ist unfreiwillig komisch. Heute benutzen wir „gerochen“ für das Verb „riechen“ statt für „rächen“, wie der Autor es versteht. Das Partizip von „rächen“ lautet heute „gerächt“.

Ein weiterer V-Effekt tritt im Erscheinen eines veralteten Phänomens ein, das als „Minne“ bezeichnet wird. Die Minne ist die höfische Form der Liebe. Will heißen, ein Ritter bekundet zwar seine Liebe (ob er wirklich verliebt ist, steht auf einem anderen Blatt) zu einer edlen Dame (und nur zu einer solchen), die seiner Ehre und Minne würdig ist. Diese Dame wiederum wartet eine gewisse Zeit der Schicklichkeit, bis sie dem Ritter huldvoll ihre Gunst erweist – oder auch nicht. In Ritterfilmen wirft die entsprechende Dame ihr Handtüchlein dem Ritter zu Füßen, welches es selbstredend aufzuheben und an seine Lanze zu heften hat. Es gibt noch viele weitere Formen der Minne, die man aber alle bei Wikipedia nachschlagen kann.

_Der Sprecher_

Da das Hörbuch weder über Geräusche noch über Musik verfügt, ist es allein dem Sprecher überlassen, mit seinem Vortrag den Hörer zu bewegen und zu unterhalten. Nun ist aber Thomas Friebe zwar ein ausgewiesener Synchronsprecher, aber seine Kunst stellt er nur an wenigen Stellen eindrucksvoll unter Beweis. Er porträtiert den jungen Parzival mit einer etwas höheren Stimmlage, wie er sie auch für weiblichen Figuren wie etwa Condwiramur reserviert.

Sei es Jammern, Klagen oder Jubeln – hier tut sich Friebe keinen Zwang an. Er kann herausfordernd rufen wie ein angreifender Ritter, aber auch heiser krächzen wie die alte Gralsbotin Cundrie bzw. Kundry. Natürlich klingt auch der Greis Gurnemanz entsprechend ältlich und heiser. Mit zurückhaltenden Mitteln gelingt also dem Sprecher eine gewisse Charakterisierung der Figuren.

Aber das hat seine Grenzen: Nie wird eine individuelle Kennzeichnung erreicht, sondern stets nur eine Typisierung – der / die Alte krächzt, die Menge jubelt, der Ritter ruft und so weiter. Typen bereiten leider keine Überraschungen, weder in positiver noch in negativer Hinsicht. Man könnte also von einem „klassischen“ Vortrag sprechen, der keinerlei Ecken und Kanten aufweist. Das betrifft auch das Eingangszitat in Mittelhochdeutsch. Es klang für mich völlig fehlerlos.

_Unterm Strich_

Diese Prosa-Präsentation des „Parzival“-Epos stammt zwar von Gustav Schalk, geht aber entweder auf Sir Thomas Malory zurück, wie die einschlägigen Webseiten behaupten, oder auf Wolfram von Eschenbach, wie ich vermute (siehe den Abschnitt „Gralsgeschichte“). Auf dem Hörbuch selbst steht weder der eine noch der andere Name, sondern nur „Gustav Schalk“.

Der Prosatext ist wesentlich verständlicher als ein Erzählgedicht in Versen, wie es ein Epos wäre. Folglich fiel es mir leicht, der Story vom Aufstieg des Ritters Parzival zu folgen. Unfreiwillig komisch waren die veralteten Formulierungen wie „Du sollst gerochen werden!“ Am Schluss wird die Geschichte sehr fromm und ziemlich langweilig, weil alle heiraten oder bekehrt werden oder König, Prinz oder sonstwas werden.

Aber davor gibt es eine Menge Zweikämpfe. Dumm nur, dass wir vorher schon wissen, wie sie ausgehen, denn Parzival gewinnt immer. Das hätte man etwas spannender gestalten können. Schüler und Studenten finden aber jetzt immerhin einen leichten Zugang zu dem alten Epos aus dem 12. und 13. Jahrhundert; vielleicht haben sie sogar Spaß daran.

Das Hörbuch zeichnet sich durch nichts so sehr aus wie durch seinen klassischen Stil, der alle individuellen Ecken und Kanten vermeidet. Der Sprecher zeichnet keine Individuen, sondern Typen. Das ist zwar pädagogisch wertvoll, aber wenig unterhaltsam. Hier gibt es also keine Überraschungen.

|120 Minuten auf 2 CDs|
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