Moorcock, Michael / Simonson, Walter (Thor) / Oliff, Steve – Michael Moorcocks Elric 1: Die Erschaffung eines Hexers

_Story_

Sardic, der alternde Herrscher von Melniboné, muss sich langsam damit abfinden, dass die Zeit seines Ruhestands gekommen ist. Doch bevor der alte Hexer abtritt, liegt es an ihm, seinen Nachfolger zu bestimmen. Er hat dabei die Wahl zwischen seinem ungeliebten Sohn Elric und seinem entschlossenen Neffen Yyrkoon, kann sich aber für keinen so recht entscheiden. Zunächst sollen sie vier Traumprüfungen ablegen und ihre Geschicke in finsteren Szenarien aus der Vergangenheit beweisen.

Alsbald reist Elric in den einzelnen Traumepochen in Abenteuer vergangener Tage, bestrebt, sich das Wissen und die Fähigkeiten seines Meisters Sardic anzueignen. Doch er ist gewarnt: Jeder Fehler und jegliche Unachtsamkeit in seinen Träumen wird auch Konsequenzen für sein jetziges Dasein haben – und damit ist auch der Tod in der Phantasiewelt seiner träumerischen Gedanken eingeschlossen. Gleichermaßen durchlebt auch Yyrkoon die verschiedenen Zeitepochen, jederzeit achtsam auf die Handlungen seines Cousins bedacht und gewillt, den lästigen Elric ein für allemal auszulöschen.

Unterdessen verfestigt sich die Beziehung zwischen Elric und Yyrkoons Schwester Cymoril, die von den Plänen ihres Bruders weiß, ihrem Cousin mit den weißen Haaren jedoch nicht helfen kann. Zum Schutz bietet sich für Elric lediglich das legendäre Schwert Sturmbringer. Doch je öfter er es einsetzt, desto stärker macht er sich von der Klinge abhängig – und damit auch von Arioch, der den jungen Prinzen mit allen Mittel zu manipulieren versucht und ihn somit endgültig brechen will. Die Traumreisen werden zu einer schier unlösbaren Quest für den jungen Elric. Nur noch die geringer werdenden Aussichten auf die Thronfolge halten ihn am Leben.

_Persönlicher Eindruck_

Elric von Melniboné ist eine der wichtigsten Figuren der internationalen Fantasy-Literatur und Michael Moorcocks Werke um den Ewigen Helden sind sogar fast gleichzusetzen mit den Meilensteinen eines Tolkien. Bereits seit vier Dekaden lebt der charismatische Einzelkämpfer in den Gedanken seines Schöpfers Michael Moorcock und hat nicht nur zahlreiche Sagen durchlebt, sondern auch den Ursprung für ein eigenes Rollenspiel gesetzt. Nach all den Jahren hat der Autor seine wohl liebste Figur, den Ewigen Helden, noch einmal neu belebt und sein Faible für die Comic-Kunst zum ersten Mal mit einem eigenen Werk vermischt. Gemeinsam mit Zeichner Walter Simonson hat er in den Staaten unlängst eine Mini-Serie veröffentlicht, die Elrics Weg zum Hexer von Melniboné dokumentiert und somit die offizielle Vorgeschichte zur eigentlichen Elric-Saga bietet. Jene Serie wurde nun von |Panini| aufgegriffen und als Sammelband für den deutschen Markt unter Lizenz genommen.

Mit großen Erwartungen stürzt man sich also in den recht üppigen, 200-seitigen Megaband hinein, ergötzt sich alsbald an Simonsons tollen Illustrationen und sieht schnell die feinen Voraussetzungen und den perfekten sphärischen Rahmen für ein weiteres Fantasy-Epos. Die Begeisterung für die Kultfigur lebt in kürzester Zeit wieder auf und fesselt den Leser recht zügig, bevor dann das Unerwartete geschieht: Die Story bricht nämlich in Windeseile wieder ein und verkommt über die einzelnen Episoden bzw. Traumreisen immer mehr zum abgehackten Stückwerk, welches weder das Flair noch den Ideenreichtum der Roman-Serie aufweist.

Die Geschichte um den verfolgten Träger von Sturmbringer und den verzweifelten Kampf um die Nachfolge seines langsam dahinscheidenden Vaters Sardic bietet inhaltlich ein gehöriges Potenzial und hätte ohne weiteres das Zeug zum Klassiker, doch je weiter man im Plot vordringt, desto weniger ambitioniert scheint die Umsetzung und desto prägnanter kristallisiert sich die Tatsache heraus, dass jenes Potenzial nicht einmal im Ansatz erkannt und genutzt wurde.

Der Erzählung mangelt es in vielen Passagen an Höhepunkten, sei es nun in Form von emotionaleren Interaktionen, rasanterer Action oder einfach nur originellen Ideen, die als solche auch umgesetzt werden. Alle vier Traumreisen verlaufen unspektakulär im Sande; dazu sind die Überleitungen eher hölzern als fließend, und zu guter Letzt soll der Leser das hier Geschehene nun als Ursprungsgeschichte eines der wichtigsten Fantasy-Helden aller Zeiten annehmen und lernen, sich mit jemandem zu identifizieren, der für die Rolle einer Heldenfigur kaum unnahbarer sein könnte. Dies ist nämlich dann die letzte, ausgeprägte Schwäche: die Charakterisierung der einzelnen tragenden Figuren. Wo ist das Charisma, das den ‚richtigen‘ Elric auszeichnet(e)? Wie lassen sich die Motive der Charaktere mit ihren unmotivierten Handlungen vereinbaren? Und in welchem Part der Story keimt denn tatsächlich mal der Mythos auf, der diesem Prequel mehr als vierzig Jahre lang vorauseilte?

Nein, nein, nein, das ist nicht der Michael Moorcock und auch nicht der Elric, den man sich gewünscht hatte. Mal ganz abgesehen von der fehlenden Notwendigkeit der Veröffentlichung einer Vorgeschichte – meist geht so etwas ja doch in die Hose –, muss man sich ernsthaft fragen, was in den Autor gefahren ist, seine Ikone eigennützig in ein solch schlechtes Licht zu rücken. „Elric – Die Erschaffung eines Hexers“ ist mehr als bloß eine herbe Enttäuschung; es ist die teilweise Zerstörung eines Mythos und daher niemandem zu empfehlen, der über Jahre hinweg Moorcocks Prachtfigur vergöttert hat.

http://www.paninicomics.de

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