Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 3 – Märchenhafte Liebschaften

Mit [„Fables: Legenden im Exil“ 3175 und „Fables: Farm der Tiere“ hat Bill Willingham eine lesenswerte Reihe um die aus ihrer Welt geflohenen Märchenwesen geschaffen. Willingham erzählt fantastische, amüsante und spannende Geschichten darüber, wie die Märchenfiguren in New York in einer eigens gegründeten Gemeinde namens Fabletown sesshaft wurden und nun unerkannt in der Welt der Menschen leben.

In Band 3 der Reihe trifft der Leser in erster Linie alte Bekannte aus den beiden Vorgängerbänden: Snow White (Schneeweißchen), Bigby Wolf (der böse Wolf in menschlicher Gestalt), Prince Charming, Bluebeard (König Blaubart), Flycatcher (der zurückverwandelte Froschkönig) und einige andere mehr. Neu ist diesmal Briar Rose (Dornröschen) dabei, die auf ihre ganz eigene Art sehr zum Gelingen des Plots beiträgt.

Erzählten „Legenden im Exil“ und [„Farm der Tiere“ 3506 immer konsequent eine durchgängige Geschichte, so unterteilt sich „Märchenhafte Liebschaften“ in mehrere Einzelerzählungen. Der erste Teil „Jack in America“ erzählt von der Liebschaft des Gauners Jack Horner zu einer wohlhabenden Südstaatenlady zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkrieges.

Der zweite Teil berichtet von den Geschehnissen rund um „Die Sharp-Affäre“, mit der sich die Gemeinde von Fabletown konfrontiert sieht. Ein Reporter der |Daily News| glaubt das Geheimnis der Fables herausgefunden zu haben und konfrontiert Bigby Wolf mit der Behauptung, er könne beweisen, dass sie alle schon seit Jahrhunderten in Fabletown leben würden. In einem großen Artikel will er die Bombe platzen lassen. Das können die Fables natürlich nicht hinnehmen, und so arbeiten sie einen raffinierten Plan aus, der verhindern soll, dass ihre geheimen Identitäten auffliegen. Natürlich kommt es dabei zu einigen brisanten Verwicklungen …

„Die Mäusepolizei schläft nie“ dreht sich um die Intrige, die Bluebeard ersinnt, um die seit Band 2 flüchtige Revoluzzerin Goldilocks vor der Entdeckung durch die entsandten Mäusepolizisten zu schützen. Mit einem perfiden Plan entführen Bluebird und Goldilocks Bigby Wolf und Snow White in die Cascade Mountains, wo Goldilocks dann den Rest erledigen und die beiden beseitigen soll, damit nicht herauskommt, dass Bluebird der Revoluzzerin Unterschlupf gewährt hat. Doch der Plan hat so seine Tücken und fernab der Zivilisation haben Bigby Wolf und Snow White endlich einmal Zeit, ungestört zu reden …

Zu guter Letzt geht es in der kurzen Geschichte „Gerstenkornbräute“ um das Schicksal der liliputanischen Armee, die auszog, um die Heimat vor den vorrückenden Truppen des Feindes zu schützen. Auch sie mussten schließlich in unsere Welt fliehen und gründeten auf der Farm ihre eigene Gemeinde, wobei ihr größtes Problem darin bestand, dass sie nur Männer waren. Doch es gibt Hoffnung in Form von Gerstensamen …

„Märchenhafte Liebschaften“ vereint also Geschichten, die allesamt irgendwie mit dem Thema Liebe verknüpft sind (die einen mehr, die anderen weniger). Das Konzept, mehrere Einzelgeschichten zu erzählen, tut der Reihe dabei sichtlich gut. Willingham gibt viele fantastische Ideen zum Besten, die er in einer einzigen Geschichte wohl niemals komplett hätte unterbringen können. So ist „Fables“ auch mit dem dritten Band immer noch gleichermaßen einfallsreich wie unterhaltsam. Es gibt viel zu schmunzel über die pfiffigen Ideen, mit denen Willingham die Geschichten um seine Protagonisten ausbaut, und auch die Spannung kommt dabei nicht zu kurz.

Gerade „Die Sharp-Affäre“ und „Die Mäusepolizei schläft nie“ überzeugen durch ihre Spannungselemente. Willingham streut immer wieder Andeutungen ein und lässt den Leser dann nach und nach selbst herausfinden, was wirklich passiert. Beide Geschichten können mit klassischen Elementen des Spannungsromans aufwarten, und so blättert man gierig durch die Seiten, um zu erfahren, wie es weitergeht.

Wer schon die ersten beiden Bände der „Fables“-Reihe mochte, der wird auch vom dritten Teil nicht enttäuscht sein. Hier sind es gerade die Ausgewogenheit zwischen Witz und Spannung und die Souveränität, mit der Willingham den Leser durch seine Geschichten lotst, die besonders überzeugen. Was dennoch etwas erstaunt, ist die Brutalität, die sich diesmal teilweise in den Geschichten widerspiegelt. Eine der entscheidenden Szenen, die Bigby Wolf und Snow White in den Bergen erleben, mutet über mehrere Seiten wie ein echter Splatter an. Das ist bei den „Fables“ doch etwas ungewohnt, trübt den Lesegenuss aber nicht weiter.

Bei den Zeichnungen wird die Linie der ersten beiden Bände konsequent fortgeführt. Die Zeichner Mark Buckingham, Lan Medina und Bryan Talbot legen die Figuren wieder einmal schön lebendig an, in klaren und gradlinigen Bildern. Lediglich die Geschichte um die „Gerstenkornbräute“, die von Linda Medley gezeichnet wurde, sticht optisch durch einen gänzlich anderen Stil hervor. Doch auch Medleys Stil wirkt gefällig und passt gut zur erzählten Geschichte.

Bleibt unterm Strich also wieder einmal ein positiver Eindruck zurück. Bill Willingham setzt seine „Fables“-Reihe auch mit „Märchenhafte Liebschaften“ gelungen fort und zaubert mit Hilfe eines überzeugenden Zeichnerteams gleichermaßen amüsante wie spannende Geschichten auf die Seiten. Wer schon für die ersten beiden Bände etwas übrig hatte, dem sei dringend dazu geraten, auch den dritten Band nicht auszulassen. Willingham hat mit „Fables“ in jedem Fall ein unterhaltsames und eigenwilliges Kleinod der Comic-Kunst geschaffen, das die Lektüre wert ist.

http://www.paninicomics.de

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