Isaac Asimov – Die Stahlhöhlen (mit: Die nackte Sonne) [Foundation-Zyklus 2]

Der Heyne-Verlag bringt derzeit den „erweiterten Foundation-Zyklus“ neu in einer einheitlichen Ausgabe heraus – ohne dabei allerdings chronologisch vorzugehen. So erschienen die Bände, die direkt mit der Foundation in Verbindung stehen, zuerst, und erst nach und nach folgen die frühen Romane, mit denen Asimov den Brückenschlag zwischen seinen beiden großen Werken vollführte: Robotergeschichten und Foundation. Der erste Band der Reihe, „Meine Freunde, die Roboter“, umfasst die wichtigsten und bekanntesten Robotergeschichten, in denen Asimov „Die drei Gesetze der Robotik“ formulierte und in jede denkbare Richtung diskutierte.

Erstes Gesetz:
„Ein Roboter darf keinem menschlichen Wesen Schaden zufügen oder durch Untätigkeit zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.“

Zweites Gesetz:
„Ein Roboter muss Befehlen gehorchen, die ihm von menschlichen Wesen erteilt werden, es sei denn, diese Befehle stünden im Widerspruch zum Ersten Gesetz.“

Drittes Gesetz:
„Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, es sei denn, dies stünde im Widerspruch zum Ersten oder Zweiten Gesetz.“

Im zweiten, vorliegenden Band „Die Stahlhöhlen“ finden sich die zwei Romane „The Caves Of Steel“ und „The Naked Sun“. Hier sind bereits zwei menschliche Gesellschaften anzutreffen, aus denen Asimov das spätere Galaktische Imperium entwickeln sollte. Die so genannten „Spacer“ sind Nachkommen der ersten großen Siedlungswelle der Menschheit, sie besiedeln fünfzig fremde Planeten, die so genannten „Äußeren Welten“. Durch Genmanipulation sind sie sehr langlebig, da einigermaßen keimfrei, allerdings auch sehr anfällig bereits gegenüber für Erdenmenschen unbemerkbaren Bakterien. Daraus entwickelte sich eine Angst vor Ansteckung, die schließlich zur Isolation der Erde führte. Außerdem benutzen die Spacer Roboter und entwickelten sie weiter, so dass sie auch technisch der Erde überlegen sind. Ihre Isolationspolitik und ihre instabile Immunität verhindert eine weitere Ausbreitung der Spacer über die bewohnbaren Welten der Galaxis.

Auf der Erde werden Roboter gehasst. Man sieht in ihnen vor allem Konkurrenten um die Arbeitsplätze, aber die Regierung kooperiert mit den Spacern, die sich für eine langsame Einführung der Roboter in die irdische Gesellschaft aussprechen.
Die Menschen leben in gigantischen Städten, riesige Bauten aus Stahl (= die Stahlhöhlen) und haben schon seit Generationen kein natürliches Licht oder die Freiheit unter offenem Himmel gesehen. Hier hat sich sogar eine Phobie entwickelt.

Es gibt eine kleine, abgegrenzte Siedlung der Spacer auf der Erde, und genau dort geschieht ein unerhörtes und für die wackeligen Beziehungen gefährliches Verbrechen: Ein Spacer wird ermordet! Elijah Baley, Ermittlungsbeamter der Polizei, wird auf den Fall angesetzt. Ihm zur Seite steht der absolut menschliche Roboter R. Daneel Olivaw, der ursprünglich dazu gebaut wurde, sich unauffällig unter den Menschen zu bewegen.

Baley fängt an, Informationen zu sammeln, tappt aber mehrmals in Sackgassen, ehe sich Licht am Horizont zeigt. Und plötzlich findet er sich in einer Intrige wieder, durch die ihm eine schlimme Bestrafung droht.

Der Autor

Isaac Asimov wurde 1920 in der Sowjetunion geboren, 1923 schon wanderten seine Eltern nach New York aus. Asimov studierte Chemie und arbeitete zeitweise als Dozent; bereits im Studium schrieb er seine ersten Kurzgeschichten. Er war ein sehr produktiver Autor, der neben Science-Fiction-Erzählungen auch populärwissenschaftliche Bücher veröffentlichte. Neben Robert A. Heinlein und Arthur C. Clarke zählt man Asimov zu den bedeutendsten SF-Schriftstellern des zwanzigsten Jahrhunderts. Er starb im Jahr 1992.

Ein „typischer Asimov“

Stilistisch gesehen, ist Asimov ein Unikat. Seine Romane sind geprägt durch Dialoge, die nur skizzierte Beschreibungen und beschriebene Handlung zulassen und trotzdem eine farbige Welt für die Vorstellung des Lesers entwerfen, in die er sich versenken kann. Gleichzeitig stellen sich den Protagonisten oft knifflige Aufgaben, die meist eine Jagd nach Informationen nach sich ziehen und im Kopf gelöst werden, ehe der Protagonist in einer verbalen Konfrontation die Lösung präsentiert und etwaige Täter überführt. Asimovs Geschichten erhalten dadurch oft den Anstrich einer Kriminalgeschichte, zumal die Protagonisten meist im Auftrag einer gerechten Organisation handeln (wie zum Beispiel Lucky Starr die Robotpsychologin Susan Calvin, die wiederum Anfang 2005 in dem ansonsten recht stimmigen Film „I, Robot“ sehr untypisch dargestellt wurde).

Elijah Baley ist Ermittlungsbeamter, passt also hervorragend in das typische Asimov-Muster. Im ersten Teil kommt Baley etwas christlich daher, kennt scheinbar die gesamte Bibel auswendig und zitiert mehrmals moralische Stellen. Es lässt sich aber zum Glück bemerken, dass dieser Charakterzug einen wichtigen Teil in der Stimmung der Geschichte ausmacht, indem er dem unpersönlichen R. Daneel einen Hauch Menschlichkeit verleiht.

Asimov stellt dem Leser nacheinander die Charaktere vor und fängt uns in einem Netz aus Indizien, die fast jeden für die Tat (es handelt sich in beiden Teilen um Mord) denkbar erscheinen lassen. Im ersten Teil ist das Rätsel sogar noch undurchsichtiger für uns, das tut dem zweiten Band allerdings keinen Spannungsmangel an, denn gekonnt werden wir durch die Details geleitet, aus denen sich die Welt der Menschen (Erdlinge und Spacer) zusammensetzt, und viele von Baleys Gedankengängen bleiben uns ebenso verborgen wie seinem Partner Daneel oder den Außenstehenden. So werden wir von Asimovs immer bestechender Logik überrascht, mit der er Baley die Fälle aufdröseln lässt, bis sich die Erkenntnis einstellt.

Es ist erstaunlich, wie detailliert Asimov eine Welt zu beschreiben vermag, indem er eine Ermittlung in einem Mordfall durchführen lässt. Dass dabei wieder einmal die Gesetze der Robotik attackiert und überprüft werden, macht erstens die Geschichte für den interessierten Leser noch lesenswerter und spricht außerdem für Asimovs Ehrgeiz, seine ambitionierteste Entwicklung hieb- und stichfest zu untermauern.

Es gibt ein paar kleine Schönheitsfehler, von denen einige wahrscheinlich in der Übersetzung gesucht werden müssen. So heißt Baleys Frau, genannt Jessie, zuerst noch „Jezebel“, was in biblischer Form „Isebel“ bedeutet. Am Ende des ersten Bandes wird es so dargestellt, als heiße sie wirklich Isebel. Noch härter ist, dass sie im zweiten Band plötzlich mit „Jessica“ vorgestellt wird … Einzig wirklich geärgert hat mich, als mir ein gedrucktes „frägt“ in die Augen sprang. Bisher war ich der Meinung, so was gäbe es wirklich nur umgangssprachlich, aber keinesfalls sollte es in einem Buch auftauchen! Nun, dagegen verblassen Kleinigkeiten wie „dass er neben mir gesessen war“ und solche Dinge.

Bleibt als Fazit zu ziehen, dass der Doppelroman wirklich außerordentlich unterhaltsam ist, für jederman empfehlenswert, der sich an der interessanten Art von Asimovs Stil und Logik erfreuen kann. Und glücklicherweise bleibt uns die Gewissheit, dass ein Roboter uns nicht ersetzen kann, denn „er ist zwar logisch, aber nicht vernünftig“.

Der erweiterte Foundation-Zyklus

Meine Freunde, die Roboter
Die Stahlhöhlen
Der Aufbruch zu den Sternen
Das galaktische Imperium
Die frühe Foundation-Trilogie
Die Rettung des Imperiums
Das Foundation-Projekt
Die Foundation-Trilogie
Die Suche nach der Erde
Die Rückkehr zur Erde