David Brin – Fremder der fünf Galaxien (2. Uplift-Zyklus Band 2)

Erstkontakt mit verschärften Konflikten

Seit Jahrhunderten leben sechs Rassen unter dem schützenden Blätterdach des Pleneten Jijo zusammen – friedlich, doch voller Furcht, vor der Entdeckung. Sie haben den von ersten Bewohnern verlassenen Planeten einfach besetzt, ohne die Verwaltung der Fünf Galaxien um Erlaubnis zu fragen. Jijo ist ein verbotener Planet.

Eines Tages geschieht es dann doch: Ein fremdes Raumschiff erscheint am Himmel und landet nahe dem goßen Heiligtum. Sollen nun alle Rassen ausgelöscht zu werden? Die Besatzung des Schiffes gibt sich zunächst friedlich, doch sie suchen nach Exemplaren bestimmter Spezies. Sie geben sich als „Wissenschaftler“ aus, doch offensichtlich handeln sie nicht in offiziellem Auftrag der galaktischen Verwaltung. Nun beginnt eine Zeit der größten Gefährdung…

Dies ist die zweite Hälfte des Romans „Brightness Reef“. Der erste Teil trug den Titel „Sternenriff“.

Der Autor

„Fremder der fünf Galaxien“ ist der erste Teil eines Romans namens „Brightness Reef“, der den langen Uplift-Zyklus von David Brin eröffnet. Den Uplift-Zyklus begann Brin 1980 mit seinem allerersten Roman „Sonnentaucher“ (dt. bei Heyne) und setzte ihn mit dem preisgekrönten Space-Opera-Roman „Sternenflut“ (1983 bei Knaur, 1993 bei Heyne) und dem dicken Schmöker „Der Entwicklungskrieg“ (1987, dt. bei Heyne) fort. Nach mehreren Solo-Romanen schrieb der Autor für den Zyklus noch eine weitere Trilogie. Zuletzt erschien von Brin „Kil’n People“ (dt. „Copy“, bei Heyne).

Die 1. Trilogie des Uplift-Zyklus:

1) Sonnentaucher
2) Sternenflut
3) Der Entwicklungskrieg

Die 2. Trilogie des Uplift-Zyklus:

1.a) Sternenriff
1.b) Fremder der fünf Galaxien

2.a) Das Ufer der Unendlichkeit
2.b) Die Botschaft der Delphine

3.a) Ring der fünf Sonnen
3.b) Am Grenzpunkt der Ewigkeit

Hintergrund

Im Universum der Fünf Galaxien, so der Hintergrund von Brins Uplift-Zyklus, haben vor Urzeiten die sogenannten „Progenitoren“ dafür gesorgt, daß sich mehrere Rassen – je eine pro Galaxie – sich zu Bewusstsein entwickeln konnten, um die Herrschaft über die jeweilige Galaxis anzutreten. Dies war das allererste Uplifting des Bewusstseins. Die Debatte dreht sich darum, ob auch die Menschen davon betroffen waren oder ob sie sich selbst zur „Sapienz“ entwickelten.

Wie auch immer: Die Progenitoren verschwanden, die Menschen uplifteten die Delphine und Schimpansen zur Sapienz. Sie kamen den Progenitoren in „Sonnentaucher“ auf die Spur und entdeckten in dem Thriller „Sternenflut“ noch weitere Artefakte sowie die Leiche eines uralten Wesens – möglicherweise einer der Progenitoren. Kein Wunder, dass sämtliche Herrscher-Rassen aller vier anderen Galaxien hinter dieser Leiche her waren.

Vorgeschichte

Die Rasse der Buyur hat den Planeten Jijo eine Million Jahre lang von der Galaktischen Planetenverwaltung geleast, doch als die Leasingfrist um war, mussten sie mit Sack und Pack fortziehen. Dabei sollten sie eigentlich alles zerstören, aber die Planetenverwaltung stellt fest, dass noch einiges aufzuräumen war. Und selbst dann musste der Planet wieder renaturiert werden. Also erklärte sie Jijo zur Brache, bis er sich wieder erholt hatte.

Dummerweise hat sich niemand an diese Anordnung gehalten. Sechs Rassen schlichen sich an der Raumüberwachung vorbei und begannen ihn im Laufe der Jahrtausende wiederzubesiedeln. Zuletzt kamen, vor etwa 300 Jahren, die Menschen.

Die Rassen

Diese sechs Rassen sind: Traeki, Hoon, Qheuen, g’Kek, Menschen und Urs. Interessanterweise sind alle Sauerstoffatmer, selbst wenn ihre körperliche Gestallt völlig verschieden ist. Sie verständigen sich in acht Sprachen: Galaktik 1 bis 7 und in Englik. Die Menschen bereiteten den Kriegen zwischen den Rassen ein Ende, indem sie ihnen zeigten, dass es auch vernünftigere Wege gibt, um Konflikte beizulegen. Seitdem geht es mit der Zivilisation bergauf, und ab und zu findet man noch Überreste der Buyur-Kultur in alten Ruinen. Die Bibliothek in Biblos hütet die Schätze des Wissens und hat vor kurzem sogar eine Enzyklopädie veröffentlicht, die alles mündlich überlieferte Wissen zusammenfasst. Auf Papier wohlgemerkt.

Nelos Kinder

Der Hersteller dieses Papiers ist Nelo, der vons einer inzwischen verstorbenen Frau Melina drei Kinder hat, die ihm aber kein Glück bescheren, wie er findet. Da ist einmal Dwer, der aber als Jäger in den gebirgigen Norden gegangen ist, um entlaufene Exemplare der Spezies Glaver einzufangen. Die Glaver sind zu Dwers Erstaunen weitaus intelligenter als angenommen. Das zweite Kind ist Sara, und sie ist zu Nelos Kummer Mathematikerin geworden.

Nelos schlimmster Nachkomme ist jedoch Lark, denn der ist ein Ketzer. Im Widerspruch zu den Lehren der Weisen predigt er den sechs Exilantenvölkern nicht dauerhafte Einrichtung, Anpassung und Verbergen auf Jijo, sondern vielmehr, Jijo zu verlassen und den geschundenen Planeten sich selbst zu überlassen. Und er beleidigt sogar das Heilige Ei, an dem sich die Weisen jedes Jahr treffen!

Piraten!

So wie jetzt gerade. Der Rat der Weisen trifft sich wie stets, um Streitfragen zu klären, als ein Donnerschlag die Versammlung zum Schweigen bringt. Und ein Kondensstreifen ist der sichtbare Beweis für das, was sie alle seit Anbeginn ihrer Besiedlung gefürchtet haben: die Entdeckung durch die Galaktiker. Dass sie alle ihre Gebäude unter Tarnnetzen verborgen haben, scheint nichts genützt zu haben. Doch als das Raumschiff landet, fehlt auf dessen Hülle offensichtlich das Emblem der Galaktischen Regierung. Sind es Piraten?

Der Fremde

Unterdessen hat Sara, Nelos Tochter, eine Sammelexpedition in die Sümpfe unternommen. Dabei stieß sie auf einen Menschen. Er stürzt gerade verletzt ins Wasser, als sie und ihre Mannschaft vorbeikommen. Das Loch in seinem Kopf sind wirklich schlimm aus, und Sara, die noch nie ein verletztes Tier ungepflegt zurückgelegt hat, lässt ihn auffischen und in ihr Baumhaus schaffen. Ihre Freunde, unter anderem ein Arzt, helfen ihr, den Fremden gesundzupflegen. Er ist offenbar mit seinem Raumschiff abgestürzt. Steht er in Zusammenhang mit der Landung der Fremden beim Heiligen Ei?

Wenig später hat sich die Nachricht von deren Ankunft wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Anweisungen der Schriften für diesen lange erwarteten Ernstfall sind klar: Dämme und Gebäude sprengen, Exodus in ein Versteck starten, warten bis die Luft rein ist oder alle gefangen sind. Sara ist es, die die Versammlung aufgeregter Bürger darauf hinweist, dass die große Bibliothek von Biblos schon brennen müsste, wenn die Weisen eine solche Anweisung erteilt hätten. Es wird zum Glück kein solches Feuer gesichtet. Der Sprengmeister entscheidet: „Wir warten.“ Das war knapp, denkt Sara.

Das wilde Mädchen

Während sie den Auftrag erhält, eine Expedition zur Bibliothek zu begleiten und den von ihr aufgegabelten Fremden in die Klinik von Tarek zu bringen, begibt sich ihr Bruder Dwer in eine ganz andere Himmelsgegend: an den Rand des nördlichen Ödlands. Doch zusätzlich zu der erwarteten Beute, einem Angehörigen der halbintelligenten Glawer-Spezies, stößt er auf etwas weitaus Interessanteres: ein Mädchen der Wilden, die jenseits der verbotenen Steppe in den Grauen Hügeln hausen. Rety, das Mädchen, will seinen wertvollen Jagdbogen klauen, aber Dwer überlistet sie, nimmt sie gefangen und macht sich auf den Weg, sie zu den Weisen zu bringen, damit diese über sie urteilen.

Rety ist auf der Jagd nach einem besonderen Vogel – einem mit metallenen Federn. Sie finden das künstliche Wesen an dem denkbar gefählichsten Ort, den sich Dwer vorstellen kann: in dem Nest einer Mulchspinne. Diese Mulchspinnen wurde von den Buyur zurückgelassen, um mit Säuren die Baumaterialien der hinterlassenen Bunker und dergleichen zu zerstören. Doch diese uralte Spinne hat es auch auf Maschinen abgesehen. Und sie verschmäht offenbar auch Menschen nicht, wie Dwer in einem ersten telepathischen Kontakt erkennen muss. Sie will ihn durch freundliche Reden umgarnen und in Sicherheit wiegen.

Rety, die davon nichts mitbekommt, läuft mitten in die Falle, und Dwer darf sich abrackern, sie vor den Säuren zu bewahren. Leicht gesagt als getan, denn Rety ist scharf auf ihren Fund, den mechanischen Vogel. Sie sind kurz davor, den Schlingpflanzen und säurehaltigen Tentakeln der Spinne zu entrinnen, als ein weiterer Gast in der Falle auftaucht: ein Flugroboter der Fremden. Jetzt zeigt der mechanische Vogel, dass er sich effektiv wehren kann – ein blendender Blitz, ein Donnerschlag, und Dwer schwinden die Sinne…

Handlung von Teil 2

Die Weisen von Jijo staunen nicht schlecht, als aus dem Raumschiff der Fremden nicht nur ein Galaktiker steigt, sondern gleich zwei. Es handelt sich um die sagenumwobenen Rothen, die für sich beanspruchen, die Patrone der Menschen zu sein. Wie auch immer man sich zu dieser Behauptung stellt (besonders die Menschen unter den Jijoanern), so ist doch die Schönheit und Erhabenheit der Rothen unverkennbar. Deshalb bringen es die Weisen nicht über sich, die Bitte (Forderung?) der Rothen abzuschlagen, sie zum heiligen Ei von Jijo zu führen.

Diese jährliche Prozession der sechs Völker zum Ei ist natürlich eine höchst feierliche Sache. Der Eklat ist daher umso größer, als es zu folgenreichen Vorfällen kommt, die das gesamte Schicksal Jijos betreffen könnten. Als erstes plaudert die menschliche „Forschungsassistentin“ des Rothen aus, dass Jijo eigentlich ein geplantes Experiment des Galaktisches Institut sei und die Menschen nachträglich hierhergeschickt worden seien – wohl als Probe aufs Exempel. Dies ist Blasphemie reinsten Wassers, denn es würde alle Glaubensgrundsätze der Jijoaner verneinen.

Just in diesem kritischen Augenblick allgemeiner Empörung ereignet sich eine schwere Explosion. Die Weisen posaunen sofort hinaus, dass das heilige Ei seiner Entrüstung und seinem Zorn Ausdruck gegeben habe. Doch der Rothen und seine Assistenten sind an handfesteren Ursachen interessiert und schauen gleich mal nach: Jemand hat das Raumschiff der Fremden gesprengt! Lark weiß auch gleich, wer dahinter steckt: die Fundamentalisten, die alle Einmischung ablehnen.

Als der Rothen entsetzt sieht, wie man seine sterbende Begleiterin aus dem Explosionskrater bringt, schwört er den Zorn des Himmels auf alle Jijoaner herab, ganz gleich ob sie nun schuldig seien oder nicht: Sein Sternenschiff werde alsbald landen und alle Feinde vernichten. Doch dann tritt die Widerstandsbewegung auf und legt ein paar Beweise für die Pläne des Rothen vor, die alles andere als friedliche Absichten belegen. Ein Desaster bahnt sich an…

Der Fremde

Der Fremde, der auf Jijo ohne Gedächtnis gestrandet ist und von der Linguistin Sara nach Biblos gebracht wurde, findet an diesem Hort des Wissens nicht nur wundervolle Zeichnungen, die er wiedererkennt, sondern auch Musik, die zahlreiche Erinnerungen in ihm weckt. Er schließt sich der Karawane Saras an, die sich auf den Weg durch Wüste und Steppe zur Lichtung des Eis macht. Dort sollen die Weisen über sein Schicksal entscheiden, denkt Sara.

Doch an einer Oase kommt es zu einem Überfall durch ursische Freischärler, und fast alle Reisenden der Karawane werden von den Kriegerinnen gefangengenommen. Alle bis auf zwei Verräter: eine ursische Bardin und ein menschlicher Händler aus Saras Dorf. Der Fundamentalist ist ein Bündnis mit den Urs eingegangen: Im Austausch für den menschlichen Dämon von den Sternen sollen die Weisen gezwungen werden, gewisse Dinge für ihn und die Urs zu tun.

Sara protestiert: Der Fremde gehöre gar nicht zu den Invasoren, sondern sei möglicherweise sogar deren Feind. Ihr Einwand wird als irrelevant beiseite gewischt. Sara ist sicher, dass die Urs alle wahnsinnig sind. Ihr Schicksal ist denkbar ungewiss, als die Gefangenen verschleppt werden. Doch auf dem Weg geschehen einige unvorhergesehene Dinge, die den Fremden in ein ganz neues Licht rücken…

Die Expedition ins Giftland

Saras Bruder Dwer hat von den Weisen den Auftrag bekommen, die Siedler, die in den Giftlanden und den Grauen Hügeln siedeln, zu besuchen und ihnen Versorgungsmaterial zu bringen. Sie sind der Ursprung, von dem die junge Rety stammt, und wie immer sind die Weisen bemüht, versprengte Sooner „heimzuführen“. Aber Dwer und seine Begleiter – ein Jagdmeister und eine Wissenschaftlerin sowie ein Noor – stoßen auf zahlreiche Schweirigkeiten. Beim Versuch, eine gewaltige Schlucht zu überqueren, stößt Kundschafter Dwer auf Spuren einer großen Karawane in die Giftlande: Urs waren hier. Und das bedeutet Ärger. Doch schon bald stößt die Expedition auf Spuren eines schweren Kampfes: Die Urs wurden ihrerseits gefangengenommen – von Menschen, die mit Maschinen bewaffnet waren?!

Die Expedition in die Tiefe

Der junge Hoon Alvin hat wohl zuviele Abenteuerromane der Menschen gelesen. Jedenfalls möchte er mit seinen Freunden, unter denen sich sogar „Huck“ befindet, aber kein Menschling, eine Forschungsreise in den tiefen Süden unternehmen, um die Geheimnisse der abgezogenen Bujur und des Mitten zu erkunden. Dazu braucht er, wie weiland Kapitän Nemo, ein Tauchboot.

Zu seinem Erstaunen erhalten er und seine Gefährten massive Unterstützung von den Schmieden, die am Fels „Terminus“ Metalle verarbeiten und Werkzeuge herstellen. Der Grund, warum die ursische Oberschmiedin nicht schon längst selbst ein Tauchboot gebaut hat, um damit bujurische Technik zu suchen, sind die jährlichen Buchprüfungen: Verbotene Technik wird zerstört, der Erfinder bestraft. Auf keinen Fall darf der Zorn des Himmels (sprich: des Galaktischen Instituts) herabbeschworen werden.

Nach etlichen Schwierigkeiten und Tests kann’s endlich losgehen. Alvin sorgt für den Antrieb, die anderen navigieren. Schon bald haben sie auf einem riesigen Müllberg am Fuße des Felsen Terminus das gesuchte Gerät gefunden, das die Oberschmiedin haben will. Aber eines der wichtigen Kabel wurde mit Gewalt abgeschnitten. Eine Schleifspur im Sand weist darauf hin, dass es sich nicht selbständig gemacht hat, sondern abtransportiert wurde. Aber von wem? Als sie der Spur folgen, stoßen sie auf einen schwarzen Abgrund und darin lauern – wie könnte es anders sein? – „Monster der Tiefe! Und sie greifen an…

Mein Eindruck

Dies ist der Auftakt zu einer ausgedehnten Trilogie von ungeheuren Dimensionen. Der Autor hat ein Universum von fünf Galaxien entworfen, in denen die Rassen sich nach dem Maßstab der Intelligenz ausrichten. Intelligenz ist das Wichtigste, was eine Rasse haben kann, und je mehr Rassen eine Patronsrasse auf das Level der Sapienz, also des rationalen Denkens, emporheben kann, desto mehr Abhängige und Konsumenten hat sie vorzuweisen. Was nicht nur gut für die eigene Wirtschaft ist, sondern auch für den politischen Einfluss auf der Ebene der galaktischen Organisationen.

All dies ist den Weisen durchaus bewusst, als sie bemerken, dass es sich bei den gelandeten Fremden nicht um Regierungsbeamte der Galaktiker, sondern um Piraten handeln muss. Diese Leute, mit denen sich der Ketzer Lark näher bekannt macht, sind auf der Suche nach vorintelligenten Wesen auf Jijo, die ihre Auftraggeber, die Rothen, in den Stand der Sapienz heben könnten. Entscheidend bei der Bewertung dieses Bestrebens ist jedoch die Wahl der Mittel. Der Rothen verbirgt nicht nur sein wahres Gesicht, sondern auch seine Methode: Dieser Ro-kenn will einen Bürgerkrieg unter den sechs Rassen entfachen, um als erstes die Menschen zu vernichten!

Aus dem Blickwinkel der Weisen Lark (des Ketzers) und Asx, eines Traeki, betrachtet, gewinnen die Ereignisse im Tal des Eies und der Landung eine bestürzende Dynamik. Der Leser befindet sich von vornherein auf der Seite der Jijoaner, denn er wird stets über die zitierten Schriftrollen mit ihrer Denkweise und ihrem Glauben vertraut gemacht. Diese Zitate sind vielfältiger Art, denn sie befassen sich mal mit Religion und Mystik, dann wieder mit Ereignissen auf galaktischer Ebene. Dass sie überhaupt existieren, ist ein Wunder und eine Errungenschaft der Menschen. Durch die emotionale Teilnahme an Larks und Asxs Schicksal gewinnt das Desaster um den Rothen erst die rechte Dynamik. Und bis zum Schluss darf der Leser hier mit Überraschungen rechnen.

Der Autor übt nicht nur Kritik an der eigenen Literaturgattung des SF-Abenteuerromans, er nimmt auch dessen unausgesprochene Prämissen aufs Korn. Müssen Fremde automatisch gleich Feinde sein? Kann man nicht auch mit ihnen zusammenarbeiten, ohne sie übers Ohr zu hauen? Es werden noch viele weitere Fragen behandelt, und Frauen wie Rety und Sara stehen dabei gleichberechtigt neben Männern wie Dwer und Lark.

Actionhöhepunkte

Wem es in der ersten Romanhälfte „Sternenriff“ ein wenig an Action gemangelt hat, der kommt in der zweiten Romanhälfte „Fremder der fünf Galaxien“ voll auf seine Kosten. Nicht nur auf der Lichtung des Eies kommt es zum Desaster, sondern auch Saras Karawane gerät in heftige Kämpfe sich gegenüberstehender Gruppen. Sogar Dwer gerät im Dorf der Ausgestoßenen mit Rety aneinander, und das Schicksal von Alvins Gefährten ist am Ende dieses Romans ebenso ungewiss wie spannend. Die Fortsetzung „Das Ufer der Unendlichkeit“ muss etliche offene Enden weiterführen und zum Abschluss bringen.

Die Übersetzung

Der Übersetzer Marcel Bieger hat zwar in der Regel seine Sache sehr gut gemacht, doch immer noch eine Reihe von Fehlern übriggelassen, die den Leser verwirren können. So sollte es auf Seite 116 oben nicht „von Bord“ heißen, sondern „an Bord“: Alvon betritt das Tauchboot, das ihn und seine Gefährten in unbekannte Tiefen bringen soll.

Auf Seite 135 ist zu lesen, dass „Gedanken [eines Traeki] in einer der Wachszentren zu lagern (sind)“. Merke: Statt in Chemikalien wie im menschlichen Gehirn speichern Traeki ihre Erinnerungen in Wachs. Ein Zentrum bleibt aber nach wie vor ein Neutrum, weshalb es korrekt „in einem der Wachszentren“ heißen muss.

Schon auf der nächsten Seite (136) findet sich der nächste Fehler. „Zwei lange Duras (eine Zeiteinheit) stehen [etwas fehlt hier] wie erstarrt am Rande des Abgrunds“. Was hier fehlt ist das Subjekt des Satzes, nämlich „sie“.

Auf Seite 226 lesen wir das selten gebrauchte deutsche Wort „Hoffart“ in neuer Schreibung, nämlich als „Hoffahrt“. Hoffart bedeutet laut DUDEN „Hochmut, Dünkel“.

Schon auf der nächsten Seite (227) folgt ein ständig wiederholter Fehler in SF-Romanen: Wenn es um Telepathie und Einfühlungsvermögen geht, wird ständig „Empathie“ (Einfühlungsvermögen) mit „Emphase“ (Begeisterung) verwechselt. Es ist aber schon ein Unterschied, ob ich einem Fremden mit Einfühlungsvermögen oder Begeisterung begegne. Auf Seite 227 steht „emphatische Transmission“, da es sich aber um eine PSI-Technik handelt, muss „empathische Transmission“ gemeint sein.

Unterm Strich

Der Leser sieht sich einem komplexen, zunächst ein wenig verwirrenden Universum gegenüber, zumal in einer zweiten Romanhälfte – die vorhergehende Lektüre von „Sternenriff“ ist unerlässlich zum Verständnis. Den besten Schnelleinstieg hierfür bietet der letzte Anhang dieses Bandes, das Glossar. In den späteren deutschen Bänden ist stets auch der Anhang davor abgedruckt, der die zahlreichen Rassen und Spezies vorstellt und die Glossareinträge vertieft. Erst ab Band 3 ist auch die Liste der personae dramatis abgedruckt, so dass man die Übersicht zum vorliegenden Band erhält.

Meine Lektüre

Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen, nicht nur als Science-Fiction-Roman, sondern auch als Roman voller Abenteuer, Entdeckungen und Begegnungen. Vielfach ist Ironie zu spüren, wenn die verschiedenen Rassen einander kommentieren, sei es die Verschlagenheit der einen oder der Stolz der anderen. Das zentrale Thema ist aber der Erstkontakt, jedoch nicht aus unserer Sicht, sondern aus Sicht der Betroffenen, die eine komplexe und instabile Weltgemeinschaft gebildet haben. Auch ethische und religiöse Fragen werden angeschnitten.

Vielfältiges Panorama

Diese Vielfalt ist für mich ein Pluspunkt des Romans, denn sie spiegelt die Komplexität einer jeden Welt relativ realistisch wider, denn alles andere würde auf klischeehafte Vereinfachung. Dennoch versucht der Autor, den Leser nicht durch zu viele Hauptfiguren zu verwirren. Deshalb gibt es nur fünf oder sechs Erzählperspektiven: Sara, Lark, Dwer, Alvin, Asx (ein Weiser), Rety und der abgestürzte Fremde, dessen Name ganz am Schluss offenbart wird: Er stammt von der „Streaker“. Dadurch wird der Doppelband „Sternenriff“ und „Fremder der fünf Galaxien“ zu einer direkten Fortsetzung des preisgekrönten Romans „Sternenflut“. Dessen Lektüre empfiehlt sich spätestens jetzt.

Ausblick

So entsteht wie bei Frank Herberts DUNE ein vielschichtiges, mannigfaltiges Panorama einer Welt, die durch den Erstkontakt in Aufruhr gerät, der zu einer neuen Entwicklung führen muss. Wie diese Entwicklung aussehen könnte, ist noch nicht ganz abzusehen, aber da ich schon den dritten Roman (Band 5 + 6) dieser Trilogie gelesen und besprochen habe, kann ich verraten, dass einige der hier vorgestellten Figuren sich ins Universum der fünf Galaxien hinauswagen und dort einiges verändern werden.

Hinweise

Die gehäuften Fehler in diesem zweiten Band des Romans führen zu einem Punktabzug.
Der Heyne-Verlag hat die zwei Hälften von „Brightness Reef“ wieder zusammengefügt und zusätzlich auch als E-Book veröffentlicht.

Taschenbuch & E-Book: 411 Seiten
Originaltitel: Brightness Reef (Kap. 17-28), 1995;
Aus dem Englischen von Marcel Bieger
ISBN-13: 978-3442247608

www.goldmann-verlag.de

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