David Lagercrantz – Verfolgung (Millennium 5)

Die Handlung:

Im Frauengefängnis Flodberga herrscht ein strenges Regiment. Alle hören auf das Kommando von Benito Andersson, der unangefochtenen Anführerin der Insassinnen. Lisbeth Salander, die eine kurze Strafe absitzt, versucht tunlichst, den Kontakt zu vermeiden, doch als ihre Zellennachbarin gemobbt wird, geht sie dazwischen und gerät ins Visier von Benitos Gang. Unterdessen hat Holger Palmgren, Lisbeth Salanders langjähriger Mentor, Unterlagen zutage gefördert, die neues Licht auf Salanders Kindheit und ihren Missbrauch durch die Behörden werfen. Salander bittet Mikael Blomkvist, sie bei der Recherche zu unterstützen. Die Spuren führen sie zu Leo Mannheimer, einem Finanzanalyst aus sehr wohlhabendem Hause. Was hat dieser mit Lisbeth Salanders Vergangenheit zu tun? Und wie soll sie den immer schärfer werdenden Attacken von Benito und ihrer Gang entgehen? (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Er hatte es angekündigt und er legt nach. David Lagercrantz schien von seiner Story so überzeugt, dass er nach dem Erfolg seines letzten MILLENNIUM-Romas direkt zwei weitere angekündigt hatte. Dieses ist also die erste Fortsetzung … die nächste soll 2019 erscheinen. Und bis dahin? Bis dahin hören wir mal, was uns der Sprecher diesmal zu erzählen hat. Die Prämisse klingt ja schon mal interessant, wenn auch das Thema „Gewalt in Gefängnissen“ literarisch und vor allem auch im TV bereits zuhauf beackert wurde. Aber Lisbeth ist kein Weichei … die wirds schon überstehen, oder?

Gehen wir mal davon aus … denn wirklich oft und viel hören wir nicht von ihr. Wenn, dann gibts ’ne Prügelei oder sie sitzt am Computer. Soll sie wohl auch, denn sie ist eine Hackerin, die für Ihre „Untaten“ im letzten Roman für zwei Monate hinter Gittern muss. Auf der anderen Seite stehen diesmal gleich zwei Antagonistinnen. Eine „Wissenschaftlerin“ und eine Gang-Chefin, die sich selbst „Benito“ nennt … beide mit jeder Menge Klischees behaftet, als ob das Abenteuer direkt fürs Popcorn-Kino geschrieben wurde … war vermutlich auch so.

Neben Lisbeth und ihrem stationären Aufenthalt gibts natürlich auch noch Kalle „Fucking“ Blomkvist und diesmal einen der wenigen Menschen, der sie als Kind gut behandelt hat, Holger Palmgren. Dessen Hintergrundgeschichte ist offenbar in Teilen verändert worden, wie aufmerksame Leser festgestellt haben … ich selbst konnte mich nicht mehr dran erinnern. Für Fans und Puristen ist das na klar immer sehr ärgerlich und deutet auf eine Nachlässigkeit des Autors hin. Palmgren bekommt Dokumente zugespielt, die nicht nur mehr Licht auf Lisbets Vergangenheit werfen, sondern auch nahelegen, dass noch viel mehr Kinder in Schweden zu Forschungszwecken gelitten haben.

Lisbet versucht also weiterhin alle Bullys dieser Welt zu bestrafen … am liebsten mit ihrer schärfsten Waffe, ihrem Verstand und ist weiter auf der Suche nach Fakten über ihre Kindheit. Spannend und unterhaltsam schon, aber irgendwie hat sie mir in den ersten drei Romanen von Larsson besser gefallen. Vielleicht war sie da noch neuer, unverbrauchter und mehr edgy für mich. Die Suche nach der Vergangenheit dauert für mich jetzt schon ein wenig zu lange.

Das Hörerlebnis:

„Wir brauchen einen neuen Dietmar!“ … meinte wohl der Verlag und ersetzte nach dem letzten MILLENNIUM-Abenteuer Bär durch Wunder. Und wie schlägt sich der neue Dietmar nun so?

Ziemlich gut. Dietmar Wunder ist zum Glück ein Sprecher, der nicht nur bei Dialogen zeigen kann, dass ein guter Synchronsprecher ist und folglich auch beim Sprechen jede Menge Schauspiel vor dem Mikro zeigen kann und muss. Er kann auch als einer der wenigen deutschen Sprecher die beschreibenden Szenen … also alles, was zwischen dem gesprochenen Dialogwort steht … prima vermitteln.

Und so schafft er es schnell, den Hörer in seinem Hörkopfkino zu finden und an sich zu binden. Eindringlich schildert er die Begebenheiten und bringt dabei auch das Gefühlsleben der Charaktere prima ins Ohr.

Dafür gibt er bei den Dialogen den Figuren wenig wiedererhörbare Eigenheiten mit und auch bei den Gesprächen selbst ist der Unterschied zwischen den Sprechern nicht immer so gut auszumachen wie bei Genrekollegen. Dennoch kommts nicht zu Verwechslungen und auch die weiblichen Charaktere spricht er, ohne sich allzu sehr stimmlich zu verbiegen. Er klingt dann einfach nur ein wenig weicher.

Der Autor und der Sprecher:

David Lagercrantz, 1962 geboren, debütierte als Autor mit dem internationalen Bestseller »Allein auf dem Everest«. Seitdem hat er zahlreiche Romane und Sachbücher veröffentlicht, zuletzt die virtuos geschriebene Lebensgeschichte Zlatan Ibrahimovics. Lagercrantz ist verheiratet und lebt in Stockholm.

Dietmar Wunder leiht seit Jahren Hollywoodstars wie Adam Sandler, Cuba Gooding Jr. und Daniel Craig seine Stimme. Außerdem ist er als Dialogregisseur tätig und ein sehr gefragter Hörbuchsprecher. (Verlagsinfos)

Die MP3s und das Booklet:

Die MP3s sind mit 192 Kbps und 44.1 kHz in Joint Stereo konvertiert worden, was absolut ausreichend und ok ist für eine Lesung. Der Dateiname beginnt immer mit einer 0, was sich mir nicht erschließt, gefolgt von der Nummer der CD, die wir gerade eingelegt haben. Dann kommen die Nummern des aktuellen Tracks, danach der Nachname des Autors und der Titel der Lesung.

Die ID3-Tags selbst enthalten den Dateinamen, den Autorennamen und den Titel des Hörbuchs. Der Name des Sprechers fehlte mir hier genauso wie das Cover.

Das Booklet ist fest im Digipak verklebt und enthält eine Art Vorwort zur generellen und speziellen Fortsetzung der MILLENNIUM-Serie vom Autor Thomas Krüger. Warum gerade er hier schreibt, war mir nicht recht klar. Ein wenig schwer zu lesen ist der dünne, schwarze Text auf knallig rotem Untergrund. Außerdem gibts noch Infos zu Stieg Larsson, David Lagercrantz, Dietmar Wunder und Verlagswerbung zu sehen.

Die MILLENNIUM-Reihe:

Verblendung
Verdammnis
Vergebung
Verschwörung
Verfolgung

Mein Fazit:

Lisbeth wird verfolgt und verfolgt ihre eigene Vergangenheit. Unterstützt wird sie diesmal von zwei Männern, im Knast muss sie sich Frauen erwehren. Unterhaltsam und spannend ists schon, aber irgendwie fehlte mir ein wenig die Aufregung und Frische, die ich in den ersten MILLENNIUM-Romanen erlebt habe. VERFOLGUNG ist mehr ein Drehbuch zum Film als ein Roman für mich.

Dietmar Wunder schaffte es dabei prima, mich mehr für die Story zu begeistern und mehr Spannung aufzubauen als es die Geschichte in manchen Teilen getan hat. Interessanterweise fesselten mich seine beschreibenden Szenen mehr als seine Dialoge. Und da es hier gefühlt jede Menge Beschreibungen, Erläuterung und Erklärungen gibt, passte das gut.

Gut fand ich auch die Kürzungen, denn die tun diesem Roman sehr gut und machen das Hörerlebnis kurzweiliger.

Ich mutmaße jetzt einfach mal so ins Blaue, dass der nächste Teil „Vernichtung“ heißen wird … zumindest im Deutschen. Fürs Original werden immer originellere Titel gewählt. Wenns hier halt nicht mit „Ver…“ anfängt, dann würde es vermutlich keiner kaufen, schließlich haben wir das schon immer so gemacht …

Gekürzte Lesung auf 2 MP3-CDs
Spieldauer: 10:01 Std.
Gelesen von Dietmar Wunder
Originaltitel: Mannen som sökte sin skugga
Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein
ISBN-13: 978-3837138832

www.randomhouse.de/heyne

Auch ungekürzt mit 12:22 Std. Spieldauer erhältlich.

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