Elspeth Cooper – Die wilde Jagd (Die wilde Jagd 2)

Die wilde Jagd

Band 1: „Die Lieder der Erde“
Band 2: „Die wilde Jagd“
Band 3: „The Raven’s Shadow“ (noch ohne dt. Titel)
Band 4: „The Dragon House“ (noch ohne dt. Titel)

Teia ist ein junges Mädchen aus dem Wolfsclan, und sie steckt in ziemlichen Schwierigkeiten, denn sie ist den ehrgeizigen Zielen der Clansprecherin Ytha in die Quere geraten. Das allein wäre schon bedrohlich genug, aber Teia ist außerdem eine Seherin. Und sie hat gesehen, welche Folgen die Umsetzung von Ythas Plänen nach sich ziehen würde …

Gair kann seit Ayshas Tod an nichts anderes als Rache denken. Um ihn abzulenken, schleppt Alderan den Jungen gegen dessen Willen auf seine Suche nach dem Verbleib der Sternensaat mit. Ausgerechnet nach Gimrael, Ayshas Heimatland …

Elspeth Coopers Einstieg in den zweiten Teil ihres Zyklus ist ein wenig ungewöhnlich. Denn sie beginnt mit einer kurzen Szene über Savin, die keine zeitliche Zuordnung erlaubt, wendet sich dann ausführlich Teia zu und unterbricht diesen Strang immer wieder für einen kurzen Blick auf Savin. Es dauert eine Weile, bis dabei deutlich wird, dass es sich bei den Ereignissen um Savin um Rückblenden handelt. Da auch diesmal wieder die Wechsel teilweise mitten im Kapitel stattfinden, ohne gekennzeichnet zu sein, brauchte es wie schon beim ersten Band ziemlich lange, ehe ich mich eingelesen hatte. Immerhin war es ein wenig einfacher als beim ersten Mal, da der Leser es zu Anfang nur mit zwei Erzählperspektiven zu tun hat.

Gair, der im ersten Band die wichtigste Figur war, taucht dagegen erst nach zweihundert Seiten auf, als die Autorin ihre Erzählung schon ein Stück erweitert hat. Wobei „erweitert“ relativ ist, denn mit Gairs Auftauchen verschwindet Savin komplett von der Bildfläche, und auch der Spähertrupp an der Nordgrenze des Reiches sowie die Ereignisse um Tanith und Ansel sind kaum mehr als Randerscheinungen.

So liegt das Hauptaugenmerk eindeutig auf Teia.

Teia wirkt zu Beginn ziemlich zerbrechlich. Sie lässt alles über sich ergehen, was Ytha und der neue Häuptling Drwyn mit ihr vorhaben. Und doch steckt von Anfang an ein Keim des Widerstands in ihr, der immer weiter wächst, je deutlicher die Konsequenzen von Ythas Ehrgeiz in Teias Visionen werden.

Ytha ist nicht nur ehrgeizig, sondern auch intelligent. Sie merkt recht bald, dass sie Teia nicht für ihre Zwecke benutzen kann, und würde sie am liebsten aus dem Weg räumen. Und auch Drwyn lässt sich bei Weitem nicht so leicht lenken, wie sie sich das wünschen würde.

Drwyn ist ebenfalls ehrgeizig, allerdings fehlen ihm Ythas Geduld und Weitblick. Der jähzornige und brutale junge Mann will Macht, Ruhm und einen Erben, und obwohl er bisher auf Ytha gehört hat, um diese Ziele zu erreichen, stinkt es ihm allmählich gewaltig, dass sie ihn ständig herumkommandiert.

Sie alle sind ganz gut ausgearbeitet, wobei ich mir in Teias Fall gewünscht hätte, die Autorin wäre nicht gar so ausführlich auf ihre Ängste und Alpträume eingegangen. Vielleicht sollten sie Spannung erzeugen, stattdessen führten sie irgendwann eher zu Überdruss. Dafür hätte Ytha etwas mehr Detail vertragen. Erst ganz am Ende des Buches zeichnet sich allmählich ab, was die Clansprecherin antreibt, und sollte sich dieses Motiv bewahrheiten, wäre ich fast ein wenig enttäuscht.

Trotzdem fand ich es gut, dass Teia Gair ein gutes Stück an den Rand gedrängt hat. Denn der Junge ging mir in diesem Band gehörig auf die Nerven! Sein Schmerz und seine Rachegelüste sind durchaus nachvollziehbar … oder besser: sie wären es! Wenn Gairs Erinnerungen an Aysha sich auch noch um etwas anderes drehen würden als Bettszenen! Aysha mag ja durchaus schön und faszinierend gewesen sein, jedoch wird in keinem der beiden Bände deutlich, was genau Gair an dieser Frau eigentlich geliebt hat, denn im Grunde besteht/bestand die ganze Beziehung nur aus Sex. Gairs Erinnerungen wärmen all das auf, von dem ich eigentlich gehofft hatte, dass es mit Ayshas Tod erledigt sei, mit dem einzigen Unterschied, dass er sich jetzt auch noch selbst bemitleidet.

Und diesmal konnte mich Ansel nicht über dieses ermüdende Geplänkel hinwegretten, weil die Autorin ihm lediglich zwei Kapitel zugestanden hat. Auch der Erzählstrang um Tanith reichte dafür nicht aus, obwohl die Figur des Ailric mit ihrer penetranten Hartnäckigkeit mich ausgesprochen misstrauisch und die Ereignisse in Bregorin mich mindestens ebenso neugierig gemacht haben. Selbst die Zuspitzung der Situation in Al Maqqab war kein Ausgleich für Gairs ständiges Gejammer, weil Gair sie selbst verschuldet hatte. Mein Mitleid mit ihm hielt sich derart in Grenzen, dass selbst auf den letzten Seiten keine echte Spannung mehr aufkommen wollte. Stattdessen schloss ich das Buch mit dem Gedanken, dass Gair im nächsten Band hoffentlich ein paar heilsame Erfahrungen macht, die ihm den Kopf wieder zurechtrücken.

So war dieser zweite Band am Ende genauso durchwachsen wie der Erste. Die Kultur der Clans war gut entworfen und dargestellt, und der Handlungsstrang um die Grenzspäher macht – zusammen mit Gairs Erlebnissen – die prekäre Gesamtlage des Kaiserreiches deutlich. Für einen echten Spannungsbogen hat dies aber nicht gereicht, da diese Zusammenhänge im Vergleich zu Gairs oder Teias persönlichem Erleben zu schwach gewichtet sind.

Die vielen neuen Ideen, die Elspeth Cooper angedeutet hat, sind ebenfalls zu schwach ausgearbeitet, um mehr als eine Vorbereitung auf wichtigere Dinge im nächsten Band zu sein, denn warum genau das Turnier und die folgende Verhandlung unter Ansels Vorsitz für die weitere Geschichte wichtig sein sollten, ist bisher genauso wenig ersichtlich wie Ailrics Absichten.

Schade fand ich auch, dass Savin erneut so stiefmütterlich behandelt wurde. Die Rückblenden erklären zwar einige seiner Absichten und Pläne, es folgen aber keine Taten. Hätte die Autorin Savin weitere Schritte unternehmen lassen, ihm sogar einen kleinen Teilerfolg gegönnt, und das in direktem Zusammenspiel mit dem Geschehen in Gimrael, hätte dies Alderans Suche spürbar unter Druck gesetzt und damit sicherlich für mehr Spannung gesorgt als die ständigen Andeutungen über die drohenden Aussichten auf die Wilde Jagd.

Weil wir gerade bei der Wilden Jagd sind: sicher, sie spielt eine große Rolle, vor allem in Teias Alpträumen. Und ja, der Originaltitel des Buches, „Trinity Rising“, ist nicht einfach wörtlich zu übersetzen. Trotzdem finde ich es äußerst unglücklich, dass der Verlag als deutschen Titel für diesen zweiten Band den Namen des Gesamtzyklus gewählt hat.

Bleibt zu sagen, dass ich die Frage, ob ich an diesem Zyklus weiterlesen soll oder nicht, nicht mehr ganz so eindeutig beantworten kann. Der zweite Band hat die Hoffnungen, die ich nach der Lektüre des Vorgängers in ihn gesetzt hatte, nicht wirklich erfüllt. Andererseits hat der statt dessen eine Menge anderer Dinge geboten, die durchaus lesenswert waren, und auch einige neue Details, die neugierig machen auf mehr. Falls ich den dritten Band lesen sollte, hoffe ich allerdings, dass zum einen Gair sich endlich zusammenreißt, und zum anderen, dass sich die Balance zwischen den persönlichen Geschichten der Hauptfiguren und dem großen Ganzen etwas verbessert, damit der rote Faden, die Bedrohung der Welt durch die Machtgier zweier Magier, etwas deutlicher zu Geltung kommt und sich ein echter Spannungsbogen aufbauen kann.

Elspeth Cooper stammt aus dem Nordosten Englands und ist vernarrt in Bücher, seit sie allein lesen kann. Vor allem Epen haben es ihr angetan. Nach der Schule arbeitete sie zunächst für eine Softwarefirma, bis die Diagnose Multiple Sclerose ihre Bewegungsfähigkeit einschränkte, woraufhin sie sich dem Schreiben widmete. „Die Lieder der Erde“ ist ihr erster Roman und der erste Band ihres Zyklus Die wilde Jagd. Der dritte Band mit dem Titel „The Raven’s Shadow“ soll im Juli dieses Jahres erscheinen, der letzte Band „The Dragon House“ ist für 2014 geplant.

Taschenbuch 590 Seiten
Originaltitel „Trinity Rising“
Aus dem Englischen von Michael Siefener
ISBN-13: 978-3-453-52802-4

http://elspethcooper.com/blog
http://www.heyne.de

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