Geoff Ryman – Der Orden der Frauen

Die Rache der jungen Kriegerin

Eine junge Frau rächt die Ermordung ihrer Mutter und die Gewalt an ihrer Familie. Um ihr Ziel zu erreichen, muss sie verschiedene Verwandlungen durchlaufen, bevor sie in der Lage ist, die Mörder zu stellen und zu besiegen. Die Botschaft ist pazifistisch und enthält Aussagen über das Leben an sich, dennoch ist das Buch auch spannend und weist mit der Schilderung lesbischer Liebe eine Besonderheit auf.


Der Autor

Geoff Ryman wurde 1951 in Kanada geboren, zog aber mit elf Jahren in die USA. Seit 1973 lebt er in Großbritannien. Mit „Der Orden der Frauen“ gab er 1985 sein Romandebüt. Besonders beeindruckte mich seine Novelle „The Unconquered Country / Das unbesiegte Land“, die mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde. Diese Geschichte erschien 1984 in dem englischen Science-Fiction-Magazin Interzone und erhielt den World Fantasy Award. Sie machte Ryman mit einem Schlag weithin bekannt.

Für seinen Roman „The Child Garden: A Low Comedy“ erhielt Ryman 1992 den Arthur C. Clarke Award und den John W. Campbell Memorial Award. Im gleichen Jahr erschien mit „Was…“ auch seine Bearbeitung des Themas von “The Wondrous Wizard of Oz“ (1900).

Handlung

Die Mutter der jungen Cara wurde vor ihren Augen ermordet, ihre Familienmitglieder verstümmelt. Nun tritt sie zwar in einen „Orden der Frauen“ ein, doch dient dieser nur als Mittel zum Zweck ihrer Rache am Mörder. Dazu verwandelt sie sich mit Hilfe des im Orden erworbenen magischen Wissens in einen Mann, der eine lebendige Rüstung trägt (daher der Originaltitel „The warrior who carried life“), und zieht so in den Kampf.

Der Feind, das sind unmenschliche Wesen, die sich in einer Stadt eine Art Samuraischule aus Mutanten halten und mit diesen das umliegende Land mit Krieg überziehen. Kurzum: Sie stellen das böse Prinzip dar.

Jetzt wird es interessant. Ein junges Mädchen verliebt sich in den Krieger Cara, es wird von ihm bzw. ihr schwanger. Zusammen begeben sie sich auf die Reise zu einem von Frauen regierten Hort des Wissens, wo Cara den Tod erfährt. Durch die Liebe zu Stefile kann sie jedoch aus der Totenwelt zurückkehren, wenn auch innerlich gewandelt.

Schließlich gelingt in einer fast apokalyptisch anmutenden Kampfaktion, in die auch ein göttliches Wesen eingreift, die Befreiung des Landes von den Barbaren und die Erfüllung ihrer Rache. Cara verwandelt sich zurück, sehr zum Kummer ihrer Geliebten.

Mein Eindruck

Dieser untypische Fantasy-Roman hat durchgehend Verwandlungen zum Thema, innerliche wie äußere. Verwandlung aber ist das Entwicklungsprinzip des Lebens. Der zuweilen grausame Charakter des Lebens wird in poetischen Bildern, die der Autor wie einen Traum heraufbeschwört, nie unterdrückt oder verdrängt. Vielmehr wird diese Grausamkeit immer mit freimütiger Aufrichtigkeit dargestellt. Das fordert das Nervenkostüm des Lesers ganz schön heraus.

Erstaunlich sicher baut der junge Autor die ureigene Wirklichkeit und Wahrheit seiner Erzählung auf. Sprache und Erzählweise, so fand ich, können mitunter zu distanziert wirken, so dass sich der Leser schlecht einfühlen kann. Doch Rymans Erzählstil kommt mehr vom modernen Roman her, der in knappen Andeutungen tiefe und intensive Emotionen sowie bedeutende Ereignisse darstellen will. Nichtsdestoweniger poetisch ausdrucksvoll ist der Roman geraten.

Unterm Strich

Mit diesem Fantasyroman revidierte der junge Autor die Regeln, die bis dahin für das Fantasygenre zu gelten schienen. Zwar kommen Drachen und Krieger vor, eine Queste sowie Aberglaube in einem Dorf, aber die Hauptfigur ist das entscheidende Element, das sich von den üblichen Heroen unterscheidet. Cara ist sowohl Frau als auch Mann, ein Mensch des Wissens wie auch der Tat, des Lebens und des Todes. Sie muss die Unterwelt besuchen, wird aber durch die Liebe erlöst.

Durch diese Prüfungen erweist sie sich als würdig, das Land von den mörderischen Barbaren zu befreien. Dieser finale Höhepunkt erscheint aber nicht mehr als der Endzweck von Caras Entwicklung, sondern lediglich die Erfüllung einer Aufgabe, quasi um ihren Racheschwur erfüllen zu können. Viel wichtiger ist ihre Liebe zu Stefile, das gemeinsame Kind mit ihr und das Leben in der Gemeinschaft des Ordens. Die Botschaft ist pazifistisch. Wer also dachte, hier käme man in puncto Action auf seine Kosten, der irrt gewaltig und sollte sich woanders umsehen, etwa bei Michael Moorcock.

Leider ist dieser beeindruckende Roman hierzulande nur noch im modernen Antiquariat sowie bei Ebay & Co. zu bekommen.

Taschenbuch: 215 Seiten
Info: The warrior who carried life, 1985

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