Jean-Christophe Grangé – Das Herz der Hölle (Lesung mit Musik)

Zwischen Teufelspakt und Höllenfahrt

Als der Kripobeamte Mathieu Durey erfährt, das sein Kollege und bester Freund Luc versucht hat, sich das Leben zu nehmen, will er die Hintergründe ermitteln. Notfalls auf eigene Faust. Bald schon stellt sich heraus, dass Luc an einem mysteriösen Fall gearbeitet hat. Die Spur führt in die entlegenen Winkel Europas, zu einer merkwürdigen Mordserie und geradewegs ins Herz der Hölle …

Der Autor

Jean-Christophe Grangé stammt aus einer Reporterfamilie und hat schon früh mit dem Recherchieren von Fakten angefangen. 1996 beschäftigte er sich mit dem Thema Genetik. Aus dem Gedankenspiel eines abgeschlossenen Experimentierfeldes entstand der Roman „Die purpurnen Flüsse“, der zu einem nationalen Bestseller wurde und den Franzosen ihr eigenes Thrillergenre bescherte.

An diesen Erfolg schloss der beredte und gebildete Grangé mit „Der Flug der Störche“, „Der steinerne Kreis“ und mit „Das Imperium der Wölfe“ an. Dieser Roman wurde 2005 mit Jean Reno verfilmt. Zuletzt erschienen von Grangé „Das schwarze Blut“ und „Das Herz der Hölle“.

Jean-Christophe Grangé auf Buchwurm.info:

[„Die purpurnen Flüsse“ 936
[„Das Imperium der Wölfe“ 1348
[„Der steinerne Kreis“ 1349
[„Das schwarze Blut“ 2286

Der Sprecher

Joachim Kerzel, 1941 in Hindenburg/Oberschlesien geboren, erhielt seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Als gefragter Synchronsprecher leiht er Jack Nicholson, Dustin Hoffman, Dennis Hopper und vielen anderen Stars seine sonore Stimme.

Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir seine Beteiligung an der Hörbuchfassung von Stephens Kings [„Das Mädchen“, 115 die er zusammen mit Franziska Pigulla bestritt. Seine charismatische Stimme macht aus jedem Gegenstand etwas Grandioses. Daher ist er häufig auch in der Werbung zu hören, so etwa zu den Medienproduktion um Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung.

Die Textfassung wurde von Dr. Arno Hoven bearbeitet, Regie führte Marc Sieper, als Tonmeister fungierte Dicky Hank, der auch die Inszenierung und Sounds beitrug. Die Musik stammt von Andy Matern.

Der Komponist

Andy Matern wurde 1974 in Tirschenreuth, Bayern geboren. Nach seiner klassischen Klavier-Ausbildung arbeitete er einige Jahre als DJ in Clubs. Seit 1996 ist er als freiberuflicher Keyboarder, Produzent, Remixer, Songwriter und Arrangeur tätig. Er kann trotz seiner jungen Jahre bereits mehr als 120 kommerzielle CD-Veröffentlichungen vorweisen. Darunter finden sich nationale und internationale Chart-Platzierungen mit diversen Gold- und Platin-Auszeichnungen.

Bereits Andy Materns erste Hörbuch-Rhythmen erreichten schnell Kultstatus bei den Fans und der Fachpresse. Durch seine musikalische Mitarbeit wurde „Der Cthulhu-Mythos“ zum besten Hörbuch des Jahres gewählt (Deutscher Phantastik Preis 2003). Andy Matern lebt und arbeitet in München. (Verlagsinfos)

Handlung

Mathieu Durey, ein 35-jähriger Kripobeamter in Paris, ist erschüttert. Er hat erfahren, dass sein bester Freund und Kollege Luc Souberan in Chartres einen Selbstmordversuch unternommen habe und seitdem im Koma liege. Mathieu kommt der Suizidversuch völlig unlogisch vor, denn für einen so religiös erzogenen und ausgebildeten Menschen wie Luc wäre das einer Todsünde gleichgekommen. Selbstmörder werden deshalb von der katholischen Kirche, von der auch Mathieu ausgebildet wurde, nicht in geweihter Erde bestattet. Was also kann Luc zu dieser Tat getrieben haben?

Lucs Frau Laure, die mit ihm zwei Töchter hat, ist keine Hilfe bei der Ermittlung der Hintergründe, und Lucs Kollegen mauern. Deshalb fährt Mathieu nach Chartres zum Flussufer, wo es passiert ist. Der Gärtner, der ihn gefunden hat, erwähnt drei wichtige Details. Luc hat die Schleuse, die ihn abtrieb, selbst fünf Minuten zuvor geöffnet; Luc hatte sich Steine, die der Gärtner zuvor zurechtschneiden musste, in die Manteltaschen gesteckt, um auch wirklich unterzugehen; und er hatte eine Münze in seiner Hand, die den Erzengel Michael zeigt, einen traditionsreichen Schutz von Mönchen gegen die Macht des Teufels.

Dass Luc sich sehr für die Existenz des Bösen interessierte, weiß Mathieu schon seit dreizehn Jahren, als Luc ihm sagte, er werde nicht eine Dissertation über das Böse schreiben, sondern in die Polizeiakademie eintreten, um das Böse an der Front selbst zu bekämpfen. Wenige Jahre später, nach schrecklichen Erfahrungen in dem vom Völkermord heimgesuchten Ruanda, wurde auch Mathieu Polizist, erst bei der Sitte, dann bei Lucs Mordkommission. Sie bildeten ein erfolgreiches Spitzenteam mit hoher Aufklärungsrate. Doch Luc setzte unkonventionelle, um nicht zu sagen illegale Mittel ein, die man auch korrupt hätte nennen können. Im Gegensatz zu Mathieu bekämpfte er das Böse auch mit dem Bösen selbst.

Laure erlaubt Mathieu, Lucs Arbeitszimmer zu durchsuchen. Mathieu staunt: Luc hatte eine komplette Bibliothek mit Aktenordnern über sämtliche Erscheinungsformen des Bösen angelegt, vor allem in den Jahren 1990 bis 2002. Unter den Abbildungen fällt ihm besonders die geflügelte Skulptur eines syrischen Dämons namens Pazuzu auf, der besonders für üble, krankheitsbringende Winde verantwortlich gemacht wurde. Laure erwähnt, dass Luc gesagt habe, er habe „den Schlund“ gefunden. Was kann Luc damit gemeint haben?

Luc interessierte sich bei der Drogenfahndung besonders für einen Algerier namens Massy Lafoui, der von jemandem ermordet wurde, den eine inzwischen getötete Zeugin als „Priester“ beschrieb. Dieser Lafoui war nicht nur ein Bierbrauer, sondern auch ein Dealer und Hotelbesitzer mit einer Vorliebe für Afrikanerinnen. Aber was wollte Luc von ihm? Wenig später gelingt es Mathieu, Lucs Kollegen Doudou auszuquetschen. Luc hatte Lafoui erpresst und im Gegenzug mit Konzessionen versorgt. Aber zuletzt arbeitete Luc an bestimmten Verbrechen in der Gegend von Besancon, genauer gesagt: in dem Dorf Sartouy an der Schweizer Grenze. Dort will Luc den „Schlund“ gesehen haben.

Sartouy

Weil alle Zeichen auf Sartouy weisen, lässt sich Mathieu eine Dienstreise ohne dienstliche Befugnisse dorthin genehmigen. Luc war fünfmal hier, besonders ab dem vergangenen Juli. Weil die Behörden jede Zusammenarbeit mit diesem Pariser Journalisten verweigern, baggert Mathieu andere Journalisten an. Und von denen erfährt er so einiges, das ihn weiterbringt. Anscheinend geht in Sartouy der Teufel um, glaubt man der Sensationspresse.

Eine angesehene Uhrmacherin namens Sylvie Simonis, die vor 14 Jahren ihre Tochter Manon verloren hatte, wurde im Wald nahe einem Bergkloster auf schauerliche Weise zu Tode gebracht. Ihr Martyrium, so der Gerichtsmediziner Valery, muss Tage gedauert haben. Seltsam war, dass man in ihrem Brustkorb selbstleuchtende Flechten fand. Die Klostervorsteherin Marielène Rosaria sagt, Sylvie sei nach dem Tod ihrer Tochter häufig zur Einkehr im Kloster gewesen, das von keinem Orden mehr geführt wird.

Besonders habe Sylvie belastet, dass man sie für den Tod ihrer Tochter verantwortlich machte. Die erst acht Jahre alte Manon soll 1988 vom Teufel besessen gewesen sein, bevor jemand sie in den Schacht eines Klärwerks warf und sie ertrank. Doch begraben ist Manon nicht wie ihre Mutter in Sartouy, sondern in der Schweiz. Merkwürdig. Ebenso wie die satanistischen Merkmale an Sylvies Fundort: ein umgekehrtes Kreuz, das in ihrer Vagina steckte, und ein eingeritzter Satz in einem Baum: „Ich beschütze die Lichtlosen.“ Was ist damit gemeint?

Catania

Luc stellte auch in Catania auf Sizilien Ermittlungen an. Dort hat Agostina Gedda ihren Mann ermordet und dazu ein Geständnis abgelegt. Das war im April 2000. Sie sitzt zwar im Gefängnis, aber bis heute haben die Anwälte des Vatikans ein Urteil verschleppt. Mathieu wundert sich: Was hat denn der Heilige Stuhl damit zu schaffen? Sein Freund, ein Mailänder Anwalt, berichtet, dass ebendiese Agostina Gedda ein vom Vatikan anerkanntes Wunder erlebt hatte, als sie ein Mädchen war. Es wäre äußerst, ähem, kontraproduktiv (will heißen: schlecht fürs Image), würde eine Wunderfrau nun als vom Teufel besessene Mörderin verurteilt bekannt werden.

Dass Agostina tatsächlich vom Teufel besessen zu sein scheint, erlebt Mathieu hautnah selbst, als er sie im Gefängnis besucht. Und er fragt sich mit wachsender Besorgnis, was es war, das Luc von ihr wollte – oder sogar bekam …

Mein Eindruck

„Gibt es den Teufel wirklich?“ Dieser Frage geht der Autor nach und nimmt sie dabei sehr ernst. Man muss vielleicht Katholik sein, um an die Existenz des Teufels zu glauben, aber andererseits ist Frankreich ja auch ein ziemlich katholisches Land. Es gibt wie in Italien Priesterseminare und Klöster, die von diversen Orden wie etwa den Zisterziensern und Benediktinern gegründet und betrieben werden. Die Kirche und das Militär sind Wege, auf denen auch arme junge Leute den gesellschaftlichen Aufstieg an den Universitäten vorbei schaffen können. Wie in Italien und Spanien mag die Kirche zwar an Einfluss verlieren und fortschrittliche Kräfte mögen sie bekämpfen, doch sie hat nichtsdestoweniger ein hohes Ansehen.

Was die Frage nach dem Einfluss ihres Widersachers aufwirft. Terroristische Anschläge werden als Werk Satans aufgefasst, und wenn wieder mal ein Kind verhungert, so bringt auch dies zu Bewusstsein, dass das Böse vor allem die Abwesenheit des Guten bedeutet. Das hat bislang auch Mathieu Durey geglaubt, aber sein Bruder im Geiste Luc Souberan belehrt ihn eines anderen. Das Böse existiert, es hat Gestalt angenommen und hat sich in der Gesellschaft, der Kultur des Westens eingenistet, und zwar auf allen Ebenen. So weit, so schlecht.

Der Teufel und seine Anhänger haben aber ein Problem: Es gibt keine Bibel des Bösen. Wenn sich aber nun das Böse manifestiert, so müsste sich vielleicht auch eine Botschaft des Teufels empfangen lassen. Fast man diese Botschaften zusammen, so könnte man eine schwarze Bibel produzieren, ein Buch, das des prophezeiten Antichristen würdig wäre. Das Problem steckt in den Manifestationen.

Luc ist auf ein besonderes Phänomen gestoßen, hat es erforscht und einen Selbstversuch unternommen, um seiner selbst teilhaftig zu werden. Die Nahtoderfahrung im Koma hat Agostina Gedda und andere Menschen auf einen Pfad geführt, der statt wie sonst zu Licht und Liebe zu einer Begegnung mit dem absoluten Bösen und dem „Herz der Hölle“ geführt hat. In der Begegnung mit Agostina glaubt Mathieu allmählich, dass sich Satan wirklich in ihr Herz geschlichen hat. Sie führt obszöne Reden, wird anzüglich, ein übler Gestank verbreitet sich, und die Temperatur fällt beträchtlich. Mathieu ist Mönch und Theologe genug, um alle Anzeichen zu erkennen, die mit dem Erscheinen des Teufels assoziiert werden.

Die Lichtlosen

Agostina ist nur eine jener „Lichtlosen“, von denen Luc annimmt, dass sie eine Botschaft empfangen haben. Eine weitere ist Manon Simonis, die angeblich ertrunkene Tochter von Sylvie aus Sartouy. Hinter dieser sind nicht nur jene Killer her, die sich als „Teufelssklaven“ betrachten und Mathieu aus dem Weg räumen wollen, sondern natürlich auch Luc, sobald er aus seinem Koma erwacht ist. Bestimmt erinnert sich doch Manon an ihre Begegnung mit dem Herrn der Finsternis, als sie ihre Nahtoderfahrung hatte, oder? Nein, tut sie nicht, wie sie Mathieu glaubwürdig versichert. Natürlich ist sie trotzdem in Gefahr, doch Mathieu, der sich heftig in sie verliebt, gewährt ihr seinen männlichen und polizeilichen Schutz.

Die Ritter

In diesem Ringen der Kräfte des Bösen und des Lichts um die Lichtlosen fehlen bislang noch die Ritter. Mathieu lernt sie in Gestalt eines apostolischen Nuntius (Botschafter) aus Polen kennen. Andrzej Zamorskis Organisation wurde unter anderem von Papst Johannes Paul II. gegründet und gesponsert, so dass sie heute über eine Überwachungs- und Kommunikationszentrale auf dem neuesten Stand verfügt. Und Zamorski überwacht Mathieu und Manon auf Schritt und Tritt, also auch, wenn die beiden miteinander ins Bett gehen. Er betrachtet seine Organisation als die modernen Ritter des Kreuzes und Lichts, die (wie ursprünglich wie die Tempelritter) dem Schutz der Pilger und Gläubigen dienen.

Die Grundfrage

Das alles klärt noch nicht die Frage, ob es Satan wirklich gibt. All dieses Brimborium aus Lichtlosen, Teufelssklaven und Rittern ist lediglich Auswirkung eines Phänomens, aber eben nicht das Ding an sich. Allmählich fragt sich Mathieu allerdings, ob es nicht möglich wäre, die Präsenz Satans vorzutäuschen, so als handle es sich um eine Inszenierung und Darbietung – ein fake. Dazu wäre allerdings ein fanatischer und kenntnisreicher Teufelsanbeter nötig. Wer ist dieser Drahtzieher oder „Höllengast“, wie er ihn nennt? Die Suche nach dieser Person führt ihn dorthin zurück, wo alles begann: in einer Höhle tief unter den Gipfeln der Pyrenäen, sozusagen ins Herz der Hölle.

Vorbilder

Bei einem so beliebten Thema gibt es unausweichlich einige Elemente, die dem Leser oder zumindest dem Filmkenner bekannt vorkommen dürften. Die Schnitzeljagd kennen wir schon aus Dan Browns Romanen „Sakrileg“ (verfilmt mit Tom Hanks) und „Illuminati“ (Verfilmung in Vorbereitung, kommt aber wohl erst 2009). Den Dämon Pazuzu kennen wir bereits bestens aus Williams Friedkins Meisterwerk „Der Exorzist Director’s Cut“, denn Pater Merrick (Max von Sydow) wird sein Opfer. Selbstredend kommen auch in Grangés Roman Exorzisten vor, aber zum Glück nur am Rande, sonst hätte der Plot jegliches Terrain im Rationalen verloren und sich zu einer theologischen Allegorie entwickeln können. Pfui Deibel!

Der Sprecher

Joachim Kerzel bietet hier eine herausragende Leistung, von der ich an vielen Stellen beeindruckt war. Es gelingt ihm, fast alle Hauptfiguren des Buches und sogar viele Nebenfiguren unterscheidbar zu charakterisieren. Während alle weiblichen Figuren einen Halbton höher erklingen, muss Kerzel bei den Männern nicht nur die Tonlage variieren, sondern auch die Sprechweise. So redet der Erzbischof von Paris entsprechend sanft, langsam und kultiviert, während sich Ritter Zamorski einer dynamischen, autoritären Ausdrucksweise befleißigt, Der alte Journalist Chopard redet behäbig, und Leute, die sich für schlauer als Mathieu Durey halten – es sind nicht viele – reden arrogant und sarkastisch. Besonders gut gefiel mir Kerzels Darstellung von Mathieus Reaktion auf Manons „herrlichen“ Busen.

Aber wie redet der Teufel? Eine interessante Frage, denn der Teufel kommt zum Erstaunen des Zuhörers viele Male zu Wort. Nun hat ja auch das Böse eine unheilige Dreifaltigkeit: nämlich Satan, den Herrn der Lügen, Beelzebub, den Herr der Fliegen, und Luzifer, den Lichtbringer. Ich empfinde es als passend, dass ein solches Mischwesen nicht nur eine Stimme, sondern mehrere aufweist.

Der Teufel ist grundsätzlich sehr tief und verzerrt zu hören, also unmenschlich. Dieser Effekt lässt sich mit einem elektronischen Soundfilter leicht erzeugen, aber natürlich sollte man beim Einsatz Feingefühl walten lassen. Satan sagt dann solche hochgeistigen Sätze wie „Ich habe dich erwartet“ und den Hölleneid: „Gesetz ist, was wir tun“. Es klingt merkwürdig, wenn die weibliche Figur Agostina Gedda sich solch einer tiefen Stimme bedient.

Manchmal kommt auch eine Verdopplung hinzu. Das klingt dann noch einen Tick unheimlicher. Auf der inhaltlichen Ebene muss man sich dann natürlich fragen, wie viel sich Mathieu davon einbildet und was objektiv „real“ existiert. Mathieu neigt zu Ohnmachtsanfällen – ein unzuverlässiger Chronist.

Musik und Geräusche

Im Unterschied zu früheren Grangé-Lesungen ist diese hier geradezu mit Musik und Geräuschen aufgeladen. Allenthalben erklingen ein Kirchenchoral (genauer: gregorianischer Gesang), romantisches oder melancholisches Piano und jede Menge synthetisch erzeugte Musik. Alles hält sich jedoch dezent im Hintergrund.

Das gilt jedoch nicht für die Geräusche. Ein Schuss ist eben ein Schuss – und muss als potentiell folgenreiches Ereignis auch entsprechend herausgestellt werden und gut zu hören sein. Da es an Actionszenen keineswegs mangelt, hören wir auch jede Menge Schüsse. Mr. Durey ist zwar nicht Mr. Bond, aber es gilt Manon und diverse Geheimnisse zu beschützen, da darf man schon mal die Knarre einsetzen. Besonders gut gefiel mit die rasante Verfolgungsjagd am Simplon-Pass: Die Motorengeräusche und das Reifenquietschen klingen doch recht stilecht.

Unterm Strich

„Das Herz der Hölle“ stellt sozusagen Grangés „Sakrileg“ dar. Was für Dan Brown die Suche nach Maria Magdalena, das ist Grangé die Suche nach der unheiligen Dreifaltigkeit Satan / Beelzebub / Luzifer. Wer nun jedoch befürchtet, es hier mit einer theologischen Abhandlung oder einem religiös verbrämten Ketzerroman zu tun zu haben, ist auf dem Holzweg. Ähnlich wie schon in „Die purpurnen Flüsse“ steht ein rational begründbares Geheimnis und Verbrechen hinter den rätselhaften Ereignissen, und selbstredend kommt wieder mal eine Romanze drin vor.

Wie schon in „Das schwarze Blut“ setzen die Oberschurken mal wieder eine Frankensteinsche Höllenmaschine ein, die, wie nicht anders zu erwarten, ziemliche teuflische Ergebnisse hervorbringt. Und wie dort muss auch die Hauptfigur, der Ich-Erzähler, erkennen, dass er lediglich benutzt wurde und einem unsichtbaren Plan gefolgt ist, der seinem Widersacher in die Hände spielt. Das ist echt fies. Und wie in jedem anständigen Thriller seit dem „Malteser Falken“ wird ihm bzw. uns erst am Schluss alles haarklein erklärt, weil es die Hybris des Schurken verstärkt und enthüllt – und weil der Ich-Erzähler als das Opfer eh nichts mehr gegen den eigenen Tod tun kann. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Der Roman sorgt für eine Menge unterhaltsame Kurzweil, ist spannend, romantisch und unheimlich. Doch wer sich mit dem Teufel nicht auseinandersetzen will, weil er nur Engel vorzieht, der sollte die Finger davon lassen.

Das Hörbuch

Der Sprecher Joachim Kerzel, der schon „Die purpurnen Flüsse“ und „Das schwarze Blut“ vertonte, bietet hier eine ausgezeichnete Leistung. Ihm gelingt es, viele Haupt- und Nebenfiguren angemessen zu charakterisieren und die dramatischen Stellen gefühlvoll, aber keinesfalls übertrieben vorzutragen. Die kleinen Versprecher verzeihe ich ihm gerne.

Hinzu kommen eine Fülle von gelungenen Geräuschen und viele musikalische Motive. Herausragend ist der Einsatz der Stimme des Teufels selbst. Warnung: Dies ist nichts für Nervenschwache. Ich bin jedenfalls froh, dass ich keine 780 Seiten lesen musste, sondern mit einem Hörbuch lediglich acht Stunden für den vollen Unterhaltungswert zu investieren brauchte.

Originaltitel: Mort imminent (Le Serment des Limbes)
Aus dem Französischen übersetzt von Thorsten Schmidt
474 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 9783785733905

http://www.luebbe-audio.de