HUI BUH – Entführung in die Geisterwelt (Neue Welt – Band 2)

Schlafwandler

Sophie freut sich wahnsinnig darauf einige Nächte in Schloss Burgeck bei ihren Freunden Prinz Tommy und dem Gespenst HUI BUH verbringen zu dürfen. Doch schon die erste Nacht ist grausig – nicht, dass das sonst so nervige Schlossgespenst daran Schuld trüge. Ausnahmsweise mal nicht. Dem Geist geht das permanente Gequietsche des ollen Gästebetts, in welchem man Sophie untergebracht hat ebenfalls auf den selbigen. Keiner der Schlossbewohner hat demzufolge ein Auge zugemacht. Grund genug für König Julius sich schlussendlich doch breit schlagen zu lassen, um mit dem gesamten Tross in die Kutsche zu steigen und den Dorfschreiner aufzusuchen, wo ein neues Gästebett bestellt werden soll. Doch auf dem Weg dorthin treffen sie einen fahrenden Händler, der neben allerhand Kuriositäten auch ein sehr schönes, wie ausgesprochen günstiges Bett im Angebot hat. Für nur 50 Taler wechselt dieses in den Besitzer. Julius ist selig: Geiz ist scheinbar doch geil. Und alle scheinen zufrieden. Allerdings gibt es ein buchstäblich böses Erwachen, denn am nächsten Morgen befindet sich die Schlafstatt nämlich nicht mehr im Turmzimmer auf Schloss Burgeck, sondern in der Geisterwelt. Mitsamt der darin liegenden Sophie. Das ist überaus gefährlich, denn Menschen sind in der Geisterwelt mehr als nur unwillkommen …

Eindrücke

Basierend auf dem Hörspiel von Autorin Nesrin Samdereli aus dem Jahre 2008 klöppelten Ulrike Rogler und Simone Veenstra 2010 die Buchfassung zusammen. Hierbei handelt es sich um Band 2 aus dem neuen HUI-BUH-Versum, welches von der Ausrichtung her eher dem 2006er Kinofilm näher ist, als der Originalfassung von Eberhard Alexander-Burgh aus den frühen Neunzehnhundertsiebzigern. Alles ist doch ein wenig moderner geworden, auch was die Aufmachung angeht – war das alte Schlossgespenst mit der rostigen Rasselkette stets als bleiches – nicht nur für eine Kinderserie damaliger Prägung schon erstaunlich morbide – Skelett in Büßergewand mit gefiedertem Schlapphut dargestellt, hat der neue HUI BUH pausbäckig-freundliche Züge und trägt ganz Ritter-like Kettenhemd unterm abgewetzten Waffenrock und einen lustigen Schweif auf dem Helm. Die ehemals martialischen Ketten am Handgelenk seines Vorgängers hat man ebenfalls entschärft, sie baumeln jetzt nur noch lose vom Handgelenk und sind nicht mehr wie früher am – ebenfalls weggefallenen – Halsring des Geistes angeschlagen. Kurzum: HUI BUH ist heute ein anderer. Sein Umfeld ebenfalls. Ein weiteres Mitbringsel der filmischen Umsetzung ist auch die – parallel zu der unsrigen existierenden, schrägen – „Geisterwelt“, welche diesmal eben (mal wieder) Thema ist.

Der schon sehr ikonen-, ja fast schon comichafte, Stil des Remakes symbolisiert, dass neue Zeiten in der Serie angebrochen sind. Doch auch die königliche Familie ist nunmehr voll auf Patchwork getrimmt worden. Konstanzia ist eine Bürgerliche und bringt Sohn Tommy mit in die Ehe und Julius wiederum ist ein recht moderner König, der vor der Vermählung mit Konstanzia ein regelrechter Weltenbummler war. Identifikationsfiguren fürs (junge) Publikum sind inzwischen Tommy und Sophie, nicht mehr allein das ebenso großmäulige wie stümperhafte Gespenst. Allein der schrullige Kastellan hat den Transfer nahezu unverändert überstanden. Höflicher und noch gesetzter ist er geworden – leider geht der Neuauflage der gute, alte Ton komplett ab, bei dem gerne sehr archaische und nicht mehr gebräuchliche Begriffe verwendet wurden. Stattdessen wird auch mal „gefurzt“ oder sich über die „Fleischsäcke“ (Sterbliche) lustig gemacht sowie der eine oder andere laxe Spruch geklopft. Zudem lockern nette, manchmal sogar fast seitenformatfüllende Illustrationen, die Geschichte auf. Die haben absoluten Bezug zur Story. Apropos auflockern: Das Schriftbild ist recht groß und mit ordentlich Zeilenabstand gesegnet, sodass Erwachsene sich vielleicht unter-, Leseanfänger aber sicher nicht überfordert fühlen werden.

Fazit

Band 2 greift erneut das Thema Geisterwelt auf und jongliert humorvoll mit dessen verkehrter Welt, wobei erneut auch einige Versatzstücke des 2006er Films aufgegriffen werden. Der Buchumsetzung fehlen natürlich die markanten Stimmen (und der geniale Score) des inhaltlich identischen Hörspiels – was im Falle der „Neuen Welt“ HUI BUHs die Regel ist, da diese stets aus dem Drehbuch des Hörspiels entstehen, und was vielleicht von manchem sogar als ein kleines Manko empfunden wird. Zumindest dann, sofern einem die Audiofassung schon bekannt ist. Auf der anderen Seite kann diese Kenntnis das Kopfkino auch unterstützen. Dazu kann das Buch mit netten Zeichnungen aufwarten, was der Fantasie ebenfalls zuträglich ist. Die Story an sich ist straff und flott erzählt, erfährt trotz mancher Gefahrensituation oft genug ein Comical Relief und lässt den Leser daher eher schmunzeln denn gruseln. So soll es sein, wenn das schusselige Schlossgespenst sein Unwesen treibt und mit seinen menschlichen Freunden Abenteuer erlebt. Leseanfänger (so um 10 Jahre) freuen sich über die lockere Struktur des Textes und dessen großes Schriftbild, wodurch sich die viel erscheinenden 130 Seiten ziemlich relativieren, zumal auch die S/W-Illustrationen noch Platz beanspruchen.

130 Seiten, Hardcover
Erzählt von Simone Veenstra und Ulrike Rogler
Nach einem Hörspiel von Nesrin Samdereli (EUROPA/Sony 2008)
basierend auf Motiven von Eberhard Alexander-Burgh
Illustration: Sebastian Meyer
Redaktion: Claudia Steinke
KOSMOS, 2010
ISBN 9783440121177

www.kosmos.de

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