Jerome K. Jerome – Drei Mann im Boot … Ganz zu schweigen vom Hund!

Drei junge Engländer beschließen Ende des 19. Jahrhunderts eine vierzehntägige Bootsfahrt die Themse hinauf. Sie alle haben den angelsächsischen Sinn fürs Abenteuer gepachtet, ihn aber bisher nie unter Beweis stellen müssen, was ihre Kahnpartie in eine endlose Kette peinlicher, urkomischer, mit knochentrockenem Humor geschilderter Zwischenfälle verwandelt … – Klassischer Bestseller des humoristischen Romans, der frisch wie am ersten Tag wirkt. Die Schilderung einer Bootsreise gewinnt zusätzlichen Charme als nostalgischer Rückblick in eine längst versunkene „gute, alte Zeit“.

Das geschieht:

Sommer im London der späten 1880er Jahre: Harris, George und Jerome, drei junge Männer, geben sich gelangweilt ihren hypochondrischen Neigungen hin. Bald kommen sie zu dem Schluss, dass ihnen ein Urlaub gut täte. Doch Geld und Zeit sind knapp; höchstens 14 Tage könnte man sich der verhassten Arbeit fernhalten. Nach ausgiebigen Beratungen entscheidet man sich deshalb für eine Bootsfahrt die Themse hinauf.

Die junge Elite des viktorianischen Britanniens bildet sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts viel auf ihren Abenteuer- und Sportsgeist ein. Unser Trio ist da keine Ausnahme. Tatsächlich sind weder Harris, George oder Jerome der rauen Realität eines Sommerurlaubs in England gewachsen. Der rauflustige Foxterrier Montmorency ist da schon aus anderem Holz geschnitzt. Er setzt sein Talent freilich bevorzugt ein, seinen Herren allerlei Scherereien zu machen.

Da muss er sich jedoch anstrengen, denn Harris, George und Jerome schaffen es selbst, sich ständig in peinliche Situationen zu bringen. Sie fahren in die Irre, kentern häufig, fallen über Bord, geraten mit schrulligen Uferbewohnern aneinander, streiten und vertragen sich – und erleben die Ferien ihres Lebens, denn ihre Fahrt geht durch eine traumhaft schöne Flusslandschaft, entlang an uralten Städtchen, lauschigen Winkeln und gemütlichen Gasthäusern, die anzusteuern besonders Harris stets am Herzen liegt …

Der Weg ist das Ziel

Ein Roman ohne echte Handlung, ein Bestseller, den die Leser einfach lieben, ohne dazu von der Werbung gezwungen zu werden: „Drei Männer im Boot“ ist eines jener magischen Bücher, die exakt den rechten Ton zur rechten Zeit trafen und sich auf diese Weise ihren Klassikerstatus sicherten. Autor Jerome hat später noch viele mindestens ebenso lesenswerte und lustige Werke verfasst, ohne seinen Erfolg von 1889 auch nur annähernd erneut zu erreichen.

Die Ausgangsidee ist ebenso einfach wie genial. Drei Männer begeben sich auf eine Bootsfahrt, ohne eine echte Ahnung davon zu haben, worauf sie sich da einlassen. Die Kulisse – der Fluss Themse und seine Ufer – ist überschaubar, und Jerome dekliniert die möglichen Zwischenfälle durch. Deren Unterhaltungswert hält sich theoretisch in Grenzen: Was ist an ständigem Kentern oder Verirren schon komisch?

Hier setzt Jerome deshalb ganz auf den berühmten britischen Humor, der schwarz und knochentrocken ist und kein Verfallsdatum besitzt. Die deutsche Übersetzung weiß ihn glücklicherweise zu bewahren, obwohl „Three Men in a Boot“ trotzdem zu jenen Büchern gehört, deren Lektüre im Original angeraten wird.

Bekannte Orte, liebevoll verfremdet

Eines der schönsten Merkmale des britischen Humors ist die Tatsache, dass er den Witz anders als die Brou-har-har-Klamottenkomiker, die im Auftrag des deutschen Privatfernsehens ihr Publikum foltern, nicht herbeizwingt, sondern ihm quasi den Rücken kehrt. Mit beinahe dokumentarischer Sachlichkeit werden die Erlebnisse unseres Trios (bzw. Quartetts, denn Hund Montmorency ist ein vollwertiges Besatzungsmitglied) geschildert. Der Clou ist dabei, dass man Jeromes Beschreibungen liest und genau weiß, dass er hemmungslos übertreibt oder die ‚Wahrheit‘ verzerrt. Je ernsthafter George, Harris und Jerome ihren Urlaub angehen, desto lächerlicher machen sie sich.

Zu Ruhm und Zeitlosigkeit von „Drei Männer im Boot“ tragen nicht in geringem Maße Jeromes kundigen Beschreibungen von Land und Leuten an der Themse bei. Ihm fällt zu jedem Ort eine schnurrige historische Anekdote ein, die der offiziellen Geschichtsschreibung ganz neue Seiten abgewinnt. Gleichzeitig fasziniert die Darstellung einer längst vergangenen Welt, in der es völlig selbstverständlich war, dass Menschen jeglichen Alters die Themse hinauf- und hinabschipperten, um sich dabei zu erholen. Das tun sie heute auch noch, aber Methoden und Sitten haben sich sichtlich geändert.

Drei Jedermänner machen Urlaub

Neben der wunderbaren Beschreibung einer Themsefahrt ist es die bemerkenswerte Figurenzeichnung, die Autor Jerome seinen drei Protagonisten angedeihen lässt. Harris, George und Jerome repräsentieren eine untergegangene Epoche, aber sie tun dies so liebenswert, dass man sich wünscht, im viktorianischen England zu leben (und dessen weniger angenehme Seiten fast vergisst).

Sicherlich der Hauptgrund für diese lebendigen Charaktere ist die Tatsache, dass es unser Trio tatsächlich gegeben hat. Carl Hentschel (Harris) (1864-1930), George Wingrave (George) (1862-1941) und Jerome K. Jerome (1859-1927) waren alte Freunde, die eine Menge zusammen erlebten. (Eine Themse-Fahrt unternahmen sie allerdings nie.) Jerome, der Schriftsteller, ließ sie und sich unsterblich werden.

Sie sind liebenswerte Musterbilder und gleichzeitig Karikaturen des unerschütterlichen Briten mit „steifer Oberlippe“. Über den Großteil der Welt herrschen sie und finden das völlig in Ordnung. Trotzdem klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine gewisse Lücke. Unsere drei Bootsfahrer sind hauptsächlich in ihren Träumen jene unerschrockenen, abgehärteten Abenteurer, als die sie selbst gern sehen. Wenn Jerome sie nun bereits in der Sommerfrische der heimatlichen Themse kläglich scheitern lässt, war und ist der daraus entstehende Unterhaltungseffekt so beträchtlich, dass „Drei Männer im Boot“ auch in Deutschland seit Jahrzehnten immer wieder aufgelegt wird.

Autor

Jerome Klapka Jerome wurde in Walsall, Staffordshire, am 2. Mai 1859, als jüngstes von vier Kindern in eine solide Mittelstands-Familie geboren. Das kleine Glück endete bereits 1861, als der Vater, der in Kohle und Eisen spekulierte, geschäftlichen Schiffbruch erlitt. Am Rande der Armut lebten die Jeromes zunächst in Stourbridge, bevor sie nach Poplar, einem wenig heimeligen Viertel im East End von London, zogen.

Im Alter von 14 Jahren verließ Jerome die Schule. Er arbeitete als Angestellter, Journalist, Schauspieler oder Schulmeister. Nebenbei versuchte er sich als Schriftsteller. Sein erstes Werk „On the Stage and Off“ erschien 1885 und erregte wie die ihm folgenden Schauspiele, Bücher und Magazinartikel nur mäßiges Aufsehen. Das änderte sich nachhaltig, nachdem Jerome 1889 „Three Man in a Boat“ veröffentlicht hatte.

Er blieb ein fleißiger Schreiber, Kolumnist und Zeitschriften-Herausgeber, dem es allerdings nie wieder gelang, auch nur annähernd dem Erfolg seines berühmtesten Werkes nahe zu kommen. Selbstverständlich kehrten Harris, George und Jerome zurück; schon im 19. Jahrhundert wurde ein ohnehin rarer Erfolg gern fortgesetzt. „Three Men on the Bummel“ (in den USA: „Three Men on Wheels“) beschreibt eine wahrlich zwerchfellerschütternde Radtour durch das wilhelminische Deutschland des Jahres 1900. Dieses Werk hat seltsamerweise die Zeit nicht so gut überstanden, obwohl es keineswegs ‚schlechter‘ oder weniger unterhaltsam ist als sein Vorgänger.

Mit 57 Jahren zog Jerome 1916 in den I. Weltkrieg; was er dort als Ambulanzfahrer in Frankreich erlebte, zeichnete ihn für den Rest seines Lebens. 1926 verfasste Jerome noch seine Autobiografie „My Life and Times“, bevor ihn auf einer Autoreise durch die Grafschaft Devon im folgenden Jahr ein Schlaganfall niederstreckte. Jerome K. Jerome starb am 14. Juni 1927 und liegt in Ewelne (Oxfordshire) begraben.

Gebunden: 384 Seiten
Originaltitel: Three Men in a Boat (London : Arrowsmith 1889)
Übersetzung: Gisbert Haefs (mit einem Nachwort von Harald Martenstein)
https://www.jeromekjerome.com
https://www.randomhouse.de/Verlag/Manesse

eBook: 2736 KB (Kindle)
ISBN-13: 978-3-641-21412-8
https://www.randomhouse.de/Verlag/Manesse

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)