Mit dieser Geschichte begründet Lumley seine groß angelegte Saga um Harry Keogh, den Nekroskopen, und Boris Dragosani, den Nekromanten. Abwechselnd steht jeweils eine der beiden Zentralgestalten der Saga im Mittelpunkt der Episoden. Ihr Aufeinandertreffen findet allerdings erst in einer späteren Folge statt.
|Vorab-Infos|
Die 7 CDs enthalten die „ungekürzte inszenierte Lesung“, wie der Umschlag besagt: 7 Stunden und 45 Minuten Lumley pur – ein Vergnügen für Fans soliden Grusels.
Der Schuber ist ganz in Schwarz mit orangefarbener Beschriftung gehalten. Auf der Vorderseite ist eine reichlich unheimliche Fratze zu sehen – ebenfalls in Orange- und Brauntönen.
_Der Autor_
Brian Lumley wurde am 2.12.1937 in einem Kohlebergwerksdorf in England geboren. In Englisch hatte er sehr schlechte Noten und sein Wunsch Schriftsteller zu werden, wurde daher lachend von seinen Lehrern als unsinnig abgetan. Seit 1981 seine Militärkarriere endete, lebt er als freier Schriftsteller.
Von Brian Lumley sind inzwischen (Stand 2003) rund 74 Bücher erschienen. Bereits vor etwa 30 Jahren erschienen seine ersten Werke beim Meister der Horror-Herausgeber, August Derleth, im Arkham House Verlag, der alle von Lovecrafts Werken verlegte. Lumley galt lange Zeit als Experte von H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos.
Durch den Tod seines Vaters und den Wunsch, auch weiterhin mit ihm reden zu können, entwickelte er seine Hauptfigur Harry Keogh, und es entstand 1986 die Necroscope-Reihe. Damit zog er eine große Leserschaft in seinen Bann. Inzwischen werden Lumleys Bücher bereits in elf Ländern veröffentlicht, und die Zahl ist steigend. Im Zuge der Necroscope-Reihe wurden im Laufe der Jahre auch eigene Comics, ein Rollenspiel und Sammelfiguren dazu herausgebracht.
Aus der Necroscope-Saga sind bisher in der Buch-Reihe des |Festa|-Verlags erschienen:
Band 1 „Das Erwachen“
Band 2 [„Vampirblut“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=843
Band 3 „Kreaturen der Nacht“
Band 4 „Untot“
Band 5 „Totenwache“
Band 6 „Das Dämonentor“
Band 7 „Blutlust“
Band 8 „Höllenbrut“
Band 9 „Wechselbalg“
Band 10 „Duell der Vampire“
Band 11 „Totenhorcher“
Band 12 „Blutkuss“
Band 13 „Konzil der Vampire“
Band 14 „Grabgesang“
Band 15 „Blutsbrüder“
band 16 „Vampirwelt“
Band 17 „Nestors Rache“
Band 18 „Metamorphose“
_Der Sprecher_
Joachim Kerzel ist der Synchronsprecher von Hollywoodstars wie Jack Nicholson und Dustin Hoffman. Durch zahlreiche Bestseller-Lesungen – etwa von Ken Follett und Stephen King – hat er sich einen Namen gemacht.
_Handlung_
Gerade ist der Chef eines geheimen Regierungsdezernates in Großbritannien, das sich mit dem Übernatürlichen beschäftigt, gestorben und Alec Kyle soll nun dessen Posten übernehmen. Als er im Büro seines Vorgängers alte Akten durchsieht, fällt ihm die Akte eines gewissen Harry Keogh in die Hände. Doch er kommt nicht dazu, sie zu lesen, denn plötzlich erhält er Besuch von einer geisterhaften Gestalt, die ihm unbedingt eine Geschichte erzählen will. Und dann verspricht sie, Kyles Dezernat unentbehrlich für die Regierung Ihrer Majestät zu machen …
In der Sowjetunion des Jahres 1971 gibt es unter Breschnew ein ähnliches Dezernat, geleitet von General Gregor Borowitz. Er sitzt mit zwei Begleitern hinter einem Einwegspiegel. Davor spielt sich in einem antiseptischen Saal eine unheimliche Szene ab.
Gerade ist eine sehr bizarre Obduktion im Gange, sofern man es überhaupt als solche bezeichnen kann. Ein gewisser Boris Dragosani, der sich jedes Körperhaar abrasiert hat, ist gerade dabei, seiner Arbeit als „Totenhorcher“ nachzugehen, was seinem Chef vom Dezernat neue Erkenntnisse über seine Feinde liefern soll.
Die Szene findet ein brutales und gewaltsames Ende, als es die zwei Begleiter des Generals nicht mehr aushalten und ausrasten. Einer der beiden schießt die beiden anderen nieder und flüchtet. Doch Borowitz hat überlebt, und Dragosani setzt alles daran, den Verräter auszuschalten. Nachdem sich der Staub gelegt hat, gelingt es Borowitz, sich den KGB vom Hals zu halten und frei und unbehelligt tätig zu werden.
Boris Dragosani ist ein eigenbrötlerischer Typ. Einmal im Jahr nimmt er sich Urlaub, um in Rumänien nach seiner „Vergangenheit“ zu forschen, da er als kleines Kind im Ort Dragosani ausgesetzt wurde. Seiner Vergangenheit kommt er dabei immer näher und die Zeit eilt, denn er hat nur noch vier Jahre zu leben. Seit seinem siebten Lebensjahr steht er in Kontakt mit einem Wesen, das tief in einem finstren Wald in einem Grabmal lebt – und in Boris‘ Bewusstsein spricht – ein Wesen, das an die 1000 Jahre alt ist und von den meisten Menschen Dracul genannt wird. Doch Boris hat keine Angst: Er braucht Dracul, um bestimmte menschliche Erfahrungen zu machen, so etwa die körperliche Liebe …
Harry Keogh, den Nekroskop, lernen wir in einem parallel laufenden Erzählstrang kennen. Harry ist anfangs nur ein verträumter Zwölfjähriger, der sich gegen Schlägertypen kaum durchzusetzen weiß. Eines Tages entdeckt der Mathelehrer Hennand eine neue Qualität geistiger Tätigkeit an Harry. Von einem Tag zum anderen kann er plötzlich mathematische Gleichungen lösen, von denen er noch nie etwas gehört hat. Er kann sich plötzlich gegen die übelsten Schläger schlagkräftig und ohne Waffen zur Wehr setzen. Von der gleichen Art ist wohl auch seine spätere Fähigkeit, Storys und Romane zu schreiben, die aufs Lebhafteste in einer Zeit spielen, die Harry nie kennen gelernt hat, so etwa im 17. Jahrhundert …
Und was seine Freundin Brenda Cowl am sonderbarsten findet: Stets befindet sich Harrys Wohnung in der Nähe eines Friedhofs. Der schönen Aussicht wegen, sagt Harry. Doch selbst ihr verschweigt er sein eigentliches Geheimnis: Er selbst ist der Nekroskop, der mit den Toten sprechen kann. Das ist keine Figur in seinen Geschichten, wie er vorgibt, das ist er selbst.
Und er hat eine Mission. Seine geliebte Mutter Mary wurde, als Harry noch klein war, von grausamen Händen in einen vereisten Fluss bei Edinburgh gestoßen. Durch seinen Kontakt mit der Toten weiß Harry, wer der Mörder ist und wo er wohnt. Doch wie soll die exquisite Rache aussehen, die Harry auszuüben hat? Was ist die angemessene Strafe? Wie soll die Falle aussehen? Und vor allem: Wer soll der Köder sein?
_Mein Eindruck_
Die Handlung ist wie für einen Film geschrieben: in Szenen, die sich aneinanderreihen, dabei Kontraste und Verstärkungen bilden. Wenn also die Rede endlich auf Harry Keogh kommt, sind bereits die lange Einleitung und die dramatische „Totenbehorchung“ durch Dragosani erfolgt, so dass der Hörer dringend eine Ruhepause mit etwas halbwegs Alltäglichem benötigt – die dann ja auch erfolgt: Harry blamiert sich in der Schulstunde.
Anders als bei langatmigeren Autoren der alten englischen Schule vor dem 2. Weltkrieg lässt Lumley unwichtiges Beiwerk weg, das nicht unmittelbar zur Wirkung einer Szene beiträgt. Wenn wir etwas über die ungewöhnliche Kindheit und Jugend Boris Dragosanis, des Nekromanten, erfahren müssen, so wird auch dies in einer Szene realisiert, die an Spannung und (mitunter erotischem) Nervenkitzel nichts zu wünschen übriglässt. Auch Harry Keogh hat seine erotischen Momente, wenn er den Lehrern beim Schulausflug zusieht. Der Tod, die Liebe und die Rache – drei psychologisch wichtige Elementarkräfte, die auf Keogh und Dragosani einwirken.
Wenn das Hörbuch mit Keoghs Beschluss, seine Mutter endlich zu rächen, beendet ist, so möchte man am liebsten gleich das nächste Kapitel hören – das Hörbuch zu [„Necroscope 2“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=843 macht’s auch möglich.
_Der Sprecher_
Joachim Kerzel stellt wieder einmal seine Meisterschaft unter Beweis. Der Sprecher von anspruchsvollen Schauspieler wie Hoffman und Nicholson (s. o.) muss selbst auch schauspielerische Qualitäten einbringen, um seinen Vortrag realistisch wirken zu lassen und den Zuhörer auch emotional zu erreichen. Seine tiefe Stimme ist ihm das wichtigste Instrument, hinzu kommt eine ausgefeilte Handhabung von Pausen und Intonationen. Beides zusammen erzeugt die hohe Spannung, die über dem gesamten Text schwebt.
Ganz besonders gefiel mir, wie er Dracul seine Freude ausdrücken lässt – man hört zugleich die Gier des Blutsaugers: „Aaaaaahhhhh!!!“
_Unterm Strich_
Für Liebhaber von Horrorliteratur oder Gruselfilmen bietet „Necroscope 1“ zwar wenig Splatter, dafür aber umso mehr Spannung und menschliche Psychologie. Was Keogh und Dragosani verbindet, ist noch nicht klar, doch es dürfte auf eine Konfrontation hinauslaufen, denn Dragosani hat sich einer furchtbaren Macht verschrieben.
Leute mit schwachen Nerven könnten in der Szene, in der Dragosani eine Leiche ausnimmt oder vielmehr zerfetzt, vom Hocker fallen. Sie sollten dann doch lieber etwas anderes hören bzw. lesen.
Die grafische Gestaltung, die Musik sowie der fabelhafte Sprecher Joachim Kerzel machen „Necroscope 1“ zu einem sehr gelungenen Hörbuch. Ob es die ganzen 35 Euro (bzw. 29,95 bei |amazon.de|) wert ist, muss jeder selbst entscheiden.