The Broken Empire:
Band 1: „Prinz der Dunkelheit“
Band 2: „König der Dunkelheit“
Band 3: „Emperor of Thornes“ (noch ohne dt. Titel)
Jorg hat Rache genommen und die Burg seines Onkels erobert. Er ist jetzt König des Hochlands. Aber damit ist die Sache für ihn noch nicht zu Ende. Denn als er Fürst Orrin vom Pfeil begegnet, der sich mit der größten Selbstverständlichkeit für den künftigen Kaiser des wiedervereinten Reiches hält, fühlt Jorg sich herausgefordert …
Mit dem zweiten Band der Trilogie habe ich mich um einiges schwerer getan als mit dem Ersten.
Jorg erzählt noch immer in der Ich-Form, auf dieselbe, schnörkellose Art wie zuvor, und auch diesmal gibt es zwei Handlungsstränge, von denen einer die endgültige Konfrontation mit Orrin vom Pfeil beschreibt, während die andere erzählt, was vier Jahre zuvor geschah. Unnötig zu erwähnen, daß in dem zeitlich vorgelagerten Erzählfaden sämtliche Weichen für den Showdown gestellt werden.
Dabei wirkt die Entwicklung der Ereignisse zunächst umständlich. Das liegt zum einen an der zeitlichen Reihenfolge. Den Grund für manche Entscheidungen des jungen Königs erfährt man erst später im Laufe der Rückblende. Zum anderen liegt es daran, dass Jorg nicht über alle seine Erinnerungen verfügt. Auch den Grund hierfür erfährt man erst später.
Tatsächlich war vor allem der Kniff mit den Erinnerungen trickreich und sehr gut umgesetzt. Zwar führte die Abtrennung dazu, dass der Handlungsverlauf noch komplizierter wurde, andererseits war der Aufbau technisch gesehen absolut sauber und jederzeit nachvollziehbar. Ich persönlich fand das Ergebnis gelungen, auch wenn das Buch dadurch nicht einfach so runtergelesen werden kann, Konzentration ist schon notwendig. Zumal hier auch noch Katherine in Form von Tagebucheinträgen zu Wort kommt.
Bei anderen Details fragte ich mich dagegen, ob sie in solcher Ausführlichkeit notwendig waren. Das gilt vor allem für das erneute Zusammentreffen mit der Nekromantin Chella. Vielleicht sollte dieser Abschnitt der Geschichte für mehr Spannung sorgen. Geklappt hat es aber nicht. Ich fand die ausgedehnte Hetzjagd durch den Sumpf eigentlich eher ermüdend. Und die Lösung des Problems erschien mir letztlich nicht ganz logisch. Was genau unterschied nun eigentlich die Zombies, die Chella gegen Jorg gehetzt hat, von den anderen? Sie waren doch alle Opfer der Erbauer-Sonne von Gelleth …
Abgesehen von der Episode im Sumpf gibt es auch noch eine Menge weiterer grausamer Szenen. Im ersten Band hat mich das zu meiner eigenen Verwunderung wenig gestört. Jorg sprach über seine Gemetzel wie andere über eine gelungene Partie Golf. Stellenweise tut er das immer noch. Aber nicht mehr mit solcher Selbstverständlichkeit wie zuvor.
Zwar war Jorg auch im ersten Band nicht ausschließlich der kaltschnäutzige Killer, die Unsicherheiten und Zweifel, die ihn in diesem zweiten Band plagen, waren da jedoch bei Weitem nicht so ausgeprägt. Zum ersten Mal ist es so, daß Jorg etwas von dem bedauert, was er getan hat. Zeitweise plagt ihn sein Gewissen bis hin zur Handlungsunfähigkeit, und dann verfolgt er sein Ziel doch wieder mit der verbissenen Sturheit einer kämpfenden Bulldogge. Der Jorg in diesem Band ist einer der zerrissensten Charaktere, die ich kenne. Und auch einer der widersprüchlichsten. Seiner jungen Braut gegenüber benimmt er sich anständig, er bemüht sich um ein sterbenskrankes Mädchen, und auch seinen Kanzler lässt er nicht im Stich. Aber er watet immer noch in Blut.
Das alles machte die Sache letztlich schwieriger für mich. Jorgs eigene Betroffenheit über das, was er getan hat, sorgt auch für stärkere Betroffenheit beim Leser. Obwohl letzterer durchaus Sympathien für den jungen Mann hegen mag, der unbestreitbar eine Menge durchgemacht hat, fällt es jetzt nicht mehr so leicht, seine Bluttaten damit zu entschuldigen. Unwillkürlich fragt man sich, ob sie denn überhaupt entschuldbar sind, und kommt nicht umhin zuzugeben, dass das eigentlich nicht der Fall ist. Aber verurteilen kann man jemanden, der tut, was Jorg für Janey tat, auch nicht so einfach. Ein echter Antiheld.
Zwangsläufig wirken gegen einen solchen Charakter sämtliche Nebenfiguren ziemlich blass. Auffällig war lediglich Jorgs Braut Miana, deren Verhalten für ihr Alter so ungewöhnlich war, dass ich mich schon fragte, ob sie nicht womöglich von Sageous manipuliert wurde.
Weil wir gerade bei Sageous sind: Auch hier erschien mir manches nicht ganz logisch. Zum Beispiel frage ich mich, wie jemand einer Person vorgaukeln kann, sie sei schwanger, ohne ihren Körper zu beeinflussen, nur durch Manipulation ihrer Träume. Ich glaube, so was kann nur einem Mann einfallen. Eine monatliche Blutung ist kaum ignorierbar. Selbst wenn die betreffende Frau selbst sie nicht bemerken sollte, weil jemand ihrem Geist etwas vorgaukelt, wird dadurch, dass sie selbst sich nicht darum kümmert, ihre Umgebung es bemerken und sie darauf aufmerksam machen!
Vor allem aber frage ich mich, wie Jorg an den Colt gekommen ist!
Unterm Strich muss ich sagen, dass ich trotz der gelungenen Charakterzeichnung in Bezug auf Jorg, trotz des sauber aufgebauten und zeitlich geschickt getimten Handlungsverlaufs und des interessanten Einfalls mit den Erinnerungen das Buch als mühsam empfand. Es erschien mir an vielen Stellen trotz des noch immer eher knappen Sprachstils etwas weitschweifig, außerdem war ich mit den beschriebenen Folgen des Feuers, das in diesem Band eine so große Rolle spielt, nicht wirklich glücklich. Insofern ist es mir nur recht, dass Jorg den besonderen Bezug zum Feuer am Ende des Buches wieder verloren hat. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich, wenn der dritte Band erscheint, auch danach greifen werde. Es ist einfach so, dass mich dieser zweite Band nicht so sehr gefesselt hat wie sein Vorgänger, auch wenn ich den Finger nicht unmittelbar auf einen Punkt legen und sagen kann „Das ist der Grund dafür“.
Mark Lawrence arbeitet hauptberuflich als Wissenschaftler an der Entwicklung künstlicher Intelligenz. „König der Dunkelheit“ ist der zweite Band seiner Trilogie The Broken Empire, der dritte Band soll im April nächsten Jahres auf Englisch erscheinen. Außerdem hat er einige Kurzgeschichten und Gedichte geschrieben. Er lebt mit seiner Familie in England.
Taschenbuch 604 Seiten
Originaltitel: King of Thornes
Deutsch von Andreas Brandhorst
ISBN-13: 978-3-453-53369-1
www.princeofthorns.com
www.heyne.de
Der Autor vergibt: