Rick Riordan – Im Bann des Zyklopen (Percy Jackson 2)

Percy Jackson:

1) „Diebe im Olymp“
2) „Im Bann des Zyklopen“
3) „Der Fluch des Titanen“
4) „Die Schlacht um das Labyrinth“
5) „Die letzte Göttin“
6) „The Demigod Files“ (noch ohne dt. Titel)

Spannend: Monsterbekämpfung als Teamarbeit

Percy Jackson, der Sohn des Gottes Poseidon, erlebt ein ziemlich ruhiges sibtes Schuljahr. Wenn da nicht diese Albträume wären, in denen sein bester Freund in Gefahr schwebt. Und tatsächlich: Grover befindet sich in der Gewalt eines Zyklopen. Zu allem Übel ist Camp Half-Blood, die Ausbildungsstätte der Götterkinder, nicht mehr sicher: Jemand hat den Baum der Thalia vergiftet, der die Grenzen dieses magischen Ortes bisher geschützt hat. Nur das goldene Vlies kann noch helfen. Wird es Percy gelingen, Grover und das Camp zu retten? (Verlagsinfo)

Handlung

In letzter Zeit hat Perseus, der Halbblutsohn von Poseidon, schlechte Träume. Sein bester Freund, der Satyr Grover, rennt um sein Leben und sucht etwas. Eine tiefe Stimme ruft: „Das gehört mir!“ Und der Traum hört auf. Percy fühlt sich vorgewarnt, doch auch er ist nicht darauf gefasst, von Riesen angegriffen zu werden …

Das Meriweather Prep College liegt mitten in Manhattan, folglich fährt Percy mit der U-Bahn hin. Eigentlich soll es progessiv sein, doch in Wahrheit herrscht hier das Faustrecht. Es hat sich ergeben, dass er sich mit dem Underdog der Klassen, Tyson, angefreundet hat. Tyson ist hässlich und trotz seiner 1,90 m und den gut entwickelten Muskeln ein Feigling. Er verströmt einen schlechten Geruch, weil er als Obdachloser auf der Straße haust.

Die Lästrygonen

Matt Slowen fordert Percy heraus, indem er ihm das Foto seiner Freundin Annabeth klaut. Matts Kumpel nennt ihn sogar „Perseus Jackson“. Woher weiß er nur seinen wahren Namen? Für den Sportunterricht wählen Matt und Percy ihre Mannschaften, doch zu spät erkennt Percy, dass in seinem Team Lästrygonen hat, Riesen aus dem Norden. Sie schießen nicht mit Bällen, sondern mit Bronzekugeln, die Flammen verströmen!

Der Einzige, der sie auffangen und zurückfeuern kann, ist zu jedermanns Erstaunen Tyson. Das entsprechende Chaos kann nicht ausbleiben – die Turnhalle geht in Flammen auf. Und wer ist schuld daran? Natürlich verkünden die Zeitungen, dass es Percy ist. Aber von Annabeth, die ihn herausgehauen hat, erwähnen sie nichts.

Sie holt ihn und Tyson ins Camp Halfblood, und zwar in einem Taxi, das von den Grauen Schwestern gesteuert wird. Die drei Graien Sturm, Zorn und Wespe teilen sich jeweils nur ein Auge. Ohne gefragt zu sein, nennen sie Percy ein paar Zahlen, die sich viel später als Koordinaten erweisen. Als sie vor Halfblood Hill stoppen, ist dort die Hölle los: Zwei Stiere aus Metall greifen das Camp an!

Die Stiere

Eigentlich hat Clarisse, die Tochter des Kriegsgottes Ares, die Verteidigung organisiert, doch sie kann offensichtlich Hilfe gebrauchen. Sofort verwandet Percy seinen Kugelschreiber in sein unbesiegbares Schwert Anaklysmus (= Springflut) und schlägt zu – ohne Wirkung. Erst Tyson ist von den Flammen der Metallstiere unbeeindruckt und hat sie zu Boden. Wieder ist Percy baff, was sein Freund alles drauf hat. Annabeth fordert Percy auf, Tyson endlich ins Gesicht zu sehen. Da ist nur ein einzelnes Auge auf der Stirn zu sehen. Tyson ist ein Zyklop, wie sie in den Schmieden von Hephaistos arbeiten. Daher also seine Unverwundbarkeit gegenüber Feuer.

Neue Chefs

Wo ist bloß Chiron abgeblieben, der Unterrichtsleiter im Camp? Doch Percy muss erfahren, dass Chiron nach der Schmach im letzten Kampf (Band 1) abgelöst und durch Dionysos und Tantalus ersetzt worden ist. Dabei ist das Camp in seiner Verteidigung geschwächt: Thalias Baum, der auf dem Hügel steht und Lebenskraft spendet, ist vergiftet worden. Wer würde so etwas Schlimmes tun, fragt sich Percy.

Ein Plan

In der anschließenden Ausbildungszeit erzählt er Annabeth, der Tochter der Athene, von seinen Träumen. Hinter was Grover her ist, scheint das Goldene Vlies zu sein, meint sie. Das goldene Widderfell heile Krankheiten und spende Lebenskraft. Es könnte auch Thalias Baum heilen. Aber wo ist es zu finden? Percy tippt auf das „Meer der Ungeheuer“, das schon Odysseus durchquerte. Es hat sich ins Bermuda-Dreieck verlagert. Und von den graien kennt Percy sogar die Koordinaten der Insel, wo es zu finden ist.

Doch als er Tantalus, den neuen Campleiter um Erlaubnis fragt, dorthin segeln zu dürfen, beauftragt dieser stattdessen Clarisse mit dieser Mission. Als Erstes soll sie das Orakel befragen. Und sollte Percy es wagen, das Lager trotz Verbots zu verlassen, so würden die Harpyien ihn jagen und zerfetzen. Keine angenehme Aussicht, von hungrigen Adlerfrauen zerfleischt zu werden.

Unerwartete Hilfe

Doch das mischt sich unvermutet ein anderer Gott ein. Es ist Hermes, der Vater des Verräters Luke, aber auch der Götterbote. Er ermutigt Percy, loszuziehen. Er schenkt Percy zwei wichtige Dinge, nämlich die vier Winde in einer Thermoskanne und eine Flasche mit Vitaminbonbons. Hermes hofft, dass Percy viele Leben retten kann, u.a. das von Luke. Aber Luke hasst seinen Vater doch? Macht nichts, das beruht nicht auf Gegenseitigkeit.

Aufbruch

Percy informiert Annabeth und Tyson über seinen Plan. Sie sind sofort einverstanden, denn sie halten icm die Treue. Am Strand tauchen drei Seesäcke mit Proviant auf, und Percy erspäht am Horizont ein Kreuzfahrtschiff – das kommt ja wie bestellt. Während die Harpyien schon Annabeth und Tyson verfolgen, ruft Percy seinen Vater Poseidon um Hilfe an: Drei weiße Seepferde erscheinen und tragen die drei Flüchtlinge zum Schiff.

Doch das Schiff birgt ein unheimliches und gefährliches Geheimnis …

Mein Eindruck

Die Götter leben nicht mehr im Wolkenkuckucksheim, sondern im 600. Stockwerk des Empire State Buildings – eine exklusive Adresse also, und selbstredend lässt sie sich nur mit einem exklusiven Fahrstuhl erreichen, denn das Gebäude hat wesentlich weniger Stockwerke. Aber immerhin haben die antiken Götter der Griechen sich auch in der Neuen Welt einzurichten gewusst, was schon ein wenig bemerkenswert ist – man lese dazu auch Neil Gaimans Roman „American Gods“.

Not dead yet!

Der Autor versteht es als Englisch- und Geschichtslehrer erneut, seinen jungen Lesern die alten Sagen der Griechen lebendig und spannend nahezubringen. Der Sohn eines Gottes zu sein, das ist doch schon was, oder? Wie mans nimmt, muss Percy alias Perseus herausfinden. Als Halbgott ist man eigentlich nicht ganz normal, wenn man unter Sterblichen weilt, und außerdem gerät man ständig in die Händel, die die Unsterblichen untereinander haben – und die mit ihren Sprösslingen. So hat es Luke etwa auf die Zerstörung des Olymps abgesehen. Er hat sich mit den Feinden der Olympier, den Titanen, zusammengetan.

Hogwarts reloaded

Camp Halfblood klingt ziemlich militärisch, entspricht aber eher dem weitaus bekannteren Hogwarts, komplett mit skurrilen Lehrern, widerspenstigen Studenten, praktischen Übungen und dem allfälligen Geplänkel im Schlafsaal. Während der Zentaur Chiron eine integre Autoritätsperson ist, glänzt der Suffkopp Dionysos alias Mr. Dee nicht gerade durch weise Sprüche. Der Ex-König Tantalus, Chirons Ablösung, ist obendrein noch eine Witzfigur: Wie es die ihm auferlegten Qualen verlangen, darf er nie essen – und jedes Stückchen Essen flutscht ihm aus den Händen.

Wichtiger für den Helden sind jedoch die Rivalitäten zwischen den verschiedenen „Häusern“ der Schule, siehe Hogwarts. Jedes Haus hängt einem der zwölf Hauptgötter an, so etwa Poseidon, Ares, Hermes oder Athene. Die Rivalitäten machen die praktischen Übungen so spannend, denn ständig versucht der Gegner, dich auszutricksen. Percy lernt bei dieser Gelegenheit auf die harte Tour, wo seine Stärke liegt: im Wasser. Im Camp bildet das von Tantalus angeordnete Wagenrennen einen der zahlreichen Höhepunkte dieses Abenteuers. Percy, Annabeth und Tyson müssen sich gegen fiese Konkurrenten durchbeißen.

Fernträumen

Ein wichtiges Element in Percys Erleben sind Träume. Wie jeder weiß, werden sie von Schicksalsmächten geschickt, um den Träumer über gewisse Sachverhalte aufzuklären und ihn an weit entfernte Orte zu entführen. (Es gibt deshalb die Disziplin der Traumdeutung oder Oneiromantie, ausgeführt von Chiron.) Schon ganz am Anfang nimmt Percy auf diese Weise mit Grover Kontakt auf. Grover befindet sich auf einer ganz bestimmten Insel, nämlich auf der, wo der Zyklop Polyphem das Goldene Vlies bewacht. So wissen Percy & Co., wohin es gehen soll.

Gefahren

Diese „Search & Rescue“-Mission macht ja im Grunde Clarisses Mission Konkurrenz. Kein Wunder also, dass sie den Kurs der Arestochter mehrmals kreuzen. Ganz besonders der Zugang zum Meer der Ungeheuer ist schwierig: die Monster Skylla und Charybdis bewachen sie. Der Durchbruch ist eine explosive Angelegenheit, mit der auch Clarisse viel zu tun hat. Sie ist eben leider auch so hitzköpfig wie ihr Daddy.

Das zweite Abenteuer lässt sich an wie der Einzug ins Paradies, doch zu spät erkennen die drei Gefährten, dass es diese freundliche Frau, die sie aufnimmt, auf etwas ganz anderes, als ihr Wohlergehen abgesehen hat: Circe hasst Männer. Schon bald kann Percy die Welt aus den hilflosen Augen eines Meerschweinchens betrachten, neben sich in Meerschweinchen verwandelte Piraten wie der grausame Blackbeard …

Am Ziel

Weiter führt der Weg über die Insel der Sirenen, wo er fast Annabeth verliert, zur Insel des Polyphem. Hier endlich kommt die Fahrt an ihr Ziel. Doch menschenfressende Schafe bewachen das heilende Goldene Vlies, und der Zyklop der Insel ist auch nicht von Pappe. Die Kämpfe, die sie gegen ihn zu bestehen haben, sind wirklich nicht von Pappe.

Dass sie erneut das Kreuzfahrtschiff „Prinzessin Andromeda“ (aus der Perseus-Sage) erblicken, ist nicht wirklich eine gute Nachricht. Denn erneut will ihnen Luke, der Verräter, ans Leder. Und er hat einen unheimlichen Gast dabei, der in einem Sarkophag auf sein Erwachen wartet: Chronos, der Titan, Erzfeind der Olympier … Es bleibt spannend bis zum Schluss.

Der Sprecher

Marius Clarén verfügt als Sprecher über einige erstaunliche Fähigkeiten, die ich der Reihe nach vorstellen will. Zunächst charakterisiert er jede Figur durch eine eigene Ausdrucksform. Percy Jacksons Tonlage entspricht der deutschen Stimme von Tobey Maguire, wie wir sie aus den Spider-Man-Filmen kennen. Der junge Held ist uns also schon mal ziemlich sympathisch, muss aber zahlreiche Prüfungen bestehen. In Camp Halfblood sagt Annabeth gleich zu ihm: „Du sabberst im Schlaf.“ Na, wenn das nicht eine nette Begrüßung ist! Offenbar mag sie ihn.

Ganz anders hingegen sein Freund Grover, der junge Satyr. Schwere Proben muss der Ärmste bestehen, ist er doch Percys Hüter. Seine Redeweise ist entsprechend unsicher und wiederholt etwas mitleiderregend. Aber man kann nicht böse auf ihn sein, denn Ziegenfüßer haben’s auch nicht leicht.

Alle seine weiblichen Figuren sprechen selbstredend in einer höheren Tonlage als die männlichen Vertreter, so etwa auch Annabeth und die verführerische Zauberin Circe. Die männlichen Erwachsenen wie Zeus, Poseidon und vor allem der Zyklop Polyphem wirken durchweg furcht- und Respekt einflößend.

Luke ist ein junger, aufbrausender Intrigant, der Percy das Leben echt schwer macht – und den Olymp stürzen will. Tantalus ist ein hinterlistiger Macker – ein König, der in die Unterwelt verbannt wurde. Die tiefste Stimme hat Polyphem, aber er ist zum Glück nicht der Hellste. Erstaunlich, welchen Tonumfang die Stimme des Sprechers umfasst. Da können viele andere Sprecher einpacken.

Natürlich werden alle Stimmen der jeweiligen Situation angepasst. Da fauchen die Harpyien, da rumpeln diverse Ungeheuer, sodass man sich über Abwechslung wirklich nicht beschweren kann. Alles in allem sorgen all diese Klangfarben für einen sehr lebhaften Vortrag, an dem Kinder und Jugendliche ihre helle Freude haben werden.

Musik

Einen Serien-Jingle gibt es nicht mehr. Vielmehr erklingt gleich die Hintergrundmusik, die im Intro, Outro und am Schluss jeder CD eingespielt wird. Nach einem Auftakt mit Harfe und tiefer Trommel setzen die Streicher ein, sodass eine recht mystische Stimmung entstehen kann.

Geräusche gibt es leider keine, sodass man sich jederzeit voll auf den Vortrag des Sprechers konzentrieren kann. Ein paar Soundeffekte hätten aber vielleicht nur gestört.

Zusätzliche Informationen

In der Verpackung der CDs sind neun zusätzliche Informationen über die griechische Sagen- und Götterwelt abgedruckt. Daher findet der junge Leser und Hörer hier alphabetisch sortierte Angaben über Wesen wie die Sirenen, Circe und Moiren sowie über schreckliche Orte wie den Tartaros, in den man wirklich nicht geraten möchte. Diese Informationen sind also nur für dieses zweite Abenteuer relevant.

Der Autor

Rick Riordan war viele Jahre lang Lehrer für Englisch und Geschichte. Mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen lebt er in San Antonio, Texas, und widmet sich ausschließlich dem Schreiben. „Percy Jackson. Diebe im Olymp“ ist sein erstes Buch für junge Leser. Dessen Verfilmung mit Pierce Brosnan und Uma Thurman lief ab 11. Februar 2010 in den deutschen Kinos.

Der Sprecher

Marius Clarén, 1978 in Berlin geboren, ist Synchronsprecher, -autor und -regisseur. Er lieh seine Stimme Tobey Maguire, Chris Klein und Jake Gyllenhaal sowie vielen mehr.

Regie führte Kati Schaefer, die Aufnahme in den d.c. Studios erledigten Dicky Hank und Dennis Kassel, die Musik steuerte Andy Matern bei. Clarén liest eine von Kai Lüftner bearbeitete Fassung.

Unterm Strich

Dieses zweite Abenteuer Percy Jacksons stellt eine zweite Bewährungsprobe für den Göttersprössling dar. Er muss Teamarbeit leisten und sich für das Wohl des Camps ins Zeug legen. Selbstredend gilt es auch, einen Außenseiter wie Tyson zu beschützen und alle, die ihm ans Leder wollen, zurechtzuweisen, so etwa den überheblichen Luke. Wenn jedoch die Liebe zum Zug kommt, dann sind Percy, Annabeth und Tyson nicht zu schlagbar – wie die Gegner im finalen Wagenrennen erfahren müssen.

Wer ein paar Stunden kurzweilige und lehrreiche Unterhaltung mit dem gewissen Fantasy-Touch und zahlreichen Wendungen sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Die Sprache ist im Gegensatz zu den alten Sagen jederzeit einfach gehalten und verständlich. Die Ideen verblüffen, und auch das Ende hält noch eine Überraschung bereit.

Man könnte höchstens einwenden, dass die griechische Sagenwelt doch stark amerikanisiert worden sei, aber das muss auch so sein, um sie überhaupt der Moderne näherbringen zu können. Harry Schotter hat sicherlich Pate gestanden und vielleicht auch Bilbo Beutlin, aber der Rest liest sich wie eine Mischung aus Detektivroman und Fantasy-Abenteuerfahrt. Wer seine „Odyssee“ kennt, dem wird hier so manches Ungeheuer recht bekannt vorkommen. Zum Glück hat der Autor jedes vermenschlicht und modernisiert, sodass jeder heutige Hörer etwas damit anfangen kann.

Das Hörbuch

Der Sprecher Marius Clarén hat sich wahrlich ins Zeug gelegt, um sein jugendliches Publikum mit einer Vielzahl von Stimmen zu unterhalten. Die damit zum Leben erweckten Figuren sind leicht unterscheidbar und bereiten obendrein einigen Spaß. Geräusche und Musik würden nur von den Dialogen ablenken. Wertvolle Hinweise liefert das Glossar, das in die Einsteck-Verpackung gedruckt ist, sodass der junge Hörer auch etwas mit den vielen seltsamen Namen anfangen kann.

4 Audio-CDs
Spieldauer: 310 Minuten
Gelesen von Marius Clarén
Originaltitel: Percy Jackson and the Olympians: The Sea of Monsters (2006)
Aus dem US-Englischen übersetzt von Gabriele Haefs
ISBN-13: 978-3785744048
www.luebbe.de