In diesem Roman wird die Geschichte von Valentine Michael Smith erzählt, einem Menschen, der von Marsianern auf dem Mars aufgezogen wurde und nun als junger Mann zur Erde zurückkehrt. Es wird erzählt, wie er die zunächst fremde irdische Kultur erlebt – und wie er sie verändert.
Robert Anson Heinlein ist einer der bekanntesten Science Fiction-Autoren, und „Stranger in a Strange Land“ ist sein bekanntestes Buch, das auf dem Uni-Campus der sechziger Jahre Kultstatus erlangte. Als es 1961 erschien, brachte der Verlag allerdings nur eine gekürzte – man könnte auch sagen: zensierte – Version auf den Markt. Auf Wunsch der Verleger wurde der Roman zunächst in einer um ein Viertel gekürzten Version (dt. Titel Ein Mann in einer fremden Welt) veröffentlicht, in der unter anderem auch „anstößige“, also Sexszenen, gestrichen worden waren. Die restaurierte Fassung, die Bastei-Lübbe 1996 vorlegte, wurde erst 1991 veröffentlicht, zwei Jahre nach Heinleins Tod und betreut von seiner Witwe Virginia. „Der Titel des Romans ist dem Buch Exodus des Alten Testaments entnommen.“ (Wikipedia)
Der Autor
Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Stories im Science Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?
Wie auch immer: Heinleins beste Werke entstanden zwischen 1949 und 1959, als er für den Scribner-Verlag (bei dem auch Stephen King veröffentlicht) eine ganze Reihe von Jugendromanen veröffentlichte, die wirklich lesbar, unterhaltsam und spannend sind. Am vergnüglichsten ist dabei „The Star Beast / Die Sternenbestie“ (1954). Auch diese Romane wurden vielfach zensiert und von Scribner gekürzt, so etwa „Red Planet: A Colonial Boy on Mars“ (1949/1989).
Allerdings drang immer mehr Gedankengut des Kalten Krieges in seine Themen ein. Dies gipfelte meiner Ansicht nach in dem militärischen Roman „Starship Troopers“ von 1959. Im Gegensatz zum Film handelt es sich bei Heinleins Roman keineswegs um einen Actionknaller, sondern um eine ziemlich trockene Angelegenheit. Heinlein verbreitete hier erstmals ungehindert seine militaristischen und antidemokratischen Ansichten, die sich keineswegs mit der der jeweiligen Regierung decken müssen.
Mit dem dicken Roman „Stranger in a strange land“ (1961/1990), der einfach nur die Mowgli-Story auf mystisch-fantastische Weise verarbeitet, errang Heinlein endlich auch an den Unis seines Landes Kultstatus, nicht nur wegen der Sexszenen, sondern weil hier mit Jubal Harshaw ein Alter Ego des Autors auftritt, der als Vaterfigur intelligent und kühn klingende Sprüche von sich gibt. „Stranger“ soll Charles Manson zu seinen Morden 1967 im Haus von Sharon Tate motiviert haben. Sharon Tate war die Gattin von Regisseur Roman Polanski und zu diesem Zeitpunkt schwanger.
Als eloquenter Klugscheißer tritt Heinlein noch mehrmals in seinen Büchern auf. Schon die nachfolgenden Romane sind nicht mehr so dolle, so etwa das völlig überbezahlte „The Number of the Beast“ (1980). Einzige Ausnahmen sind „The moon is a harsh mistress“ (1966, HUGO), in dem der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg auf dem Mond stattfindet, und „Friday“ (1982), in dem eine weibliche und nicht ganz menschliche Agentin ihre Weisheiten vertreibt.
Größtes Lob hat sich Heinlein mit seiner Future History (1967) verdient, die er seit den Vierzigern in Form von Stories, Novellen und Romanen („Methuselah’s Children“, ab 1941-1958) schrieb. Dieses Modell wurde vielfach kopiert, so etwa von seinem Konkurrenten Isaac Asimov.
Heinleins Werk lässt sich sehr einfach aufteilen. In der ersten Phase verarbeitet er auf anschauliche und lebhafte Weise physikalische und soziologische Fakten, die zweite Phase ab 1947 wurde bis 1958 mit Jugendromanen bestritten, die ebenfalls sehr lesbar sind. Die dritte Phase beginnt etwa ab 1959/1960 und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass, wie ein Kenner anmerkte, Heinlein Meinungen als Fakten ausgibt. Daher lesen sich diese überlangen Schinken wie Vorlesungen und Traktate statt eine gute Geschichte zu erzählen.
Hinzukommt, dass Heinlein rekursiv wird: Er klaut bei sich selbst und besucht, etwa in „Die Zahl des Tiers“ (1980), die Universen seiner Zunftkollegen – hier wird die Science Fiction inzestuös. Das mag für eingefleischte SF-Fans ganz nett sein, die ihre Insider-Gags sicherlich genießen, doch für Outsider ist es einfach nur langweilig zu lesen.
Handlung
Valentine Michael Smith heißt der Mann, der sozusagen vom Himmel gefallen ist. Er kommt vom Mars, der einzige Überlebende einer gescheiterten Mars-Expedition. Er überlebte nur mit Hilfe der „Eingeborenen“ – genau wie Mowgli im Rudyard Kiplings „Dschungelbuch“.
Nach irdischem Recht ist Smith der Besitzer des roten Planeten und verfügt über das Know-how einer uralten Rasse ebenso wie über Psi-Kräfte: das Groken. Hienieden wird er umworben und von Frauen umschwärmt, Politiker versuchen ihn ebenso für ihre diversen Zwecke einzuspannen wie geschäftstüchtige Sektenführer.
Für Valentine ist die Erde eine völlig fremde und unverständliche Welt – aber als er sie zu begreifen beginnt – mit kräftiger Hilfe eines Zynikers namens Jubal Harshaw – , beschließt er, sie nach seinen Vorstellungen zu verändern. Und damit beginnt sein Opfergang – eine Passion à la Jehoschua von Nazareth.
Schließlich diskorporiert – entleibt – sich Smith. Er kann aber auch andere diskorporieren, schmerzlos immerhin. Die Entleibung ist nicht mit irgendwelchem Entgelt verbunden und erfolgt in einem traumartigen Bewußtseinszustand.
(Eine ausführliche Handlungsbeschreibung findet sich in der Wikipedia.)
Mein Eindruck
Leider übernahm auch der Mörder Charles Manson die Idee des Diskorporierens, als er die schwangere Gattin von Roman Polanski, die Schauspielerin Sharon Tate, überfiel und rituell tötete.
Wie auch immer, für diejenigen, die das Wesen von Fiktionen verstehen können, bietet die Idee des schmerzlosen Todes eher Fantasy-Aspekte als Science Fiction-Fakten. So endet ein Buch, das als Science Fiction-Satire begann, als Wunscherfüllungs-Phantasie – ein trauriges Ende.
Die Studenten an den Unis der USA in den wilden Sechzigern goutierten Heinleins libertäre Befürwortung freier Liebe und des Mystizismus. Diese Ansichten äußerte in erster Linie der Groschenromanautor Jubal Harshaw, eine Art Ersatzvater für Valentine und das allwissende Sprachrohr für Heinlein selbst.
Alles gegrokt?
„Wie auch andere einflussreiche Werke der Literatur hat Fremder in einer fremden Welt es vermocht – zumindest im englischen Sprachraum – ein neues Wort zu prägen: to grok. Im Roman ist es ein Ausdruck aus dem Marsianischen, der wortwörtlich übersetzt „trinken“ bedeutet, im übertragenen Sinne bedeutet es im Roman so viel wie „grundlegend verstehen“, „lieben“ oder „vereint sein mit“. Der Ausdruck „grokking“ gelangte vermutlich durch Ken Kesey in die Hippie-Szene und wurde zeitweilig benutzt um einen Zustand der Empathie oder der Harmonie mit einer Person oder Situation auszudrücken. Er wird unter anderem auch von Science Fiction Fans und Hackern verwendet und es existiert auch ein Eintrag im Oxford English Dictionary. In der deutschen Sprache hat sich das Wort nicht auf breiter Ebene durchsetzen können, es ist jedoch auch in (deutschsprachigen) Hackerkreisen durchaus bekannt.“ (Wikipedia.de)
Neue Kirche
Ein zentrales Thema der zweiten Romanhälfte ist die Darstellung der von Smith begründeten „Kirche aller Welten“ (Church of All Worlds), ein Mysterienkult, der heidnische Elemente und Aspekte der Erweckungsbewegung mit parapsychologischem Training und der Unterweisung in der marsianischen Sprache verbindet. Im Jahre 1968 gründete eine neopaganistische Gruppe auch tatsächlich eine wesentlich durch den Roman inspirierte Church of All Worlds. Diese Glaubensgemeinschaft folgt in vielfacher Hinsicht den Ideen des Romans und ist bis heute Teil der neopaganistischen Szene der USA. (Wikipedia.de)
Von den späten Werken Heinleins – also nach 1960 und „Starship Troopers“ – ist „Stranger in a Strange Land“ wahrscheinlich das lesbarste und unterhaltsamste. Er erhielt dafür 1962 den HUGO Gernsback Award der amerikanischen Science Fiction-Leser.
Taschenbuch: 667 Seiten
Originaltitel: Stranger in a strange world, 1961/91 (uncut version).
Aus dem Englischen von Rosemarie Hundertmarck, bearbeitet und ergänzt von Rainer Schumacher
ISBN-13: 9783404242146
www.heyne.de
Der Autor vergibt: