Robert J. Sawyer – Die dritte Simulation

Ein Biotechniker findet heraus, dass die Seele nach dem Tod eines Menschen dessen Körper verlässt und weiterexistiert. Religionsführer und Verbrecher horchen auf. Der Biotechniker erschafft drei Abbilder, die er in Computer einspeist. Wenig später fallen sowohl Claire als auch deren Vater einem Mord zum Opfer. Eine Polizistin bringt sich selbst in Lebensgefahr, als sie sich auf die Spur des Mörders setzt – ist es unser moderner Dr. Frankenstein oder sind es doch seine drei Monster?

Der Autor

Robert J. Sawyer, geboren 1960 in der kanadischen Hauptstadt Ottawa, gehört zu den führenden Autoren seines Genres. Nach dem Studium im Fachbereich „Funk und Fernsehen“ an der York-Universität, Toronto, begann er 1983 eine Laufbahn als populärwissenschaftlicher Drehbuchautor. 1990 erschien sein erster Science-Fiction-Roman, dem bislang sechzehn weitere gefolgt sind. Sie wurden bisher in elf Sprachen übersetzt und haben mehr als 30 Preise gewonnen. Neben Greg Bear und Robert Charles Wilson gilt er heute als einer der ideenreichsten wissenschaftlich orientierten Autoren der Gegenwart. Sawyer lebt mit seiner Ehefrau Carolyn Clink in Thornhill in der Nähe von Toronto.

Andere Romane in Asimovs Tradition sind „The Terminal Experiment“ (1995, dt. als „Die dritte Simulation“ bei |Goldmann|), „Calculating God“ (2000) und „Factoring Humanity“ (1998). Bei |Festa| erschien der erste Band der Hominiden-Trilogie: [„Die Neanderthal-Parallaxe“. 1147 Dafür erhielt er 2003 den |Hugo Award|, den wichtigsten SF-Preis, der von den Science-Fiction-Lesern verliehen wird. „Die dritte Simulation“ erhielt den renommierten |Nebula Award|. Im März 2008 ist sein Roman „Flash“ (orig. „Flash Forward“) bei |Heyne| erschienen.

Handlung

Peter Hobson ist Biotechnologe und hat ein neuartiges Gehirnaufzeichnungsgerät, einen Scanner, entwickelt, mit dem er alle Neuronenaktivitäten im Hirn bis ins letzte Detail elektronisch erfassen kann. So gelingt es ihm, erstmals zu beweisen, dass die Seele eines Menschen nach dessen Gehirntod den Körper verlässt und weiterexistiert. Die Bekanntgabe dieser Entdeckung ruft sämtliche religiösen Eiferer auf den Plan, führt aber ironischerweise auch Verbrecher – aktive wie auch einsitzende – zu bemerkenswerten Schlussfolgerungen für ihr weiteres Handeln.

Hobsons Frau Claire gesteht ihm, fremdgegangen zu sein. Hobson schreit in seinem Zorn, er könnte den Verführer umbringen. Dieser Hass führt zu tödlichen Ereignissen, als Peter sich mit den auf ihn einprasselnden Fragen nach dem Leben nach dem Tod und nach der Unsterblichkeit auseinandersetzt und eine Lösung sucht: Er scannt sich selbst und erschafft mit Hilfe eines Freundes drei elektronische Abbilder des eigenen geistigen Innenlebens. „Ambrotos“ ist die unsterbliche Version seiner selbst (ohne Altern), „Geist“ das Leben nach dem Tod (ohne Körper) und „Kontrolle“ ist die unveränderte Version, um die anderen Versionen damit vergleichen zu können. Wenig später wird Claires Verführer ermordet aufgefunden, und auch Claires Vater, so verrät der Erzähler, wird ein Opfer, da er seine Tochter zeit seines Lebens unterdrückt hat. Niemand kann sich die Tode erklären.

Erst als die Polizistin Sandra Philo auf merkwürdige Zusammenhänge und Datenfälschungen stößt und Peter damit konfrontiert, wird dem Wissenschaftler klar, dass er ein Ungeheuer geschaffen hat. Doch welche Version seiner selbst ist die schuldige? Interessante Zwiegespräche folgen, und erst die massive Drohung mit einem die drei Intelligenzen eliminierenden Computervirus veranlasst den Mörder zum Geständnis. (Er soll hier nicht verraten werden.) Doch selbst als der Virus losgelassen wird, können sich die drei KIs retten. Wenig später fällt Sandra Philo einem Mordanschlag zum Opfer, den sie nur durch Peters Eingreifen überlebt, allerdings radioaktiv verseucht. Die Todgeweihte lässt sich scannen und in die weltumspannenden Netzwerke einspeisen: Sie sucht ihren Mörder …

Unterm Strich

Menschen erschaffen Ungeheuer in Form künstlicher Intelligenz – diesen Frankenstein-haften Plot hat man schon des Öfteren gelesen. Die Gründe, warum der Autor dieses Near-Future-Thrillers den |Nebula Award| bekommen hat, liegen einerseits in der akribisch genauen Schilderung des Milieus und der KI-Wissenschaft sowie der Konsequenzen, welche die Entdeckung der menschlichen Seele und die Erschaffung einer KI nach sich ziehen. Dabei geht Sawyer weit über Kollegen wie William Gibson hinaus und beschäftigt sich wie John Brunner mit dem sozialen Kontext.

Sei’s drum: „Die dritte Simulation“ ist einer der besser geschriebenen, mit Sachkenntnis auf jeder Seite überzeugenden Romane zu den Themen Mensch und KI, Leben nach dem Tod und Unsterblichkeit. Von modischem Cyberpunk findet sich hier keine Spur, doch hat Sawyer seinem ernsten Thema ein kitschiges, wenn auch vielleicht für viele Leser befriedigendes Happy-End angeklebt.

Taschenbuch: 343 Seiten
Originaltitel: The Terminal Experiment, 1995
Aus dem US-Englischen von Cecilia Palinkas

https://www.penguinrandomhouse.de/Verlag/Goldmann/4000.rhd

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