Militär-Action: Legionäre als Schatzsucher
Winter 42 n.Chr.: Die Invasion Britanniens wird vorbereitet. Zenturio Macro und sein neuer Ordonnanzoffizier Cato kämpfen noch am Rhein gegen die stinkenden Barbaren Germaniens, als der Befehl des Kaisers beim Kommandanten ihrer Legion, der Augusta, eintrifft. Kaiser Claudius will vollenden, was selbst Julius Caesar nicht schaffte: die britischen Stämme zu unterwerfen. Was die Legionäre noch nicht ahnen: Im Sumpf der englischen Südküste hat Caesars Legion eine Truhe mit geraubten Schätzen zurücklassen müssen. Schon bald beginnt ein Wettrennen ums Gold…
Der Autor
Simon Scarrow wurde 1962 im gerade unabhängig gewordenen Nigeria geboren. Mit seinen Eltern zog er durch die Welt, bis die Familie sich in England niederließ. Nach seinem Schulabschluss ging Scarrow in den öffentlichen Dienst, begann jedoch nach zwei Jahren ein Geschichtsstudium. Anschließend lehrte er dieses Fach in Norfolk.
Parallel zu seiner akademischen Laufbahn begann Scarrow zu schreiben. Er spezialisierte sich auf historische Stoffe. Den Durchbruch brachte ihm die 2000 begonnene Serie um die ungleichen Gefährten Quintus Licinius Cato und Lucius Cornelius Macro, die im Römischen Imperium des ersten nachchristlichen Jahrhunderts geheimagentenähnliche Aufgaben übernehmen.
Seit 2005 ist Scarrow hauptberuflicher Schriftsteller. Parallel zur genannten Serie begann er die „Revolution“-Reihe, die im 18. Jahrhundert spielt und den Aufstieg der späteren Kriegsgegner Napoleon Bonaparte und Arthur Wellesley, 1. Duke of Wellington, thematisiert. Sein Roman „Schwert und Säbel“ spielt 1565 auf Malta.
Mit seiner Familie lebt Simon Scarrow weiterhin in der ostenglischen Stadt Norfolk. Mehr Info: http://www.scarrow.co.uk/
Die „Rom“-Serie:
1. (2000) Im Zeichen des Adlers (Unter the Eagle) – Blanvalet TB 38054
2. (2002) Im Auftrag des Adlers (The Eagle’s Conquest) – Blanvalet TB 38070
3. (2002) Der Zorn des Adlers (When the Eagle Hunts) – Blanvalet TB 38158
4. (2003) Die Brüder des Adlers (The Eagle and the Wolves) – Blanvalet TB 38272
5. (2004) Die Beute des Adlers (The Eagle’s Prey) – Heyne TB 47118
6. (2005) Die Prophezeiung der Adler (The Eagle’s Prophecy) – Heyne TB 47119
7. (2006) Die Jagd des Adlers (The Eagle in the Sand/The Zealot) – Heyne TB 47120
8. (2007) Centurio (Centurion) – Heyne TB 43505
9. (2007) Gladiator (The Gladiator) – Heyne TB 43506
10. (2009) Die Legion (The Legion) – Heyne TB 43620
11. (2011) Die Garde (Praetorian) – Heyne TB 43621
12. (2013) Die Blutkrähen (The Blood Crows) – Heyne TB 47121
13. (2014) Blutsbrüder (Brothers in Blood)
14. Britannia (dito)
15. Invictus (dito)
16. Imperator (dito)
17. „Invasion“ enthält die Vorab-Episoden „Invasion“ 1-5 gesammelt in einem Band: Das Blut Roms
Inzwischen hat Scarrow einen neuen Zyklus um Napoleon Bonaparte gestartet.
Vorgeschichte
Für Gaius Julius Cäsar endete der Britannien-Feldzug des Jahres 54 v. Chr. mit einer doppelten Niederlage. Der spätere Herrscher des Römischen Imperiums wurde von den Inselbewohnern vertrieben. Im Tumult blieb eine riesige Truhe mit geraubten Schätzen zurück; sie konnte im letzten Augenblick versteckt werden.
Knapp einhundert Jahre später (42 AD) plant Imperator Claudius eine neue Invasion Britanniens. Außerpolitischer Erfolg tut Not, denn der stotternde Herrscher ist unbeliebt; es gab in Dalmatien bereits eine erste Verschwörung und Meuterei. Vier Legionen werden in Marsch gesetzt. Darunter befindet sich auch die in der germanischen Provinz am Niederrhein stationierte Zweite Legion, genannt „Augusta“: fünfeinhalbtausend Männer, die zu den besten Soldaten des Reiches gehören.
Handlung
Unter den Legionären der Augusta befinden sich Lucius Cornelius Macro, Befehlshaber der Sechsten Zenturie, und sein neuer Ordonnanzoffizier (Optio) Quintus Licinius Cato. Der aus dem Kaiserpalast freigelassene und in die ferne Provinz geschickte, erst sechzehnjährige Mann ist denkbar ungeeignet für das raue Militärdasein. Eigentlich ein Sklave, der am Hofe der Kaisers in Rom ein angenehmes Leben führte, wurde Cato von Kaiser Claudius freigelassen – dies freilich unter der Bedingung, sich als Legionär bzw. kaiserlicher Spitzel zu verpflichten.
Cato liebt die Sklavin Lavinia, die der konspirativ tätigen Adligen Flavia Domitilla dient, welche wiederum mit Vespasian verheiratet ist, dem Befehlshaber (Legat) der Zweiten Legion. Vespasian schöpft seltsamerweise keinen Verdacht, als ihn Flavia fortwährend nach den Invasionsplänen löchert. Woher weiß sie überhaupt davon, sollte er sich mal fragen.
Es ist ein kühler Novembertag, als drei Kohorten der zweiten Legion aus dem Fort ausrücken, um die Germanen Mores zu lehren. Ein Häuptling der stinkenden Barbaren hat einem Steuereintreiber, der den Tribut einforderte, die Zunge herausgeschnitten und ihn heimgeschickt. Derlei Aufsässigkeit können die Römer nicht auf sich beruhen lassen. Drei Kohorten würden die Barbaren schon besiegen, hofft Macro, der unter dem ehrgeizigen Kommandeur Vitellius kämpft.
Die Falle
Doch die Legionäre tappen geradewegs in eine sorgfältig vorbereitete Falle. Kaum sind alle Soldaten im Dorf eingerückt, als eine bunt zusammengewürfelte Germanentruppen aus dem Wald, der das Dorf umgibt, hervorbricht und die Palisadenmauer angreift. Primärziele des Angriffs sind die beiden Tore. Unter Macros und Vitellius‘ Kommando beeilen sich die Soldaten, die Tore zu schließen und zu verteidigen.
Doch die Germanen sind schlauer als gedacht: Sie haben eine Ramme mitgebracht, die das erste Tor aufbricht. Dagegen setzt Macro Feuer ein. Dieser Schachzug geht nach hinten los: Das Feuer breitet sich rasend schnell aus und treibt die Legionäre ebenso zurück wie die Germanen. Dabei zeichnen sich Macro und Cato durch Einfallsreichtum aus: Cato kann, als German verkleidet, von Glück sagen, dass er nicht sofort abgestochen wird.
Schließlich bleibt den Soldaten nur noch eine letzte Verteidigungsstellung in der Mitte des Dorfes. Wo, beim Jupiter, bleibt Vespasian mit den Entsatztruppen?!
Mein Eindruck
Nach einem actionreichen ersten Drittel, das von der Schlacht ums das germanische Dorf bestritten wird, folgt ein ruhiger Mittelteil, in dem sich alle Vorzeichen ändern: Die Politik pfuscht den Militärs ins Handwerk. Der kaiserliche Sekretär Narcissus stellt Vespasian auf die Probe und lässt ihn sogar ausspionieren. Hat Vespasian etwas mit der Meuterei unter den in Gesoriacum [Calais] versammelten Legionen zu tun? Er sagt Vespasian im Vertrauen, dass er in der zweiten Legion nicht nur einen Spion platziert hat, sondern zudem auch einen Verräter vermutet.
Während das Leben in der dünnen politischen Luft für Vespasian recht beschwerlich wird, schlagen sich Macro und sein Schützling Cato wacker durch. Ihr erster Auftrag: Schutz des kaiserlichen Sekretärs. Leichter gesagt als getan, denn Narcissus wird von Finsterlingen angegriffen, die ihm den Garaus machen wollen. Nicht genug damit, erhalten sie von Vespasian im Auftrag des Kaisers den Befehl die versunkene Schatztruhe zu bergen – mit im Feindesland.
Showdown
Der dritte Teil wartet denn auch mit über 100 Seiten satter Action auf, die das Herz jedes Militärfreaks höher schlagen lässt. Die Kampfmethoden von Römern und Briten unterscheiden sich wie Tag und Nacht. Für die zweite Legion sieht es schließlich ganz übel aus. Doch Macro macht dem Leben des britischen Heerführers ein Ende, und zwar auf denkbar unerwartete Weise. Auf diesen denkwürdigen Kampf wird im Folgeband mehrfach verwiesen.
Cato wird hingegen als Deserteur festgenommen, ein absurder Vorwurf, der aber auf Vespasian zurückgeht. Er ist erfolgreicher Schatzsucher und erfolgreicher Späher, aber das nützt ihm am Ende nichts. Er bekommt, im Gegensatz zu Macro, nicht mal einen Kuss oder einen Orden. Schuld ist wieder die Politik: Sie bestimmt, wer als Held ausgezeichnet wird und wer nicht, ganz egal, ob es dem Legionär gefällt oder nicht.
Und der Verräter in der Legion? Auch der wird schließlich gefunden, aber nicht von Vespasian, sondern vom Ehrgeizling Tribun Vitellius (von dem im Folgeband noch sehr viel zu lesen sein wird). Die Identität des Verräters gefällt Vespasian ganz und gar nicht, denn der befindet sich in seiner allernächsten Nähe…
Historisches Wissen
Als Historiker hat der Autor den Hintergrund seiner Handlung fein säuberlich recherchiert und präsentiert ihn so wirkungsvoll, dass sein Kenntnisreichtum offenkundig wird. Das Wissen reicht von den militärischen Rängen über die ausgefeilte Organisation und diverse Kampftaktiken bis hin zur Organisation der römischen Politik, die Claudius zu schaffen macht. Die Invasion Britanniens ist für ihn lediglich ein Schachzug seiner Propaganda, der den Plan seines ermordeten Vorgängers Caligula aufgreift. Er will die Kritiker zum Verstummen bringen; es gelingt ihm, weitere zwölf Jahre (bis 55 AD) am Leben und an der Macht zu bleiben. Kein Wunder also, dass eben diese Gegner eine Verschwörung nach der anderen gegen ihn betreiben.
Kleine Helden
Es sind die kleinen Leute, die Legionäre und Sklaven, für die der Autor unser Mitgefühl und Verständnis weckt. Nachdem die erste Schlachte die Männer in den Mittelpunkt gestellt hat, wendet sich mit der Ankunft des kaiserlichen Befehls zum Abrücken das Blatt. Da sind Lavinia und Flavia, und beide werden eine zentrale Rolle im Leben Catos und Vespasians spielen. Macro, der handfeste Veteran, steht mehr auf Schankmädchen oder was sich sonst an angenehmer weiblicher Gesellschaft finden lässt. Lavinia gerät jedoch in die Machenschaften des ehrgeizigen Spions Vitellius und muss sich ständig neue Lügen ausdenken.
Die Briten
Im Vergleich dazu bleiben die Briten und ihre Vertreter vorerst recht blass. Man kann sie sich als entfernte Vettern der Gallier vorstellen, die ja ebenfalls keltische Vorfahren haben. Doch die Briten weisen einige Eigenschaften auf, die sie einzigartig machen. Ihre keltischen Streitwagen sind effektive, wenn auch veraltete Waffen. Die Räder lassen sich leicht mit einem Speer blockieren bzw. aus der Bahn werfen und die Kämpfer sind gegen Pfeile ungeschützt. Die Kämpfer selbst sind mit Tattoos bemalt und bieten mit ihrer oft riesigen Statur einen furchteinflößenden Gegner.
Die Übersetzung
Der Text der Übersetzung ist flüssig zu lesen. Der Übersetzer hat die zahlreichen Ausdrücke der militärischen Realien ausgezeichnet ins Deutsche übertragen – dies ist allerdings eine Leistung seiner Vorgängerin. Deshalb konnte er auf Fußnoten, Endnoten und ein Glossar verzichten. Eine Zeittafel wäre indes recht nützlich gewesen, denn sie hätte die Landkarte ergänzt.
Das Buch enthält eine Landkarte Südenglands mit der Südostküste, desweiteren ein Organigramm der Ränge einer Legion, ihrer sechs Kohorten und einer exemplarischen Zenturie – insgesamt rund 8500 Mann.
S. 86: „die General Varus vor fast 30 Jahren…“: Falsche Zeitberechnung. Wenn man 30 von 42 abzieht, erhält man 12. Die Varusschlacht fand aber bereits anno 9 AD statt, also ÜBER 30 Jahre zuvor.
S. 132: „Palisade, wo die Pflöcke zischten und dampften…“ Es handelt sich nicht um Pflöcke, sondern um Pfähle, aus denen die Palisade besteht.
S. 152: „Gleichwohl durchschnitt ein erschrecktes Quieken die Luft…“ „Gleichwohl“ drückt einen Widerspruch aus, doch hier ist eine zeitliche Abfolge gemeint. Korrekt müsste es also „gleichzeitig“ heißen.
S. 191: „der göttliche Augustinus“. Gemeint ist hier aber nicht der Kirchenheilige aus dem nordafrikanischen Hippo, sondern der Kaiser Octavian, der sich „Augustus“, den Erhabenen, nannte.
S. 243:“An[h]ieb“: Das H fehlt.
S. 250: „freiwiliig“ statt „freiwillig“.
S. 270: „Lavi[a]nia“: Das A ist überflüssig.
Unterm Strich
Dieser Auftaktband der ROM-Serie ist längst nicht so actionreich wie der Folgeband. Das liegt zu einen daran, dass die historischen Umstände es nicht zulassen, zum anderen, dass die zweite Handlungsebene um die Politik etabliert werden muss – und dass sich drittens Cato auch noch in Lavinia verliebt. Einfachheit sieht anders aus. Aber Scarrows Romane sind keine einfachen Unterhaltungsschmöker für Military-Action-Fans, sondern vor allem auch historische Romane. Die Ambitionen des Autors reichen also wesentlich weiter.
Wer nicht genügend Geduld aufbringen kann, der sollte zum 2. Band der Serie greifen. Dort werden gleich drei Schlachten nacheinander geboten. Mehr Action geht nun wirklich nicht, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Die Tücken der Übersetzung habe ich oben erwähnt.
Taschenbuch: 413 Seiten
Originaltitel: Under The Eagle, 2000
Aus dem Englischen von Norbert Stöbe
ISBN-13: 9783442380541
http://www.randomhouse.de/blanvalet
Der Autor vergibt: