Schlagwort-Archive: Michael Hoeye

Hoeye, Michael – Hermux Tantamoq: Vorhang auf – Die Zeit läuft!

Unser Mäusedetektiv sieht sich in seinem dritten Abenteuer einer harten Prüfung seiner Liebe zu Linka Perflinger ausgesetzt. Ein Schürzenjäger, der sich als Actionregisseur ausgibt, will mit ihr einen Dokumentarfilm drehen, sie aber eigentlich bloß ins Bett kriegen. Doch wie so oft erweisen sich Linkas Informationen als Schlüssel zu einem Geheimnis, dem Hermux in seiner Heimatstadt Pinchester auf der Spur ist.

Für kleine und große Kinder ab 10 Jahren.

|Der Autor|

Michael Hoeye wohnt mit seiner Frau Martha in einem Cottage in Oregon im Nordwesten der USA. „Umgeben von hohen Bäumen und freundlichen Eichhörnchen arbeitet er dort als freier Schriftsteller“, säuselt der Klappentext. Da juchzt das Mutterherz, das dieses Buch kaufen soll.

Hoeyes erstes Buch „Hermux Tantamoq – Im Wettlauf mit der Zeit“ wurde in über 20 Sprachen übersetzt und ist 2002 bei |Omnibus| – jetzt |cbj| bei |Random House/Bertelsmann| – erschienen. „Hermux Tantamoq – Das Geheimnis der verbotenen Zeit“ ist der zweite Band der Trilogie, deren letzter Band „Vorhang auf – Die Zeit läuft!“ in diesem Herbst erschien.

Band 1: Im Wettlauf mit der Zeit
Band 2: Das Geheimnis der verbotenen Zeit
Band 3: Vorhang auf – Die Zeit läuft!

_Handlung_

Eines Tages erhält Hermux Tantamoq, seines Zeichens friedliebender Uhrmacher in Pinchester, eine dringende Einladung vom Direktor des bekanntesten Varietétheaters der bekannten Mauswelt, von Fluster Varmint himself. Was mag der bekannte Maestro wohl von ihm wollen? Wie sich zeigt, hat sich Hermux den Ruf eines Meisterdetektivs erworben.

Diesmal soll er denjenigen dingfest machen, der Varmint laufend Drohbriefe schreibt, in denen nicht nur Varmint selbst gedroht wird, sondern auch seiner Tochter Beulith. Um den Schreiber zu finden, soll Hermux erst einmal vorgeben, im Theater eine Weckeranlage zu installieren. Dazu muss er praktisch den ganzen Tag vor Ort sein.

Hermux macht sich daher Sorgen um sein Haustier: Wer kümmert sich um Terfle, seinen Marienkäfer? Kurzentschlossen kauft er einen „Haustierpalast“ und quartiert damit Terfle im Theater ein. Dort kümmert sich die Kostümbildnerin Glissin rührend um das liebe Tierchen. Von den Künstlern lernt Terfle Kartentricks und die Kunst des Hypnotisierens – beides sehr nützliche Fertigkeiten, wie sich später erweist. Um Hermux‘ Uhrenladen kümmert sich sein Kumpel Nip.

Unterdessen hat es ein windiger Regisseur namens Brinx Lotelle geschafft, Hermux‘ Freundin Linka Perflinger zu einer Flugreise zu überreden, die zu den verschiedenen Orten führen soll, an denen die berühmte, aber nach einem Unglück verschwundene Filmschauspielerin Nurella Pinch gelebt hatte. Linka ist schnell für das noble Vorhaben dieses Dokumentarfilms gewonnen, doch wie sich zeigt, hat Brinx ganz andere Absichten mit ihr. Fast jeden Abend ruft sie Hermux an und unterrichtet ihn über ihre Erkenntnisse Nurella betreffend.

Ständig kommt Hermux seiner Erzfeindin und Nachbarin, der Kosmetikzarin Tucka Mertslin in die Quere – oder ist es vielmehr anders herum? Wie wir schon aus den beiden vorherigen Abenteuern wissen, ist Tucka eine Egomanin, die der bösen Königin in „Schneewittchen“ – „Wer ist die Schönste im ganzen Land – und wehe, du sprichst nicht die Wahrheit, dann lass ich dich zertrümmern!“ – locker das Wasser reichen kann.

Tucka hat einen neuen Verehrer, den Heiratsschwindler Corpius Crounce. Jedenfalls nennt er sich im Augenblick so, findet Tucka heraus. Sie sagt ihm die Wahrheit auf den Kopf zu und macht ihn so zu ihrem Komplizen und Helfershelfer in ihrem Großangriff auf Varmints Theater: Sie will es unbedingt haben – und das ganze umgebende Viertel dazu!

Varmint und Hermux, sein Detektiv, merken schnell, dass sie es mit skrupellosen Widersachern zu tun haben: Herabfallende Scheinwerfer sind nur eine der Methoden, mit denen hier gearbeitet wird. Ein sprechender und intelligenter Papagei kann Hermux aber aufklären, was läuft.

Doch beide Seiten ahnen nicht, dass Varmints Theatertruppe mehrere große Geheimnisse birgt, die den weiteren Verlauf der Auseinandersetzung in eine unerwartete Richtung lenken werden.

_Mein Eindruck_

Die ersten beiden Abenteuer hatten unseren Mäuserich Hermux Tantamoq in ferne Gefilde und in die nächste Umgebung Pinchesters geführt, ins Institut der wahnsinnigen Dr. Mennus. Dabei hat sich sein Horizont erweitert, seine Erkenntnisfähigkeit für Lügen und Täuschungen wurde geschärft und seine Liebe zu Linka hat sich vertieft.

Dies alles wird nun in der Scheinwelt des Theaters von Fluster Varmint auf die Probe gestellt. Kann Hermux‘ Auge zwischen Verkleidung und wahrem Selbst unterscheiden? Wenn ja, dann muss er diese Fähigkeit auch auf sich selbst anwenden: Er muss Linka einen Antrag machen und ihr seine Liebe erklären. (Da schlagen die Herzen der Leserinnen und Mäusinnen höher!)

Bis auf Tucka Mertslin, die es nicht mehr nötig hat, lügen alle Bösewichte und Gauner wie gedruckt. Aber auch die „Guten“ in der Welt des Theaters sagen nicht immer die Wahrheit, wie sich erweist, wie auch ihre Täuschungen Opfer fordern, wenn diese Täuschungen auffliegen. Dann erfordert es viel Mut und gutes Zureden, um die Wahrheit triumphieren zu lassen.

Hermux, unser Held mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, legt sich entsprechend ins Zeug – und ist froh, wenn alles klappt. Daher gibt es im Buch mehrere schöne Überraschungen. Aber auch ein Actionfinale à la James Bond ist vorgesehen – ob Hermux und Terfle da wieder heil herauskommen?

|Mein Leseerlebnis|

Auch das dritte Abenteuer lässt sich in wenigen Tagen – ach was, in einem Tag! – bewältigen, denn die Handlung ist zwar etwas komplizierter aufgebaut, aber dafür umso spannender zu lesen. Für Zehn- bis Zwölfjährige ist so ein Mäuse-Abenteuer gut zu verstehen, für jüngere Semester wohl weniger.

Neben Spannung, Action und Geheimnis hält das Buch aber auch viele humorvolle Situationen bereit. Sie drehen sich sehr oft um Terfle, das geliebte Marienkäferchen des Helden, das ihm diesmal fast die Hauptrolle streitig macht. Über einen Marienkäfer, der geldgierige Eilboten – die Hermux schon seit Band 1 das Geld aus der Tasche gezogen haben – im Kartenspiel abzockt, liest man nicht alle Tage. Und wenn Hunde von ihm hypnotisiert werden, sind die Folgen mindestens ebenso lustig.

|Die Übersetzung|

Die Übertragung ins Deutsche ist den beiden Übersetzern Gerald Jung und Katharina Orgaß – in allen drei Hermux-Bänden – ganz außerordentlich gut gelungen. Es gibt zahllose Beispiele, an denen sie einen idiomatischen Ausdruck aus dem Englischen angemessen übertragen mussten. Diese umgangssprachlichen Ausdrücke sind immer heikel: Erstens muss man sie kennen, zweitens können sie im Laufe der Jahre ihre Bedeutung verändern – ein veraltetes Wörterbuch hat schon so manchen Übersetzer aufs Kreuz gelegt. Man muss also auf dem Laufenden sein. Und wie ich feststellen konnte, ist es ausnahmslos gut gelungen, die lockere und lebendige Ausdrucksweise des Autors zu erhalten. Deshalb ist die Lektüre ein echtes Vergnügen – wozu die Geschichte natürlich noch ebenfalls einen guten Teil beiträgt.

_Unterm Strich: Was uns der Dichter sagen will_

Diese drei Mäuseabenteuer sind nicht nur spannende und lustige Lektüre, sondern vermitteln durch die Entwicklung des Helden auch noch zahlreiche Erkenntnisse – nicht so sehr über Mäuse, versteht sich, sondern über Menschen. Aber gerade die Verfremdung (bzw. Maskierung), Menschen als Mäuse, Ratten, Maulwürfe, Murmeltiere und sogar Wiesel darzustellen, lässt die eigentlichen inneren Eigenschaften klarer hervortreten. Deshalb können uns Tierabenteuer manchmal mehr über uns selbst verraten als so manche antike Tragödie. „No time like show time“ – das gilt in Pinchester genauso sehr wie in New York, Paris oder London.

Die wichtigste Lehre durchzieht alle drei Bände: Es geht um unseren Umgang mit dem Phänomen der Zeit. Tucka Mertslin ist nur deshalb Kosmetikfetischistin geworden, um für alle Ewigkeit jung auszusehen. Der Preis dafür ist ihr fragwürdiges moralisches Verhalten, denn als Egomanin hat sie keinerelei Interesse am Wohlergehen ihrer Mitmäuse. Hermux Tantamoq ist ihr genaues Gegenteil: Er leugnet das Verstreichen der Zeit nicht, da diese quasi sein Medium ist: Er ist als als Uhrmacher von Zeit-Messern umgeben, nennt sogar uralte Erbstücke in Form von Sanduhren sein Eigen (Band 1).

Daher ging es in Band 1 um Jungbrunnen und Schönheitschirurgie – beides Versuche, das Altern aufzuhalten. In Band 2 erhob sich die Vergangenheit selbst – und wieder spielt ein (gigantischer) Zeitmesser eine zentrale Rolle. Natürlich dreht sich auch in Band 3 alles um Zeit und Altern: Tucka will aus dem Theaterviertel ein Monument für ihre Größe machen, unter dem Vorwand, der großen Schauspielerin Nurella Pinch ein Denkmal zu setzen. Die eigentliche Pinch-Gedenkplakette ist hingegen winzig. Der andere, quasi gegenläufige Handlungsstrang demonstriert anhand von Nurella Pinch, wie vergänglich – oder auch unsterblich – wahrer Ruhm sein kann. Hermux hingegen zieht die Bewältigung des Alterns in den Armen von Linka vor. Zusammen mit einem geliebten Menschen alt zu werden, ist vielleicht doch die beste Methode, mit der Zeit fertigzuwerden.

Zumindest meint das der Autor. Und darüber sollte man vielleicht mal nachdenken. Vielleicht ein oder zwei Sekunden lang. Oder länger.

Hoeye, Michael – Hermux Tantamoq: Im Wettlauf mit der Zeit

In einer Welt voller Mäuse entwickelt sich ein friedliebender Uhrmacher namens Hermux Tantamoq zu einem Amateurschnüffler. Diesmal hat es ihm die fesche Fliegerin Linka Perflinger angetan, doch sie ist seit Tagen verschwunden. Seltsame Dinge ereignen sich in Pinchester, auch mysteriöse Todesfälle. Da hilft ihm ein Expeditionstagebuch endlich zu verstehen, was eigentlich los ist: die Jagd nach dem Jungbrunnen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, um Linka zu retten.

Für kleine und große Kinder ab 10 Jahren.

|Der Autor|

Michael Hoeye wohnt mit seiner Frau Martha in einem Cottage in Oregon im Nordwesten der USA. „Umgeben von hohen Bäumen und freundlichen Eichhörnchen arbeitet er dort als freier Schriftsteller“, säuselt der Klappentext. Da juchzt das Mutterherz, das dieses Buch kaufen soll.

Hoeyes erstes Buch „Hermux Tantamoq – Im Wettlauf mit der Zeit“ wurde in über 20 Sprachen übersetzt und ist 2002 bei |Omnibus| – jetzt |cbj| bei Random House/Bertelsmann – erschienen. „Hermux Tantamoq – Das Geheimnis der verbotenen Zeit“ ist der zweite Band einer Trilogie, deren letzter Band in diesem Herbst erschien.

Band 1: Im Wettlauf mit der Zeit
Band 2: Das Geheimnis der verbotenen Zeit
Band 3: Vorhang auf – Die Zeit läuft!

_Handlung_

Hermux Tantamoq ist ein ebenso brillanter wie friedliebender Uhrmacher in der friedliebenden Stadt Pinchester. Eines Tages kommt zu ihm eine bildhübsche Mäusin, die ihm sowohl ihre Visitenkarte als auch eine Uhr zum Reparieren gibt. Auf der Karte steht: „Miss Linka Perflinger, Abenteurerin, Draufgängerin und Fliegerin – Halsbrecherische Bravourstücke – Nervenkitzel garantiert – Zu Lande und in der Luft – Faire Preise“. Er verliebt sich sofort in sie.

Die Uhr ist zwar am nächsten Vormittag repariert, doch von der Abholerin fehlt jede Spur. Immerhin hat er ja ihre Adresse. Vor ihrem Haus wird er Zeuge, wie Linka in einen Luxusschlitten geführt wird, in dem zwielichtig aussehende Ratten sitzen. Am nächsten Tag folgt er einer verdächtigen Ratte, die sich nach der Uhr erkundigt hat, auf deren Wegen in der Stadt: Sie führen zum Forschungsinstitut eines gewissen Dr. Hiril Mennus, seines Zeichens Schönheitschirurg.

Er sieht sich in Linkas Haus ein wenig um und wird fündig: eine ungewöhnliche Pflanze, deren Blätter ihm ungeahnte neue Energie zuführen. Er bekommt heraus, dass Linka im Auftrag eines gewissen Dr. Jervutz vom Perriflot-Forschungsinstitut unterwegs gewesen war, und zwar im tropischen Teulabonarien. Doch um welchen Auftrag handelte es sich? Am Perriflot-Institut angekommen, bemerkt er einen Menschenauflauf: Dr. Jervutz ist tot. Ermordet?

Vor seinem Tod hat Jervutz einen Dr. Dandiffer erwähnt, der im tropischen Urwald als Ethnobotaniker nach bestimmten Pflanzen suchte. Dabei handelt es sich um genau jene Mondpflanzen, von deren Blättern Hermux selbst gegessen hat. Sie haben eine verjüngende Wirkung. Dann erhält Hermux das Expeditionstagebuch des unglücklichen Dr. Dandiffer, der verschollen ist.

Aus diesem Tagebuch wird ihm klar, warum Hiril Mennus hinter Linka Perflinger her ist: Er will das, was Linka von Dr. Dandiffer zurückgebracht hat – die Formel für die ewige Jugend. Und mit dieser will er Tucka Mertslins Kosmetikimperium mit verjüngenden Produkten versorgen: das „Millennium-Projekt“.

Jetzt weiß Hermux, wo er Linka suchen muss. Leider hat er die Rechnung weder mit Tucka noch mit Dr. Mennus gemacht.

_Mein Eindruck_

Der teuflische Dr. Mennus hat mich stark an seine Film-Vorbilder Dr. Mabuse, Fantomas und andere verrückte Wissenschaftler erinnert, ja, an einer Stelle sogar an Dr. Mengele, den Auschwitz-Arzt … Mehr darf nicht verraten werden, aber sie wollen die Welt mal wieder mit den irrsinnigsten Apparaturen beglücken.

Die schönste bzw. verrückteste davon ist „U-Babe 2000“. Sie verwandelt das Opfer in wenigen Minuten in den körperlichen Idealzustand. Von der mentalen Verfassung des „Versuchsobjektes“ schweigen wir lieber, sofern es die Prozedur überhaupt überlebt. Das ist überhaupt nicht lustig, und im Finale gibt es durchaus spannende Horrormomente, in die sich makabre Komik mischt. Die Zeit bzw. Zeitmesser spielen dabei eine zentrale Rolle, weshalb Hermux‘ Anwesenheit durchaus passend ist.

Mich hat am meisten dieses widerliche Frauenzimmer namens Tucka Mertslin gestört. Mir will gar kein Gegenstück in unserer Welt einfallen, obwohl es etliche Gründerinnen von Kosmetikimperien gegeben hat, so etwa Ellen Astor und andere. Tucka ist die Egozentrikerin par excellence: Wer nicht nach ihrer Pfeife tanzt, ist ihr Feind. Und die Bevölkerung dient ihr lediglich als Absatzmarkt ihrer minderwertigen Produkte. Hermux rümpft regelmäßig die Nase, wenn ihm eines ihrer Erzeugnisse in die Nase steigt. Sie schikaniert ihre Sekretärin – und dreimal darf man raten, mit wem sie sich für das Millennium-Projekt zusammengetan hat und wer ihr Lieblingsdesigner ist.

Da haben es redliche Uhrmacher und Amateurdetektive wie Hermux Tantamoq wahrlich nicht leicht. Der Leser darf sich auf etliche haarsträubende Abenteuer freuen. Er darf sich aber nicht von den falschen Fährten verwirren lassen. Nicht jeder ist, was er vorgibt zu sein.

|Keine Disney-World|

So mancher erwachsene Leser ist vielleicht an gewisse Abenteuer in Entenhausen erinnert, die ja oft auch mit Expeditionen zu tun hatten. Doch Hermux Tantamoq in Pinchester hat sehr wenig mit dem Disney-Imperium aus Kalifornien zu tun. Vielmehr scheinen er und seine mal mehr, mal weniger braven Mitbürgermäuse direkt einem viktorianischen Nimmerland entstiegen zu sein, das dem von Harry Potter in mancher Hinsicht ähnelt. Allerdings gibt es hier weit und breit keine Magie. (Außer der der Liebe.)

Viktorianisch ist das beschauliche, noch kaum von Autos und Telefonen beschleunigte Leben in Pinchester, wo selbst die Postbotin noch eine strategisch wichtige Rolle in der Gesellschaft zu spielen vermag. Viktorianisch sind die gediegenen Einladungen, die Hermux erhält, und die uralten Uhren in seinem Laden – allesamt mechanisch, versteht sich. Ganz und gar 20. Jahrhundert sind hingegen Wirtschaftsspionage und durchgeknallte, skrupellose Wissenschaftler. Selbst die Kunst ist nicht mehr das, was sie mal war: Rink Firsheen stellt eine Straßensszene nach einem Raubüberfall nach – im Foyer von Hermux‘ einst so wohnlichem Mietshaus.

|Grafik-Design|

Ein Element, das jedes Hermux-Buch zu einem visuellen Erlebnis macht, sind die zahlreichen Wiedergaben von Dokumenten. Die Visitenkarte von Linka Perflinger habe ich ja bereits erwähnt. Aber es gibt auch seitenlang abgedruckte Zeitungsartikel, insbesondere von einem zwielichtigen Journalisten namens Pup Schoonagliffen, dem Hermux leider nur zu sehr vertraut.

Ganz am Schluss des Buches findet sich eine gezeichnete Landkarte, deren Studium sich lohnt. Hier finden sich Hinweise darauf, wohin Dr. Dandiffers Expedition in Teulabonarien wirklich führte. Wer also aus der Beschreibung im Expeditionstagebuch nicht schlau geworden ist, findet hier anschaulich Aufschluss.

_Unterm Strich_

Ich habe auch dieses, mein zweites „Hermux Tantamoq“-Abenteuer mit großem Spaß gelesen. Die Lektüre ist völlig entspannt zu bewältigen, wartet stets mit netten Überraschungen auf und wird zum Finale hin zunehmend spannender. Etliche Seitenhiebe auf menschlich-allzumenschliche Phänomene gibt es zu belächeln, vielleicht sogar zu bedenken: verrückte Wissenschaftler, durchgeknallte Schönheitschirurgen, eine „diskrete“ Postbotin, Kosmetikimperialistinnen, romantische Liebespaare. Ach ja, nicht zu vergessen: Terfle, Hermux‘ lieben Marienkäfer. Nach ihm ist die Agentur des Autors benannt: Terfle House Limited.

Ich habe das Buch in wenigen Tagen ausgelesen und kann es Freunden von Tierabenteuern nur wärmstens ans Herz legen. Kleine und große Kinder ab 10 oder 12 Jahren dürften damit keinerlei Schwierigkeiten haben – Mütter seien gewarnt, dass ihr Schützlinge die komplette Trilogie werden haben wollen.

Hoeye, Michael – Hermux Tantamoq: Das Geheimnis der verbotenen Zeit

In einer Welt voller Mäuse verursacht die Kunde von einer untergegangenen Kultur der Katzen erheblichen Aufruhr. Mehrere Gruppen machen sich auf die Socken, das Geheimnis der im Sandmeer versunkenen Katzenstadt zu ergründen. Der Held Hermux Tantamoq muss mit seinen Gefährten etliche Abenteuer bestehen, die durchaus spannend zu lesen sind. Für Kinder ab 10 Jahren.

_Der Autor_

Michael Hoeye wohnt mit seiner Frau Martha in einem Cottage in Oregon im Nordwesten der USA. „Umgeben von hohen Bäumen und freundlichen Eichhörnchen arbeitet er dort als freier Schriftsteller“, säuselt der Klappentext. Da juchzt das Mutterherz, das dieses Buch kaufen soll.

Hoeyes erstes Buch „Hermux Tantamoq – Im Wettlauf mit der Zeit“ wurde in über 20 Sprachen übersetzt und ist 2002 bei |OMNIBUS| – jetzt |cbj| bei |Random House/Bertelsmann| – erschienen. „Hermux Tantamoq – Das Geheimnis der verbotenen Zeit“ ist der zweite Band einer Trilogie, deren letzter Band „Vorhang auf – die Zeit läuft“ noch in diesem Jahr (2004) erscheinen wird.

Band 1: Im Wettlauf mit der Zeit
Band 2: Das Geheimnis der verbotenen Zeit
Band 3: Vorhang auf – die Zeit läuft (Oktober 2004)

Wie die Lektüre von Band 2 zeigte, ist es nicht erforderlich, auch schon Band 1 zu kennen, um das Buch zu verstehen. Aber der Autor verweist am Anfang einige Male auf das, was in Band 1 an Aufregendem passierte. Es ist also vielleicht befriedigender, die Bände in ihrer Reihenfolge zu lesen.

_Handlung_

In der sonst so ruhigen und gesitteten Mäusestadt Pinchester sind die Gemüter der maßgeblichen Bürger in Wallung geraten. Die Bilder, die die Malerin Mirrin Stentrill im Museum ausstellt, sind einfach, nunja, schockierend! Auf dem schrecklichsten davon ist ein riesiges haariges Monster mit spitzen Zähnen und riesigen Augen zu sehen, das den Betrachter geradezu anspringt, meine Güte! Kein Wunder, dass nationalistisch gesinnte Mäusepatrioten, sozusagen „Herrenmäuse“, solche Bilder verunstalten und die Schließung der Ausstellung verlangen.

All der Aufruhr ficht unseren Helden nicht an. Hermux Tantamoq ist ein friedliebender Uhrmacher, der wie schon sein Vater am liebsten mechanische Wunderwerke herstellt und repariert. Nachdem er seinem Marienkäfer Terfle sein Abendessen gegeben hat, geht Hermux allein zu Bett. Die Damen seines Herzens haben ihm noch nicht ihre Gunst gewährt oder sich anderweitig entschieden.

Da taucht Birch Tentintrotter in Hermux‘ Werkstatt auf. Der alte Professor für Alt-Mäusisch war einst Studienkollege von Hermux‘ Eltern. Man hielt ihn für tot, denn nach einem Skandal an der Pinchester Uni von Hinkum Stepfitchler wanderte Birch aus. Seine Freundin ließ er mit gebrochenem Herzen zurück. Man kann sich Mirrin Stentrills Wiedersehensfreude vorstellen, als Birch wieder auftaucht, heissa!

Und in seinem Gepäck hat Birch ein Zahnrad, eine Karte, einen entschlüsselten uralten Brief – und einen Plan: Er will die sagenumwobene Hauptstadt des versunkenen Katzenreiches suchen, um die Katzenbibliothek zu durchsuchen: Kann es jemals Katzen gegeben haben? Mirrins Gemälde waren doch bloß Phantasien! Oder?

Des Rätsels Lösung liegt sicher nicht bei Hinkum Stepfitchler III, denn der würde Birch, Karte und Plan am liebsten in den Keller seiner Villa verbannen, um ihnen nicht den Ruhm gönnen zu müssen. Also machen sich Hermux und Birch selbst auf die Socken. Sie werden geflogen – von Linka Perflinger, einer couragierten „Abenteurerin, Draufgängerin und Fliegerin“, so steht’s auf ihrer Visitenkarte. Und, wie Hermux findet, hat sie wunderschöne Augen.

Doch dieses Trio ist nicht das einzige Team, das sich auf den Weg zur versunkenen Katzenbibliothek macht. Tucka Mertslin, die unumschränkte (und raffgierige) Herrscherin eines Kosmetikimperiums, will die Riesenstatue des Katzenkönigs haben. Sie hat einen Dampfer gechartert, um über die Flüsse zur Wüste zu gelangen. Ihre Fahrt tarnt sie als Werbetour inklusive Kaberett-Show. Dabei hat auch Linka während eines Zwischenhaltes zwecks Spionage Gelegenheit, das Tanzbein zu schwingen und depperte Werbesprüche von sich zu geben. Tucka plant, demnächst den Heiratsantrag von Hinkum Stepfitchler III anzunehmen.

Kurz vor der Konkurrenz treffen Hermux, Birch und Linka an den Canyons ein, in denen laut Katzenbrief die versunkene Hauptstadt liegen soll. Als sie den Eingang entdeckt haben, erleben sie in der Bibliothek ihr blaues Wunder.

Erst recht dann, als die ruchlose Konkurrenz sie elend darin umkommen lassen will, meine Güte!

_Mein Eindruck_

Der Originaltitel „The sands of time“ ist ganz wörtlich zu nehmen. Schließlich gibt es ja auch Sanduhren. Und genau das findet der Uhrmacher Hermux Tantamoq unglaublich faszinierend. Insbesondere dann, als er herausfindet, dass die gesamte Bibliothek eine riesige Sanduhr darstellt, in der die Mäuse von vor 3000 Jahren eine ganz spezielle Rolle spielten. Geradezu rasend spannend findet er die Entdeckung eines mechanischen Wesens, das vor der Statue des Katzenkönigs einen anmutigen Tanz aufführt.

|Fürs Auge: Bilder und Karten|

Kleine Kinder dürften also ebenso wie große nicht mehr aus dem Staunen herauskommen, wenn sie von den Wundern der Katzenbibliothek erfahren. Und sie können sehr schnell lesen, denn die Kapitel sind wirklich kurz, maximal sieben Seiten. Am Anfang jedes Kapitels lädt ein kleines Piktogramm dazu ein, das Geheimnis zu lüften. Eine Landkarte am Schluss des Buches lädt zum Erkunden ein und gewährt einen groben Überblick über die Geografie der Mäuselande. Ganz besonders gefielen mir die Ratzfatz-Fälle und die Schlappohr-Berge. Ein Personenverzeichnis liefert der deutsche Klappentext im Schutzumschlag (also nicht verlieren!).

|Keine Disney-World|

So mancher erwachsene Leser ist vielleicht an gewisse Mickey-Mouse-Abenteuer in Entenhausen erinnert, die ja oft auch mit Expeditionen zu tun hatten. Doch Hermux Tantamoq in Pinchester hat sehr wenig mit dem Mäuse-Imperium aus Kalifornien zu tun. Vielmehr scheinen er und seine mal mehr, mal weniger braven Mitbürgermäuse direkt einem viktorianischen Nimmerland entstiegen zu sein, das dem von Harry Potter in mancher Hinsicht ähnelt. Allerdings gibt es hier weit und breit keine Magie. (Außer der der Liebe.)

Viktorianisch ist das beschauliche, noch nicht von Autos und Telefonen beschleunigte Leben in Pinchester, wo selbst die Postbotin noch eine strategisch wichtige Rolle in der Gesellschaft zu spielen vermag. Viktorianisch sind die gediegenen Einladungen, die Hermux erhält, und die uralten Uhren in seinem Laden – allesamt mechanisch, versteht sich. (Der Soundtrack dazu wird vom Anfang von Pink Floyds Stück „Time“ geliefert.) Viktorianisch sind die Gelehrsamkeit der Professoren und die soziale Dynamik der Bürgergruppierungen. Die Entrüstung über die Katzen-Bilder Mirrin Stentrills kann man sich heute kaum mehr vorstellen.

|Es gibt keine Evolution, oder?|

Doch das Katzenproblem, das Mirrin anschneidet und dem Birch & Hermux auf den Grund gehen, weist auf das ernste Thema des Buches hin: Es hat nicht immer Mäuse gegeben, und schon gar nicht so freie wie die in Pinchester. Davor gab es eine Katzenhochkultur, während der die grauen Nager keineswegs die „Kröne der Schöpfung“ darstellten. Und was ist in den 3000 Jahren seit dem Untergang der Katzen geschehen? Wohl doch so etwas wie eine Evolution der Mäuse und anderer Nager. Und das widerspricht dem Glauben der Kreationisten (besonders in den USA), die, an das Bibelwort geklammert, die Vorstellung einer Evolution weit von sich weisen.

Daher verwundert es auch nicht, wenn Hermux & Co. in der Katzenbibliothek den Status ihrer Vorväter keineswegs als einer „Krone der Schöpfung“ angemessen empfinden. Es stellt ihr bisheriges Weltbild auf den Kopf und verunsichert sie dementsprechend. Leider kneift der Autor an diesem Punkt. Er verlässt sich lieber (erfolgreich) auf die Wirkung von Spannung, Abenteuer, Action, statt sich der Vertiefung der Folgen dieser Entdeckung zu widmen. Vielleicht kommt das ja im dritten Band.

_Unterm Strich_

Ich habe dieses „Hermux Tantamoq“-Abenteuer mit großem Spaß gelesen. Die Lektüre ist völlig entspannt zu bewältigen, wartet stets mit netten Überraschungen auf und wird zum Finale hin zunehmend spannender. Etliche Seitenhiebe auf menschlich-allzumenschliche Phänomene gibt es zu belächeln, vielleicht sogar zu bedenken: Emporkömmlinge, Nationalisten, Kosmetikimperialistinnen, romantische Liebespaare – und ein Geheimnis in der Wüste, das das Herz jedes Ägyptologen höher schlagen lässt.

Daher habe ich das Buch in wenigen Tagen ausgelesen. Ich kann es Freunden von Tierabenteuern nur wärmstens ans Herz legen. Kleine und große Kinder ab 10 oder 12 Jahren dürften damit keinerlei Schwierigkeiten haben – Mütter seien gewarnt, dass ihre Schützlinge die komplette Trilogie werden haben wollen. Jetzt werd‘ ich noch Band 1 und 3 lesen und euch bald davon berichten.