Müller, Titus – Todgeweihte, Die

Basel im Jahre 1348: Die Jüdin Saphira lebt mit ihrem Vater in Basel und arbeitet als Federhändlerin in einem eigenen Geschäft. Für ihre Liebe zu dem Christen Tam gibt sie all das auf und bricht mit ihrem Vater und ihrer Religion. Doch ihr und Tam stehen noch weit größere Gefahren bevor. Denn ihr Geliebter ist der Sohn Konrads von Bärenfels, dem wichtigsten Ritter des Psitticherbundes. Dieser trägt seit Jahren mit dem Ritterbund der Sterner seine Fehde um das Amt des Bürgermeisters von Basel aus. Doch diesmal will Konrad von Bärenfels sich seinen Platz als höchster Ritter der Stadt nicht mehr streitig machen lassen. Zudem müssen die leeren und hoch verschuldeten Stadtkassen dringend wieder aufgefüllt werden. Und so entwirft er einen teuflischen Plan.

Böse Gerüchte, Bestechungen, falsche Versprechen und die Angst vor der Pest verwandeln die Stadt innerhalb weniger Monate in einen Hexenkessel. Und wer kann schon beweisen, dass nicht die Juden schuld sind an der Pest und allen anderen Unheilen, die die Stadt bedrohen?!

Titus Müller wurde 1977 in Leipzig geboren und studierte Neuere deutsche Literatur, Mittelalterliche Geschichte und Publizistik in Berlin. Er ist Mitbegründer von „Quo Vadis, Arbeitskreis Historischer Roman“ und trat zuletzt als Herausgeber des vor kurzem erschienen Gemeinschaftsromans „Der zwölfte Tag“ auf. Einige seiner Werke sind „Der Kaligraph des Bischofs“(2002), „Die Priestertochter“(2003), und [„Die Brillenmacherin“ 1236 (2005). Sein Roman „Die Todgeweihte“ entstand auf der Grundlage des Musicals „Basileia“ von Bruno Waldvogel-Frei und Stefan Mens, welches anlässlich des 650. Gedenkjahres zum großen Erdbeben in Basel am 17. Oktober 2006 im Basler Volkshaus uraufgeführt wird.

„Die Todgeweihte“ ist ein spannender, 400 Seiten langer Roman, der auf einer wahren Begebenheit basiert. Er beschreibt die dunklen Jahre der Stadt Basel, die Zeit der Pest, der Judenverfolgung und der großen Erdbeben. Eingeflochten in diese historischen Hintergründe ist die bewegende Geschichte der verbotenen Liebe zwischen Saphira und Tam. Der Autor bedient sich eines klassischen Motivs, indem er mit Tam den Sohn und Erben einer hoch angesehenen Familie beschreibt, der sich in die jüdische Tochter eines Geldverleihers verliebt, die nicht nur unter seinem Rang steht, sondern auch einer religiösen Minderheit angehört, die allseits wenig geschätzt wird. Die Erzählung wirkt jedoch trotz dieses altbekannten Themas keinesfalls langweilig und verläuft auch nicht selten genau entgegen den Erwartungen des Lesers. Titus Müller schafft es, nicht zuletzt durch zahlreiche Nebenhandlungen, den Spannungsbogen über die gesamte Länge des Romans aufrecht zu erhalten.

Der Autor schafft mit seinen Worten eine dichte Atmosphäre, die es dem Leser ermöglicht, sich in die Gedanken und Emotionen der Figuren einzufühlen und deren Glück, Zorn, Verwirrung und Trauer mitzuerleben. Nicht nur die Hauptfiguren werden von ihm überzeugend und schlüssig charakterisiert, auch bei vielen Nebenfiguren zeichnet T. Müller Persönlichkeiten, mit denen der Leser sich identifizieren kann. Diese detaillierte Beschreibung von Einzelschicksalen, die früher oder später ihren Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen, zeichnet ein vielschichtiges Bild vom Leben im damaligen Basel. Durch einen ständigen Wechsel der Schauplätze und Situationen bleibt die ganze Erzählung lebendig und man bekommt das Gefühl, überall zugleich dabei zu sein.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Beziehung zwischen Tam und seinem besten Freund Christian Münch, die trotz der Rivalitäten ihrer Väter und vieler harter Bewährungsproben einander treu bleiben. Die Rolle des Christian als Draufgänger und Frauenheld wird von Titus Müller überzeugend charakterisiert, wenngleich sein plötzlicher, durch den Tod des Vaters ausgelöster Sinneswandel vom Rebell zum Klosterbruder schwer nachvollziehbar ist. Allgemein würde ich bemängeln, dass der Autor zeitweise etwas zu sparsam mit den Informationen über die Gedanken und Empfindungen seiner Charaktere umgeht. An anderen Stellen werden die inneren Zustände der Figuren jedoch sehr detailliert beschrieben.

Titus Müller wählte für seinen Roman eine sehr einfache und klare Sprache, sodass die Geschichte zu Beginn ein Jugendbuch vermuten lässt. Dieser Eindruck wird jedoch durch die Thematik des Buches widerlegt. Der Autor verzichtet auf allzu lange Sätze, Fremdwörter oder komplizierte Formulierungen. Lediglich im Zusammenhang mit den Bräuchen des Judentums wählt er die entsprechenden Fachwörter, die dann im weiteren Verlauf der Erzählung oder des Dialogs erklärt werden. Dadurch lernt der Leser nebenbei auch einiges über die jüdische Kultur.

Insgesamt ist „Die Todgeweihte“ ein unterhaltsames, leicht verständliches und spannendes Buch, das allerdings eher als Liebesgeschichte denn als historischer Roman angesehen werden sollte.

http://www.aufbauverlag.de/

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