Alexander, Alma – Drachenkaiserin, Die

Filme wie „Tiger & Dragon“ oder „Hero“ haben es vorgemacht: China ist immer ein guter Schauplatz für eine Geschichte.

In „Die Drachenkaiserin“ von Alma Alexander dreht sich alles um eine fiktive Schwesternschaft, die Jin Shei, wobei es sich dabei nicht um einen Orden oder ähnliches handelt. Jin-Shei-Schwester zu sein, bedeutet einfach, dass man mehr als eine bloße Freundin ist und immer für den anderen da sein sollte.

Die Schwesternbündnisse, von denen im Buch die Rede ist, entwickeln sich schon in junger Kindheit und umspannen sowohl die Arbeiter Chinas als auch den Kaiserhof. Die junge Schneiderstochter Tai schließt Freundschaft mit der Prinzessin Antian, und die beiden sind ein Herz und eine Seele, bis eines Tages etwas Schreckliches passiert.

Ein Erdbeben begräbt den Sommerpalast unter sich und die einzige Thronfolgerin, die jetzt noch vorhanden ist, ist Liudan. Das junge Mädchen, dessen Vater zwar der Kaiser, die Mutter aber eine in Ungnade gefallene Konkubine war, weigert sich, die Marionette ihres machtgierigen Hofes zu sein, und beschließt, selbst zu regieren. Damit bringt sie das ganze chinesische Reich in Aufruhr. Nicht alle ihre Entscheidungen sind durchdacht, aber mit der Schwesternschaft an der Seite gelingt es ihr, das Reich zusammenhalten. Bis sie eines Tages die Nachricht erreicht, dass es noch eine weitere Tochter des Kaisers gibt, und diese ist älter als sie und damit die eigentliche Thronfolgerin …

Alma Alexanders Roman ist ein kleines Universum. Sie erzählt aus verschiedenen Sichten zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Bevölkerungsgruppen, wodurch ein abgerundetes Gesamtbild des chinesischen Reiches entsteht. Manche Perspektiven wären vielleicht gar nicht so wichtig, aber sie runden das Buch wunderbar ab und sind so lebendig und mit Liebe gestaltet, dass sie nicht stören.

Sowohl die Welt, in der die Geschichte spielt, als auch die einzelnen Charaktere sind mit sehr viel Herzenswärme gestaltet und beschrieben. Besonders wenn die Mädchen jünger sind, liest sich „Die Drachenkaiserin“ beinahe wie ein Kinderbuch, wenn auch nicht ganz so simpel. Das ist allerdings kein Negativpunkt, denn diese Niedlichkeit macht den Charme des Buchs aus. Charme hat „Die Drachenkaiserin“ nämlich auf jeden Fall, und das ist gut so.

Der Charme ist es auch, der das Spannungsnetz, das Alma Alexander webt, zusammenhält. Die Autorin setzt nicht direkt auf eine ansteigende Spannungskurve, sondern vielmehr auf ein dichtes, verwobenes Netz. Dies hat seinen Ursprung in den vielen verschiedenen Perspektiven, die teilweise einen unterschiedlichen Wissensstand über den Lauf der Dinge offenbaren. Dadurch entstehen Konflikte, von denen der Leser meist mehr weiß als die Charaktere, was wiederum die unterschwellige Spannung ausmacht.

Der einzige Kritikpunkt, den man anbringen kann, ist, dass die Masse an Figuren am Anfang verwirrend ist. Alexander führt die verschiedenen Personen ziemlich schnell hintereinander ein, ohne dass bereits erkennbar ist, was sie eigentlich für einen Nutzen für die Geschichte haben. Nach einigen Seiten, wenn die Personen sich in ihren Rollen verfestigen konnten, ist die Verwirrung wieder vorbei. Trotzdem stellt sich die Frage, ob dieses Vorgehen den Leser am Anfang nicht ein wenig überfordert.

Alma Alexanders historischer Roman „Die Drachenkaiserin“ ist ein leises, unauffälliges, aber magisches Buch. Personen und Schauplätze sind lebendig und mit Liebe gestaltet und die Handlung beinhaltet zwar keine Spannungskurve, dafür aber ein dichtes Netz an zwischenmenschlichen Beziehungen mit Konfliktpotenzial. Der charmante Schreibstil trägt noch zusätzlich dazu bei, dass „Die Drachenkaiserin“ wunderbar zu lesen ist.

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