Allers, Jeffrey D. – Eine Frage der Ähre (Gesellschaftsspiel)

Dass die schlausten Bauern die dicksten Kartoffeln ernten, ist wohl ein Gerücht, welches in der lebhaften Brettspielwelt einzig und allein vom stets humorverliebten Pegasus Verlag gestreut werden kann. In „Eine Frage der Ähre“ scheint dieses verdrehte Sprichwort allerdings durchaus angebracht, denn nur wer seine Ernte am cleversten über die Äcker verteilt und seine Farmen fokussiert auf das zur Verfügung stehende Land verteilt, wird am Ende siegreich sein. Dass das Ganze am Ende aber mehr ist, als bloß eine leicht veränderte Form der modernen Landwirtschaft, war zu erwarten. Ist der Titel von Jeffrey D. Allers deshalb aber auch gleich unfehlbar? Ein Test musste her …

_Spielidee:_

Das Leben auf dem Lande hat sicherlich weitaus mehr zu bietet als die landwirtschaftliche Nutzung von Äckern, Feldern und Anbaugebieten generell. Dennoch ist dies der zentrale Punkt, der die romantischen Sonnenuntergänge und das Picknick auf der Weide aus der rein praktischen Perspektive oftmals überdeckt – so auch in „Eine Frage der Ähre“!

2-5 Spieler schlüpfen hier in die Rolle von klassischen Landschaftsbauern, deren Aufgabe darin besteht, 5 klassische Feldfrüchte strategisch so anzubauen, dass ihre Farmlandschaft den meisten Ertrag, sprich Siegpunkte, einbringt. Stück für Stück wird mittels Wechselwirtschaft das Einzugsgebiet bestimmter Früchte erweitert, bis man schließlich die lukrativsten Äcker für eine kontinuierliche Bewirtschaftung nutzt. Doch Eile ist geboten, denn je größer die Felder werden, desto mehr Bauern werden sich unter Garantie finden, die das Feld von ihrer Farm aus bestellen wollen. Und nur derjenige, der vom großen Kuchen nimmt, gleichzeitig aber auch ein großes eigenes Gebiet aushebt, kann am Ende siegreich sein. Denn schlussendlich ist alles nur „Eine Frage der Ähre“ …

_Spielmaterial:_

25 kleine Ackerplättchen
60 große Ackerplättchen
15 Viehplättchen
1 Spielendplättchen
1 6+1-Plättchen
10 Farmen
1 Startspielerfarm
5 Spielerplättchen
5 Siegpunktmarker
25 Farmpunktwürfel

Bei der Gestaltung des Materials hinterlässt der Allers-Titel einen relativ zwiespältigen Eindruck. Die Marker und Farmen sind in ihrer Gestaltung prima, und auch bei den Plättchen gibt es erst einmal wenig auszusetzen, denn die Mechanik bzw. die Handhabung ist relativ einfach und leicht nachzuvollziehen. In Sachen Grafik ist „Eine Frage der Ähre“ aber weitaus weniger spektakulär, als es das Cover letztendlich verspricht. Die Ackerplättchen beispielsweise hätten auch sehr gut zu einem Titel aus den 80ern gepasst, wohingegen der Spielplan auch eher schlicht illustriert ist. Im Sinne der Zweckmäßigkeit sind die Abzüge zwar nur in der B-Note festgehalten. Aber zweifelsohne ist hier einiges an verschenktem Potenzial zu verzeichnen.

_Spielvorbereitung:_

Der Spielplan zeigt neben der Punkteleiste als Umrundung jeweils eine Farmleiste für jede Feldfrucht sowie die Ablagefläche, das Feld, für die Ackerplättchen. Die Farmleiste wird nun zunächst mit einem Farmpunktwürfel pro Spieler und pro Frucht bestückt. Abhängig von der Spielerzahl werden anschließend die Farmen an den Rand dieser Leiste platziert. Bei unterschiedlicher Spielerzahl muss man nämlich mehr oder weniger Farmpunkte erzielen, um endlich seine Farmen errichten zu können. Ähnlich verhält es sich mit den Viehplättchen, die in der Reihenfolge Huhn, Schwein und Kuh an einen gewissen Punkt der Leiste für jede Frucht einzeln aufgestapelt werden. Wer im Spiel später als Erster diesen Punkt erreicht, nimmt das oberste Vieh, usw. Damit sind später auch Siegpunkte in der Endwertung verbunden.

Die großen Ackerplättchen werden nun gut gemischt und als verdeckte Auslage neben den Spielplan gelegt. Sechs dieser Plättchen werden mit dem Spielendplättchen vermischt und zu einem Stapel geformt, der mit dem 6+1-Plättchen abgeschlossen wird. Wenn nachher im Spiel keine großen Ackerplättchen mehr nachgezogen werden können, kommt dieser Stapel zum Vorschein und beendet auch zeitnah die Partie.

Als Letztes bekommt jeder Spieler je ein kleines Ackerplättchen zu jeder Frucht. Außerdem werden verdeckt drei große Ackerplättchen gezogen, mit denen man nun die ersten Runden bestreitet. Der Startspieler wird zugeordnet, dann beginnt das Spiel.

_Spielablauf:_

Das Spiel gliedert sich nun in insgesamt vier Phasen pro Runde, die jedoch erst im späteren Verlauf komplett abgearbeitet werden. Dazu aber später mehr; nun erst einmal die Übersicht:

1) |Ackerplättchen legen|

In jedem Zug beginnt man mit den Ackerplättchen und entscheidet nun, ob man eines seiner kleinen, aber eben relativ raren Plättchen legt oder eben ein großes Plättchen legt, welches gleich zwei Früchte anzeigt, dafür aber auch die doppelte Fläche einnimmt. Man versucht nun, die jeweiligen Früchte möglichst an die auf dem Spielplan befindlichen Symbole der gleichen Sorte anzulegen. Dadurch entstehen schließlich sogenannte Regionen aus Feldfrüchten, die im nächsten Abschnitt gewertet werden. Allerdings ist zu beachten, dass man jedes Plättchen immer nur auf einer Ebene anlegen kann. Sollte dies in einem speziellen Fall einmal nicht möglich sein, darf man ausnahmsweise ein kleines Ackerplättchen umdrehen und als ansonsten wertlose Unterlage verwenden. Ist ein Plättchen angelegt, ist die erste Phase vorbei.

2) |Als Nächstes wird nun das gewertet …|

… was man aus dem Ackerplättchen herausschlagen kann – und das sind entweder Farm- oder Siegpunkte. Wie man nun wertet, ist jedem Spieler selber überlassen. Wichtig ist jedoch, ein ausgewogenes Verhältnis aus sofortigem Profit und langfristigem Nutzen herauszuschlagen. Wer nämlich in Farmpunkte investiert, kann seine Marker auf der Farmleiste individuell vorschieben und dementsprechend schneller eine Farm bauen oder später auch zusätzliche Siegpunkte durch das Vieh bekommen. Sollte man indes in Siegpunkte investieren, wird die gesamte Region der jeweiligen Frucht gewertet und bringt sofort Punkte. Bei großen Ackerplättchen kann man die Entscheidung für jede darauf enthaltene Frucht separat treffen. Anschließend werden die entsprechenden Marker verschoben. Sollte dabei ein Spieler eine Reihe erreichen, in der eine Farm positioniert ist, muss er diese sofort auf jenes Feld bauen, von dem er die letzten Farmpunkte ergattert hat. Dies hat schließlich auch Auswirkungen auf die Bauregeln. Denn wer eine Farm platziert hat, dessen zugehörige Region darf nun nicht mehr überbaut oder mit einer weiteren Region einer anderen Farm kombiniert werden. Dies bringt dem Besitzer bereits eine gewisse Sicherheit und natürlich auch einen wichtigen Vorteil.

3) |Farm werten|

Sobald ein Spieler eine Farm errichtet hat, wird diese in jedem Durchgang neu gewertet. Für jedes Plättchen der Farmregion erhält man nun einen Siegpunkt, auch wenn die Region in der laufenden Runde nicht gewertet wurde. Schnelle Farmen sind also auf jeden Fall eine Option im Hinblick auf die Siegbedingungen.

4) |Großes Ackerplättchen nachziehen|

Zuletzt zieht man aus der verdeckten Auslage ein großes Ackerplättchen nach, sofern man in der aktuellen Runde ein eben solches ausgelegt hat. Sobald keine großen Ackerplättchen mehr greifbar sind, wird der zuvor präparierte 6+1-Stapel bemüht. In diesem ist auch das Spielendeplättchen enthalten. Der Spieler, der dieses zieht, läutet nun die letzte Runde ein. Sein rechter Mitspieler macht im weiteren Verlauf nun die letzte Aktion und geht dann in die Schlusswertung ein. Alle zusätzlichen Viehplättchen werden noch gewertet; der Spieler, der im Anschluss die meisten Siegpunkte erworben hat, gewinnt.

_Persönlicher Eindruck:_

„Eine Frage der Ähre“ ist zweifelsohne ein richtig gutes Strategiespiel mit vielen unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten, gleichzeitig aber auch mit einigen mechanischen Einschränkungen. So hat der agierende Spieler in seinem Zug nicht wirklich viele Handlungsmöglichkeiten und ist auch stark davon abhängig, wie seine Mitspieler ziehen bzw. welche Ackerplättchen er gerade auf der Hand hat. Außerdem ist derjenige Spieler, der als erstes seine Farm errichtet, stark im Vorteil, weil er eigentlich bei jeder Spielerzahl mit einem Mal über ein unantastbares, nicht mehr bebaubares Einflussgebiet verfügt, dass er selber jedoch beliebig erweitern kann. Insofern sind zumindest die Bauregeln nicht ganz so gut ausgetüftelt und könnten in der Nachbetrachtung eine geringfügige Bearbeitung vertragen. Denn da die Farmen Runde für Runde gewertet werden, hat man hier schon Zugeständnisse, die von den anderen Akteuren nur noch schwer einzuholen bzw. aufzuarbeiten sind.

Davon abgesehen ist das System wirklich gut und der taktische Hintergedanke bei der immer wiederkehrenden Wahl zwischen Farm- und Siegpunkten nicht zu unterschätzen. Indes gibt es die Option, destruktiv zu spielen oder in die totale Offensive zu gehen, alles wiederum mit einzelnen Risikofaktoren behaftet, die ein Strategiespiel ausmachen sollten. Was am Ende fehlt, ist womöglich etwas mehr Tiefe, dies aber auch durch die etwas kruden Baubedingungen inszeniert, die ein Stück des erforderlichen Spielraums verbauen. Davon abgesehen macht „Eine Frage der Ähre“ aber durchaus eine Menge Spaß und hinterlässt auch den nötigen Wiederspielreiz.

_Fazit:_

Sicherlich gibt es auch im Hause Pegasus bessere Strategietitel als „Eine Frage der Ähre“. Und definitiv ist das Spiel in mancherlei Hinsicht noch ausbaufähig bzw. bedarf ein paar kleiner Regelmodifikationen. Ein Muss-Titel ist das Ganze daher nicht. Wer aber ein nettes Familienspiel mit einem ganz ordentlichen Unterhaltungswert sucht, ist an dieser Stelle richtig. Denn diese Voraussetzungen hat Jeffrey D. Allers mit seinem 2009er-Brettspiel absolut geschaffen!

|Spielerzahl: 2-5
Spieldauer: 45-60 Minuten
Empfohlenes Spieleralter: ab 10 Jahren
ASIN: 3939794481|
[www.pegasus.de]http://www.pegasus.de

_Spiele von Jeffrey D. Allers bei |Buchwurm.info|:_
[„Circus Maximus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6678

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