Cook, Dawn – geheime Wahrheit, Die (Truth 2)

Truth 1: [„Die erste Wahrheit“ 5584

_Erwartungsgemäß_ ist es Alissa und Strell nicht gelungen, sich mit dem geheimnisvollen Buch heimlich davonzumachen. Zwar hat Strell es geschafft, Nutzlos zu finden und zu befreien, doch da war es bereits zu spät. Gezwungenermaßen schließt Nutzlos einen Handel mit Bailic, um Zeit zu gewinnen. Und Bailic, der noch immer nicht ganz durchschaut hat, wer nun eigentlich der latente Bewahrer ist, geht auf den Handel ein.

So kommt es, dass Strell von Bailic eine Ausbildung in Magie erhält, obwohl er gar keine magischen Fähigkeiten besitzt, während Alissa heimlich Unterricht bei Nutzlos nimmt. Dumm nur, dass Strell logischerweise keinerlei Fortschritte vorweisen kann. Und Bailic verliert nur allzu schnell die Geduld …

_Im Hinblick auf die Charaktere_ hat sich nicht viel getan. Alissa und Strell werden sich lediglich der Tatsache bewusst, dass aus ihrer Freundschaft längst wesentlich mehr geworden ist, und Nutzlos zeigt immer öfter Anzeichen tiefer Sorge.

Wirklich neu ist allein Lodesh Stryska, der einstige Stadtvogt von Ese‘ Nawoer, ein gutaussehender Charmeur, dem der Schalk aus den Augen funkelt, der aber trotz seines lockeren Gebahrens von tiefem Ernst und hohem Verantwortungsbewusstsein durchdrungen ist. Eigentlich ist er seit Jahrhunderten tot – doch Alissa hat ihn und die einstigen Bewohner seiner Stadt durch ihre Vorstellungskraft erweckt. Oder war es ihre Erinnerung? Denn Lodesh erinnert sich an Alissa …

Der neue Charakter kann, was Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit angeht, problemlos mit den anderen mithalten. Schon allein deshalb ist er ein Gewinn für die Geschichte. Die Andeutungen in Bezug auf seine Erinnerungen verleihen ihm außerdem einen geheimnisvollen Zug, was sich bis in die Handlung hinein auswirkt.

Noch ist die Handlung aber vorwiegend mit Alissas und Strells Zwickmühle beschäftigt. Und nicht nur die Tatsache, dass Strell keine Magie wirken kann, wird zunehmend zum Problem, auch Strells vorlautes Mundwerk bringt ihn schließlich in massive Schwierigkeiten. Und Bailic begnügt sich nicht damit, Strell nur Schmerz zuzufügen. Das Lehrgeld, das Strell zahlen muss, geht weit über rein körperliche Dimensionen hinaus.

Allein dadurch hat die Autorin die Spannungsschraube bereits ein Stück angezogen. Auf so drastische Weise an Bailics Unberechenbarkeit erinnert, schaut der Leser sozusagen ständig über die Schulter. Zu Beginn fast jeder Szene, und wenn sie noch so harmlos anfing, erwartete ich irgendeine unangenehme Wendung, das Aufflackern eines Verdachts oder gar die Aufdeckung der Wahrheit. Zumal Alissa unter Nutzlos‘ Anleitung eine ganze Menge lernt und diese Lektionen auch übt. Das schrie direkt nach Entdecktwerden!

Neben dem Versteckspiel, das Alissa und Strell mit Bailic spielen, widmet sich die Handlung dem Innenleben der beiden Hauptcharaktere, und das auf angenehm natürliche und kitschfreie Weise. Noch immer gibt es gelegentlich Missverständnisse zwischen ihnen, doch sie werden zunehmend weniger, je besser die beiden sich kennen lernen. Kompliziert wird die Angelegenheit gleich durch mehrere Tatsachen: Alissa ist sozusagen hochbegabt, während Strell keinerlei Magie besitzt. Strell hat das Gefühl, nicht gut genug für seine Alissa zu sein – was natürlich Unsinn ist. Abgesehen davon aber ist Alissa untrennbar mit der Feste verbunden, wohingegen Strell als sogenannter Gemeiner sich überhaupt nur deshalb in der Feste aufhalten durfte, weil unter Bailics Herrschaft sozusagen der Ausnahmezustand herrschte. Es sieht aus, als wäre es unmöglich für die beiden zusammenzukommen. Und dann ist da eben auch noch Lodesh …

Lodesh ist ebenfalls in Alissa verliebt. Und Alissa ist durchaus nicht unempfänglich für Lodeshs Charme. Das Einzige, was Lodesh noch zurückhält, ist die Tatsache, dass Alissa sich an ihn nicht erinnern kann. Obwohl er zu erwarten scheint, dass das möglich ist …

_Insgesamt betrachtet_, klingt das jetzt fast ein wenig mager. Ist es aber nicht. Auch diesmal hat die Autorin wieder geschickt die Balance gehalten zwischen den ruhigeren Passagen, die Strell und Alissa gewidmet sind, und den Szenen, in denen die beiden mit der Bedrohung durch Bailic konfrontiert sind, was unterschwellig eigentlich ununterbrochen der Fall ist. Alissas Unterweisung hat einige neue Aspekte eingebracht, zum Beispiel in Bezug auf die Rakus. Und die Andeutung, dass Alissas Vergangenheit irgendwie mit Lodeshs verknüpft sein könnte, schürt gehörig die Neugierde des Lesers, ebenso wie eine beiläufige Bemerkung über Strells Abstammungslinie, die eine Menge neuer Fragen aufwirft. Das Lesen des zweiten Bandes hat ebenso viel Spaß gemacht wie das Lesen des ersten. Und ich bin jetzt schon gespannt auf den dritten.

_Dawn Cook_ lebt in den USA und hat nach ihrem Studium in unterschiedlichen Berufen gearbeitet. Seit dem Debüt ihrer |Truth Series| lebt sie als Schriftstellerin. Die Bände ihres ersten Zyklus sind bereits alle auf Deutsch erhältlich. Die Autorin schreibt derweil an ihrem zweiten Zyklus |Princess Series|, von dem bisher zwei Bände auf Englisch erschienen sind.

|Originaltitel: Truth 02. Hidden Truth
Originalverlag: Ace, 2002
Aus dem Amerikanischen von Katharina Volk
Klappenbroschur, 480 Seiten|
http://www.blanvalet-verlag.de
http://www.dawncook.com

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