Iain McDowall – Reich und tot

Für den Briefträger begann der Tag ganz friedlich. Doch ein Einschreiben ändert dies. Denn als er bei den Mortimers ein solches abgeben will, findet er die Leiche der schwer misshandelten Jenny Mortimer. Die Autopsie fördert Spuren eines Elektroschockers zutage, doch solche Waffen sind in Großbritannien verboten. Wie also ist der Mörder an einen solchen gelangt? Jennys Ehemann Gus Mortimer ist sofort der Tatverdächtige Nummer eins, da er noch am Abend zuvor seine Ehefrau an den Haaren von einer Party weggeschleift hat, weil sie ihm dort eine Affäre mit dem Gärtner gestanden hat. Dieser trauert nun um seine Geliebte und macht sich Vorwürfe, weil er nicht vor Ort war, als Jenny ihrem Mann gestanden hat, dass sie ihn verlassen will.

Chief Inspector Jacobson und Detective Sergeant Kerr plagt nicht nur dieser eine Fall, denn ein gewalttätiger Sexualstraftäter ist entlassen worden und auf Wunsch nach Crowby gezogen, wo ehemalige Opfer von ihm wohnen. Als die Einwohner der Stadt dies herauskriegen, muss die Polizei einen wilden Mob bändigen, doch der Straftäter zieht es vor, seinen Bewachern zu entkommen und sein Glück auf eigene Faust zu probieren.

Da sind Probleme vorprogrammiert, die auch nicht lange auf sich warten lassen. Als dann auch noch die zweite Leiche aufgefunden wird, ermitteln Jacobson und Kerr auf Hochtouren …

_Tödlicher Ehestreit?_

Bevor uns Iain McDowall mit den Mortimers bekannt macht und den ersten Mordfall geschehen lässt, präsentiert er uns zunächst Jacobson und seine Kollegen, die sich um den entlassenen Sexualstraftäter Robert Johnson sorgen müssen, der auf eigenen Wunsch nach Crowby – sozusagen seine alte Wirkungsstätte – zurück kehrt. 12 Stunden am Tag soll er auf Schritt und Tritt bewacht werden, damit er nicht rückfällig wird, doch kann die Polizei in Crowby dies überhaupt leisten? Schon bald lernen wir auch Jenny Mortimer kennen, die ihrem Ehemann endlich reinen Wein einschenken und ihm von ihrer Affäre berichten will. Dazu hat sie die Party bei Bekannten ausersehen, weil sie hofft, dass ihr Mann dort die Fassung bewahrt und sie in Ruhe lässt. Doch weit gefehlt – er zerrt sie an den Haaren von der Party, und am nächsten Morgen fährt Gus Mortimer zur Arbeit, während seine Frau tot in der Einfahrt liegt. Was ist geschehen?

Das scheint auf den ersten Blick klar: Gus Mortimer, der ohnehin zu Gewaltausbrüchen neigt, hat seine Frau erst sexuell misshandelt und dann ermordet. Davon ist die Polizei überzeugt und versucht daher mit gesammelten Kräften, Mortimer den Mord nachzuweisen. Auch alle Indizien sprechen gegen den gehörnten Ehemann. Als der zweite Mord geschieht, liegt die Sache ebenso klar. Genauso schnell wie beim ersten Mord ist ein Tatverdächtiger gefunden. Geht das nicht alles viel zu einfach? Das mag der Leser zwar denken, doch der Polizei fällt das nicht ein. Und leider fällt auch dem Autor Iain McDowall das nicht ein, denn obwohl sich die Ermittlungen ständig im Kreise drehen und er sie in aller Ausführlichkeit schildert, kommen kaum neue Erkenntnisse hinzu, die dem Fall neue Würze geben oder dem Buch eine gewisse Spannung verleihen.

Spannung scheint hier ohnehin ein Fremdwort. Denn Iain McDowall macht einen zweiten Schauplatz auf, indem er Robert Johnson ins Feld führt. Auch die Geschichte um den entlassenen Straftäter beschreibt McDowall in nervenzehrender Ausführlichkeit, die dem Leser alle Geduld abverlangt, die dieser bereit ist aufzubringen. Der Leser erfährt, was Johnson plant und wie er seine Tage verbringt, wie die Beschattung vonstatten geht und wie die Einwohner der Kleinstadt herausfinden, wer neuerdings in ihrem Kreise haust. Wir lernen eine unsympathische Journalistin kennen, die auf Teufel komm raus herausfinden will, wo sich Johnson genau versteckt. Und dann kommt es natürlich schlussendlich zum Eklat, als einige Männer Selbstjustiz verüben wollen. Doch was hat das mit dem eigentlichen Mordfall zu tun? Gute Frage. Leider lautet die Antwort: „Rein gar nichts!“ Und das ist neben der fehlenden Spannung das zweite Manko des Buches. In epischer Breite führt Iain McDowall diese Geschichte aus, die vom eigentlichen Thema nur ablenkt und am Ende rein gar nichts mit den Mordfällen zu tun hat. Da wundert es nicht weiter, dass Spannung in diesem Buch Fehlanzeige ist.

Das nächste Manko sind die beiden Hauptfiguren des Buches, nämlich die Ermittler Kerr und Jacobson. Mag sein, dass McDowall diese im ersten Roman aus dieser Ermittlerreihe vorgestellt hat. In diesem Buch jedoch erfahren wir gerade einmal, dass Kerr eine außereheliche Beziehung pflegt und dass Jacobson in jeder nur erdenklichen Situation eine Schachtel B+H öffnet, um mal wieder eine Zigarette zu rauchen. Als er zur gefühlt 27. Zigarette eines Kapitels greift, hat auch der desinteressierteste Leser verstanden, dass Jacobson starker Raucher ist und will es eigentlich nicht genauer wissen.

Der Mordfall an sich birgt leider rein gar keine Faszination oder Spannung. McDowall stellt uns sofort einen Tatverdächtigen vor, und was soll ich sagen? Wir lernen nie einen anderen kennen, und am Ende gibt es auch keinen anderen. Ja wie langweilig ist das denn, wenn völlig geradlinig das gesamte Buch darauf hinausläuft, dass der erste Tatverdächtige am Ende der Schuldige ist? Nichtmal ansatzweise versucht Iain McDowall, seine Leser oder auch seine Ermittler auf eine falsche Spur zu bringen. Ganz im Gegenteil, ab und an gibt es neue Hinweise, die wieder nur auf den einen Tatverdächtigen führen, aber leider bringt all dies die Geschichte kein bisschen voran. So ziehen sich die 350 Seiten zäh wie Kaugummi dahin und man wünscht sich als Leser nichts anderes, als möglichst bald von dieser Qual erlöst zu werden.

Um es kurz zu machen: „Reich und tot“ gehört zu den langweiligsten Krimis, die ich je gelesen habe. Weder schafft Iain McDowall es, auch nur ein Fünkchen Spannung zu erzeugen, noch stellt er uns sympathische Charaktere vor. Dieses Buch birgt keine Überraschungen, sodass man am Ende nur völlig emotionslos registriert, dass der gehörnte Ehemann nun tatsächlich der Täter war. Dass der zweite Tatverdächtige schlussendlich unschuldig ist und jemand anderes für den zweiten Mord verantwortlich war, nimmt man zwar noch wahr, aber interessieren tut es einen eigentlich nicht mehr. Mit diesem Buch macht McDowall leider gar keine Werbung für seine Bücher …

|Taschenbuch: 352 Seiten
ISBN-13: 978-3423212267
Originaltitel: |Making a Killing|
Deutsch von Werner Löcher-Lawrence|

_McDowall beim Buchwurm:_
[Der perfekte Tod]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5292 (Hörbuch)

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