Ildikó von Kürthy – Endlich!

An einem ganz normalen Dienstag im Februar um genau zehn nach acht am Morgen verändert sich Vera Hagedorns Leben für immer. Sie ist schlappe 40 Jahre alt und glücklich mit ihrem Mann Marcus verheiratet. Zumindest glaubt sie das. Doch wie der Zufall es will, findet sie dank einer Nachlässigkeit ihres Ehegatten und dank Facebook heraus, dass er schon seit längerem eine Geliebte hat. Wie gut, dass sie zu dieser Zeit bereits in Berlin bei ihrer Freundin Johanna weilt, um sie nach einer Brustvergrößerung zu unterstützen. Dort beginnt Vera, ihr Leben gründlich umzukrempeln, um Marcus zurück zu gewinnen. Das Seminar „Nackt besser aussehen“ ist es schließlich, dass ihr endlich wieder eine Portion Selbstbewusstsein schenkt und sie erkennen lässt, dass sich durchaus auch andere Männer für sie interessieren. Daheim in Stade beginnt Marcus derweil, mit seiner Geliebten zu hadern …

_Wendepunkte_

Vera Hagedorn ist die typische Vertreterin des Frauenromans – eine Frau mittleren Alters, die mit Figur und Selbstbewusstsein hadert, verheiratet ist – aber natürlich nicht überaus glücklich – und die beginnt, ihr Leben auf den Kopf zu stellen. Bei Vera ist es ein Anruf ihrer Freundin Johanna – eine „Künstlerin“, mit der Marcus nie warm geworden ist -, der die Dinge ins Rollen bringt. Eigentlich wollte Johanna ihre Freundin Vera nur zu einer Ayurveda-Kur mitnehmen und sie bitten, nach Berlin zu kommen, um ihr nach einer OP unter die Arme zu greifen. Doch als Vera in Berlin Marcus‘ Laptop aufklappt, stellt sie fest, dass er sich bei Facebook nicht ausgeloggt hat. Mit einem nur winzig schlechten Gewissen beginnt sie, seine Nachrichten zu durchstöbern und wird auch sofort fündig. Vera fällt aus allen Wolken, denn mit diesem Betrug hatte sie nie gerechnet!

Glücklicherweise haben Johanna und Vera auf ihrer Ayurveda-Kur Bekanntschaft mit Erdal gemacht – den aufmerksame Ildikó von Kürthy-Leserinnen bereits gut kennen. Dieser schleust Vera kostenlos beim Seminar „Nackt besser aussehen“ ein, da er den Personal Trainer und die Ernährungsberaterin sehr gut kennt. Erdal und Johanna sind es, die Vera in allen Lebenslagen gut zureden und ihr hilfreiche Tipps geben, um Marcus zurück zu gewinnen. Die beiden übernehmen dabei die Rolle der besten Freundinnen, was natürlich hervorragend zum sympathischen Erdal passt, der mit seinem Lebensgefährten, einer guten Freundin und deren Kind (dessen Vater unbekannt ist) zusammen lebt.

Ildikó von Kürthys Romanfiguren entsprechen durchweg dem Klischee des guten Frauenromans. Wir haben die weibliche Hauptfigur, die gerade mitten in einer Lebenskrise steckt, ihre gute Freundin, die mit deutlich mehr Selbstbewusstsein ausgestattet ist und ihr daher gut zureden kann, und den Schwulen Halbtürken Erdal, der bereits in zwei anderen Büchern der Hamburger Journalistin aufgetreten ist. Von Kürthy bedient geschickt sämtliche Klischees, weiß aber dank ihres Wortwitzes dennoch gut zu unterhalten. Wie immer beherrscht sie das Stilmittel der Übertreibung ausgesprochen überzeugend und bringt dadurch ihre Leserinnen mindestens einmal zum Schmunzeln. Zudem stellt sie ihren Kapiteln jedes Mal das Zitat einer bekannten Persönlichkeit voran, die oftmals ebenfalls hervorragend gewählt sind, wie z.B. der Ausspruch Liz Taylors: |“Abschminken heißt, das Alter auf den neuesten Stand zu bringen.“| Woraufhin Ildikó von Kürthy sogleich passend anschließt: |“Johannas Freundin Sabine, Maskenbildnerin an der Volksbühne, hat mir in der vergangenen Stunde ein Gesicht zurechtgeschminkt, das ich nach dem Abschminken mein Leben lang schmerzlich vermissen werde.“|

Auch in diesem Roman schafft es Ildikó von Kürthy, ihren Leserinnen aus der Seele zu sprechen. So grübelt Vera Hagedorn beispielsweise darüber nach, wie frustrierend es ist, Hosen einkaufen zu gehen, wenn die Verkäuferin im Laden das gleiche Hosenmodell trägt wie man selbst – allerdings zwei Nummern kleiner und mit Gürtel. Ja, das sind Gedanken und Sorgen, die die meisten Frauen durchaus nachvollziehen können, sodass man sich von diesem Buch wieder einmal persönlich angesprochen fühlt.

_Verwirrend_

Ein Manko hat das vorliegende Buch allerdings doch, und zwar den Aufbau der Geschichte. Zunächst erzählt Ildikó von Kürthy uns, dass sich an besagtem Dienstag Vera Hagedorns Leben ändern wird. Dann aber ergeht sich die Autorin zunächst in vielen Rückblenden, um ihre Protagonisten vorzustellen. Und an einem späteren Zeitpunkt fällt plötzlich die Information vom Himmel, dass Marcus seine Frau betrügt und erst in den darauf folgenden Kapiteln erfahren wir, wie Vera diesen Betrug aufgedeckt hat. Die Geschichte wirkt dadurch mitunter ein wenig chaotisch, da man manchmal gar nicht genau weiß, ob man sich gerade in der Gegenwart befindet oder doch in einer Rückblende. Natürlich muss ein Buch nicht strikt chronologisch aufgebaut sein, doch von Kürthy springt mir zu häufig hin und her, sodass ich ihren Erzählstil dieses Mal ziemlich verwirrend fand. Zudem ist die Geschichte an sich – die betrogene Ehefrau, die ihren Ehemann zurück gewinnen möchte – leider keine sonderlich innovative. Schon häufig hat man derartige Storys gelesen, sodass die Autorin auch hier nicht punkten kann.

Unter dem Strich werden von Kürthys Fans sicherlich gut unterhalten, doch neue Anhängerinnen dürfte die Autorin dieses Mal nicht hinzu gewonnen haben. Dafür ist die Story etwas zu platt, die Charaktere ein wenig zu klischeebesetzt und die Geschichte etwas zu chaotisch erzählt. Dem gegenüber steht allerdings von Kürthys Wortwitz, der mir auch dieses Mal das eine oder andere Lächeln ins Gesicht gezaubert und dafür gesorgt hat, dass ich das vorliegende Buch gerne und schnell durchgelesen habe.

|Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
ISBN-13: 978-3805208987|

_von Kürthy beim Buchwurm:_
[Schwerelos]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5321
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