Johns, G. / Morrison, G. / Rucka, G. / Giffen K. / Bennett, J. – 52 – Sonderband 1

_Story_

Die Folgen der |Infinite Crisis| sind allerorts zu spüren. Die Welt ist kurz nach dem verheerenden Ende der bislang umfassendsten Krise nach wie vor dabei, sich von den erschütternden Ereignissen zu erholen. Es mangelt an Ordnung und klaren Strukturen, und noch kann niemand einschätzen, was die Zukunft bringen wird. Währenddessen treten neue Superhelden auf den Plan, wie etwa der aus dem 25. Jahrhundert zurückgekehrte Booster Gold, der sich anmaßt, die Position Supermans einzunehmen. Doch seine zweifelhaften Methoden und die unzähligen Werbeverträge rufen schon recht schnell Skeptiker auf den Plan, darunter auch Ralph Dibny, den ehemaligen Elastoman, der nach dem Tod seiner Frau herbe Vorwürfe gegen Booster Gold anbringt, weil dieser den Mord an seiner Gattin nicht verhindert hat.

Währenddessen irrt die ehemalige Polizistin Renee Montoya ziellos durch Gotham City und trifft auf den gesichtslosen Starreporter Vic Sage. Dieser jedoch bringt sie ständig in Gefahr und gibt ihr durch sein unscheinbares Erscheinen gleich mehrere Rätsel auf. Was beabsichtigt er wirklich? Diese Frage stellt sich auch John Henry Iron alias Steel. Nachdem Lex Luthor seinen Körper manipuliert und auch Irons Nichts auf seine Seite gezogen hat, sieht Steel rot. Doch erschrocken stellt er fest, dass Luthors neues Superhelden-Gen seinen Fähigkeiten überlegen ist, und erfährt ausgerechnet gegen seine Nichte Natasha eine bittere Niederlage.

Und auch auf dem fernen Planeten Raan ist das Ausmaß der Krise greifbar: Adam Strange, Starfire und Animal Man sind dort versehentlich gestrandet und werden mit dem übermächtigen Riesenmonster Devilance konfrontiert. Auch der auf der Erde verstoßene Booster Gold, der kurzerhand in die fremde Dimension geflohen ist, scheint machtlos gegen diese übergroße Kreatur.

_Meine Meinung_

Mit dem wohl epischsten Abenteuer in der gesamten Historie der |DC Comics| geht der amerikanische Verlag nun aufs Ganze. In einer wöchentlich erscheinenden, schlicht „52“ betitelten Serie wird in chronologischer Abfolge das gesamte erste Jahr nach der |Infinite Crisis| aufgearbeitet und damit wohl auch das umfangreichste Projekt gestartet, welches überhaupt in diesem Jahrtzehnt den Comic-Markt bevölkert. Erstaunlich ist hierbei, dass man nicht auf Nummer Sicher gegangen ist und den gesamten Plot vorwiegend auf Independent-Stars aufbaut. Alle tragenden Charaktere sind Helden aus der zweiten Reihe und bislang nur selten in derartigen Veröffentlichungen zur Geltung gekommen, abgesehen natürlich vom Oberschurken Lex Luthor, der hier mal wieder die treibende Kraft der Gegenseite ist.

|Panini Comics|, Vertrieb für den deutschen Markt, publizieren die neue Serie als Sammelband in insgesamt sechs Episoden, ebenfalls über ein Jahr verteilt. Jüngst erschien nun das Debüt der mit Spannung erwarteten Reihe und offenbart bereits in der Rahmengestaltung das üppige Ausmaß des Projekts. 196 Seiten mit insgesamt neun Episoden (à neun Wochen in der Chronologie der Handlung) und vollgepackt mit unzähligen verworrenen Szenarien, die der Komplexität der |Infinite Crisis| in nichts nachstehen. Insofern hat das bewährte Autorenteam also schon einmal an der erprobten Arbeitsweise festgehalten. Allerdings sind die inhaltlichen Veränderungen massiv und stellen die ohnehin schon durcheinander geworfenen Strukturen der Ursprungsgeschichte noch einmal gehörig auf den Kopf, unter anderem auch, weil man wieder mal nicht weiß, woran man tatsächlich ist.

Aus diesem Grund ist der erste Sammelband zu „52“ auch wirklich harte, konzentrierte Arbeit, in dem ein Blick fürs Detail einmal mehr vonnöten ist, um die verzwickten Ereignisse zu begreifen. So gilt es zunächst einmal, die verschiedenen neuen Charaktere kennen zu lernen und sowohl ihre Stellung als auch die der bereits bekannten Figuren zu analysieren. Booster Gold, Green Lantern oder auch Steel sind zwar keine großen Unbekannten mehr, jedoch standen sie bislang stets im Schatten der ganz Großen, und bedürfen speziell nach den Geschehnissen der „Infinite Crisis“ noch einmal einer gesonderten Betrachtung. Dies ist jedoch gerade deswegen so schwierig, weil es in „52“ Schlag auf Schlag vorwärts geht und man sowieso schon bemüht ist, mit den vielschichtigen Szenarien gedanklich Schritt zu halten. Sowohl in Metropolis als auch in Gotham City ereignen sich Dinge von enormer Tragweite, und man kann – ähnlich wie bei der vorangegangenen Serie – nur schwierig die Zusammenhänge sowie die Einstellungen der Beteiligten erkennen. Dies ist schließlich auch die einzige Schwierigkeit, die diese neue Reihe mit sich bringt: Es ist sehr schwer, auf Anhieb den Durchblick und somit auch einen leichten Einstieg in den gesamten Komplex zu bekommen, und dies ist auch nach knapp 200 Seiten noch der Fall.

Andererseits geht auch eine enorme Faszination vom Inhalt des Debüts aus. Eine Welt, in der grundsätzlich alles verändert wurde, was bis vor kurzem noch im |DC|-Universum für selbstverständlich gehalten wurde, und in der Leute wie Batman, Superman und Wonder Woman momentan nicht mehr existent sind, kommt einer Revolution gleich. Geoff Johns, Grant Morrison, Mark Waid und Greg Rucka haben einen der epochalsten Schritte ihrer Karriere getätigt und den Mut aufgebracht, jahrelang bestehenden Traditionen und Gegebenheiten zu durchbrechen, um den Fans endlich auch mal völlig Neues zu bieten. Das Ergebnis ist zwar unheimlich komplex, aber – und da spreche ich mal mit den Worten des Fans und nicht mit denen des Kritikers – richtig geil! Die Geschichte steht zwar erst am zweiten Anfang, wirft aber schon so viele vielversprechende Szenarien und Tragödien auf, dass man schon zum vollkommen offenen Ende des ersten Sammelbands weiß, dass für alle Charaktere des |DC|-Universums Entscheidendes bevorsteht – und es war auch mal an der Zeit, einen solchen Umschwung zu wagen. Für meinen Geschmack übertrifft „52“ trotz des schweren Zugangs auch auf Anhieb die |Infinite Crisis|. Und damit haben die Autoren noch einmal einen überaus wichtigen Aspekt herausgestellt, nämlich den, dass es auch ohne die herkömmlichen Superhelden geht.

Daher mein erstes kurzes Fazit: Es tut sich etwas Gewaltiges in der Welt der |DC Comics|. Und dies zu verpassen, wäre für Fans der einschlägigen Superhelden ein wohl unverzeihlicher Fehler.

http://www.paninicomics.de

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