McGarry, Terry – Zauberin des Lichts

Liath hat gerade ihre Prüfung bestanden und ihre [Triskele]http://de.wikipedia.org/wiki/Triskele erhalten. Als sie jedoch helfen soll, einen verletzten jungen Mann zu heilen, versagt sie kläglich. Zutiefst erschrocken über diese Blockade, macht Liath sich zusammen mit einem Boten der Ennead auf den Weg zur Feste. Sie hofft, dass die Ennead, die obersten Magier Eiden Myrs, ihr helfen können. Aber auch ihnen gelingt es nicht, die Blockade zu durchbrechen! Deshalb schicken sie Liath auf die Suche nach Torrin, dem Magier mit dem hellsten, mächtigsten Licht. Nur mit Hilfe seiner Macht, so sagen sie, kann Liath geheilt werden. Die Suche ist allerdings eine gefährliche Angelegenheit, denn Torrin ist ein Schwarzmagier und wird Liath nicht freiwillig in die Feste folgen. Dennoch macht Liath sich auf den Weg. Schon bald muss sie feststellen, dass die wirkliche Gefahr nicht dort lauert, wo sie diese erwartet …

Liath ist nicht unbedingt naiv. Aber aufgrund ihrer Erziehung zur Illuminatorin ist sie fest verankert in der Weltsicht und Lebensweise, die Eiden Myr seit Jahrhunderten prägen. Deshalb, und weil man sie vor der versilberten Zunge des Schwarzmagiers gewarnt hat, wehrt sie sich mit aller Macht dagegen, sich „umdrehen“ zu lassen. Dennoch geht ihre Wanderschaft nicht spurlos an ihr vorüber. Obwohl sie das Töten verabscheut, erlernt sie den Schwertkampf. Um zu überleben, lernt sie zu lügen. Am Ende des Buches, nach vielen Verlusten und grausamen Schmerzen, ist sie eine ernüchterte und vernarbte Frau.

Heff, ihr Wandergefährte, ist bereits vor ihr gezeichnet. Ein Brand hat ihn entstellt, er kann nicht mehr sprechen. Liath scheint die Einzige zu sein, die seine Gesten versteht. Heff beschließt, sie zu beschützen, und folgt ihr überall hin. Nur die Feste der Ennead betritt er nicht. Er ist ein schweigsamer, ernsthafter Mann mit einem tiefen Gespür für die Erde, auf der er geht, für Pflanzen und Tiere. Erdweisheit nennt Liath diese Fähigkeit.

Torrin dagegen ist ein zerissener Mann. Er beschäftigt sich mit Schriften, die nicht für Beschwörungen gebraucht werden und sich folglich nicht in der Magie auflösen, sondern dauerhaft sind! Er bringt Kindern das Lesen bei, ganz gleich, ob sie ein magisches Licht besitzen oder nicht, und das, obwohl diese Kunst den Wortschmieden vorbehalten ist! Aber er ist nicht von der Überzeugung abzubringen, dass er das Richtige tut. Man könnte ihn als Ketzer bezeichnen.

Das Buch bietet noch eine wahre Fülle weiterer Charaktere, die jedoch eher am Rande mitlaufen, als dass sie detailliert ausgearbeitet wären. Auch die Charakterzeichnung der drei Hauptpersonen geht nur bei Liath weiter in die Tiefe. Heff und Torrin bleiben eher blass. So erfährt man zum Beispiel nicht, warum Heff die Magie so sehr ablehnt, oder welche Erfahrungen und Geschehnisse dazu führten, dass Torrin sein Licht abschirmt. Die Autorin lässt ihre Protagonisten diese Themen zwar anschneiden, gibt aber niemals konkrete Antworten. Dadurch wirken viele Passagen diffus und nebelhaft, lassen sich nicht recht fassen. Auf der anderen Seite gelingt es ihr hervorragend, im Laufe der Zeit die Motive der einzelnen Ennead herauszuarbeiten.

Abgesehen von der diffusen Charakterzeichnung der Hauptakteure trägt auch die massive Anzahl an Personen, die im Grunde nicht wirklich wichtig sind, zu Verwirrung bei. Vor allem am Anfang wird der Leser mit einer regelrechten Flut an Namen und Begriffen überschwemmt. Im besten Fall wird im Zusammenhang mit einem Namen beiläufig der Beruf der Person erwähnt. Trotz meines guten Namensgedächtnisses hatte ich massive Schwierigkeiten, die Leute auseinander zu halten. Die Spezialbegriffe im Zusammenhang mit Magie und der Hierarchie der Magier in der Feste muss der Leser erst durch Geduld und Ausdauer im Laufe des Textes zuordnen. Es sei denn, er stößt zufällig auf das Glossar, das irgendwo ganz hinten im Buch, kurz vor der Werbung, versteckt ist …

Interessant fand ich die Art und Weise, wie hier Magie gewirkt wird. Einer schreibt die Worte nieder, einer illustriert das Pergament mit magischen Symbolen und kunstvollen Umrandungen, und einer summt die Melodie der Beschwörung. Die Magier sind stets zu dritt, eine Triade, denn Drei ist die Zahl des Gleichgewichts. Das schlägt sich auch in anderen Bereichen nieder: Die Enneade besteht aus drei Triaden. Entfernungen werden in Dreifuß gemessen, das Alter in Neunjahren.

Die Idee einer Insel, die vor dem Rest der Welt verborgen ist, ist allerdings nicht unbedingt neu, auch nicht die Tatsache, dass Torrin Schwarzmagier nicht das eigentliche Problem Eiden Myrs ist, was ziemlich früh absehbar ist.

Warum nach der Aufhebung von Galandras Schild die Magie in Eyden Myr erlöschen sollte, ist mir dagegen nicht ganz klar! Schließlich war Galandra nicht der Ursprung der Magie, sondern nur eine von vielen Magiern …

Die Verlauf der Handlung erinnert ein wenig an ein widerborstiges Maultier. An manchen Stellen hält die Autorin sich ertaunlich lange auf, zieht kurz darauf das Erzähltempo drastisch an, um dann plötzlich wieder langsamer zu werden. Im Grunde ist das nichts Besonderes, irritierend ist die Auswahl der Stellen, die sie getroffen hat.

So verwendet sie eine Menge Zeit auf die Szene im Wirtshaus an dem Abend, als Liath ihre Trikele erhält. Diese recht lange Sequenz ist gespickt mit Andeutungen, die der Leser erst sehr viel später verstehen kann, als einige Dinge aus Liaths Kindheit näher erklärt werden. Auch der Teil, den Liath bei den Berufenen, sozusagen den Magier-Azubis, verbringt, ehe sie die Ennead um Hilfe bittet, ist weit ausführlicher als nötig und trägt mit seinen Erklärungen über die verschiedenen Kleiderfarben der Festenbewohner eher zur Verwirrung bei als zur Erläuterung. Der Prolog ist von der eigentlichen Geschichte unabhängig und wird erst spät in den Kontext eingebunden. All das macht die Geschichte am Anfang ziemlich langatmig.

Auf Liaths Reise dagegen huscht die Handlung von einem Ziel zum nächsten. Manche werden lediglich erwähnt, andere etwas genauer ausgeführt, doch die Informationen innerhalb dieser Abschnitte sind für den eigentlichen Zusammenhang im Grunde unerheblich. Fast die gesamte Reise Liaths durch Eiden Myr ist gekennzeichnet durch kurze, schnappschussartige Eindrücke, als hätte McGarry versucht, einen kurzen Überblick über die verschiedenen Landstriche und die Eigenheiten ihrer Bewohner zu geben. Der Gesamteindruck ist aber eher bruchstückhaft. Einerseits verständlich, denn für mehr war einfach kein Platz, andererseits aber fehlt der Darstellung so die Intensität, um sie wirklich interessant zu machen. Es entsteht der Eindruck, als hätte die Autorin einmal mit weit ausholender Geste über die Landkarte gewischt.

Bei Liaths zweitem Besuch in der Feste hingegen überschlagen sich die Ereignisse regelrecht! Wie auf einer Achterbahn wechseln Gefangennahmen und Flucht mit Revolten und Befreiungen. Innerhalb dieser kurzen Zeit – grob gesehen, knapp ein Drittel des Buches – findet auch Liaths Verwandlung von der gläubigen Schülerin zur kritischen, selbstständig denkenden Frau statt. Nachdem die Handlung sich erst ziemlich hinzog, wird hier das Erzähltempo drastisch angezogen.

Der Schluss hingegen wirkte ein wenig konstruiert, vor allem die Sache mit Jonnula.

Eine recht durchwachsene Mischung, die Terry McGarry da geschrieben hat. Die Grundidee fand ich durchaus gelungen, wenn auch nicht alle Einzelheiten wirklich neu waren. Die Ausarbeitung war dagegen noch etwas unausgewogen. Ein wenig mehr Konzentration auf den eigentlichen Handlungsstrang und weniger Verzettelung in nebensächlichen Details käme der Spannung zugute. Rätsel und Andeutungen machen Geschichten durchaus interessanter, solange sie sich nicht auf so viele verschiedene Sachverhalte beziehen, dass der Leser den Überblick verliert.

Bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich der Folgeband entwickelt. Eigentlich ist es kaum vorstellbar, dass die Magie im weiteren Verlauf keine Rolle mehr spielen sollte, immerhin handelt es sich immer noch um Fantasy.

Terry McGarry war nach dem College in den verschiedensten Berufen tätig und ist letztlich im Verlagswesen hängen geblieben. Sie schrieb schon seit längerem Kurzgeschichten, ehe sie „Zauberin des Lichts“ schrieb. Die Fortsetzungen zu diesem Roman, „The Binder’s Road“ und „Triade“, sind auf Deutsch noch nicht erschienen.

http://www.eidenmyr.com
http://www.heyne.de

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